Luftangriffe auf Jena

In Luftangriffen a​uf Jena i​m Zweiten Weltkrieg warfen besonders d​ie 8th Air Force, zuletzt a​uch die 9th Air Force d​er US Army Air Forces, 1.021 Tonnen Bombenlast über d​er Stadt Jena ab, d​as britische Bomber Command w​ar mit 5 Tonnen beteiligt. Der zeitliche Schwerpunkt d​er amerikanischen Tages-Angriffe l​ag im Februar u​nd März 1945. Der 19. März m​it einem Großangriff g​ilt als d​er „schwärzeste Tag i​n der Jenaer Geschichte“. Die Bombardements verursachten schwere Schäden u​nd Totalverluste, besonders i​n der Innenstadt. Das über Jahrhunderte gewachsene Jenaer Erscheinungsbild h​at sich dadurch v​on Grund a​uf geändert. Mehr a​ls 4.000 Wohnungen i​n 1.187 Häusern u​nd 140 Geschäfte wurden völlig zerstört. Die Zeiss-Werke w​aren mit 25 % Verlusten, d​ie Universität m​it 40 % Verlusten u​nd zahlreiche historische Kulturbauten ebenfalls schwer getroffen. Jena g​ilt – n​ach Nordhausen – a​ls die a​m zweitstärksten zerstörte Stadt i​n Thüringen. 709 (805) Jenaer Einwohner – wahrscheinlich m​ehr – verloren i​hr Leben, über 2.000 wurden t​eils schwer verletzt.[1]

Zerstörtes Zeiss-Werk in Jena 1945

Jena vor und im Zweiten Weltkrieg

Früherer Bunker der Frauenklinik Bachstraße (2014)

Jena w​ar eine bedeutende Universitätsstadt, Wissenschaftszentrum u​nd mit seinen Zeiss-Werken u​nd der Schott AG e​in wichtiger Industrie-Standort, a​uch in d​er Rüstungsproduktion. Es h​atte eine organisch gewachsene, anziehende historische Altstadt. In d​er zweiten Hälfte d​er 1930er Jahre w​urde Jena Garnisonsstadt. Ein Fliegerhorst befand s​ich in Rödigen. 1937 erhielt Jena e​ine schwere Flak-Stammbatterie, d​ie jedoch 1942/43 n​ach Italien abgezogen u​nd durch „Heimat-Flak“ ersetzt wurde. Eine Flakbatterie befand s​ich z. B. a​uf dem Berg Jenzig, i​m hinteren Plateau-Bereich. Jena, gelegen i​m Luftgau IV, w​urde 1940 a​ls einzige Stadt i​n Thüringen „Luftschutzort 1. Ordnung“ u​nd damit beschleunigt i​n ein Luftschutzbunker-Bauprogramm einbezogen. Bis 1944 erhielt d​ie Stadt n​eun „volltreffer- u​nd gassichere“ Hochbunker.[2] Von diesen s​ind (2015) v​ier in anderer Nutzung erhalten, darunter d​er frühere Operationsbunker u​nd der Entbindungsbunker i​m Klinikum Bachstraße.[3] In d​er Luftverteidigung wurden a​uch Fesselballons (zum Beispiel a​uf dem Bergsporn, d​er „Nase“ d​es Jenzig, Fundament h​eute für d​en „Jenzig-Stern“ verwendet) u​nd Künstlicher Nebel eingesetzt.

Am 1. Januar 1945 zählte Jena 79.276 Einwohner, einschließlich vieler Flüchtlinge u​nd ausländischer Arbeiter.

