Lothar-Günther Buchheim
Lothar-Günther Buchheim (* 6. Februar 1918 in Weimar; † 22. Februar 2007 in Starnberg) war ein deutscher Maler, Fotograf, Verleger, Kunstbuch- und Romanautor, Filmemacher, Sammler und Gründer des Buchheim-Museums der Phantasie in Bernried am Starnberger See.
Leben
Lothar-Günther Buchheim war der Sohn der in Chemnitz lebenden unverheirateten deutschen Malerin Charlotte Buchheim (1891–1964).[1] Er hatte einen zwei Jahre jüngeren Bruder, Klaus Buchheim.
Mit seiner Familie zog er 1926 nach Rochlitz, wo er seine restliche Kindheit verbrachte, denn seine Mutter hatte einen Erzgießereibesitzer geheiratet, zog sich aber 1930 wieder nach Chemnitz zurück.[2] Hier machte er weite Radtouren mit seinem Bruder, teilweise bis zur Ostsee, um Landschaftsbilder zu zeichnen und diese später in Linolschnitte umzusetzen. In dieser Zeit entstanden seine ersten Linolschnitt-Arbeiten. Buchheim wurde schon sehr früh als „malendes Wunderkind“ bezeichnet und arbeitete bereits an Zeitungen und Zeitschriften sowie an Kollektivausstellungen mit. Als 17-Jähriger bekam er seinen ersten öffentlichen Auftrag von der Stadt Chemnitz. In dieser Zeit veröffentlichte er das Bändchen „Lothar-Günther Buchheim – Ein ganz junger Künstler“.
Nach seinem Abitur 1937 zog er nach Italien, wo er sein erstes Buch Tage und Nächte steigen aus dem Strom verfasste (1941 veröffentlicht). In diesem Werk sammelte er alle Erfahrungen, die er bei einer Donaufahrt 1938 mit einem Faltboot bis ins Schwarze Meer gemacht hatte. Ab 1939 studierte er an der Hochschule für bildende Künste in Dresden und wechselte 1940 an die Akademie der Bildenden Künste nach München.
1940 trat Buchheim als Freiwilliger in die Kriegsmarine ein und tat Dienst als Kriegsberichterstatter im Rang eines Sonderführers (Z) (entspricht dem Dienstrang eines Leutnants) für das nationalsozialistische Renommierblatt Das Reich auf Minenräumbooten, Zerstörern und U-Booten.[3]
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg schrieb er zahlreiche Bücher über seine Erfahrungen bei der Marine. Im Jahr 1943 verfasste er als Besatzungsmitglied des VII-C-Bootes U 96 seinen Erlebnisbericht Jäger im Weltmeer, der von einem erbitterten Kampf zwischen einem deutschen U-Boot und einem britischen Zerstörer handelt. Er wurde die Grundlage für Buch und Film Das Boot. Im August 1944 entkam Buchheim mit U 309 aus der Festung Brest.[4] Danach floh er quer durch Frankreich und kehrte zurück nach Deutschland. Diese Evakuierungsfahrt hat er im Roman Die Festung verarbeitet.
Er porträtierte Admiral Karl Dönitz zweimal.[5] Zwischen 1941 und 1943 beteiligte er sich mit insgesamt 21 Zeichnungen – Porträts von Offizieren und Darstellungen von U-Booten – an der Großen deutschen Kunstausstellung in München und war damit zahlenmäßig einer der am besten vertretenen Künstler auf dieser Leistungsschau des „Dritten Reiches“.
1945 gründete er die „Kunsthandwerklichen Werkstätten“ in Feldafing, wo er sich inzwischen niedergelassen hatte. Nach Kriegsende verfasste er Kunstbücher über Max Beckmann, Otto Mueller und Pablo Picasso, die ihn, zusammen mit seinen Büchern über Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg, bekannt machten. 1949 wurde von der Französin Geneviève Militon sein einziger Sohn Yves Buchheim geboren.[6] Buchheim gründete 1951 einen Kunstbuchverlag in Frankfurt am Main, der sich heute in Feldafing befindet und den er zusammen mit seiner Ehefrau Diethild (1922–2014) und ihren beiden Schwestern betrieb.[7]
In den 1950er Jahren entstand seine Sammlung von insbesondere graphischen Werken des deutschen Expressionismus (vor allem der Künstlergemeinschaft Die Brücke). Da der Wert dieser Kunst noch nicht allgemein anerkannt war, konnte er die Werke zu einem niedrigen Preis erwerben.
