Leipzig-Klasse (1875)
Die Leipzig-Klasse war eine Klasse von zwei Gedeckten Korvetten, die in den 1870er Jahren für die deutsche Kaiserliche Marine gebaut wurden. Die Schiffe waren SMS Leipzig und SMS Prinz Adalbert. Ursprünglich sollten die Schiffe nach bedeutenden Schlachten benannt werden. So wurde die Leipzig nach der Völkerschlacht bei Leipzig benannt, und die Prinz Adalbert sollte nach der Schlacht von Sedan entsprechend Sedan genannt werden. Um aber Frankreich nicht zu verärgern, wurde das Schiff kurz nach seinem Dienstantritt umbenannt. Eigentlich sollte die Leipzig-Klasse auf der Ariadne-Klasse basieren, letztlich wurden ihre Schiffe jedoch bedeutend größer gebaut, hatten eine stärkere Bewaffnung und im Gegensatz zu der Holzbauweise der Korvetten der Ariadne-Klasse eine Eisenrumpfkonstruktion. Damit waren die Schiffe die ersten Korvetten der Kaiserlichen Marine, die mit Eisenrümpfen gebaut wurden.
Illustration der SMS Leipzig von Fritz Stoltenberg | ||||||||||||||||||
| ||||||||||||||||||
| ||||||||||||||||||
| ||||||||||||||||||
| ||||||||||||||||||
|
Die Korvetten der Klasse wurden Anfang der 1870er Jahre im Rahmen eines großen Marinebauprogramms bestellt und sollten auf ausgedehnten Einsatzfahrten in überseeischen Interessensgebieten des deutschen Kaiserreichs und innerhalb der Flotte Dienst tun. Die britischen Erfahrungen während dem Seegefecht von Pacocha im Jahr 1877 überzeugten die deutsche Admiralität dann aber davon, dass ungepanzerte Kriegsschiffe gegen die hauptsächlich von den europäischen Marinen gebauten Flotten von Panzerschiffen nutzlos waren. So wurden Leipzig und Prinz Adalbert nur auf den Auslandsstationen eingesetzt, häufig auch, um im Sinne einer Kanonenbootpolitik deutsche Interessen mittels Machtprojektion zu schützen und die Expansion des deutschen Kolonialreichs ab den 1880er Jahren voranzutreiben.
Die Schiffe hatten als Hauptbewaffnung eine Batterie aus zwei 17-cm-Ringkanonen mit Kaliberlänge L/25 und zehn 17-cm-Ringkanonen mit Kaliberlänge L/20 und verfügten über eine vollständige Segelausrüstung, um die ebenfalls vorhandene Dampfmaschine auf langen Einsatzfahrten in Übersee zu ergänzen. 1884 wurden die Schiffe in Kreuzerfregatten umklassifiziert.
Die Schiffe unternahmen in den späten 1870er und frühen 1880er Jahren jeweils zwei lange Auslandsfahrten, hauptsächlich nach Ostasien. 1878 war Leipzig in einen diplomatischen Streit mit Nicaragua, die sog. Eisenstuck-Affäre, verwickelt. Prinz Adalbert wurde verwendet, um das wachsende deutsche Kolonialreich in Afrika zu sichern. Mitte der 1880er Jahre wurde Leipzig stark umgebaut, um sie als Geschwader-Flaggschiff auf ausländischen Stationen einsetzen zu können. Sie diente in dieser Funktion von 1888 bis 1893 als Flaggschiff des Permanenten Kreuzergeschwaders. Während dieser Dienstzeit nahm sie am Einsatz gegen den Aufstand der ostafrikanischen Küstenbevölkerung in Deutsch-Ostafrika in den Jahren 1888–1890 teil. Anschließend wechselte sie zwischen Ostafrika, China und Chile, wo sie während des chilenischen Bürgerkriegs von 1891 deutsche Staatsangehörige schützte. In der Zwischenzeit wurde Prinz Adalbert 1886 als Schulschiff genutzt und hatte drei Jahre in dieser Funktion gedient. bevor sie im Mai 1890 zu einem Wohnschiff umgewandelt wurde. 1907 wurde sie zur Verschrottung verkauft. Zu diesem Zeitpunkt war auch Leipzig 1895 bereits ein stationäres Wohn- und Ausbildungsschiff. 1919 sank sie durch einen Unfall. 1921 wurde das Schiff gehoben und ebenfalls zur Verschrottung verkauft.
