Ketelhodt
Ketelhodt ist ein altes deutsches Uradelsgeschlecht aus dem westfälischen Raum (Rheda-Wiedenbrück), später in Mecklenburg und Thüringen beheimatet. Der Name Ketelhodt (Bedeutung: Kesselhut, Kesselhelm) wurde, dem Sprachgebrauch des Niederdeutschen entsprechend, immer wieder auch anders geschrieben: Ketelhut, Kettelhoit, Ketelhot, Kettelhut, Kaetelhod, Kesselhot etc.
Geschichte
Die Familie stammte ursprünglich aus Westfalen und wanderte im Zuge der Ostkolonisation nach Mecklenburg. Dort wurde sie 1230 im Ratzeburger Zehntregister mit dem miles Vredebernus (Ketelhot) zum ersten Mal in einer Urkunde erwähnt.[1] Von diesem Vredebernus lässt sich die Stammreihe der Familie bis in das 21. Jahrhundert lückenlos verfolgen.
In Mecklenburg wurden Angehörige der Familie immer wieder in Urkunden als Zeugen, als Käufer oder in Schenkungen erwähnt. So schenkten z. B. am 30. Mai 1279 die Brüder Matthias, Nicolaus und Gerhard der Pfarre in Wattmannshagen drei Hufen und acht Kathen.[2] Zunächst siedelten Angehörige im Raum Ratzeburg und Grevesmühlen und sind ab 1292 auf dem Rittergut Kambs bei Röbel an der Müritz ansässig geworden. Im 30-jährigen Krieg starben sieben von acht Brüdern, so auch der Rittmeister Lütke von Ketelhodt, der in der Schlacht bei Wittstock am 4. Oktober 1636 gefallen ist. Als einziger Bruder überlebte Gerd IV. Dessen Enkel Christian-Ulrich wurde als Jurist 1726 in den Staatsdienst von Schwarzburg-Rudolstadt übernommen. Er machte dort Karriere und war schließlich dort Kanzler und Konsistorialpräsident. In diesen hohen Ämtern folgten ihm später ein Sohn und zwei Enkel nach. Seit 1726 war Rudolstadt in Thüringen der Lebensmittelpunkt der Familie und blieb es bis 1945.
Carl-Gerd von Ketelhodt, ein Sohn von Christian-Ulrich, der ebenfalls Kanzler und Konsistorialpräsident war, gründete eine bis heute bestehende bekannte Bibliothek, die heute den Namen „Historische Bibliothek Rudolstadt“ trägt. Sie wurde inzwischen durch noch vorhandene Bestände der alten Gutsbibliothek Behringen ergänzt. Die Rudolstädter ehemalige Privatbibliothek wurde auch von Friedrich von Schiller gern genutzt. Seit dem Wiener Kongress, dessen Schlussakte der Schwarzburg-Rudolstädter Delegierte, der Kanzler Friedrich Wilhelm von Ketelhodt, am 8. Juni 1815 mit „Freiherr“ unterschrieb, führt die Familie offiziell den Freiherrentitel. Er wurde danach aus unterschiedlichen Gründen in Mecklenburg am 20. Juli 1843 und in Rudolstadt am 15. Dezember 1854 sowie am 29. August 1913 erneut bestätigt.
Nach der Reichsgründung von 1871 wanderten die Angehörigen der Familie nach und nach in andere Teile des Deutschen Reiches ab, so auch nach Ostpreußen und Westpreußen.
Durch Krieg, Vertreibung und Enteignung gingen 1945 Güter, Bibliotheken und fast alle Kunst- und Wertgegenstände der Familie verloren. Nachkommen leben heute in Deutschland und im Europäischen Ausland, in Südafrika, den USA und Kanada. 1904 wurde der Familienverband gegründet.