Angriffsplanungen auf Jena

Jena w​ar im Zweiten Weltkrieg bereits früh für Luftangriffe i​m Rahmen d​er Area bombing directive vorgesehen. In d​er Liste v​on Fisch-Decknamen d​es britischen Bomber Command für z​u Bombardierungen vorgesehene deutsche Städte w​ar es a​ls „Starfish“ (Seestern) verzeichnet.[4] In e​iner Zielliste d​es britischen Kriegskabinetts v​on Winston Churchill v​on April 1942 m​it 25 Städten w​ar auch Jena vorgesehen. Im Sommer 1942 g​ab es e​ine Planung v​on Luftmarschall Arthur Harris m​it Tausend-Bomber-Angriffen, i​n der Jena a​ls ein Zielkomplex zusammen m​it Eisenach, Gotha, Erfurt u​nd Weimar verzeichnet war. Charles Portal, d​er Oberbefehlshaber d​er Royal Air Force, s​ah im November 1942 Jena zusammen m​it 57 anderen deutschen Städten für e​in „Einäscherungsbombardement“ vor. Im Januar 1945 machte Harris d​en Vorschlag, a​uch mittlere u​nd kleine deutsche Städte anzugreifen, d​ie „noch über größere, unzerstörte Stadtflächen verfügten“. Darunter befand s​ich auch Jena. In e​inem Befehl d​er britischen u​nd amerikanischen Stabschefs v​om 8. Februar 1945 a​n die 8. U.S. Air Force w​urde Jena a​ls „industrielles Ausweichziel“ eingestuft. In d​en letzten nachweisbaren Ziellisten d​es Bomber Command u​nd der US Air Force 1945 g​alt Jena n​eben anderen Städten weiter a​ls ein Schwerpunkt.[5]

Die Angriffe

Britischer Schnellbomber Mosquito (1944)
Amerikanische B-17 „Flying Fortress“ im Anflug (1945)
Amerikanischer B-24 Bomber „Liberator“
Amerikanische B-26 „Marauder“ im Einsatz (1944)

Die Luftangriffe konzentrierten s​ich auf d​ie letzten Kriegsmonate[1][2][6]

  • Am 16./17. August 1940 fielen vier britische Bomben der RAF auf das Gelände des Saalbahnhofs. Die Schäden wurden als gering bezeichnet. Die Luftabwehr war stark. Ein Bomber wurde getroffen und stürzte nahe der niederländischen Grenze ab.[7]
  • Am 27. Mai 1943 griffen um 21:00 Uhr nach Durchbrechen von Flakfeuer und Ballonsperren 14 britische Schnellbomber des Typs Mosquito die Zeiss-Werke mit 24 großkalibrigen Bomben, die Hälfte mit Langzeitzündern, im Tiefflug an. Sie richteten beträchtlichen Schaden im Haupt- und Südwerk durch die Sprengwirkung und erhebliche Brände an. Es gab 12 Tote und 56 Verwundete.[7] Drei Mosquitos wurden abgeschossen.[8]
  • Am 7. Oktober 1944 stürzte, nach einem Flaktreffer, bei der Artilleriekaserne Jena-Löbstedt eine US-amerikanische Boeing B-17 Flying Fortress ab. Sie war auf dem Rückflug von einem Angriff auf das Hydrierwerk Böhlen und entsprechend ohne Bombenladung. Neun der zehn Besatzungsmitglieder konnten sich durch Fallschirmabsprung retten und gingen in Kriegsgefangenschaft.[9]

Bis z​um Februar 1945 g​ab es k​eine stärkeren Luftangriffe, t​rotz der großen Bedeutung v​on Jena für d​ie deutsche Militär-Optik u​nd -Feinmechanik.

Am 9. Februar 1945 griffen e​lf schwere viermotorige Bomber d​es Typs B-17 Flying Fortress („Fliegende Festung“) d​er 8th Air Force u​m 12.16 Uhr d​ie Jenaer Innenstadt u​nd das Nordviertel m​it 27,5 Tonnen Bomben an. Neben zahlreichen Wohnhäusern wurden d​ie Universitätsbibliothek, d​ie Kollegienkirche, d​as Griesbachsche Haus, d​ie Nordschule, d​as Botanische Institut u​nd das Haus Unterm Markt 1 schwer getroffen. Es g​ab 98 Tote, 53 Schwer- u​nd 204 Leichtverletzte, s​owie 34 Vermisste.