Design
Die Entwicklung der Leipzig-Klasse geht auf den Flottenplan von 1867 zurück, der von Eduard von Jachmann erstellt wurde. Der Plan beinhaltete ein Expansionsprogramm zur Stärkung der preußischen Marine nach dem Deutschen Krieg und sah insgesamt zwanzig Schraubenkorvetten vor. Als 1871 die Entwurfsarbeiten für die Leipzig–Klasse begannen, hatten die deutschen Staaten unter preussischer Führung den Deutsch-Französischen Krieg gewonnen und das Deutsche Reich begründet. General Albrecht von Stosch, der neue Chef der Kaiserlichen Admiralität, nahm Jachmanns Plan für ungepanzerte Korvetten in seinen Flottenplan von 1873 auf. Zeitgleich wurde innerhalb der Kaiserlichen Marine über die Verwendung von Eisen für den Bau des Rumpfes großer Kriegsschiffe anstelle der traditionellen Holzbauweise debattiert. Die Preußen-Klasse, die erste Klasse von deutschen Kriegsschiffen mit Eisenrümpfen, die 1868 begonnen worden war, erwies sich als Erfolg, ebenso wie die britische Schraubenfregatte HMS Inconstant, das erste eiserne Kriegsschiff der Welt, dass für den Einsatz auf langen Reisestrecken vorgesehen war. Infolgedessen beschloss die Bauabteilung, einen Eisenrumpf für das neue Korvettendesign zu verwenden.
Leipzig wurde ursprünglich unter dem Namen Thusnelda als verbesserte Korvette der Ariadne-Klasse bestellt, die mit SMS Freya identisch war. Noch vor Beginn der Arbeiten wurde sie allerdings in ein wesentlich größeres Design überarbeitet. Das neue Design wurde 1871–1872 vorbereitet und die Arbeiten begannen zwei Jahre später. Die Konstrukteure hatten beabsichtigt, die Schiffe zusätzlich zu den normalen Kreuzeraufgaben wie der Repräsentation, dem Schutz der deutschen Handelsschifffahrt und der Sicherung deutscher wirtschaftlicher Interessen im Ausland sowie als Aufklärungsschiffe für die Hauptflotte einzusetzen. Doch kurz bevor die Arbeiten an den beiden Korvetten abgeschlossen waren, kämpften die britische Fregatte HMS Shah und die Korvette HMS Amethyst in dem Seegefecht von Pacocha gegen das peruanische Panzerschiff Huáscar. Dieses Gefecht zeigte, dass ungepanzerte Kriegsschiffe gegen moderne gepanzerte Kriegsschiffe praktisch nutzlos waren. Für Leipzig und Prinz Adalbert sah man daher von einem Einsatz innerhalb der Flotte ab und die Schiffe wurden ausschließlich auf den überseeischen Auslandsstationen eingesetzt, wo ein Zusammentreffen mit feindlichen gepanzerten Einheiten als unwahrscheinlich galt. Carl Paschen, der später während seiner Karriere beide Schiffe befehligte, beschrieb sie als "lebenswerte Schiffe" und lobte ihre geräumigen Rümpfe, die sich als gut geeignet für die langen Auslandseinsätze erwiesen.
Eigenschaften
Die Schiffe der Leipzig–Klasse waren an der Wasserlinie 87 Meter (m) lang und insgesamt 87,5 m lang. Sie hatten eine Breite von 14 m und einen Tiefgang von 6,2 m vorwärts und 6,9 m achtern. Sie verdrängten normalerweise 3980 t und bis zu 4626 t bei Volllast.
Die Schiffsrümpfe wurden mit Eisenrahmen in Quer- und Längsrichtung mit zwei Schichten Holzplanken und einer Kupferummantelung konstruiert, um Biokorrosion bei den längeren Einsätzen in Übersee zu verhindern, wo Werftanlagen nicht ohne weiteres verfügbar waren. Die Rümpfe waren in sieben wasserdichte Abteile unterteilt. Leipzig wurde Mitte der 1880er Jahre stark umgebaut und ihr Rumpf in neun und später zehn Abteile unterteilt. Zum Schutz des Maschinenraumes waren die Schiffe außerdem mit einem doppelten Boden darunter ausgestattet. Die Schiffe wurden mit einem Vorschiff entworfen, aber stattdessen mit einem bündigen Deck fertiggestellt.