Besitzungen
Mecklenburg
- Im Kirchspiel Hohenkirchen: Besitz an den Dörfern Bekerwitz und Wischendorf, Friedrichshagen (südl. von Grevesmühlen) und Ketelhotsdorp (heute Kägsdorf an der Ostsee) um 1230.
- Wattmannshagen und Radum (Mecklenburg) etwa 1277 bis 1500.
- Kambs bei Röbel an der Müritz 1292 bis 1790 (Verkauf). Das aus dem 18. Jahrhundert stammende Gutshaus ist heute eine Ruine.
Thüringen
- Lichstedt 1745–1855 (Verkauf)
- Schlösschen Kitzerstein in Saalfeld 1771–1777 (Verkauf)
- Behringen 1800–1945 (Enteignung)
- Herrmannsgrün 1839–1912 (Verkauf)
- Barranowen (Kreis Sensburg in Ostpreußen) 1900–1945 (Vertreibung)
- Neuschaden (Kreis Sensburg in Ostpreußen) 1940–1945 (Vertreibung)
- Sossnow mit Grünthal, Polko und Mörkendorf (Kreis Zempelburg/Westpreußen) 1922–1945 (Vertreibung)
- In der Stadt Rudolstadt /Thüringen besaßen verschiedene Familienangehörige im Laufe der Jahre über 20 Häuser; heute gehört nur noch ein Haus einem Angehörigen der Familie.
Wappen
Das älteste Wappen des Ritters Dietrich Ketelhodt (er wird in Urkunden zwischen 1292 und 1314 genannt) stammt aus dem Jahre 1302.[3] Die Familie führt ein redendes Wappen und nimmt Bezug auf den Identifikationsnamen „Kesselhut“. Niederdeutsch: Ketel = Kessel und hot = Ritterhelm oder Hut; je nachdem wie man das Wappen wendet, ist es ein Kessel oder ein Hut (Helm).
In Silber drei (2:1) schwarze Kesselhüte (Eisenhüte) mit roten Bändern. Auf dem Helm mit schwarz-silbernen Decken ein armloser geharnischter Mann in schwarzem Kesselhut.[4]
Dazu ist Friedrich Crull zitiert: „Lat.[5] giebt als Helmzier einen Hut mit drei Straußenfedern, v. H.[5] eine Zipfelmütze – denn dazu waren die Kesselhüte umgemodelt –, G.[5] einen Rumpf mit Zipfelmütze. Darnach wird die ursprüngliche Helmzier, wenn nicht, wie es scheint, bloß aus einem Kesselhute, etwa mit Hahnenfedern besteckt, so doch aus einem mit einem Kesselhute bedeckten (gepanzerten) Rumpfe bestanden haben, wie ihn die Familie wieder aufgenommen hat.“[3]
Nach Friedrich Ludwig Anton Hörschelmann hatte die rheinischen Linie nur einen Kesselhut im Schild geführt. Als Helmzier diente dort eine Säule, mit einem Fisch darauf. Die obersächsische Linie habe im Schild drei Kesselhüte und auf dem gekrönten Helm drei Straußenfedern oder Pfauenfedern geführt.[6]
1337 wird Arnold Ketelhodt aus Kirchwehren urkundlich genannt. Die Ketelhodt sollen um 1500 in Kirchwehren einen Kirchenneubau finanziert haben. Ein kleiner Wappenstein, mit einem Kesselhut im gotischen Dreieckschild, war in der Sakristei der 1753 abgerissenen alten Kirche eingemauert; heute ist er außen über dem zugemauerten Ostportal der Kirche zu sehen.[7]
Max von Spiessen stellt als altes Wappen der Ketelhodt, „Burgmannsfamilie zu Stromberg, jetzt in Thüringen blühend“ einen einzelnen Eisenhut im Schilde dar, der sich auf dem Helm als Kopfbedeckung eines bärtigen Mannesrumpfes wiederholt. Späterhin erscheinen im Schild drei „Türkenmützen“.[8]
Als Türken- oder Tatarenmützen erscheint das Wappenbild auch bei der Immatrikulation in der Frankfurter Patriziergesellschaft Haus Alten Limpurg, worin die Ketelhodt 1798 durch Einheirat aufgenommen wurden, 1887 jedoch in der berechtigten Linie erloschen.[9]
