McLaren M23
Der McLaren M23 war ein Formel-1-Rennwagen, der 1973 bei McLaren Racing entwickelt wurde. Mit 16 Siegen in Weltmeisterschaftsläufen und zwei Weltmeisterschaften war der M23 eines der erfolgreichsten Fahrzeuge der Formel-1-Geschichte.
Technik
Der M23 war der erste Formel-1-Rennwagen von McLaren, der ausschließlich von Gordon Coppuck entwickelt und konstruiert wurde. Coppuck leitete seinen Entwurf vom McLaren M16 ab, dem Einsatzfahrzeug von McLaren in der US-amerikanischen USAC-Serie. Der Wagen hatte ein schmales, nach vorn spitz zulaufendes Monocoque. An den Seitenteilen befanden sich die Kühler. Diese Bauform entsprach bereits den ab 1974 geltenden Regeln für Knautschzonen, was sich vor allem durch die hohe Festigkeit der Flanken bemerkbar machte. Die Aufhängungen wurden vom McLaren M19C, dem Vorgängermodell übernommen. In der Typologie von McLaren folgte der M23 in der Formel 1 auf den M19, da der M21 ein Formel-2-Fahrzeug war. Als Antrieb diente der bewährte V8-DFV-Motor von Cosworth. Das FG-400-Getriebe kam von Hewland. Coppuck hatte das Hauptgewicht des Wagens in die Mitte verlegt, dabei wurde der Tank in der Nähe des Schwerpunkts angebracht.
Schon bei den ersten Testfahrten war zu erkennen, dass diese Bauart dem Wagen besondere aerodynamische Eigenschaften gab. Werksfahrer Denis Hulme berichtete nach den ersten gefahrenen Kilometern von einer leichtgängigen Lenkung und hervorragenden Fahreigenschaften.
Entwicklungsgeschichte und Rennhistorie
1973
McLaren war mit der Produktion der Einsatzwagen zu Beginn der Saison in Verzug geraten, sodass Denis Hulme und Peter Revson die ersten beiden Saisonrennen noch mit dem M19 bestreiten mussten. Auch für den Großen Preis von Südafrika wurde nur ein Fahrzeug fertig, das Hulme bekam. Revson musste mit dem M19 vorliebnehmen. Das galt auch für den Südafrikaner Jody Scheckter, der ebenfalls einen M19 pilotierte. Hulme hatte mit dem M23 einen perfekten Einstand, fuhr im Qualifikationstraining die schnellste Zeit und stand damit auf der Pole-Position. Allerdings war er dabei nur 1,5 Zehntelsekunden schneller als Scheckter im M19, der vom dritten Startplatz aus ins Rennen ging. Im Rennen führte Hulme die ersten vier Runden und wurde dann ausgerechnet von Scheckter überholt. Ein Reifenschaden unterbrach dann die Fahrt des Neuseeländers. Er verlor zwei Runden an der Box, wurde aber am Ende des Rennens noch Fünfter. Bei McLaren war man mit dem ersten Einsatz des M23 mehr als zufrieden.
Ab dem Großen Preis von Spanien fuhr auch Revson den M23. Beim Großen Preis von Schweden feierte Hulme den ersten Rennsieg mit dem neuen Wagen. Allerdings profitierte er dabei von einem schleichenden Plattfuß am Lotus 72 von Ronnie Peterson, den er knapp vor Ende des Rennens überholen konnte. In den Zweikampf zwischen Tyrrell und Lotus um die Team- und Fahrergesamtwertung konnte McLaren zwar nicht eingreifen, aber mit den beiden Siegen von Peter Revson in Großbritannien und Kanada und weiteren Spitzenplatzierungen – unter anderem erreichte der Gastfahrer Jacky Ickx den dritten Rang beim Großen Preis von Deutschland auf der Nordschleife des Nürburgrings – platzierte sich das Team am Ende des Jahres als Dritter in der Konstrukteursmeisterschaft.
1974
Die Saison 1974 brachte Veränderungen ins Team. Der M23 blieb das Einsatzfahrzeug und wurde erstmals überarbeitet. Die Fahrzeuge bekamen neue Frontflügel und liefen unter der Bezeichnung M23B. Wichtigste Neuerung war der Wechsel des Hauptsponsor. Im Grunde war es kein radikaler Wechsel, denn der Vertrag mit dem bisherigen Hauptsponsor Yardley lief erst Ende des Jahres aus. Teammanager Phil Kerr war es aber gelungen, den bisherigen B.R.M.-Geldgeber, den Tabakkonzern Philip Morris International, vom britischen Traditionsteam zu McLaren umzuleiten. Bis in die Ära von Mika Häkkinen und David Coulthard waren die McLaren-Formel-1-Rennwagen von nun an in den Farben der Zigarettenmarke Marlboro lackiert. Da McLaren nunmehr über zwei Hauptsponsoren verfügte, kamen 1974 drei M23 zum Einsatz. Da Emerson Fittipaldi von Lotus zu McLaren kam und Denis Hulme seine letzte Monoposto-Saison bestritt, sollte Revson den Yardley-M23 fahren. Die Verhandlungen zerschlugen sich aber und der US-Amerikaner wechselte in letzter Minute zu Shadow Racing Cars. Das dritte Cockpit bekam dadurch Mike Hailwood. Ein Vorjahres-M23 wurde vor Beginn der Saison an den Südafrikaner Dave Charlton verkauft, der den Boliden in der südafrikanischen Meisterschaft einsetzte.
