Niederweimar
Niederweimar ist ein Ortsteil der Gemeinde Weimar (Lahn) im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf und Sitz der Gemeindeverwaltung.
Niederweimar Gemeinde Weimar (Lahn) | |
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Höhe: | 177 m ü. NHN |
Fläche: | 5,86 km²[1] |
Einwohner: | 2382 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 406 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Februar 1971 |
Postleitzahl: | 35096 |
Vorwahl: | 06421 |
Ansicht von Südwesten |
Geschichte
Von den Anfängen bis zur Gebietsreform in Hessen
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Weimar erfolgte unter dem Namen Wimare im Jahr 1138/39. Dabei ist aber nicht klar, ob es sich um Ober- oder Niederweimar handelt. Die älteste bekannte Erwähnung von Niederweimar unter dem Namen Niderwimere stammt aus dem Jahr 1320.[1]
Ein erster Ausbau des Dorfes setzte nach dem Bau der Main-Weser-Bahn und der Einrichtung eines Haltepunktes an dieser Bahnlinie ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden am Hang des Weinberges (südliches Ende des Marburger Rückens) in verschiedenen Phasen Neubaugebiete erschlossen.
Gebietsreform
Gemeinsam mit Oberweimar und Allna war Niederweimar im Zuge der Gebietsreform in Hessen am 1. Februar 1971 auf freiwilliger Basis Gründungsort der neuen Großgemeinde Weimar (Lahn),[3] die inzwischen aus zwölf Ortsteilen besteht.[4] Für Oberweimar wurde wie für die übrigen Ortsteile von Weimar ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[5] Als Verwaltungssitz wurde der Ortsteil Niederweimar bestimmt.
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Niederweimar lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Amt Marburg, Gericht Niederweimar.[7]
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Marburg, Gericht Niederweimar[8]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg), Amt Marburg, Gericht Niederweimar
- ab 1648: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Marburg, Gericht Niederweimar
- ab 1754: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Kaldern und Reitzberg
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Kaldern und Reitzberg
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Lohra
- ab 1815: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Amt Kaldern und Reitzberg[9]
- ab 1821: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Marburg[10]
- ab 1848: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Deutscher Bund, Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Marburg
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- am 1. Februar 1971 wurde aus den Gemeinden Niederweimar, Allna und Oberweimar die neue Gemeinde Weimar gegründet.
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Gerichte seit 1821
Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung (1807–1813 und endgültig 1822) sind die Ämter neben der Verwaltung für die Rechtsprechung (meist Niedere Gerichtsbarkeit bzw. Erste Instanz) zuständig. Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Nun waren Justizämter für die erstinstanzliche Rechtsprechung zuständig, die Verwaltung wurde von Kreisen übernommen. In Marburg wurde der Kreis Marburg für die Verwaltung eingerichtet, und das Landgericht Marburg war als Gericht erster Instanz für Niederweimar zuständig. 1850 wurde das Landgericht Marburg in Justizamt Marburg umbenannt. Das Oberste Gericht war das Oberappellationsgericht in Kassel. Untergeordnet war das Obergericht Marburg für die Provinz Oberhessen. Es war die zweite Instanz für die Justizämter.[11]
Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde das Justizamt Marburg 1867 zum königlich Preußischen Amtsgericht Marburg. Im Juni 1867 erging eine königliche Verordnung, die die Gerichtsverfassung in den zum vormaligen Kurfürstentum Hessen gehörenden Gebietsteilen neu ordnete. Die bisherigen Gerichtsbehörden sollten aufgehoben und durch Amtsgerichte in erster, Kreisgerichte in zweiter und ein Appellationsgericht in dritter Instanz ersetzt werden.[12] Im Zuge dessen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Marburg. Die Gerichte der übergeordneten Instanzen waren das Kreisgericht Marburg und das Appellationsgericht Kassel.[13]
Auch mit dem Inkrafttreten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen. In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Marburg, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerzahlen
Quelle: | Historisches Ortslexikon[1] |
• 1577: | 32 Hausgesesse |
• 1630: | 21 Mannschaften, 3 Witwen. (4 vierspännige, 5 dreispännige, 4 zweispännige, 2 einspännige Ackerleute, 9 Einläuftige) |