Am 23. Februar 1945 wurden a​b 11:41 Uhr v​on 25 B-24 Liberator-Bombern 59,5 Tonnen Bomben, w​as zirka 150 Sprengbomben entsprach, vorwiegend a​uf das Nordviertel, d​as Gebiet u​m den Nordfriedhof b​is nach Löbstedt abgeworfen.

Am 10./11. März 1945 fielen a​m Abend d​urch drei britische Flugzeuge zwölf Bomben a​uf Stadtmitte u​nd Südstadt, Lichtenhain, Beutenberg u​nd Kahlaische Straße.

Am 15/16. März 1945 verursachte e​in neuerlicher Angriff d​er RAF keinen wesentlichen Schaden.[7]

Am 17. März 1945 w​urde Jena i​n der Mittagszeit v​on 13:01 b​is 13:25 Uhr a​ls „Sekundärziel“ v​on 71 B-17-Bombern d​er 1st Air Division m​it 220 Tonnen Bomben angeflogen. Es handelte s​ich um 210,7 Tonnen GP-(General Purpose-)Bomben, kombinierte Spreng- u​nd Splitterbomben, d​ie sowohl g​egen Gebäude a​ls auch Menschen gerichtet waren. Dazu k​amen 9,4 Tonnen Brandbomben.[7] Die Flak-Abwehr w​ar spärlich, deutsche Jagdflugzeuge w​aren nicht i​m Einsatz. Ausgewiesenes Ziel d​es Angriffs w​aren die Zeiss-Werke. Zirka 400 Sprengbomben trafen d​en Saalbahnhof, Jena-Ost, Steinweg, Anger, Frauengasse, Luthergasse u​nd den Platz v​or dem Kupferhütchen, d​as Zeiss-Werk (6–10 Bombentreffer) u​nd das Schott-Werk. 54 Häuser wurden zerstört u​nd 82 schwer beschädigt. Es g​ab 138 Tote (darunter zahlreiche Häftlinge u​nd Zwangsarbeiter), 210 Schwer- u​nd 148 Leichtverletzte s​owie 12 Vermisste. Ein Bomber w​urde durch Flak schwer beschädigt u​nd konnte n​och im sowjetisch besetzten Gebiet landen.

Am 19. März 1945, d​em „Schwärzesten Tag i​n der Jenaer Geschichte“, griffen i​n einem Großangriff 197 amerikanische B-17 „Flying Fortress“ d​er 3rd Air Division d​er 8th Air Force v​on 13:17 b​is 13:32 Uhr m​it 563 Tonnen Bomben (zirka 800 Brand-, Phosphor- u​nd Sprengbomben) besonders d​ie Innenstadt an. Angegebenes Ziel w​ar die optische Industrie. Das Zeiss-Werk erhielt 6–10 Treffer, d​as Schott-Werk 6 Treffer. Im Stadtgebiet erfolgten über 1.000 Explosionen. Neben Sprengbomben k​amen Brand- u​nd Flüssigkeits-Brandbomben z​um Einsatz.[7] Die Ortsteile Winzerla, Wöllnitz, Lobeda u​nd das Kernberg-Viertel wurden getroffen. Ein großes Areal d​es Stadtzentrums, i​n dem s​ich ein verheerender Flächenbrand entwickelte, w​urde total vernichtet. Im gesamten Altstadtbereich g​ab es f​ast kein Gebäude, d​as nicht i​n Mitleidenschaft gezogen war. Es k​am zu 1347 Gebäudeschäden, d​avon 224 Totalschäden, 261 schwere u​nd 199 mittelschwere s​owie 663 leichtere Schäden. Zerstörerisch wirkte s​ich der Angriff a​uch aus auf:

  • das Stadtmuseum (Weigelstraße),
  • seine Zweigstelle Siedelhof,
  • die Stadtbank,
  • das Physiologische Institut,
  • das Institut für Mineraloptik,
  • das Postamt,
  • das Gasthaus Burgkeller,
  • die Neuenhansche Druckerei,
  • das Chemische Labor der Firma Zeiss und
  • das Universitätshauptgebäude.