Hulme gewann in seinem Abschiedsjahr den Großen Preis von Argentinien und Fittipaldi siegte bei den Rennen in Brasilien, Belgien und Kanada. Die Entscheidung in der Weltmeisterschaft fiel beim letzten Rennen in den USA. Fittipaldi reichte ein vierter Platz zum Weltmeistertitel, den er sich mit drei Punkten Vorsprung auf den Ferrari-Piloten Clay Regazzoni holte. Auch der Konstrukteurstitel ging an McLaren. Es waren die ersten beiden Weltmeistertitel für das britische Team.
1975
1975 gingen die überarbeiteten M23 als M23C bereits in ihre dritte Rennsaison als Werkswagen. War der M23 in beiden vorherigen Jahren als leicht zu fahrendes Auto bekannt, führten die Änderungen 1975 in die entgegengesetzte Richtung. Zu Veränderungen an den Aufhängungen wurde die Gewichtsverteilung korrigiert. Der Schwerpunkt wanderte nach hinten und die Wagen bekamen einen längeren Radstand. Beides tat dem Fahrverhalten des M23 nicht gut. Neu ins Team kam der Deutsche Jochen Mass, der das Abbruchrennen in Spanien gewann. Dem Weltmeisterteam war mit der wiedererstarkten Ferrari-Mannschaft ein prominenter Gegner erwachsen, vor allem der Österreicher Niki Lauda fuhr eine starke Saison. Fittipaldi gewann zwar die Rennen in Argentinien und Großbritannien, die Weltmeistertitel von Lauda und Ferrari konnte er jedoch nicht verhindern.
1976
Emerson Fittipaldi hatte nach Ablauf der Saison 1975 das Team verlassen, um gemeinsam mit seinem Bruder Wilson ein eigenes Rennteam aufzubauen. Für ihn kam James Hunt ins Team. Coppuck arbeitete bereits am Nachfolgemodell, dem M26. Für diesen Wagen hatte der Techniker Alistair Caldwell ein Sechsganggetriebe entwickelt, um das Drehmoment des Cosworth-Motors besser nutzen zu können. Zu Saisonbeginn war man bei McLaren von einer Fertigstellung des neuen Rennwagens derart weit entfernt, dass erneut auf den M23 zurückgegriffen werden musste. Die Fahrzeuge erhielten die Bezeichnung M23D und wurden mit dem neuen Getriebe bestückt. Leichtere Seitenkästen verringerten das Gesamtgewicht.
James Hunt und Jochen Mass bestritten die gesamte Saison mit dem M23D. Die Saison verlief dramatisch. Niki Lauda hatte seinen schweren Unfall am Nürburgring. Es gab Disqualifikationen und viele Kollisionen. James Hunt wurde mit sechs Saisonsiegen und einem Punkt Vorsprung auf Lauda Weltmeister. Im Parallelbewerb der Konstrukteure wurde McLaren hinter Ferrari Zweiter.
1977
1977 ging der M23 in seine fünfte Saison als Werkswagen, jetzt als M23E. Hunt fuhr damit die ersten vier Rennen des Jahres sowie den Großen Preis von Monaco, dann war endlich der M26 einsatzbereit. Jochen Mass bekam erst beim Großen Preis von Großbritannien den M26. Die letzte Podestplatzierung und gleichzeitig die letzten WM-Punkte mit einem M23 erreichte Mass mit dem zweiten Platz beim Großen Preis von Schweden. Sowohl Gilles Villeneuve als auch Bruno Giacomelli gaben 1977 ihr Formel-1-Debüt in einem Werks-M23.
Der US-Amerikaner Brett Lunger und der Spanier Emilio de Villota fuhren privat gemeldete M23 bei einigen Weltmeisterschaftsläufen, konnten aber keine Platzierungen in den Punkterängen erzielen.
1978
In der Formel-1-Weltmeisterschaft kamen die M23 1978 letztmals zum Einsatz. Letzter Pilot war der junge Nelson Piquet, der mit dem BS Fabrications-M23 beim Großen Preis von Italien den neunten Rang erreichte.
Gefahren wurden diese erfolgreichen Wagen aber noch einige Jahre in der Aurora-AFX-Formel-1-Serie, wo Tony Trimmer 1978 auf einem M23 die Gesamtwertung gewann.
Literatur
- David Hodges: A–Z of Grand Prix Cars. Crowood Press, Marlborough 2001, ISBN 1-86126-339-2 (englisch).
- Pierre Ménard: La Grande Encyclopédie de la Formule 1. 2. Auflage. Chronosports, St. Sulpice 2000, ISBN 2-940125-45-7 (französisch).