- Ältestes Familienwappen, Siegel des Ritters Dietrich Ketelhot aus dem Jahre 1302 „S (igillum) Tiederuci K(etelhot) MILITIS“
- selbes Siegel von 1302, andere Nachzeichnung
- 1318: Siegel des Bischofs Nikolaus von Ketelhodt in Verden
- Wappen um 1770 als „Türkenmütze“
- „Wappen Schleswig-Holsteinischer, Dänischer und anderer adeliger Familien“[10]
- Stammwappen im Wappenbuch des Westfälischen Adels
- Wappen im Wappenbuch des Westfälischen Adels
Persönlichkeiten
- Nikolaus von Kesselhut, von 1312 bis 1331 Fürstbischof von Verden
- Christian Ketelhot (1492–1546) Reformator von Stralsund (die Zugehörigkeit zur adeligen Familie ist urkundlich jedoch nicht belegt)
- Gustav-Joachim von Ketelhodt (1654–1732) Herr auf Kambs, Hofstallmeister in Güstrow
- Christian Ulrich von Ketelhodt (1701–1777) Kanzler und Konsistorialpräsident im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, Förderer der Wissenschaften und Künste
- Carl Gerd von Ketelhodt (1738–1814) Kanzler und Konsistorialpräsident in Rudolstadt, Bibliotheksgründer
- Friedrich-Wilhelm Freiherr von Ketelhodt, Diplomat, Kanzler und Konsistorialpräsident in Rudolstadt.
- Johann-Friedrich Freiherr von Ketelhodt (1744–1809) Hofmarschall in Rudolstadt
- Friedrich Wilhelm von Ketelhodt (1766–1836), Kanzler in Schwarzburg-Rudolstadt
- Ludwig (Louis) Freiherr von Ketelhodt (1798–1849), Kanzler in Rudolstadt
- Friedrich August Freiherr von Ketelhodt (1786–1854) Diplomat und Hofmarschall in Rudolstadt
- Maximilian Freiherr von Ketelhodt (1804–1865) Preußischer Beamter, ging später als Farmer in die britische Kolonie Jamaica und wurde dort Kustos (Gemeindevorsteher, Vertreter der Krone) von Saint Thomas Parish. Er wurde beim Morant-Bay-Aufstand am 11. Oktober 1865 ermordet.
- Robert Oskar von Ketelhodt (1836–1908), Politiker und Landrat.
- Max von Ketelhodt (1843–1907), deutscher Verwaltungsjurist und Amtshauptmann
- Hans von Ketelhodt (1871–1948), Marineleutnant (erschoss 1896 den Rechtsanwalt Zenker bei einem Duell)
- Gerd Freiherr von Ketelhodt (1915–1976), deutscher Generalstabsoffizier, Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes[11]
- Christian Dürckheim-Ketelhodt (* 1944), Unternehmer und Kunstsammler
- Ines von Ketelhodt (* 1961), Designerin und Fotografin
- Nikolaus, Fürstbischof von Verden 1312–1331
- Christian Ketelhodt Reformator von Stralsund, 1492–1546
- Christian-Ulrich v. Ketelhodt 1701–1777 Kanzler in Rudolstadt
- Carl-Gerd v. Ketelhodt 1738–1814 Kanzler in Rudolstadt Gründer einer Bibliothek
- Friedrich-Wilhelm Freiherr von Ketelhodt 1766–1838 Kanzler in Rudolstadt, Diplomat
- Johann-Friedrich Freiherr von Ketelhodt 1744–1809 Hofmarschall, Oberstallmeister in Rudolstadt
- Friedrich August von Ketelhodt (1786–1854), Hofmarschall in Rudolstadt
Literatur
- Friedrich Crull: Die Wappen der bis 1360 in den heutigen Grenzen Meklenburgs vorkommenden Geschlechter der Mannschaft in: Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. – Bd. 52 (1887), S. 34–182 (S. 66)