1968 nahm er die Arbeiten am U-Boot-Manuskript wieder auf und beendete 1971 den Roman unter dem Titel „Das Boot“. Die Verfilmung des Romans Das Boot im Jahr 1981 sorgte für die weitere Bekanntheit seines Verfassers.[8] Zusammen mit dem Roman „Die Festung“, erschienen 1995, und dem Roman „Der Abschied“, erschienen 2000, bildet dieses Werk eine Trilogie.
1972 machte Buchheim eine Malerreise über New York und San Francisco bis in die Südsee. Während dieser Reise entstanden viele Aquarelle und Gouachen, die er später die Tropen von Feldafing nannte.
In den 60er und 70er Jahren unternahm er zahlreiche Maler- und Erkundungsreisen, in deren Ergebnis mehrere Reiseberichte und Fotobücher erschienen. In den Jahren von 1981 bis 1985 wurden viele seiner Arbeiten in Leningrad, Moskau, Madrid, Tel Aviv und Japan ausgestellt.
Nachdem Lothar-Günther Buchheim mit knapp 65 Jahren das Malen und Schreiben für die Öffentlichkeit beendet hatte, wollte er zunächst seine gesammelten Werke im Duisburger Lehmbruck-Museum unterbringen. Da dieses Vorhaben aber an Meinungsverschiedenheiten mit der Stadt Duisburg scheiterte, zog er sein Angebot Mitte der 1980er Jahre zurück. 1996 gründete er dann eine gemeinnützige Buchheim-Stiftung, die 2001 nach rund 30-jährigen Bemühungen das Museum der Phantasie, auch als Buchheim-Museum bekannt, finanzierte. Das Museum wurde am 23. Mai 2001 eröffnet. In diesem Museum, in dem Buchheim bis zu seinem Tod Direktor war, platzierte er seine gesammelten Werke.
Jahrelang hatte Buchheim geplant, seine auf rund 100 Millionen Euro geschätzte Sammlung in seinem Wohnort Feldafing unterzubringen. Doch die Gemeinde lehnte nach Querelen mit ihm, der auch „Poltergeist von Feldafing“ tituliert wurde, ab. 1998 brachte ein Bürgerbegehren das endgültige Aus für seine Museumspläne in Feldafing und Buchheim wich in die nahe Gemeinde Bernried aus.
Charakteristisch war seine Augenklappe, die er auf Grund einer missglückten Augenoperation über dem linken Auge trug.
Lothar-Günther Buchheim starb am 22. Februar 2007 an einem Herzleiden.[9] Seine Urne wurde auf dem Friedhof in Bernried beigesetzt.
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1983 Bundesverdienstkreuz
- 1985 Ehrendoktor der Universität-Gesamthochschule Duisburg für seine kunstwissenschaftlichen Arbeiten. Kurz vorher wurde er zum Professor ernannt.
