Lago di Lei
Der Lago di Lei ist ein 8 km langer Stausee, der (wie der Lago di Livigno) fast vollständig in Italien liegt, auf dem Gebiet der Gemeinde Piuro. Nur die 141 m hohe Staumauer und der 950 m lange Zufahrtstunnel liegen in der Schweiz, in einer Exklave der Gemeinde Ferrera oberhalb der Alp Campsut.
Lago di Lei | |||||||
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Koordinaten | 46° 28′ 59″ N, 9° 27′ 18″ O | ||||||
Daten zum Bauwerk | |||||||
Sperrentyp: | Bogenstaumauer | ||||||
Bauzeit: | 1961 | ||||||
Höhe des Absperrbauwerks: | 141 m | ||||||
Höhe über Gewässersohle: | 133 m | ||||||
Bauwerksvolumen: | 850 000 m³ | ||||||
Kronenlänge: | 690 m | ||||||
Betreiber: | Kraftwerke Hinterrhein AG, Thusis | ||||||
Daten zum Stausee | |||||||
Höhenlage (bei Stauziel) | 1931 m s.l.m. | ||||||
Wasseroberfläche | 4,12 km² | ||||||
Stauseelänge | 7,7 km | ||||||
Speicherraum | 197 000 000 m³ | ||||||
Gesamtstauraum: | 200 000 000 m³ | ||||||
Einzugsgebiet | 46,5 km² | ||||||
Bemessungshochwasser: | 134 m³/s | ||||||
Das Tal heisst Valle di Lei und wird vom Reno di Lei (wörtlich Lei-Rhein, früher eingedeutscht auch Leibach[1]) durchflossen.
Technische Daten
Der Höchstwasserstand liegt bei 1931 m ü. M. und der Tiefstwasserstand bei 1830 m ü. M.
Die Anlagen gehören der Kraftwerke Hinterrhein AG, die mit dem gespeicherten Wasser in Ferrera ein Kraftwerk mit 185 MW Leistung antreibt. Das Wasser fliesst von dort weiter in den Stausee von Sufers.
Abgesehen vom taleigenen Niederschlag wird der See mit Hilfe von Spiegelstollen mit Wasser aus den benachbarten Tälern Val Madris und aus dem 9 km entfernten Averstal gespeist.
Orographie
Das Wasser des Lago di Lei bzw. Reno di Lei ist das einzige Wasser Italiens, das über den Rhein in den Bodensee und weiter in die Nordsee fliesst, ähnlich wie das Wasser des Lago di Livigno, das ebenfalls nicht ins Mittelmeer, sondern in den Inn bzw. die Donau und damit schliesslich ins Schwarze Meer fliesst.
Geschichte
Zugänglichkeit
Von Norden her war das Hochtal Val di Lei, bevor 1957 von der Schweizer Seite her ein Tunnel gebaut wurde, nur sehr schwer zugänglich: Das Tal wird unten gegen Innerferrera, wo der Reno di Lei in den Averser Rhein mündet, durch eine Schlucht abgeschlossen, so dass das Tal von Norden her nur zu Fuss über den steilen und schmalen Umweg durch die Val digl Uors (wörtl. Bärental) erreichbar war.[2]
Andererseits wurde das Tal schon früh von Italien im Süden her über den Passo di Lei und den Passo di Angeloga zur Alpsömmerung genutzt.
Mittelalter
Erstmals erwähnt wurde das Tal als Val de Leylo im Jahre 1355. Zu dieser Zeit war das Tal vorübergehend durch Siedler aus dem Süden ganzjährig bewohnt.
Im Jahre 1462 verkauften die Grafen von Werdenberg im Zuge ihres Niedergangs das Tal der Bergeller Gemeinde Piuro (dt. veraltet Plurs).[3]
Drei Bünde
Durch die Mailänderkriege fiel das gesamte Tal von Chiavenna und damit auch Piuro und die Val di Lei 1512 an die Drei Bünde. Da die Drei Bünde ihrerseits seit 1497 als Ewige Mitverbündete bzw. Zugewandter Ort zur Alten Eidgenossenschaft gehörten, gehörte die Val di Lei von 1512 bis 1797 also zur Schweiz.