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VI, Band 91 der Gesamtreihe, S. 197–198, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1987, ISSN 0435-2408
- Christian August Hanckel: Versuch, einige in dem Stammbaume der hochadlichen Familie von Ketelhodt vorkommende alte Würden zu erläutern: Sr. Excelenz … Herrn Carl Gerth von Ketelhodt … bey dem Antritte des Directorii über die hiesigen Fürstl. Regierungs- und Consistorial-Collegia gewidmet. Frankenhausen: Cöler 1770 (Digitalisat des Exemplars der Bayerischen Staatsbibliothek)
- Johann Christian von Hellbach: Adels-Lexikon: oder Handbuch über die historischen, genealogischen und diplomatischen, zum Theil auch heraldischen Nachrichten vom hohen und niedern Adel, besonders in den deutschen Bundesstaaten, so wie von dem östreichischen, böhmischen, mährenschen, preußischen, schlesischen und lausitzischen Adel, A bis K, Band 1, Voigt, 1825, S. 649
- Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon., Band 5, Leipzig 1864, S. 79–81
- Eduard von Ketelhodt: Urkunden und historische Nachrichten Ketelhodtscher Familie. Stiller, Schwerin 1855.
- Band 1: Quellen (Digitalisat)
- Band 2: Geschichte (Digitalisat, Digitalisat)
- Eduard von Ketelhodt: Denkmäler der Freiherrlich von Ketelhodtischen Familie. Stiller, Schwerin 1855. (Digitalisat)
- Gerd von Ketelhodt: Geschichte der Familie der Freiherren von Ketelhodt von 1654–1926, M. Ketelhodt, 2010, Neue (2.) Auflage / überarbeitet und mit Bildern und Übersichten versehen, mit 4 weiteren Anhängen von Matthias von Ketelhodt
- Gustav von Lehsten: Der Adel Mecklenburgs seit dem landesgrundgesetzlichen Erbvergleiche (1755). Rostock 1864, S. 121–122
Weblinks
Einzelnachweise
- Mecklenburgisches Urkundenbuch (MUB), Band 1, Nr. 375, Seite 372f
- MUB Bd. 3, Nr. 1490
- Friedrich Crull, Die Wappen der bis 1360 in den heutigen Grenzen Meklenburgs vorkommenden Geschlechter der Mannschaft, in: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 52 (1887), S. 34–182, hier insbesondere S. 66 f.
- Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser, Teil A, 92. Jg. 1942, S. 218
- Friedrich Crull, Die Wappen der bis 1360 in den heutigen Grenzen Meklenburgs vorkommenden Geschlechter der Mannschaft, in: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 52 (1887), S. 44 (Erklärung der Abkürzungen.)
- Friedrich Ludwig Anton Hörschelmann, Genealogisch-historische Nachrichten von der uralten stiftmäßigen adelichen in Ober- und Niedersachsen florierenden Familie von Ketelhodt, Erfurt 1771, S. 23–24 (§ 21 Abhandlung zum Wappen)
- Die Ortswappen der Seelzer Stadtteile (abgerufen am 21. Dezember 2014)
- Max von Spiessen, Wappenbuch des westfälischen Adels, Görlitz 1901–1903, S. 29 und Tafel 73 (Wappengrafiken von Adolf Matthias Hildebrandt)
- Das Frankfurter Patriziat: Ketelhodt (abgerufen am 21. Dezember 2014)
- Wappen Schleswig-Holsteinischer, Dänischer und anderer adeliger Familien. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Abgerufen am 8. Juni 2019.
- Gothaisches Genealogisches Handbuch, Band 3, 1916, Seite 181