- 1986 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
- 1988 Bayerischer Verdienstorden
- 1992 Ehrenbürger der Stadt Chemnitz, 2001 zurückgegeben, weil eine Ausstellung seiner umstrittenen Kriegszeichnungen scheiterte
- 1993 Ernst-Hoferichter-Preis (gemeinsam mit Asta Scheib, Helmut Seitz)
- 1996 Großes Verdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland
- 1998 Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst
- 1998 Hans-Prinzhorn-Medaille[10]
Bücher
- Tage und Nächte steigen aus dem Strom. Eine Donaufahrt. 1941 (Erweiterte Ausgabe 2000, ISBN 3-7844-2772-3 und unveränderte Neuauflage TB 2001, ISBN 3-492-23297-3)
- Jäger im Weltmeer. 1943/1996, ISBN 3-455-11172-6 (Unveränderte Neuauflage TB 2005, ISBN 3-492-24470-X)
- Georges Braque. Das graphische Werk. 1950
- Henri Matisse. Aus dem graphischen Werk. 1950
- Pablo Picasso. Aus dem graphischen Werk. 1950
- Braque („Die Farbige Reihe“). 1951
- Raoul Dufy („Die Farbige Reihe“). 1951
- Henri de Toulouse-Lautrec. Die Lithographien. („Die Farbige Reihe“). 1951
- Henri Matisse („Die Farbige Reihe“). 1952
- Max Beckmann. Die Welt des Einzelnen. Holzschnitte, Radierungen, Lithographien. („Buchheim Bücher“). 1954
- Pierre Bonnard („Die Farbige Reihe“). 1954
- Um 1900. Lithographien von Toulouse-Lautrec, Bonnard, Vuillard. („Buchheim Bücher“). 1954
- Lexikon der modernen Kunst. Bearbeitet und herausgegeben von Lothar-Günther Buchheim. 1955
- Fernand Leger. Menschen und Objekte. („Buchheim Bücher“). 1955
- Zwischen Traum und Tag. Zeichnungen von Marc Chagall. („Buchheim Bücher“). 1955
- Festliche Welt. Zeichnungen von Raoul Dufy. („Buchheim Bücher“). 1955
- Die Künstlergemeinschaft „Brücke“. Gemälde, Zeichnungen, Graphik, Plastik. Dokumente des deutschen Expressionismus. 1956
- Französische Graphik des XX. Jahrhunderts. („Buchheim Bücher“). 1956
- Deutsche Graphik des XX. Jahrhunderts. Holzschnitte. („Buchheim Bücher“). 1956
- Hector Trotins Sonntagswelt. 1957
- Der „Blaue Reiter“ und die „Neue Künstlervereinigung München“. 1958
- Picasso. Eine Bildbiographie. 1958
- Wie malt man abstrakt? Eine leichtfassliche Anleitung. 1958 (Neuauflage 2002, ISBN 3-7659-1051-1)
- Graphik des deutschen Expressionismus. 1959
- Max Beckmann. Leben und Werk. 1959
- Max Kaus. Graphik aus den Jahren 1916–1926. 1959
- Otto Mueller. Leben und Werk. 1963 (Neuauflage mit verändertem Layout 2003, ISBN 3-7659-1052-X)
- Der Maler im herbstlichen Hain. Chinesische Landschaften von Chi Pai Shih. 1964, ISBN 978-3-7659-0982-5
- Max Kaus. Frühe Lithographien. 1964
- Jugendstilplakate („Buchheims große Kunstbücher“). 1969
- PI PA POP POSTERS. 1969 (Reprint 2007, ISBN 978-3-7659-1062-3)
- Das Boot. Roman. 1973 (Neuauflage 2005, ISBN 3-492-04754-8); Übersetzungen in 30 Sprachen
- U-Boot-Krieg. 1976 (3. Auflage 2001, ISBN 3-492-04042-X)
- Staatsgala. 1977, ISBN 3-426-05608-9
- Mein Paris – Eine Stadt vor dreißig Jahren. 1977, ISBN 3-492-02294-4 (Neuauflage mit dem Titel „Paris-Paris“, TB. 2004, ISBN 3-7659-1055-4)
- Staatszirkus – mit der Queen durch Deutschland. 1978, ISBN 3-423-01438-5
- Die Tropen von Feldafing. 1978 (Neuauflage TB 2001, ISBN 3-7659-1050-3)
