Kegel (Lineare Algebra)
In der linearen Algebra ist ein (linearer) Kegel eine Teilmenge eines Vektorraums, die abgeschlossen bzgl. Multiplikation mit positiven Skalaren ist.
Definition
Sei ein geordneter Körper, beispielsweise die reellen oder auch die rationalen Zahlen. Eine Teilmenge eines -Vektorraums heiße (linearer) Kegel, wenn für jedes Element und jeden nicht-negativen Skalar auch ist.[1]
Eine gleichwertige Charakterisierung lautet: Eine Teilmenge eines Vektorraums ist genau dann ein (linearer) Kegel, wenn für jeden nicht-negativen Skalar gilt. Manchmal wird dies auch als geschrieben.
Abweichende Definitionen
- Manchmal wird nur gefordert, dass für jedes und echt positives auch ist. Dies führt dann zu dem unten besprochenen Begriff des punktierten Kegels.
- Gelegentlich wird auch gefordert, dass ein Kegel auch abgeschlossen gegenüber Addition sein soll. Dies führt zum stärkeren Begriff des konvexen Kegels.
Arten von Kegeln
Spitze und stumpfe Kegel
Ein Kegel heißt spitz, wenn er keine Gerade enthält, das heißt , andernfalls stumpf.
Punktierter Kegel
Manche Autoren schränken obige Definition auf die Abgeschlossenheit unter der Multiplikation mit echt positiven Skalaren ein. In diesem Fall lassen sich punktierte Kegel (d. h. die ist nicht enthalten) und Kegel mit 0 unterscheiden.
Konvexer Kegel
Ein konvexer Kegel ist ein Kegel, der konvex ist. Das Konvexitätskriterium für Mengen reduziert sich für Kegel zur Abgeschlossenheit bezüglich der Addition. Der Kegel ist also genau dann ein konvexer Kegel, wenn für alle gilt, dass . Konvexe Kegel spielen eine wichtige Rolle in der linearen Optimierung.
Echter Kegel
Ein Kegel wird ein echter Kegel genannt, wenn er konvex, spitz und abgeschlossen ist sowie ein nichtleeres Inneres hat. Echte Kegel im entsprechen dem intuitiven Kegelbegriff am ehesten.
Affiner Kegel
Wenn für ein und ein Kegel ist, so nennt man (affinen) Kegel mit Spitze . Anschaulich wird also ein (linearer) Kegel entlang des Ortsvektors verschoben.
Beispiele
- Die Halbgerade
- ist ein Kegel im . Allgemeiner ist jeder Strahl, der von Null ausgeht, ein Kegel.
- ist ein konvexer Kegel, da Summen von Vektoren mit positiven Einträgen wieder positive Einträge haben und er daher abgeschlossen bezüglich Addition ist. Außerdem ist er spitz (er enthält keine Gerade), hat ein nichtleeres Inneres (zum Beispiel liegt der Punkt in seinem Inneren) und ist abgeschlossen. Somit ist er ein echter Kegel. Er ist sogar ein polyedrischer Kegel, da ein Vektor in liegt, genau dann, wenn
- ist.
- Die offene rechte Halbebene
- ist ein punktierter Kegel, da sie den Nullpunkt nicht enthält, aber abgeschlossen bezüglich der Multiplikation mit echt positiven Skalaren ist.
- Die abgeschlossene rechte Halbebene
- ist ein konvexer Kegel mit null, aber nicht spitz, da er als Gerade enthält mit .
Abgesehen von den hier aufgeführten „anschaulichen“ Kegeln gibt es Beispiele für Kegel auch in beliebigen Vektorräumen. Beispiele wären:
- Über dem Vektorraum der stetigen Funktionen bilden die konvexen Funktionen einen konvexen Kegel. Er ist nicht spitz, da es Funktionen gibt, für die sowohl als auch konvex sind, dies sind die linearen Funktionen. Auch die konkaven Funktionen bilden einen Kegel.
- Die Posynomialfunktionen bilden einen konvexen Kegel im Vektorraum aller Funktionen , die Monomialfunktionen immerhin noch einen (punktierten) Unterkegel, der aber nicht konvex ist.
