Kernenergie in Tschechien
Derzeit (Stand Dezember 2017) werden in Tschechien an zwei Standorten sechs Reaktorblöcke mit einer installierten Bruttogesamtleistung von 4130 MW betrieben. Der erste kommerziell genutzte Reaktorblock ging 1985 in Betrieb.
Geschichte
Nuklearprogramm der Tschechoslowakei
Nach der Teilung der Tschechoslowakei
Am 31. Dezember 1992 wurde die Tschechische und Slowakische Föderative Republik aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt waren die Kernkraftwerke Temelín und Mochovce immer noch unvollendet. Erst im Mai 1993 entschied die tschechische Regierung über die Vollendung der ersten beiden Blöcke von Temelín.
Der für die 2011 erfolgte Abschaffung des tschechischen Erneuerbare-Energien-Gesetzes und den neuen Atomkurs verantwortliche Industrieminister Martin Kocourek (Regierung Petr Nečas) trat im November 2011 zurück, weil er während seiner Zeit als Aufsichtsratsmitglied des halbstaatlichen Stromkonzerns ČEZ Schuldscheine im Wert von fast 700.000 Euro angenommen hatte.[1]
Tschechien erwägt (Stand März 2021), in Dukovany ein Atomkraftwerk mit 1200 Megawatt Leistung bauen zu lassen. Die Ausschreibung soll erst nach der Abgeordnetenhauswahl in Tschechien im Oktober 2021 begonnen werden.[2]
Liste der Kernreaktoren in Tschechien
Name | Block |
Reaktortyp | WWER-Modell | Status | Nettoleistung in MW |
Bruttoleistung in MW |
Baubeginn | Erste Netzsynchronisation | Kommerzieller Betrieb (geplant) |
Abschaltung (geplant) |
Einspeisung in TWh |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Dukovany | 1 | DWR | 440/213 | In Betrieb | 468 | 500 | 01.01.1979 | 24.02.1985 | 03.05.1985 | – | 101,63 |
2 | DWR | 440/213 | In Betrieb | 471 | 500 | 01.01.1979 | 30.01.1986 | 21.03.1986 | – | 97,99 | |
3 | DWR | 440/213 | In Betrieb | 468 | 500 | 01.03.1979 | 14.11.1986 | 20.12.1986 | – | 96,12 | |
4 | DWR | 440/213 | In Betrieb | 471 | 500 | 01.03.1979 | 11.06.1987 | 19.07.1987 | – | 96,97 | |
Temelín | 1 | DWR | 1000/320 | In Betrieb | 1026 | 1080 | 01.02.1987 | 21.12.2000 | 10.06.2002 | – | 101,30 |
2 | DWR | 1000/320 | In Betrieb | 1026 | 1080 | 01.02.1987 | 29.12.2002 | 18.04.2003 | – | 96,30 | |
3 und 4 | DWR | 1000/320 | Bau eingestellt am 1. März 1990 | 892 | 972 | 01.01.1985 | – | – | – | – |
Name | Block |
Reaktortyp | Modell | Status | Nettoleistung in MW |
Bruttoleistung in MW |
Baubeginn | Erste Netzsynchronisation | Kommerzieller Betrieb (geplant) |
Abschaltung (geplant) |
Einspeisung in TWh |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Temelín | 3 | PWR | VVER V-320 | Bau eingestellt | 892 | 972 | 01.01.1985 | – [CZ 1] | – | – | – |
4 | PWR | VVER V-320 | Bau eingestellt | 892 | 972 | 01.01.1985 | – [CZ 1] | – | – | – | |
- Der Bau von Block 3 und 4 wurde am 01.03.1990 eingestellt.
Kernkraftwerk Dukovany
Das Kernkraftwerk Dukovany hat insgesamt vier Blöcke; der Energiekonzern ČEZ rechnete im März 2010 mit dem fünften Block in Dukovany[4] und dem Neubau eines Kernkraftwerkes im nordmährischen Blahutovice.[5] Ob diese Pläne noch aktuell sind, ist (Stand April 2014) unbekannt.
Kernkraftwerk Temelín
Der Betrieb des Kernkraftwerks Temelín in Südböhmen führt seit langem zu Spannungen zwischen Tschechien und Österreich, da die sowjetischen WWER-Reaktoren (siehe Liste) in ihrer Sicherheit umstritten sind. Der IAEO-Generaldirektor Mohammed el-Baradei erklärte 2007 Temelín für sicher.[6]
Die Erweiterung von Temelín um zwei weitere Blöcke war geplant,[7] wurde im Juli 2013 aber aus wirtschaftlichen Gründen auf Eis gelegt, da der Ausbau ohne Subventionen nicht rentabel wäre. ČEZ-Manager Cyrani forderte eine Einspeisevergütung für den produzierten Kernenergiestrom, da nur so das Kraftwerk mit anderen Erzeugungsformen konkurrieren könne.[8] Nachdem diese von der Regierung nicht genehmigt wurde, erklärte ČEZ das Projekt im April 2014 für beendet. Um den Bau beworben hatten sich die beiden Hersteller Westinghouse, Areva und ein russisch-tschechisches Konsortium.[9]
Einzelnachweise
- Geldgeschäfte: Tschechischer Minister tritt zurück. In: ORF. 9. November 2011, abgerufen am 31. Juli 2021.
- Andreas Mihm: Kernenergie in Tschechien: Ausschreibung für neues Atomkraftwerk verschoben. In: FAZ.net. 26. März 2021, abgerufen am 31. Juli 2021.
- Czech Republic. In: IAEA/PRIS. 30. Juli 2021, abgerufen am 31. Juli 2021 (englisch).
- Pavel Páral: Jaderná energie na postupu. Včetně Česka. Naše situace je ovšem poněkud unikátní. In: idnes.cz. 3. März 2010, abgerufen am 27. März 2010 (tschechisch).
- Nová jaderná elektrárna může stát v Blahutovicích, místním se to nelíbí. In: Česká televize. 19. Juli 2009, abgerufen am 27. März 2010 (tschechisch).
- Wir bewegen uns auf einen Abgrund zu. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Interview mit Mohammed El-Baradei, Generalsekretär der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEAO, 25. August 2007.
- Erweiterung des tschechischen Kernkraftwerks Temelín um zwei weitere Blöcke geplant. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: bayern.de.
- Prag schiebt Ausbau des AKW Temelin auf Eis – wegen Strompreisen.. In: Industriemagazin. 23. Juli 2013, abgerufen am 24. Juli 2013.
- Aus für neue Reaktoren in Temelín. In: Süddeutsche Zeitung. 10. April 2014, abgerufen am 10. April 2014.