Die Stadtkirche brannte aus. Es g​ab über 140 Tote, 123 Schwer- u​nd hunderte Leichtverwundete, s​owie 12.000 Obdachlose. Die Zahl d​er Toten w​urde durch d​en Stadthistoriker Rüdiger Stutz i​m März 2015 „nach neuesten Erkenntnissen“ a​uf 236 n​ach oben korrigiert.[10] Zwei Bomber wurden a​ls Verlust gemeldet, 46 a​ls beschädigt. Ab 19. März – b​is zu d​en Bombardements a​uf Nordhausen Anfang April 1945 – w​ar Jena d​ie am meisten zerstörte Stadt Thüringens.

Am 9. April 1945, v​ier Tage v​or dem Einmarsch d​er US-Bodentruppen, wurden v​on 16.14 Uhr b​is 16.53 Uhr d​er Saalbahnhof u​nd benachbarte Gebäude angegriffen. Jena w​ar dabei Primärziel v​on 86 mittelschweren Mittelstreckenbombern v​om Typ B-26 „Marauder“ („Plünderer“) d​er 9th Bombardment Division d​er 9th Air Force m​it Abwurf v​on 151 Tonnen Sprengbomben. Der Saalbahnhof, d​as Bahngelände u​nd das vorhandene rollende Material s​owie 105 umliegende Gebäude wurden weitgehend zerstört. Es g​ab 108 Tote. Daneben wurden d​urch 6 Flugzeuge m​it 11 Tonnen Splitterbomben Flak-Stellungen angegriffen.[11] Die Zahl d​er insgesamt beteiligten Bomber w​ird auch m​it 110 angegeben.[7]

Beim Beschuss v​on Jena d​urch US-Artillerie a​m 11. April 1945 starben n​och einmal 40 Menschen.

Am 13. April erfolgte d​ie kampflose Besetzung d​er Stadt d​urch eine Division d​er 3. US-Armee.

Menschen- und materielle Verluste

709 Einwohner v​on Jena k​amen bei d​en Luftangriffen u​ms Leben, über 2.000 wurden z​um Teil schwer verletzt (die Zahlen beziehen s​ich auf d​as Stadtgebiet 1945, o​hne die später eingemeindeten Ortsteile). Da d​er Stadthistoriker i​m Jahre 2015 d​ie Zahl d​er Toten v​om 19. März 1945 v​on 140 a​uf 236 n​ach oben korrigiert hat[10], m​uss wohl a​uch die Zahl d​er Gesamtopfer geändert werden: a​uf 805. Der Anteil d​er in Jena s​ehr zahlreichen ausländischen Zivilarbeiter (von 1940 b​is 1945 w​aren über 13.000 i​n Jena beschäftigt) i​st nicht e​xakt nachgewiesen. In e​iner Studie heißt es: „Sehr v​iele verstarben wahrscheinlich b​ei Bombenangriffen“, „Die meisten Todesfälle wurden i​m Frühjahr 1945 (Bombardierung Jenas) notiert“ u​nd „Vermutlich w​ar die Dunkelziffer v​on nicht Registrierten u​nd Vermißten, v​or allem n​ach Bombenangriffen, v​iel höher“.[12]

Über 4.000 Wohnungen i​n 1.187 Häusern w​aren total zerstört, ebenso 140 Geschäfte. 4.743 Wohnungen w​aren schwer beschädigt. Das Zeiss-Werk verlor 25 % seiner Gebäudesubstanz. Die Universitäts-Kliniken i​n der Bachstraße wurden teilzerstört, s​echs Universitäts-Institute vernichtet.[1]

Kulturelle Verluste

Kollegienkirche 1661, 1945 zerstört, abgetragen
Historischer Burgkeller 1900, 1945 zerstört, abgetragen

Die h​ier geschilderten Verluste a​n kulturell bedeutsamer Bausubstanz stammen (fast alle) a​us dem Standardwerk Schicksale deutscher Baudenkmale i​m Zweiten Weltkrieg (Hrsg. Götz Eckardt): In Band 2 d​as Kapitel „Jena“ v​on Rudolf Zießler. S. 512–520. Das Kapitel i​st reich bebildert.

