Kadiner Straße
Die Kadiner Straße (Postleitzahl 10243) liegt im Berliner Ortsteil Friedrichshain (Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg). Sie beginnt nördlich an der Hildegard-Jadamowitz-Straße und mündet südlich in die Grünberger Straße.
Die östliche Straßenseite wird dominiert durch den Schule-Freizeit-Komplex zwischen Lasdehner und Kadiner Straße, zu dem die von der Lasdehner Straße aus erreichbaren Gebäude der Ludwig-Hoffmann- und der Temple-Grandin-Schule mit dem dazugehörigen Schulgelände gehören, aber auch die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Regenbogenhaus und der Treff für junge Frauen und Mädchen Phantalisa in der Kadiner Straße 9 mit dem dazugehörigen Freizeitgelände. Das Regenbogenhaus mit seiner in mehreren Ausstellungen und Publikationen gut dokumentierten Geschichte ist seit Jahrzehnten von Bedeutung für Kinder, Jugendliche und Familien nicht nur in der unmittelbaren Umgebung.[1][2][3][4]
Architektonische Akzente werden gesetzt mit den nördlichen Eckhäusern Kadiner Straße 23 (Wohn- und Praxishaus mit dem Diagnostisch-Therapeutischen Zentrum am Frankfurter Tor – DTZ Berlin) und Kadiner Straße 1 (Wohnhaus mit der Begegnungsstätte Lebensfreude im Parterre) sowie dem denkmalgeschützten Wohn- und Geschäftshaus Kadiner Straße 11,[5] das mit seiner prachtvollen backsteingotischen Gestaltung an die Architektur der Lazaruskirche erinnert, die auch „Dom des Ostens“ genannt wurde. Sie stand 1907 bis 1949 südlich an der Ecke. Das dort 1955 errichtete Wohnhausensemble, zu dem auch das Haus Kadiner Straße 12 gehört, steht ebenfalls unter Denkmalschutz.[6]
Die Ostseite der Straße wird durch Wohnhäuser geprägt, darunter restaurierte ehemalige Fabrikgebäude, deren Räume zu modernen Loftwohnungen umgebaut wurden. Alle kriegsbedingten Lücken wurden hier geschlossen.
Die Hausnummernzählung folgt dem Hufeisenprinzip, beginnend an der Nordwestecke mit der Nummer 1 und endend an der Nordostecke mit der Nummer 23.
Seit 1992 gilt in der Straße Tempo 30 und vor dem Regenbogenhaus Parkverbot.[7]
Straßengeschichte
Benannt wurde die Kadiner Straße (ursprünglich Cadiner Straße) am 11. Juni 1902 nach dem westpreußischen Ort Kadinen (auch Cadinen), dem heutigen Kadyny in Polen (Woiwodschaft Ermland-Masuren). Angelegt wurde sie als Straße 9a, Abt. XIV, des Bebauungsplans.
Der heutige östliche Bereich der Hildegard-Jadamowitz-Straße von der Nummer 24 bis zur Ecke Lasdehner Straße war ursprünglich die Fortführung der Boxhagener Straße westlich der Warschauer Straße bis zur Frankfurter Allee. Die Kadiner Straße traf östlich der gemeinsamen Einmündung von Boxhagener und Lasdehner Straße in die Frankfurter Allee auf die hier gekrümmt, wie der frühere Boxhagener Weg, verlaufende Boxhagener Straße.
