Leipziger Synagogalchor
Der Leipziger Synagogalchor ist ein gemischter Chor, der sich der Pflege und Bewahrung synagogaler Musik sowie jiddischer und hebräischer Folklore widmet. Der Chor umfasst circa 35 nichtjüdische Laiensänger, die aber zum großen Teil über eine private Gesangsausbildung verfügen. Hinsichtlich seiner Leistung wird der Chor professionellen Ansprüchen gerecht. Das äußert sich unter anderem in seinen weltweiten Auftrittsorten und darin, dass er mit renommierten Gesangssolisten und Orchestern zusammenarbeitet. Der Chor ist Mitglied im Verband Deutscher Konzertchöre (VDKC)[1] und im Netzwerk Tolerantes Sachsen.[2]
Leipziger Synagogalchor | |
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Sitz: | Leipzig |
Gründung: | 1962 |
Gattung: | gemischter Chor |
Gründer: | Werner Sander |
Leitung: | Ludwig Böhme |
Stimmen: | ca. 35 (SSAATTBB) |
Website: | www.synagogalchor-leipzig.de |
Geschichte
Der Synagogalchor ging 1962 aus dem Leipziger Oratorienchor hervor, den der jüdische Oberkantor Werner Sander 1951 in Leipzig gegründet hatte. Ziel des nun etwas verkleinerten Chores war neben der Folklorepflege die Aufführung jüdischer Komponisten wie z. B. Samuel Naumbourg, Salomon Sulzer und Louis Lewandowski. Nach der Umstellung auf das neue Metier trat der Chor 1963 erstmals vor Publikum auf. Bereits 1965 erschien bei ETERNA die erste Langspielplatte.
Nach dem plötzlichen Tod von Werner Sander wurde 1972 der Tenor an der Oper Leipzig Helmut Klotz, der schon solistisch mit dem Chor zusammengearbeitet hatte, zum Chorleiter berufen. Helmut Klotz ist es in seiner künstlerischen Leitungstätigkeit gelungen, den Chor zu einem semi-professionellen Ensemble zu formen. Er arbeitete mit Solisten der Opernhäuser in Leipzig, Berlin und Zürich und mit Mitgliedern des Gewandhausorchesters oder des Sinfonieorchesters des Mitteldeutschen Rundfunks zusammen.
Auftrittshäuser des Chores waren unter anderem die Berliner Philharmonie, das Berliner Schauspielhaus, der Münchner Gasteig, das Leipziger Gewandhaus, die Alte Oper in Frankfurt, der Kölner Dom, das Hygienemuseum Dresden, die Frauenkirche Dresden, das Alte Rathaus Leipzig, die Stiftskirche Stuttgart und der Dom zu Bautzen sowie die Synagoge Rykestraße in Berlin und die die Synagogen von Dresden, Chemnitz, Erfurt, Berkach, Leipzig, Minden, Worms und Mannheim. Auslandsreisen führten nach Südafrika, Brasilien, Spanien, Portugal, Schweden, Odessa, Brüssel, Paris, London sowie mehrfach in die USA, nach Tschechien, Polen und Israel. Seit 1980 wirkt das Ensemble auch am ökumenischen Gottesdienst in der Leipziger Thomaskirche zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 mit.
Im Rahmen die Feierlichkeiten zum Jubiläum „50 Jahre Leipziger Synagogalchor – 40 Jahre unter Leitung von Kammersänger Helmut Klotz“ leitete Helmut Klotz am 14. April 2012 den Chor letztmals in einem Festkonzert im großen Saal des Leipziger Gewandhauses und gab die Stellung als Chorleiter aus Altersgründen auf.[3]
Sein Nachfolger, der Sänger und Chordirigent Ludwig Böhme, übernahm die künstlerische Leitung des Chores am Folgetag, dem 15. April 2012. Unter seinem Dirigat waren Höhepunkte unter anderem die Wiederaufführung eines Leipziger Synagogenkonzerts von 1926 zusammen mit dem Kammerchor Josquin des Préz, die „Klassik-Klezmer“-Fusion mit dem Ensemble Rozhinkes zur Jüdischen Woche in Leipzig 2017 sowie die Aufführung von Ernest Blochs Sabbatgottesdienst “Avodath hakodesh” für großen Chor, Solist und Orchester zur Jüdischen Woche in Leipzig 2019 vor 800 Zuhörern im Leipziger Hauptbahnhof als „Bloch im Bahnhof“.[4]
Das Bemühen des Chores um die „Revitalisierung der synagogalen Chormusik des 19. und 20. Jahrhunderts Ost- und Mitteleuropas“ wurde 2020 in das Register guter Praxisbeispiele des Bundesweiten Verzeichnisses des immateriellen Kulturerbes eingetragen.[5]
Die Vielfalt der Veranstaltungen, Konzertorte und Anlässe, die Mitwirkenden und das aufgeführte Repertoire aus knapp 60 Jahren Chorgeschichte ist seit November 2020 in der Datenbank musiconn.performance, dem Portal für musikalische Aufführungspraxis der Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB), recherchierbar.[6] Die Daten wurden auf der Grundlage des Chorarchivs ausgewertet.