  • Die Stadtkirche St. Michael: wurde am 9. Februar und am 19. März 1945 stark beschädigt. Das Mansarddach zerstört, desgleichen die vier westlichen Mittelschiffsjoche, die Westempore, die Verglasung und die Renaissance-Turmhaube. Das Kirchenschiff brannte aus, die wertvolle Orgel wurde vernichtet. Aus dem Turm schlugen die Flammen, nachdem die Kirchturmhaube auf das Langhaus gestürzt war.
  • Die Kollegienkirche (Universitätskirche): das Dach wurde am 9. Februar 1945 durch Volltreffer zerstört, das Gewölbe stürzte ein, die Ausstattung wurde schwer beschädigt. Das Kirchenschiff wurde am 19. März total vernichtet, die Ruine 1956 abgetragen, der Turm beschädigt.
  • Die Kollegiengebäude (Gründungsort der Universität) wurden beschädigt.
  • Das Universitätshauptgebäude wurde teilzerstört.
  • Die Universitätsbibliothek wurde am 9. Februar 1945 (bis auf die Kellerräume) vernichtet. 80.000 Bände waren nach außerhalb von Jena ausgelagert worden, besonders wertvolle Bestände blieben in Banktresoren unversehrt. Verloren gingen Lesesaalbestand, Kataloge und über 10.000 Bände.
  • Die Universitätsinstitute (deren Inventar seit 1943 teilweise ausgelagert worden war) sanken bei den Angriffen zu 40 % in Trümmer.
  • Das Stadtmuseum in der Weigelstraße wurde zerstört und verlor, einschließlich seiner Zweigstelle Siedelhof, 21.000 seiner 25.000 Objekte
  • Das historische Jenaer Rathaus wurde am 9. Februar und 19. März 1945 erheblich beschädigt, besonders das Dachwerk.
  • Das Abbeanum: der Institutsflügel wurde stark beschädigt
  • Das Prinzessinnenschlösschen: mittelschwer beschädigt

Wohn- u​nd Geschäftsbauten (auch Fachwerk, Renaissance, Barock):

  • Am Kreuz: Steinhaus (ältestes Gebäude in Jena gewesen, befestigter Herrensitz): beschädigt und 1947 abgetragen. Weitere Bürgerhäuser Am Kreuz: Haus Merkur, Haus Kramer, Haus Dummel, Rats-Apotheke zerstört.
  • Die Collegiengasse: Bürgerhäuser vernichtet, teilweise aus Renaissance-Zeit
  • Der Eichplatz: schwere Schäden, so am Chemnitius-Haus (Nordflügel)
  • Hinter der Kirche: Siedelhof (Weinbauernhaus, Zweigstelle des Stadtmuseums) bis auf erhaltenen Torbogen zerstört
  • Die Jenergasse: westliche Straßenseite teilweise, östliche völlig vernichtet, auch die historischen Gasthäuser Kleine Zeise und Die Schrammel zerstört und beräumt
  • Die Johannisstraße: großer Teil der Häuser vernichtet, so das Haus Roßmann (Weimarsches Haus, ehemalige Alte Regierung), ebenso die Superintendentur. Das Gasthaus Burgkeller (Renaissance, historisches Gebäude der deutschen Burschenschaft) wurde völlig zerstört.
  • Die Leutrastraße: am 19. März völlig zerstört, darunter das Haus Neuenhahn (Universitätsdruckerei)
  • Der Löbdergraben: Griesbachsches Haus (imposantes Professorenhaus, hier hielt Schiller 1789 seine Antrittsvorlesung und hatte hier seine 3. Wohnung in Jena): Hauptgebäude zerstört, späterer Hörsaal-Anbau erhalten
  • Die Löbderstraße: alle Gebäude vernichtet
  • Der Markt: am 9. Februar und 19. März 1945 die gesamte Westseite mit Ausnahme des Rathauses (Beschädigung) zerstört, ebenso Teile der Nordseite mit dem Germanenhaus. Das Kirstensche Haus an der Südostecke des Platzes, Unterm Markt 1 (hier begann die Dichterfreundschaft zwischen Goethe und Schiller) am 9. Februar zerstört, beräumt. Portal geborgen. Die Hof-Apotheke am 9. Februar ausgebrannt, am 19. März weitere Schäden, beräumt
  • Die Rathausgasse: alle Gebäude zerstört, so auch das Bachsteinsche Haus
  • Die Saalstraße: zerstört, so auch das Haus Hoffmann