Leipzig und Prinz Adalbert waren steife Schiffe, die schlecht rollten und sich neigten, besonders wenn ihre Treibstoffbunker voll waren. Unter Segeln hatten sie nur begrenzte Leistung. Die Schiffsbesatzung bestand aus 39 Offizieren und 386 Mannschaften. Jedes Schiff trug eine Reihe kleinerer Boote, darunter ein Wachboot, zwei Barkassen, eine Pinasse, einen Kutter, zwei Jollen und ein Dingi.
Antrieb
Die Schiffe wurden von einer einzigen horizontalen 3-Zylinder-Schiffsdampfmaschine angetrieben, die einen 2-Blatt-Schraubenpropeller mit einem Durchmesser von 6 m antrieb. Für Dampf sorgten zehn kohlebefeuerte Kofferkessel für Leipzig und sechs Kessel für Prinz Adalbert. Diese waren in einen einzelnen Kesselraum untergebracht. Die Abgase wurden in einen einzelnen einziehbaren Schornstein geleitet. Leipzig hatte eine geplante Geschwindigkeit von 14 Knoten (26 km/h), erreichte jedoch bei Geschwindigkeitsversuchen 15,8 Knoten (29,3 km/h) bei 6050 PS (5970 ihp). Prinz Adalbert hatte eine ähnliche Leistung. Die Schiffe hatten einen Reiseradius von 4320 km (2330 Seemeilen) bei einer Geschwindigkeit von 10 Knoten (19 km/h) und bei einer Geschwindigkeit von 14 Knoten fiel ihre Reichweite auf 2930 km (1580 SM). Leipzig und Prinz Adalbert wurden mit einem kompletten Segelrig ausgestattet, um ihre Dampfmaschinen auf Langstreckenfahrten zu ergänzen.
Als sie Mitte der 1880er Jahre modernisiert wurde, erhielt Leipzig neue Kessel, die die Installation eines zweiten Schornsteins erforderten, der im Gegensatz zu ihrem ursprünglichen Schornstein nicht einziehbar war. Ihre ursprüngliche Schraube wurde durch einen vierflügeligen Propeller mit einem Durchmesser von 5,8 m ersetzt. Ein elektrischer Generator wurde installiert, der 9,1 Kilowatt (12,2 PS) bei 55 Volt produzierte.
Bewaffnung
Die Schiffe der Leipziger Klasse waren mit einer Batterie von Rk 17,0 cm Ringkanonen bewaffnet, von denen zwei Kaliberlänge L/25 hatten. Die anderen zehn hatten Kaliberlänge L/20 und waren daher etwas kürzer.[A 1] Zwei der Kanonen waren für Verfolgungsfahrten im Bug montiert, während sich der Rest auf der Breitseite befand. Die Kanonen hatten eine Reichweite von 5000 m und die Schiffe führten insgesamt 1226 Granaten mit. In der späteren Dienstzeit wurden die Schiffe mit vier Hotchkiss 3,7 cm Revolverkanonen sowie vier 35 cm (13,8 Zoll) Torpedorohren nachgerüstet. Die Torpedorohre waren oberhalb der Wasserlinie zwei im Bug und ein weiteres auf jeder Seite installiert. Die Schiffe trugen insgesamt zehn Torpedos.
Anmerkungen
- Die Kaliberlänge bezeichnet die Länge der Waffe in Bezug auf das Kaliber. Eine Waffe mit 22 Kalibern ist 22-mal so lang wie ihr Durchmesser, daher ist beispielsweise eine 26-cm-L/22-Waffe 572 cm lang.
Literatur
- Gröner, Erich / Dieter Jung / Martin Maass: Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945. Band 1: Panzerschiffe, Linienschiffe, Schlachtschiffe, Flugzeugträger, Kreuzer, Kanonenboote. Bernard & Graefe, München 1982, ISBN 3-7637-4800-8, S. 70 f.
- Hildebrand, Hans H. / Albert Röhr / Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Biographien – ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. 10 Bände. Mundus Verlag, Ratingen (Genehmigte Lizenzausgabe Koehlers Verlagsgesellschaft, Hamburg, ca. 1990).