Lipiany
Lipiany (deutsch Lippehne) ist eine Kleinstadt im Powiat Pyrzycki der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Sie ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit 5794 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2020).
Lipiany | |||
---|---|---|---|
| |||
Basisdaten | |||
Staat: | Polen | ||
Woiwodschaft: | Westpommern | ||
Powiat: | Pyrzycki | ||
Gmina: | Lipiany | ||
Fläche: | 5,54 km² | ||
Geographische Lage: | 53° 0′ N, 14° 58′ O | ||
Einwohner: | 3887 (31. Dezember 2020) | ||
Postleitzahl: | 74-240 | ||
Kfz-Kennzeichen: | ZPY | ||
Wirtschaft und Verkehr | |||
Straße: | DW119 | ||
DW156 Barlinek–Lipiany | |||
Nächster int. Flughafen: | Stettin | ||
Geographische Lage
Die Stadt liegt in der Neumark, etwa 52 Kilometer südsüdöstlich von Stettin an einem See, der sowohl Mandelsee als auch Wendelsee genannt worden ist.
Geschichte
Lippehne wird erstmals im Jahre 1269 als Hauptort des pommerschen Landes Lippehne („terra Lipene“) genannt.[1] Ein „Land Lippehne“ wird 1233 urkundlich erwähnt, als Bischof Konrad II. von Cammin dem neu errichteten Kloster Chorin 100 Hufen in terra, quae slavice Lipana nuncupatur, schenkt.[2] Damit könnte jedoch auch das westlich der Oder gelegene Dorf Liepe gemeint gewesen sein.[3]
Bereits 1276 verkaufte der pommersche Bischof Hermann von Gleichen in Cammin das Land Lippehne für 3000 Mark Silber an die Markgrafen von Brandenburg Johann II., Otto IV. und Konrad I. aus dem Geschlecht der Askanier. Eine pommersche Burg als Zentrum des Landes Lippehne ist archäologisch nicht nachgewiesen; es spricht aber einiges dafür, dass in Lippehne eine voraskanische Burg gestanden hat.[4] 1276 wurde der Ort als Lyppen bezeichnet. 1302 bekam Lippehne das Stadtrecht. Eine Burg ist in Lippehne mit Sicherheit erst für 1373 bezeugt.[5] Von 1402 bis 1455 war Lippehne im Eigentum des Deutschen Ordens, der die Neumark erwarb. Ab 1455 war die Neumark, wie auch Lippehne wieder zurück in brandenburgischer Herrschaft. Verwüstungen in Stadt und Land richteten 1433 die Hussiten und 1467 pommerschen Herzögen Erich II. und Wartislaw X. an. Am 24. April 1616 brannte die Stadt völlig nieder und 1623 wurde die Stadt wiederholt ein Opfer des Feuers.
Im Jahr 1791 erbaute sich die jüdische Gemeinde eine Synagoge, 1890 waren in Lippehne von 3911 Einwohnern 45 Juden. Auf dem verwüsteten jüdischen Friedhof befindet sich das Grab Moses Moser, einem der engsten Freunde Heinrich Heines.[6]
Das Rathaus von Lippehne entstand zwischen 1828 und 1829.[7] Haupteinnahmequellen der Bevölkerung waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Fischerei, die Gerberei und die Tuchmacherei.[8] Lippehne war wegen seines üppigen und reichhaltigen Angebots an Speisefischen regional berühmt.[9]
- Soldiner Tor
- Pyritzer Tor
Im Jahre 1881/82 erhielt Lippehne einen Eisenbahnanschluss an der Bahnstrecke von Stargard in Pommern nach Küstrin. Der Personenverkehr auf dieser Strecke wurde am 3. April 2000 aus Rentabilitätsgründen geschlossen, später auch der Güterverkehr. Dieser jedoch konnte am 1. Juni 2005 wieder eröffnet werden, wurde aber mittlerweile wieder eingestellt. Ab dem Jahre 1900 wurden Wasserleitung und Kanalisation verlegt. Ab 1920 gab es auch Elektrizität in der Stadt.[10] 1939 lebten 4374 Einwohner in Lippehne.