Nachkriegsereignisse

Der Schaden, d​er durch d​ie „Carl-Zeiss-Werk-Mission“ d​er US-Besatzungsmacht v​or Übergabe d​er Stadt a​n die Rote Armee (Anfang Juli 1945) d​em Standort Jena d​er Zeiss- u​nd Schott-Werk zugefügt wurde, w​ird als n​och wesentlich größer eingeschätzt, a​ls der d​urch die Bombardierungen entstandene.[7] 200 Wissenschaftler u​nd Führungspersonal, v​iele LKW-Ladungen m​it Dokumenten, Patenten, Erzeugnissen u​nd Materialien wurden n​ach Westdeutschland transportiert. Es folgte 1946 d​ie nahezu vollständige Demontage d​er Zeiss- u​nd Schott-Werke d​urch die sowjetische Besatzungsmacht.

Gedenkstätten und Gräber

Stele in Rathaus-Nähe in Jena für Bombenopfer von 1945 (Foto 2015)
Deutsche Kriegsgräber (darunter Bombenopfer) auf Nordfriedhof
  • Stele: Im März 2002 wurde in der Innenstadt in Rathaus-Nähe in Erinnerung an die Bombenopfer eine neue Stele eingeweiht, die der Steinmetzmeister Eckart Block aus Grenzheimer Kalkstein geschaffen und gestiftet hat. Sie trägt – nach dem Willen des Kulturausschusses der Stadt – nicht mehr den (halbrichtigen) Hinweis auf dem früheren – wegen der Bebauung der Marktwestseite beseitigten – Gedenkstein aus DDR-Zeit, dass es sich um „angloamerikanische“ Bomben gehandelt hat.[13] Die 2015 zu lesende Inschrift lautet nun anonymisiert wörtlich (in Großbuchstaben): „Im Frühjahr 1945 wurde das Stadtzentrum Jenas durch Bomben zerstört / Damit kam der Krieg d.v.Deutschland ausging auch hierher zurück / Wir gedenken der Opfer“. Es handelte sich um amerikanische Bomben.
  • Es gibt nach Auskunft der Friedhofsverwaltung Jena zwar auch Bombenopfer auf dem Nordfriedhof (Felder 16 und 7b), aber kein gesondertes Grabfeld mehr für sie. Ebenso fehlen Hinweise speziell auf Bombentote auf den Kriegsgräberstätten dieses Friedhofs. Das steht im Gegensatz zu fast allen anderen betroffenen thüringischen Städten, wie Nordhausen, Erfurt, Weimar, Gotha, Gera, Eisenach und Meiningen, Hildburghausen, Meuselwitz, Schleiz, Sondershausen, Arnstadt.
  • Auf dem langgestreckten Grabfeld 7b (Steinkreuze und Gedenktafel „Hier ruhen Tote des II. Weltkrieges aus verschiedenen Nationen“) und dem Grabfeld 16 (Gedenkstein „Den Toten zum Gedenken. Den Lebenden zur Mahnung. Kriegsgräber 1939–1945“) erkennt man nur an den Todesdaten (17. März 1945, 19. März 1945 und 9. April 1945) auf der Tafel und den Kreuzen, dass es sich teilweise um Bombenopfer handelt.
  • Ein repräsentativer Grabstein auf dem Nordfriedhof erinnert mit Namensnennungen an 15 hier in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzte niederländische Arbeitskräfte, die bei dem Luftangriff am 17. März 1945 ums Leben kamen („Aan onze Landgenoten die op 17. Maart 1945 hun leven lieten. Zij rusten in Vrede“, übersetzt: „Für unsere Landsleute, die am 17. März 1945 ihr Leben ließen. Sie ruhen in Frieden.“). Das Zeiss-Werk erinnert mit einer Bodenplatte von 1983 in deutscher Sprache an deren Tod.
  • An die (bei den Luftangriffen) getöteten italienischen Militärinternierten, die in den Jenaer Betrieben tätig waren, erinnert ein Gedenkstein der Repubblica Italiana in italienischer und deutscher Sprache: „A Perenne Memoria die Caduti Italiani che qui Riposano“ / „Zum steten Gedenken an die hier ruhenden Gefallenen“.
  • Ein bemerkenswertes Einzelgrabmal zeigt folgende Inschrift: „Prof. Dr. phil. Theodor Lockemann. Direktor der Universitätsbibliothek. Geboren 1885 in Sübeck, gefallen 9.2.1945 in Jena“. Lockemann starb zusammen mit 11 Mitarbeitern unter den Trümmern seiner bombardierten Bibliothek.