Eigenschaften
- Der Schnitt einer Familie von Kegeln ist ein Kegel. Somit bilden die Kegel ein Hüllensystem, der zugehörige Hüllenoperator ist die Kegelhülle.
- Die Vereinigung einer Familie von Kegeln ist wieder ein Kegel.
- Das Komplement eines Kegels ist wieder ein Kegel.
- Für zwei Kegel sind und die Summe jeweils Kegel.
- Für zwei Kegel ist das direkte Produkt wieder ein Kegel im jeweiligen Produktraum.
- Ist der Kegel konvex, abgeschlossen und hat ein nichtleeres Inneres, so definiert er eine Halbordnung. Diese führt dann zu verallgemeinerten Ungleichungen und zur Definition von K-konvexen Funktionen, die konvexe Funktionen verallgemeinern.
Operatoren
Kegelhülle
Die Kegelhülle ordnet einer beliebigen Teilmenge den kleinsten Kegel, der ganz enthält, zu. Sie ist definiert als
- .
Dualer Kegel und Polarer Kegel
Der duale Kegel und der mit ihm eng verwandte polare Kegel lassen sich für jeden Kegel definieren und bilden die Menge aller Vektoren, die mit dem Kegel einen Winkel von weniger als neunzig Grad (im Falle des polaren Kegels mit mehr als neunzig Grad) einschließen. Sie werden meist über das Skalarprodukt definiert, können aber auch allgemeiner über die duale Paarung definiert werden.
Konische Hülle
Jeder Teilmenge eines Vektorraumes lässt sich ein kleinster konvexer Kegel zuordnen, der diese Menge enthält. Dieser Kegel wird die konische Hülle der Menge genannt.
Wichtige Kegel
Positiver Orthant
Der positive Orthant ist die Menge aller Vektoren im , die nur positive Einträge haben.
- .
Er ist ein echter Kegel, der von den Einheitsvektoren endlich erzeugt wird, und ist selbstdual bezüglich des Standardskalarproduktes. Insbesondere ist die von ihm erzeugte verallgemeinerte Ungleichung das "komponentenweise Kleinergleich".
Norm-Kegel
Der Norm-Kegel im ist definiert durch
- .
Sein dualer Kegel ist wieder ein Norm-Kegel, aber bezüglich der dualen Norm.
Lorentz-Kegel
ist die Euklidische Norm, so heißt er der Norm-Kegel auch Lorentz-Kegel oder quadratischer Kegel, manchmal auch wie im englischen second order cone bzw. ice-cream cone:
- .
Er ist ein echter, selbstdualer Kegel, der bei der Formulierung von SOCPs verwendet wird.
Euklidischer Kegel
Für einen Winkel ist der euklidische Kegel die Menge aller Vektoren in , die mit einem vorgegebenen Vektor einen Winkel kleiner als einschließen:
- .
Er entsteht durch (nichtsinguläre) lineare Transformation des Lorentz-Kegels.
Positiv semidefiniter Kegel
Auf dem Vektorraum
der symmetrischen reellen -Matrizen bilden die positiv semidefiniten Matrizen einen Kegel
- ,
den sogenannten positiv semidefiniten Kegel oder gelegentlich auch nur semidefiniten Kegel. Er ist konvex und selbstdual bezüglich des Frobenius-Skalarproduktes. Er spielt eine wichtige Rolle in der semidefiniten Optimierung, da er als Ordnungskegel eine Halbordnung auf dem definiert, die Loewner-Halbordnung.
Sphärischer Schnitt
Ist der Vektorraum durch normiert, so lässt sich die Zentralprojektion eines Kegels auf den Einheitskreis betrachten. Diese ist durch
erklärt. Ihr Bild ist offenbar gleich dem Schnitt des Kegels mit dem Einheitskreis.
Ein Kegel wird durch seinen Kreisschnitt vollständig beschrieben, denn es gilt:
Siehe auch
Einzelnachweise
- Andreas Fischer: Lineare Algebra. Teubner, Stuttgart 2003, ISBN 3-519-00370-8, S. 153.