Im Jahr 1945 gehörte die Stadt zum Landkreis Soldin in der preußischen Provinz Brandenburg.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs eroberte die Rote Armee Lippehne am Abend des 30. Januar 1945.[11] Ende Mai 1945 unterstellte sie die nur geringfügig zerstöre Stadt der Verwaltung der Volksrepublik Polen.[12] Diese benannte den Ort in Lipiany um und vertrieb am 4. Juli 1945 im Zuge der „wilden Vertreibungen“ die Einwohner, um sie in der Folgezeit durch Polen zu ersetzen.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
1719 | – | 90 Häuser mit Ziegeldach, 78 Häuser mit Strohdach und vier wüste Stellen[13][14] |
1750 | 1263 | [14][7][13] |
1800 | 1617 | in 286 Wohnhäusern (300 Militärpersonen)[7] |
1801 | 1617 | 283 Häuser mit Ziegeldach, drei Häuser mit Strohdach und 143 Scheunen[14] |
1802 | 1640 | [9] |
1810 | 1584 | [9] |
1816 | 1749 | davon 1677 Evangelische, sieben Katholiken und 65 Juden (vier Schullehrer und -lehrerinnen)[9] |
1821 | 1948 | in 288 Privatwohnhäusern[9] |
1842 | 2525 | [13] |
1850 | 2920 | darunter 78 Juden, die eine 1791 erbaut Synagoge besitzen, 322 Wohnhäuser (eine Militärperson)[7] |
1855 | 2901 | darunter fünf Katholiken und 71 Juden, in 323 Häusern[13] |
1858 | 3038 | [13] |
1867 | 3215 | am 3. Dezember[15] |
1871 | 3379 | am 1. Dezember, davon 3282 Evangelische, 13 Katholiken und 84 Juden[15] |
1875 | 3563 | [16] |
1880 | 3813 | [16] |
1890 | 3911 | davon zwölf Katholiken und 45 Juden[16] |
1900 | 3878 | meist Evangelische[17] |
1910 | 4056 | am 1. Dezember[18][19] |
1933 | 4531 | [16] |
1939 | 4380 | [16] |
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
---|---|---|
2020 | 3877 | am 31 Dezember |
Gemeinde
Zur Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Lipiany gehören die Stadt selbst und 12 Dörfer mit Schulzenämtern.
Persönlichkeiten
- Karl August von Schaeffer, preußischer Generalmajor, starb am 20. Februar 1827 in Lippehne
- Moses Moser (1797–1838), Bankier
- Otto von Bismarck, Ehrenbürger am 12. Juli 1886.[20]
- Leopold von Münchow (1884–1945), Kavallerie- und Heeresoffizier, Gründer und Reichsführer des Jungsturms
Literatur
- Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Band 3, Berlin 1809, S. 132–133.
- Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafenthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Band 3, Brandenburg 1864, S. 435–437.
- W. Riehl und J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 430–431.
- Paul Biens, Heimatkreis Soldin (Hrsg.): Lippehne – Heimatkreis Soldin/Nm., Soltau, 1981.
- Paul Biens: Chronik der Stadt Lippehne und der umliegenden Dörfer, 1908.
- Jörg Lüderitz: Neumark – Durch die alte Kulturlandschaft östlich der Oder. 4. Auflage, Trescher Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89794-122-9, S. 92–98 (eingeschränkte Vorschau)
Weblinks
- Website der Stadt (polnisch)
Fußnoten
- Wolfgang Podehl: Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg. Böhlau Verlag, Köln Wien 1975, S. 326, 354.
- Georg Wilhelm von Raumer: Die Neumark Brandenburg im Jahr 1337 oder Markgraf Ludwig's des Aelteren Neumärkisches Landbuch aus dieser Zeit. Berlin 1837, S. 22–24, Nr. 5).
- W. Riehl und J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 287, unten.
- Wolfgang Podehl: Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg. Böhlau Verlag, Köln Wien 1975, S. 354.
- Wolfgang Podehl: Burg und Herrschaft in der Mark Brandenburg. Böhlau Verlag, Köln Wien 1975, S. 327, Fn. 280.
- Lippehne/Lipiany (Memento des Originals vom 31. Juli 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. auf shtetl.org, abgerufen am 30. Juli 2017
- Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz, Band 3, Brandenburg 1856, S. 436.
- Leopold von Zedlitz-Neukirch: Der Preußische Staat in allen seinen Beziehungen – Eine Umfassende Darstellung seiner Geschichte und Statistik, Geographie, Militairstaates, Topographie, mit besonderer Berücksichtung der Administration, Band II, Verlag August Hirschwald, Berlin 1835, S. 214.
- Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 320–327, Ziffer 398.
- GenWiki: Lippehne
- Helmut Lindenblatt: Pommern 1945. Eines der letzten Kapitel in der Geschichte vom Untergang des Dritten Reiches. Rautenberg, Leer 1984, ISBN 3-7921-0286-2, S. 151.
- Władze gminy lipiany w latach 1945–2018 (Behörden der Gemeinde Lipiany in den Jahren 1945–2018). Verzeichnis aus der Webseite der Gemeinde Lipiany (PDF).
- W. Riehl und J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 430–431.
- Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Band 3: Die Neumark Brandenburg. Berlin 1809, S. 132–133.
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staats und ihre Bevölkerung. Teil II: Provinz Brandenburg, Berlin 1873, S. 126–127, Ziffer 3 (online).
- Michael Rademacher: Provinz Brandenburg – Landkreis Soldin. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 12, Leipzig/Wien 1908, S. 594.
- Lippehne, Landkreis Soldin, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Lippehne)
- Landkreis Soldin - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2021)
- Als 27-jähriger Leutnant hatte Bismarck seinen Pferdeknecht vor dem Ertrinken im Wendelsee gerettet.