- Der Luxusliner. 1980
- U 96 – Szenen aus dem Seekrieg. 1981
- Das Segelschiff. 1982 (Veränderte Neuauflage, 1986)
- Die U-Boot-Fahrer – Die Boote, die Besatzungen und ihr Admiral. Diverse Ausgaben: 1985, 1986, 1998 ISBN 3-492-04044-6, Sonderausgabe 2005 ISBN 3-937501-08-8
- Das Museum in den Wolken. Zum Fall Duisburg. 1986, ISBN 3-8135-0278-3
- Malerbuch. 1988, ISBN 3-7857-0484-4
- Die Festung. 1995, ISBN 3-455-00733-3 (Neuauflage. TB. 2005, ISBN 3-492-24470-X)
- U-Boot-Krieg. 1997.(Neuauflage 2001, ISBN 3-937501-09-6)
- Zu Tode gesiegt. Der Untergang der U-Boote. 1998 (Neuauflage 2001, ISBN 3-492-04043-8)
- Der Abschied. 2000, ISBN 3-492-04273-2
Filme
- Das Boot (D, 1981), unter der Regie von Wolfgang Petersen, mit Jürgen Prochnow und anderen
- Konvoi ins Kattegat. 1981
- Das Segelschiff. 1981
- Buchheims bunte Sammlerwelt. 1985
- Zu Tode gesiegt – Vom Untergang der U-Boote. 1985
- Die Villa und ihr Buchheim. Dokumentation von Bernt Engelmann und Gisela Wunderlich
Ausstellungen
Darsteller
- Doktor Faustus (D, 1982), nach dem Roman von Thomas Mann, unter der Regie von Franz Seitz (Buchheim spielt darin den Dr. Erasmi)
- Erfolg (D, 1990), nach dem Roman von Lion Feuchtwanger, unter der Regie von Franz Seitz (Buchheim spielt darin den Galeristen)
Literatur
- Mirko Wittwar: Das Bild vom Krieg. Zu den Romanen „Das Boot“ und „Die Festung“ von Lothar-Günther Buchheim. Univ. Diss., Berlin 2002.
- Andreas Lehmann: Lothar-Günther Buchheims „Das Boot“ im Kontext der Kriegsliteratur nach 1945. Magisterarbeit, München 2005.
- Yves Buchheim unter Mitarbeit von Franz Kotteder: Buchheim. Künstler, Sammler, Despot: Das Leben meines Vaters. Wilhelm Heyne, München 2018, ISBN 978-3-453-20197-2. (Mit Fotos, Dokumenten, Literaturverzeichnis)[11]
- Daniel J. Schreiber, Gerrit Reichert: Buchheim 100. (Katalog zur Ausstellung vom 17. März bis 1. Juli 2018 im Buchheim Museum Bernried), Buchheim Verlag, Feldafing 2018, ISBN 978-3-7659-1096-8.
- Gerrit Reichert: U 96 – Realität und Mythos: Der Alte und Lothar-Günther Buchheim, Mittler in Maximilian Verlag GmbH & Co. KG, 2019, ISBN 978-3-8132-0990-7.
Einzelnachweise
- Buchheim in Weimar
- Die Malerin Charlotte Buchheim
- Klee, Ernst.: Kulturlexikon zum Dritten Reich : Wer war was vor und nach 1945. 1. Auflage. Fischer, S, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-596-17153-8, S. 76.
- In seinem tagebuchartigen Bericht nennt er das Fluchtboot „U 730“.
- Gerrit Reichert U 96 – Realität und Mythos: Der Alte und Lothar-Günther Buchheim, Mittler in Maximilian Verlag GmbH & Co. KG, 2019, ISBN 978-3-8132-0990-7
- Sohn zur Familiengeschichte Buchheim
- Würdigung Diethild Buchheim (1922–2014)
- „Der Spiegel“ 9/2007
- Süddeutsche Zeitung: Wortgewaltiger Poltergeist 23. Februar 2007
- DGPA
- Zur Familiengeschichte Buchheim
Weblinks
- Literatur von und über Lothar-Günther Buchheim im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Lothar-Günther Buchheim in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Datenbank Große Deutsche Kunstausstellungen
- Buchheim Stiftung: Kurzbiografie zu Lothar-Günther Buchheim
- Fundstück Buchheim: Der schlimmste Vater