Kurt von Plettenberg
Kurt Eugen Gustav Adolf Freiherr von Plettenberg (* 31. Januar 1891 in Bückeburg; † 10. März 1945 in Berlin) war ein deutscher Forstmann, Reserveoffizier und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Er gehörte zum engeren Kreis des Widerstands vom 20. Juli 1944. Plettenberg war Hofkammerpräsident der Gesamtvermögensverwaltung des ehemaligen fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe und ab 1941 Leiter der Generalverwaltung des vormals regierenden preußischen Königshauses.[1]
Familie
Kurt von Plettenberg entstammte dem westfälischen Uradelsgeschlecht Plettenberg aus dem Sauerland. Ein Vorfahre wurde erstmals im 11. Jahrhundert erwähnt. Sein Vater Karl Freiherr von Plettenberg war Offizier, zuletzt General der Infanterie, Kommandierender General des Gardekorps und Generaladjutant Kaiser Wilhelms II. Dieser musste Ende 1916 nach Kritik an der Kriegsführung von Erich Ludendorff und Paul von Hindenburg während des Ersten Weltkriegs zurücktreten.[2] Seine Mutter war Clara Gräfin von Wedel, Tochter von Wilhelm Graf von Wedel und seiner Ehefrau Luise geborene Freiin von Bodelschwingh-Plettenberg.
Am 5. September 1934 heiratete Plettenberg in Schossow Arianne Freiin von Maltzahn (1914–1974), eine Tochter Helmuth Freiherr von Maltzahns. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder, Christa-Erika (1936–1989), Karl-Wilhelm (* 1938) und Dorothea-Marion (* 1943) hervor.
Leben
Ausbildung und Einsatz im Ersten Weltkrieg
Plettenberg studierte Rechts- und Forstwissenschaften an den Universitäten Kiel, Lausanne, Hannoversch Münden, Berlin, München und Eberswalde. In Lausanne schloss er sich der Studentenverbindung Germania Lausanne an. Es folgte eine forstliche Lehrzeit und eine Dienstzeit bei dem 2. Großherzoglich Mecklenburgischen Dragoner-Regiment Nr. 18 in Parchim. Von 1912 bis 1914 schloss Plettenberg seine Studienzeit mit dem Besuch der Forstakademie Hann. Münden ab. Bereits 1912 hatte er sich für das „Reitende Feldjägerkorps“ entschieden und kämpfte im Ersten Weltkrieg ab 1914 als Leutnant der Reserve im 2. Garde-Ulanen-Regiment, ab 1917 als MG-Offizier der MG-Kompanie des Infanterie-Regiments Nr. 408 und seit 1918 als MG-Offizier beim Stabe des 1. Garde-Regiments zu Fuß.
Berufliche Stationen
Nach der Großen Forstlichen Staatsprüfung Forstassessor geworden, war er zunächst Leiter des Holzhandelsdezernats der Regierung in Stralsund und ging schließlich nach Ostpreußen. Dort war er als Verwalter der Gräflich Dönhoffschen Forsten in Friedrichstein bei Königsberg tätig, bis er Nachfolger des Grafen Albrecht Friedrich von der Schulenburg-Lieberose in der Forstabteilung der Landwirtschaftskammer der Provinz Brandenburg wurde, vom wo aus er. 1930 in das Forstressort in der Preußischen Landwirtschaftskammer wechselte. Im Jahr 1932 verkaufte Plettenberg die letzten Landflächen des ehemaligen Ritterguts Stockum, mit dem die Familie am 16. April 1494 belehnt worden war.[3] Das Geld wurde in eine Silberfuchsfarm in Ostpreußen investiert, die bald in Konkurs ging. Seit 1934 Haushaltsreferent im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, bestellte ihn Generalforstmeister Walter von Keudell im gleichen Jahr ins Reichsforstamt, wo Plettenberg am 2. Oktober 1934 zum Landforstmeister und später zum Oberlandforstmeister ernannt wurde. Als Keudell 1937 als Leiter des Reichsforstamtes abgelöst wurde, soll Reichsforstmeister Hermann Göring versucht haben, Plettenberg als dessen Nachfolger zu gewinnen. Jedoch schied auch dieser auf eigenen Wunsch zusammen mit Keudell aus, weil seine politischen Ansichten denen des Nationalsozialismus widersprachen und er die Ziele des NS-Regimes kannte. Plettenberg folgte zum 1. November 1937 einem Angebot Wolrad zu Schaumburg-Lippes, als Hofkammerpräsident und Generalbevollmächtigter der Gesamtvermögensverwaltung des ehemaligen fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe an seinen Geburtsort Bückeburg zurückzukehren.