Chorleiter
- 1962–1972: Werner Sander
- 1972–2012: Helmut Klotz
- seit 2012: Ludwig Böhme
Auszeichnungen
- 1978, 1981 und 1984: Hervorragendes Volkskunstkollektiv
- 1981: Kunstpreis der Stadt Leipzig
- 1986: Ausgezeichnetes Volkskunstkollektiv
- 1988: Stern der Völkerfreundschaft in Gold
- 2017: Ehrenpreis der Obermayer German Jewish History Awards[7] (erstmals an eine Organisation statt an Einzelpersonen)
Finanzierung
Träger des Leipziger Synagogalchores war bis 1990 der Verband der Jüdischen Gemeinden in der DDR und erhielt dafür Fördermittel aus dem Kulturfonds der DDR. Seitdem ist der Chor ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Er wird institutionell gefördert vom Kulturamt der Stadt Leipzig.
Diskografie (Auswahl)
- Meisterwerke der Synagoge, LP, Eterna 1965
- Jüdische Lieder – Kostbarkeiten jüdischer Folklore, LP, Eterna, 1969
- Jüdische Gesänge, LP, Eterna 1971
- Der Leipziger Synagogalchor singt, LP, Eterna, 1983
- Der Leipziger Synagogalchor zugunsten des Wiederaufbaus der Synagoge Dresden (Historische Aufnahmen 1979–1988 und Jubiläumskonzert 2002), 2 CDs, Sächsische Tonträger, Dresden 1997
- Lidl fun goldenem Land, Leitung: Ludwig Böhme, querstand, 2016
- Klingende Toleranz, Leitung: Ludwig Böhme, querstand 2019
Literatur
- Leipziger Synagogalchor. Tafeln der Erinnerung 1962–2012, zusammengestellt von Kurt Grünhagen, Leipziger Universitäts-Verlag, Leipzig 2012, ISBN 978-3-86583-673-1.
- Tina Frühauf: Werner Sander „den Frieden endgültig zu festigen“. Ein großer Vertreter der jüdischen Musik in der DDR. Jüdische Miniaturen Bd. 213. Berlin 2017, ISBN 978-3-95565-237-1
- Helmut Pieper: Die Erfolge sind dem Chor nicht in den Schoß gefallen. In: UZ – Universitätszeitung der Karl-Marx-Universität Leipzig, Nr. 11 vom 19. März 1982 S. 6 (Digitalisat, PDF; 4,9 MB)
Weblinks
- Leipziger Synagogalchor. Abgerufen am 13. Januar 2021 (Website des Chores).
- Leipziger Synagogalchor auf YouTube, abgerufen am 16. November 2020.
- Leipziger Volkszeitung: Konzert mit Symbolkraft: Deutscher Synagogalchor singt in Yad Vashem auf YouTube, 1. April 2010, abgerufen am 16. November 2020 (Bericht vom Auftritt in Yad Vashem).
Einzelnachweise
- Leipziger Synagogalchor. In: Website des Verbandes deutscher Konzertchöre. Abgerufen am 17. November 2020.
- Leipziger Synagogalchor. In: Website tolerantes sachsen. Abgerufen am 17. November 2020.
- Peter Korfmacher: Erbe, Auftrag, Kälteinseln. Nach 40 Leitungsjahren verabschiedet sich Helmut Klotz im Gewandhaus vom 50-jährigen Synagogalchor. In: Leipziger Volkszeitung vom 16. April 2012, S. 9.
- Bloch im Bahnhof. Abgerufen am 17. November 2020 (mit Video).
- Revitalisierung synagogaler Chormusik des 19. und 20. Jahrhunderts Mittel- und Osteuropas. In: Website des Registers Guter Praxisbeispiele Immaterielles Kulturerbe. Abgerufen am 16. November 2020.
- Leipziger Synagogalchor. In: musiconn.performance. Abgerufen am 19. November 2020.
- Obermayer German Jewish History Award, Distinguished Service Leipziger Synagogalchor. Abgerufen am 16. November 2020.