Ein Foto von 1889 zeigt bereits die Anlage der Straßen, allerdings wenige zumeist niedrige Häuser auf den Grundstücken.[8]
Schon 1906 war die Boxhagener Straße dicht bebaut, und die Nordostecke der Kadiner Straße zierte ein besonders repräsentatives fünfgeschossiges Wohnhaus mit Balkons an der Fassade der abschrägten Ecke, überdacht von einem hohen Turmhelm mit Laterne.[9]
Bis zum Zeitpunkt der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wird das Bild der Kadiner Straße bestimmt durch fünfgeschossige Wohnhäuser aus der Zeit nach 1900, Restaurants und Geschäfte. Auf den Hinterhöfen befanden sich Werkstätten und auf der Ostseite zur Warschauer Straße hin einige Fabrikgebäude. Am südwestlichen Ende der Straße ragte die Kuppel der Lazaruskirche am Ende der Häuserzeile hoch empor.[10]
Nach dem Krieg gehörte die Straße zum Planungsbereich der Wohnzelle Friedrichshain. Dadurch wurden die Ruinen auf dem Terrain zwischen Kadiner und Lasdehner Straße großflächig beräumt. An der Lasdehner Straße blieb nur der Hoffmann’sche Schulbau stehen, in der Kadiner Straße die Wohnhäuser Nummer 3 und 11.[11]
Die Fertigstellung von Wochenkrippe und Kindergarten 1952 leitete die Nutzung eines großen Teils dieses Geländes durch Kindereinrichtungen ein und veränderte den Charakter der Kadiner Straße. Mit den Bau-, Sanierungs- und Umgestaltungsmaßnahmen im Rahmen des Programms „Stadtumbau Ost“ ab 2002 wurde das verstetigt und auf ein neues Niveau gehoben. Die Sanierung des historischen Schulgebäudes in der Lasdehner Straße 2002–2012, die Errichtung des Erweiterungsbaus für die Ludwig-Hoffmann-Grundschule 2010–2012, die Gestaltung der 2011 eingeweihten Grünanlage südlich dieses Baus,[12] das 2008 zum Horthaus mit angrenzendem Spielbereich umgebaute Gebäude Lasdehner Straße 17, die Sanierung und Umgestaltung des Gebäudes Kadiner Straße 9 (Regenbogenhaus und Phantalisa) mit dem angrenzenden Spiel- und Freizeitgelände (2005–2009) und die Eröffnung des neuen Bolzplatzes für die Schulen und das Regenbogenhaus (2008) sind wichtige Elemente dieser Entwicklung.[13]
Auf der Ostseite der Kadiner Straße etablierten sich nach dem Krieg vor allem in den alten Fabrikgebäuden kleine Werkstätten und Unternehmen, die sich zum Teil bis Anfang der 2000er-Jahre hielten. Vor allem In den 1990er-Jahren siedelten sich hier auch Vereine und soziale Projekte an. Sie mussten ausziehen, als die Sanierung der Fabrikgebäude und die Schließung der Lücken durch Gebäude mit hochwertigem Wohnraum begann.
Einige Gebäude, Anlagen und Einrichtungen
Wohnhäuser Kadiner Straße 1–2
Die erst 1998 bezogenen Wohnhäuser Kadiner Straße 1–2 gehören zu einem U-förmigen Wohnblock, der auch die Häuser Hildegard-Jadamowitz-Straße 18 und Lasdehner Straße 1, 3, 5 und 7 umfasst. Sie schließen nördlich an das in diesem Bereich einzige nach dem Krieg erhaltene Haus Kadiner Str. 3 an.
Dort standen vorher 2 Baracken parallel zur Kadiner Straße, wohl die letzten Bauarbeiterbaracken der ehemaligen Stalinallee. Die fensterlose Rückseite war der Kadiner Straße zugewandt, der Eingang von der Lasdehner Straße aus.
Begegnungsstätte Lebensfreude (Kadiner Straße 1)
Das Wohnhaus Kadiner Straße 1 tritt an der Ecke mit seiner nördlichen Schmalseite aus der Straßenfront der Hildegard-Jadamowitz-Straße hervor und kragt ab dem 1. Obergeschoss über das Halbrund einer Fassade von umrahmten Glasflächen mit der Eingangstür zur Begegnungsstätte „Lebensfreude“ aus, hinter der sich ein gemütlicher Raum auftut. Die daran anschließenden Veranstaltungs- und Funktionsräume waren beim Bau den Bedürfnissen des Seniorenclubs entsprechend gestaltet worden. Ein Schallschutz fehlte und wurde später eingebaut. Der 1992 Im Parterre des Wohnhauses Lasdehner Straße 30 anstelle eines Wohngebietsklubs entstandene Klub des Sozialverbands VdK zog 1998 in die neuen Räume ein, die am 20. November 1998 festlich eröffnet wurden. Seit Oktober 2011 sind die Räumlichkeiten eine kommunale Begegnungsstätte.