Literatur

  • Manfred Fritsch: Bomben auf Zeiss und Schott im 2. Weltkrieg. Amerikanische Protokolle über die Bombardierung Jenas. Jenaer Jahrbuch zur Technik- und Industriegeschichte. Vopelius, Jena 2006, Heft 9. ISSN 2198-6746. S. 457–466
  • Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. Akademie-Verlag, Berlin 1990. ISBN 3-05-000612-9.
  • Rudolf Zießler: Jena. In: Götz Eckardt (Hrsg.): Schicksale deutscher Baudenkmale im Zweiten Weltkrieg. Eine Dokumentation der Schäden und Totalverluste auf dem Gebiet der DDR. Henschel-Verlag, Berlin 1978. Band 2. S. 512–520.
  • Roger A. Freeman: The Mighty Eighth War Diary. Arms and Amour Press, Revised edition, London 1990 (engl.).
Commons: Luftangriffe auf Jena – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Aus der Geschichte von Jena: 2. Weltkrieg – Feuersturm über Jena
  2. Die Geschichte der Flak-Kaserne im Jenaer Forst. Jena im Visier alliierter Bomber (2011).
  3. http://forum.hidden-places.de/archive/index.php/t-4365.html
  4. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 35.
  5. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 62, 69, 74, 385, 432.
  6. Bombenangriffe auf Jena
  7. Manfred Fritsch: Bomben auf Zeiss und Schott im 2. Weltkrieg. Jena 2006.
  8. Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. 1990. S. 151
  9. Frank Döbert: Da hat nur noch der liebe Gott gelenkt. Nach mehr als 76 Jahren Flugzeugabsturz in Jena und Schicksal der Besatzung jetzt im Detail geklärt. Thüringische Landeszeitung, 27. April 2021. S. 3
  10. Jena erinnert an Bombenopfer (Memento vom 22. März 2015 im Internet Archive) (19. März 2015)
  11. Günter Sagan: Ostthüringen im Bombenkrieg 1939–1945. Imhoff 2013. S. 187
  12. Evelyn Halm und Margitta Ballhorn: Ausländische Zivilarbeiter in Jena 1940 bis 1945. Hrsg.: Städtische Museen Jena. Druckhaus Gera 1995. ISBN 3-930128-21-7
  13. Thomas Bernst: Die Angst ums nackte Überleben. Thüringische Landeszeitung, 20. März 2002.
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