• 1681: | 19 hausgesessene Mannschaften |
• 1838: | 331 Einwohner (Familien: 32 nutzungsberechtigte, 17 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 4 Beisassen) |
Niederweimar: Einwohnerzahlen von 1746 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1746 | 218 | |||
1800 | ? | |||
1834 | 333 | |||
1840 | 340 | |||
1846 | 380 | |||
1852 | 417 | |||
1858 | 449 | |||
1864 | 424 | |||
1871 | 408 | |||
1875 | 391 | |||
1885 | 413 | |||
1895 | 446 | |||
1905 | 474 | |||
1910 | 473 | |||
1925 | 536 | |||
1939 | 745 | |||
1946 | 1.061 | |||
1950 | 1.124 | |||
1956 | 1.055 | |||
1961 | 1.079 | |||
1967 | 1.160 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | 2.537 | |||
2005 | 2.558 | |||
2010 | 2.366 | |||
2011 | 2.382 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; nach 1970: Gemeinde Weimar:[14]; Zensus 2011[2] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Niederweimar 2382 Einwohner. Darunter waren 63 (2,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 411 Einwohner unter 18 Jahren, 999 zwischen 18 und 49, 495 zwischen 50 und 64 und 477 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 1050 Haushalten. Davon waren 324 Singlehaushalte, 300 Paare ohne Kinder und 309 Paare mit Kindern, sowie 93 Alleinerziehende und 241 Wohngemeinschaften. In 195 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 741 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[2]
Religionszugehörigkeit
Quelle: | Historisches Ortslexikon[1] |
• 1861: | 430 evangelisch-lutherische Einwohner |
• 1885: | 413 evangelische (= 100,00 %) Einwohner |
• 1961: | 987 evangelische (= 91,47 %), 76 katholische (= 7,04 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: | Historisches Ortslexikon[1] |
• 1745: | Erwerbspersonen: 1 Wagner, 1 Branntweinbrenner, 4 Leineweber, 3 Schmiede, 4 Schneider, 1 Zimmermann, 7 Tagelöhner(-innen). |
• 1838: | Familien: 24 Ackerbau, 11 Gewerbe, 15 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 105 Land- und Forstwirtschaft, 188 Produzierendes Gewerbe, 119 Handel und Verkehr, 82 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Ortskern
Der kreisrunde Dorfkern von Niederweimar liegt an einer ehemaligen Furt durch die Allna im Verlauf der alten Weinstraße, die von hier bis nach Goßfelden über den Marburger Rücken und westlich an Marburg vorbei verlief. Von der Weinstraße zweigte hier eine Talstraße nach Marburg ab. In der Mitte des Ortskerns liegt die Alte Kirche, die heute als Kulturveranstaltungszentrum genutzt wird, nachdem sie in den 1970er Jahren durch das neue evangelische Gemeindezentrum ersetzt wurde.
Vereine
Ein sportliches Angebot in Niederweimar bietet der TSV Niederweimar mit den Abteilungen Fußball, Tischtennis, Turnen und Badminton. Vom Schützenverein wird Luftgewehr-, Luftpistole- und Bogenschießen angeboten. Außerdem gibt es in Niederweimar einen Verein für Musik, den Männergesangverein, zwar singen die Männer zurzeit nicht mehr, aber es gibt auch einen gemischten Chor und einen Kinderchor für die Kleinsten, welche vom MGV als Träger unterhalten werden. Auch eine Freiwillige Feuerwehr existiert im Ort.
Infrastruktur
Durch Niederweimar führt die Bundesstraße 255 sowie die Main-Weser-Bahn. Regionale Bedeutung erlangt Niederweimar durch das Freizeitgebiet Weimarer See mit seinem Badestrand und seiner Wasserskianlage.
Literatur
- Literatur über Niederweimar nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Niederweimar In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Ortsteil Niederweimar. In: Webauftritt der Gemeinde Weimar.
- Niederweimar, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Niederweimar, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 3. Juni 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 32 und 72 .
- Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Punkt 328; Abs. 6 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 402.
- Hauptsatzung. (PDF; 18 kB) §; 7. In: Webauftritt. Gemeinde Weimar, abgerufen im Februar 2019.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Georg Landau: Beschreibung des Kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 370 (online bei HathiTrust’s digital library).
- Die Zugehörigkeit des Amtes Kaldern anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 107 f. (online bei Google Books).
- Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
- Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )
- Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Weimar, archiviert vom Original; abgerufen im März 2019.