Hier trifft man sich zwanglos, kann sich bei Kaffee oder Tee und Kuchen unterhalten, Handarbeiten erledigen, Tanzveranstaltungen erleben, in einer der Interessengruppen seinem Hobby nachgehen (Spheregroove Chor,[14] Schach,[15] Wandergruppe …), einen der Kurse besuchen (Englisch …) oder Vorträge anhören.
Geselligkeit, Bildung, Beratung und Hilfe findet man in der Begegnungsstätte. Hier trifft sich u. a. die Stadtteilgruppe Friedrichshain des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins Berlin gegr. 1874 e. V.[16]
Gebäude und Außenanlage
Das von der Straßenfront zurückgesetzte zweigeschossige farbenprächtige Haus mit dem Giebel zur Straße grenzt westlich unmittelbar an den Nordflügel des Hoffmann‘schen Schulgebäudes in der Lasdehner Straße.
Im Rahmen der Sanierung und Umgestaltung des Regenbogenhauses 2005 bis 2009 wurde 2006 die Fassade neu bemalt.
Beginnend mit Rot am westlichen Ende der Nordfassade und endend mit Blau am westlichen Ende der Südfassade wurden umlaufend die Regenbogenfarben großflächig aufgetragen. Schwungvolle Bögen und Kreise darauf gliedern die Fassade und vermitteln Dynamik.
Der Künstler Torsten Brill (* 1959),[17] der in Absprache mit dem Regenbogenhausteam die Fassadengestaltung plante und umsetzte, erklärte den Stadtdetektiven:
„… ihr habt einen Dämmschutz drunter… Darauf ist ein Putz, der muss ein bisschen atmen. Darauf sind dann Silicatfarben gebracht worden. Wie ihr seht… strahlen die sehr schön… Da die Farben ab und zu vielleicht auch übermalt werden müssen durch Schmutz oder so, … sollten kleine Segmente eingelegt werden, so dass die Segmente ausgebessert werden können, ohne die gesamte Fläche gleich machen zu müssen.“[18]
Nördlich von Vorgarten und Haus laden ein Bolzplatz und ein großzügiges Spielgelände mit Tischtennisplatten, Trampolin, Schaukel, Kletterwand, Hängematten, Wasserspielplatz, Pavillon und einer großen Wiese zum Spielen ein.
Aktuelles zur Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung
Das Regenbogenhaus ist eine Einrichtung von FiPP e. V. (Fortbildungsinstitut für die pädagogische Praxis)[19] und wird finanziert durch die Kinder- und Jugendförderung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg.
Im Regenbogenhaus stehen Freizeitaktivitäten für Mädchen und Jungen ab Schuleintritt bis 14 Jahren im Mittelpunkt. Im offenen Bereich, im Rahmen von regelmäßigen Angeboten sowie auf dem Außengelände können Kinder und Jugendliche selbstbestimmt ihre Freizeit verbringen und mitgestalten.
Auf drei Etagen (einschließlich Untergeschoss) stehen Kindern, Jugendlichen und Familien zweckmäßig und fantasievoll gestaltete Räume mit einem vielfältigen Angebot zur Verfügung – Sportraum, Medienwerkstatt, Kiez-Klub, Bewegungs- und Theaterraum, Klangwerkstatt, Atelier, Entspannungsraum, Kreativwerkstatt, Töpfer- und Holzwerkstatt, Kinderküche, kleine Nischen und ein großer Veranstaltungssaal.