Im Jahr 1939 wurde Plettenberg als Reserveoffizier zum Potsdamer Infanterie-Regiment 9 eingezogen, das zur 23. Infanterie-Division gehörte, und als Major der Reserve Bataillonskommandeur des zugehörigen Ersatzregiments mit Einsätzen in Polen, Frankreich und der Sowjetunion. Zum Ende des Jahres 1941 wurde er beurlaubt, um die Stellung des Leiters der Generalverwaltung des vormals regierenden preußischen Königshauses zu übernehmen, und zwar unter Beibehalt seiner bisherigen Tätigkeit als Hofkammerpräsident in Bückeburg. Sein Dienstsitz war das Niederländische Palais in Berlin. Er vertrat damit zwei der größten land- und forstwirtschaftlichen Betriebe Deutschlands, seiner Dienstaufsicht unterstanden 30 landwirtschaftliche Betriebe, 14 Forstämter sowie einige Sägewerke. Außerdem gab es Beteiligungen an großindustriellen Unternehmen und umfangreichen Hausbesitz. Plettenberg bewahrte die preußische Königskrone sowie 15 Tabatièren Friedrichs des Großen vor Plünderung und Zerstörung, indem er sie in der Evangelischen Kirche in Kleinenbremen bei Bückeburg einmauern ließ.
Widerstand gegen Hitler und Suizid
Schon 1942 bildete sich um Plettenberg ein Oppositionszirkel und forstliches Widerstandszentrum. Mit Rücksicht auf das Haus Hohenzollern blieb er allerdings im Hintergrund. Als enges Mitglied des Kreises der Verschwörer vom 20. Juli 1944 um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Ludwig Beck, Ulrich von Hassell, Johannes Popitz, Carl-Hans Graf von Hardenberg und Fabian von Schlabrendorff war Plettenberg an den Vorbereitungen für den Staatsstreich beteiligt. Nach dem Misslingen des Attentats auf Adolf Hitler wurde Plettenberg Anfang März 1945 in Cecilienhof verhaftet und in das Berliner Hausgefängnis der Gestapo in die Prinz-Albrecht-Straße 8 gebracht. Dort schlug er am 10. März 1945 auf dem Weg zum Verhör seine Bewacher nieder und stürzte sich aus dem Fenster in den Tod, um die noch unerkannten Mitverschwörer nicht unter Folter preisgeben zu müssen.
Kurt von Plettenberg hinterließ seine Frau und die drei Kinder. Begraben wurde er auf dem Bornstedter Friedhof in Potsdam. Das Grab ist erhalten.
Gedenken
Zur Erinnerung an ihn sind in Hamburg-Bergedorf, Hannover-Wettbergen, Potsdam, Bückeburg, Plettenberg und Frechen-Bachem Straßen nach ihm benannt. Auf Schloss Cecilienhof und Schloss Neuhardenberg, sowie an der Hofapotheke Bückeburg (der ehemaligen Familienwohnung in der Georgstraße 8) wird seiner mit Ausstellungstafeln und Gedenkplaketten gedacht. Seine enge Freundin Marion Gräfin Dönhoff schrieb 1985 in ihren „Erinnerungen an Kurt Freiherr von Plettenberg“:
„Plettenberg hat auf mich in jenen Jahren tiefen Eindruck gemacht. Ich glaube sicher, dass – für mich ganz unbewusst – sich damals einige der Maßstäbe gebildet haben, die dann für mein Denken und Urteilen im Leben entscheidend geworden sind. [...] Ich habe kaum jemanden anderen gekannt, der so von innerer Heiterkeit erfüllt war.“
Sie ließ seinen Namen in eine abstrakte Skulptur Alexander Libermans auf Schloss Crottorf zur Erinnerung an ihn und fünf weitere Freunde aus dem Widerstand einmeißeln.
