Kristallviolett
Kristallviolett (nach dem botanischen Namen des Enzians auch Gentianaviolett genannt) ist ein violetter kationischer Triphenylmethanfarbstoff.
Strukturformel | ||||||||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||||||||
Name | Kristallviolett | |||||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C25H30ClN3 | |||||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
grüner, geruchloser Feststoff[1] | |||||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||
Molare Masse | 407,99 g·mol−1 | |||||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest[1] | |||||||||||||||||||||
Dichte |
1,19 g·cm−3 (20 °C)[1] | |||||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||||||||
Löslichkeit |
wenig in Wasser (10 g·l−1 bei 20 °C)[1] | |||||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||||||||
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Zulassungsverfahren unter REACH |
besonders besorgniserregend: krebserzeugend (CMR)[3] | |||||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. |
Herstellung
Kristallviolett wird durch Kondensation von Michlers Keton (4,4′-Bis-dimethylamino-benzophenon) mit N,N-Dimethylanilin in Gegenwart von Phosphorylchlorid erhalten. Dabei findet eine elektrophile Substitution am N,N-Dimethylanilin in para-Stellung durch den Kohlenstoff der Carbonylgruppe von Michlers Keton statt. Phosphorylchlorid dient als Elektronenpaarakzeptor für den Sauerstoff der Carbonylgruppe des Ketons. Das Kohlenstoffatom ist dadurch positiv geladen und damit in der Lage, den Aromaten elektrophil anzugreifen. Aus der entstehenden Carbinolbase wird anschließend Wasser eliminiert.
Eigenschaften
Kristallviolett liegt meist in Form feiner, metallisch-gold glänzender Nadeln vor. Es löst sich in Wasser und anderen polaren Lösungsmitteln mit intensiv violetter Farbe und färbt Naturfasern leuchtend violett, ist jedoch verhältnismäßig leicht auswaschbar. Mit Iod bildet es einen Charge-Transfer-Komplex.
Gibt man zu einer stark verdünnten Kristallviolettlösung Natronlauge, so entfärbt sich die Lösung langsam. Hierbei lagert sich ein Hydroxidion an das in einer mesomeren Grenzform im Zentrum des Moleküls gebildete Carbeniumion. Diese Reaktion lässt sich reaktionskinetisch mit einem Photometer (siehe Photometrie) untersuchen. Bei einem großen Konzentrationsunterschied (Konzentration des Kristallvioletts viel kleiner als die Konzentration der Natronlauge) läuft eine Reaktion pseudo-erster Ordnung ab (siehe Kinetik (Chemie)).[4]
Verwendung
Kristallviolett findet Verwendung als Farbstoff in Farbbändern, in Kopierstiften und vor allem in der mikroskopischen Färbetechnik als Hauptbestandteil der Gram-Färbung, mit deren Hilfe sich Bakterien in zwei Klassen einteilen lassen. Weiterhin wird es beim Plaque-Assay eingesetzt und gelegentlich auch im Probenpuffer für eine Agarose-Gelelektrophorese von DNA, wenn eine Gelextraktion folgt.
Kristallviolett wird als pH-Indikator bei der wasserfreien Gehaltsbestimmung von schwachen Basen eingesetzt. Säuert man eine Lösung von Kristallviolett leicht an, erfolgt ein Farbumschlag von Violett nach Grün, weil das Auxochrom des dritten Kernes seine elektronenliefernde Fähigkeit und damit seine Farbrelevanz durch Addition eines Protons verliert. Ein stärkeres Ansäuern führt zu einer gelben Verbindung, bei der ein weiteres Auxochrom durch Protonierung deaktiviert wird.
Medizinisch wurde Kristallviolett lange Zeit, bis zur Entdeckung anderer wirksamer Antimykotika, zur Behandlung von Hautpilzerkrankungen (Mykosen), insbesondere Fußpilzen, sowie von Mundsoor verwendet. Dazu wird es als Pyoktaninlösung (0,5–2 %) aufgepinselt. In der westlichen Welt wird es heute wegen der Einfärbung der Haut fast nur noch in der Naturheilkunde verwendet. In der pädiatrischen Dermatologie findet es noch Anwendung bei Herden des atopischen Ekzems, wenn dieses durch grampositive Bakterien oder Dermatophyten ausgelöst wird. Nach Empfehlungen der WHO war Kristallviolett bis ins Jahr 2011 als essenzielles Medikament einzustufen.[5]
Intravenös wird es eingesetzt zur Therapie von sekundären Lungenmykosen. Die fungistatische Wirkung von Kristallviolett ist, je nach Mykosenart, um den Faktor 10 bis 100 stärker als die des stark verbreiteten Clotrimazol. Übertroffen wird es von Amphotericin B, das jedoch im Vergleich stark toxisch ist. Daher wird Kristallviolett häufig bei immungeschwächten Patienten eingesetzt.
Kristallviolett darf nicht ins Auge gelangen, da es dort schwere Schäden verursachen kann. Ferner ist bei äußerlicher Anwendung eine Überdosierung zu vermeiden, da Kristallviolett, ebenso wie die verwandten und ähnlich verwendeten Triphenylmethanfarbstoffe Malachitgrün und Brillantgrün, zelltoxisch auf die Haut wirkt.
Im Juni 2019 warnte die kanadische Gesundheitsbehörde Health Canada vor einer möglichen Krebsgefährdung durch Kristallviolett und empfahl, Anwendungen auch in der Tiermedizin zu stoppen.[6]
Siehe auch
Kristallviolettlacton, ein Derivat des Kristallvioletts das in Durchschreibpapieren oder Thermopapier verwendet wird.[7]
Literatur
- Gemeinhardt: Endomykosen. VEB Verlag der Wissenschaften, 1973.
- Braun, Guenther, Schubert: Dermatologie – Lehrbuch für Studenten. VEB Verlag für Volk und Gesundheit, 1986.
Weblinks
Einzelnachweise
- Eintrag zu Kristallviolett in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
- Eintrag zu [4-[4,4′-bis(dimethylamino)benzhydrylidene]cyclohexa-2,5-dien-1-ylidene]dimethylammonium chloride im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
- Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 18. Oktober 2015.
- Jansen/Ralle/Peper: Reaktionskinetik und chemisches Gleichgewicht. Aulis Verlag Köln 1984, S. 49, S.206, ISBN 3-7614-0642-8.
- WHO Model Lists of Essential Medicines, März 2007, Rubrik 13.2 (englisch: PDF; 379 kB)
- Rückruf von Kristallviolett
- Hobein/Lutz: Mikroverkapselung. Praxis Schriftenreihe Chemie Band 49, Aulis Verlag Köln 1989, S.43, ISBN 3-7614-1200-2.