Während dieser Zeit, nämlich im 17. Jahrhundert, wurde das Tal nicht nur für die Alpwirtschaft, sondern auch für den Erzabbau genutzt.[3]
Übergang an Italien
Seit der Gründung der Cisalpinischen Republik und der damit verbundenen Grenzziehung im Bergell von 1797 gehört die Val di Lei mit Piuro zusammen offiziell zu Italien. Der Wiener Kongress bestätigte an sich diesen Verlust der eidgenössischen Gemeinen Herrschaft Chiavenna an Italien, doch wenn auch Chiavenna und das Hauptterritorium von Piuro auf dem 1858 publizierten Blatt XIX der Dufourkarte nicht mehr als Schweizer Territorium gekennzeichnet waren, so blieb die Val di Lei weiterhin als Teil der Schweiz kartiert.[4][5] Erst der Vertrag Convenzione tra l'Italia e la Svizzera per l'accertamento della frontiera fra la Lombardia ed il Cantone dei Grigioni von 1863 klärte die Zugehörigkeit zu Italien endgültig.[6][7]
Stauwerk
Baugeschichte
Mit dem Bau der Talsperre Valle di Lei wurde 1957 begonnen. Die Projektierung der Staumauer hatte Ingenieur Claudio Marcello. Die Bauleitung lag bei der Mailänder Firma Edison, heute Mitaktionärin der Kraftwerke Hinterrhein.[8] Bis 1500 Leute arbeiteten auf der Baustelle. Etwa zehn Arbeiter kamen während des Baus ums Leben, ihre Namen sind bei einer kleinen Kapelle auf italienischem Staatsgebiet vermerkt. Zuerst erstellte man zwei Seilbahnen von Campodolcino über den Passo di Angeloga, um Material und Arbeiter zu transportieren. Dann wurde die Zufahrtsstrasse mit Tunnel erstellt. Eigens für den Mauerbau wurden zwei Steinbrüche errichtet.
Die Staumauer wurde 1962 vollendet. Danach wurde eine Grenzkorrektur vollzogen: Das Gebiet um die Staumauer wurde von Italien an den Schweizer Kanton Graubünden abgetreten, während die etwas nördlicher gelegene Alpe Motta zum italienischen Staatsgebiet wechselte.[9] Von den Seilbahnen sind heute nur noch Ruinen vorhanden.[10][11] Seit dem Rückbau der Seilbahnen besteht eine Verkehrsverbindung in das Tal nur über Schweizer Territorium.
Durch die Füllung des Stausees ab 1963 wurden zusammen mit dem Tal 15 Alpen geflutet, beispielsweise Erebella, S. Anna (Kapelle der Talschaft), Palazzetto, Caurga, Mulacetto und Corbia di Sopra.[12][13] Übrig geblieben sind die Alpe Mottala, Alpe Pian del Nido und Alpe Scalotta im Talgrund sowie die Alpe del Crot und die Alpe Motta nördlich der Staumauer. Die Alpe della Palù (früher Alp la Palü) wurde vom Seegrund zum linken (westlichen) Ende der Mauerkrone hoch verlegt.
Betriebsgeschichte
Zu Revisionszwecken wurde der Stausee im Herbst 2012 vollständig entleert. Nach erfolgter Revision der Stauwerkinstallationen und des Druckschachtes wurde die Wiederauffüllung im Frühling 2013 eingeleitet. Sie wird voraussichtlich bis 2017 dauern.[14] Das Besatzungsprogramm für Fische wird voraussichtlich bis 2018 dauern.[15]
Siehe auch
Literatur
- Bündner Kalender 2010; S. 131–140
- Storia per immagini della Val di Lei. Gregorio Luigi Fanetti. 2008.
Weblinks
- Lago di Lei auf schweizersee.ch
- Infoseite über den Stausee
- Jürg Simonett: Lei, Valle di. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Seen in der Schweiz: Natürliche und Speicherseen, Bundesamt für Umwelt BAFU, 2007 (Memento vom 5. Oktober 2008 im Internet Archive) → Seen in der Schweiz (PDF)
- Historische Bilder zu den früheren Alpen des Tals und zum Staudammbau.
Einzelnachweise
- Siegfriedkarte (Topographischer Atlas der Schweiz)
- Dufourkarte, Topographische Karte der Schweiz.
- Jürg Simonett: Valle di Lei. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 16. Februar 2017, abgerufen am 5. Juni 2019.
- Dufourkarte von 1858, Blatt XIX, aufgerufen am 8. Juni 2013.
- Publikationsdatum von Blatt XIX Chiavenna-Bellinzona der Dufourkarte.
- Staatsvertrag Italien-Schweiz von 1863, aufgerufen am 8. Juni 2013.
- Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Italien über die Festlegung der italienisch-schweizerischen Grenze auf der Strecke zwischen Run Do oder Cima Garibaldi und Mont Dolent, Staatsvertrag, deutsche Version.
- Bündner Kalender 2010; S. 131.
- Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Italienischen Republik betreffend eine Grenzbereinigung im Val di Lei (PDF; 110 kB)
- Bild der alten Seilbahnstation, aufgerufen am 8. Juni 2013.
- Bild der Installationen der alten Seilbahnstation, aufgerufen am 8. Juni 2013.
- Flutung der Alpen (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. der Val di Lei von 1963, Beitrag des Schweizer Fernsehens, aufgerufen am 9. Juni 2013.
- Alpbezeichnungen auf der Siegfriedkarte (Online)
- Revision des Stauwerks des Lago di Lei 2012/2013, Beitrag des Schweizer Fernsehens, aufgerufen am 9. Juni 2013.
- Artikel der Südostschweiz vom 24. Oktober 2012, aufgerufen am 9. Juni 2013.