Auszeichnungen
- Deutsches Kreuz in Gold am 6. Januar 1942[4]
- Eisernes Kreuz II. und I. Klasse
- Ritterkreuz des Albrechts-Ordens mit Schwertern
- Lippischer Hausorden
- Infanteriesturmabzeichen
- Verwundetenabzeichen
Literatur
- Eberhard Schmidt: Kurt von Plettenberg. Im Kreis der Verschwörer um Stauffenberg. Ein Lebensweg. F.A. Herbig, München 2014, ISBN 978-3-7766-8196-3.
- Axel Freiherr von dem Bussche-Streithorst: Zur Erinnerung an Kurt Plettenberg, Typoskript [Redetext], Bückeburg, 28. April 1985, Archiv Philipp von Boeselager, A. 247.
- Irmgard von der Lühe: Lebenswege im Widerstand. Lit, Münster/Hamburg 1993, ISBN 3-89473-662-3.
- Hubert Hugo Hilf: Dem Gedächtnis an Kurt Freiherr von Plettenberg (1891–1945). In: Forstarchiv. 30. Jahrgang, Heft 7/1959, S. 133–134.
- August Winnig: Aus zwanzig Jahren. Dem Gedächtnis der Freunde Max Habermann, Ulrich von Oertzen, Kurt Freiherr von Plettenberg, Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg. Wittig, Hamburg 1948.
- Andreas Gautschi: Der Reichsjägermeister. Fakten und Legenden um Hermann Göring. 3. Auflage. Nimrod, Hanstedt 2000, ISBN 3-927848-20-4 (enthält auch biografische Details über von Plettenberg, hier besonders S. 65).
- Heinrich Rubner: Deutsche Forstgeschichte 1933–1945. Forstwirtschaft, Jagd und Umwelt im NS-Staat. 2., erweiterte Auflage. Scripta-Mercaturae-Verlag, St. Katharinen 1997, ISBN 3-89590-032-X, hier besonders S. 293.
- Hans-Jürgen Wegener: Freiherr von Plettenberg – Ein Vorbild. In: Forst und Holz. 49. Jahrgang, Heft 13/1994, ISSN 0932-9315, S. 363.
- Erwin Garvens: Mitgliederverzeichnis der Société d’Étudiants Germania Lausanne. Hamburg 1937.
- Antje Vollmer: Kurt Freiherr von Plettenberg (1891–1945). „Ich fürchte den Tod nicht, denn ich habe einen guten Richter“. In: Lars-Broder Keil (Hrsg.): Stauffenbergs Gefährten. Das Schicksal der unbekannten Verschwörer. Carl Hanser Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-446-24156-5, S. 137–154.
Weblinks
- Kurzbiografie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Literatur von und über Kurt von Plettenberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lars-Broder Keil: Er sprang aus dem Fenster, um der Folter zu entgehen. Stauffenberg-Serie 4. In: Die Welt, 19. Juli 2012.
- Karl-Wilhelm von Plettenberg: Über den Vater: Weg zum Widerstand. YouTube-Video, 7. November 2013.
Einzelnachweise
- Kurzbiografie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Friedrich Schulte-Kramer: Das Rittergut Stockum Sunderner Heimatblätter 18: 12–14.
- Friedrich Schulte-Kramer: Das Rittergut Stockum Sunderner Heimatblätter 18:14.
- Klaus D. Patzwall, Veit Scherzer: Das Deutsche Kreuz 1941–1945. Geschichte und Inhaber. Band II. Verlag Klaus D. Patzwall, Norderstedt 2001, ISBN 3-931533-45-X, S. 354.