Klettern, Radio Regenbogen, Kinderturnen für 4- bis 6-Jährige, Tanzstudio, Garten der Begegnung, Schach-AG, Familientöpfern, Kochstudio, Tischtennis, Stadtdetektive, Surf & Play, Töpferwerkstatt, Nähwerkstatt, Medienwerkstatt und Kreatives im Offenen Treff gehören zum wöchentlichen Angebot.
Es gibt weiterhin zweimal im Monat die Teenie-Time für Kinder ab 12 Jahren am Abend und weitere jeweils im Programm angekündigte Projekte und Events wie Sommerfest, Gartenfest, Übernachtung, Trödelmarkt, Familiennacht, Ausflüge. Besucher erwartet auch immer ein besonderes Ferienprogramm.
Darüber hinaus gibt es Angebote für jüngere Kinder und die ganze Familie.
Dazu gehören das Familiencafé mit einem Spielbereich für Kinder unter 6 Jahren und ein Offener Spielbereich für ältere Kinder. Diese sind zu den Öffnungszeiten, außer am Freitag, zugänglich. Weiterhin gibt es feste Angebote wie das Eltern-Kind-Turnen oder das Familientöpfern.[20][21]
Schülerzentrum 1989–1992 und Regenbogenhaus 1992–2020
In seinem Gratulationsschreiben zum 10-jährigen Bestehen des Regenbogenhauses im Jahr 2002 umreißt der frühere Friedrichshainer Bürgermeister Helios Mendiburu den Stellenwert des Hauses:
„Für mich hatte und hat das Haus eine große Bedeutung. Hier haben tausende Friedrichshainer Kinder unter Anleitung engagierter Pädagogen eine sinnvolle Freizeit verbringen können und dieses zu würdigen und zu erhalten war das Motiv meiner Unterstützung.“[22]
Am 8. Januar 1992 hatte Jugendstadtrat Lorenz Postler das neue Namensschild der Einrichtung „Freizeithaus Regenbogen“ enthüllt. Später bürgerte sich die Bezeichnung Regenbogenhaus ein. Der Namensgebung war das Bemühen von Eltern, Pädagogen und Kindern vorausgegangen, das Schülerzentrum Friedrichshain in der Kadiner Straße als Freizeithaus zu sichern. Die Einrichtung war 1989 im Zuge der politischen Veränderungen aus dem Friedrichshainer Pionierhaus hervorgegangen und gehörte als „Schülerzentrum“ noch zum Bezirksamtsbereich Bildung und Kultur.
Bei der Debatte am 13. September 1991 in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain, in der die Schulrätin auf den Mangel an Klassenräumen aufmerksam machte und Bürgermeister Mendiburu dafür stritt, das Freizeithaus als solches zu sichern, waren etwa 200 Kinder und Jugendliche dabei und zeigten Schilder mit ihren Forderungen zum Erhalt des Schülerzentrums. Sie jubelten, als der Beschluss gefasst wurde, das Haus in der Kadiner Straße in das Fachvermögen des Bereichs Jugend, Familie und Sport zu überführen.[23][24]
Die Schaffung eines Offenen Bereichs, den es im Pionierhaus nicht gegeben hatte, und die Umgestaltung des Hauses entsprechend den Freizeitinteressen der Kinder und Jugendlichen wurde 1992 intensiviert. Nach und nach wurde das gesamte Erdgeschoss mit TT-Raum, Kreativraum, Sportraum, Kiez-Klub und Klub P12 zum Offenen Bereich, dazu der Computerraum im Obergeschoss. Jetzt wurden alle Tafeln aus den Räumen entfernt, die noch aus der Zeit der Nutzung als Schule stammten. Das Team unter Leitung von Wolfgang Wudtke schaffte heran, was gebraucht wurde, gestaltete und renovierte. Für ein Mini-Kino wurden zum Beispiel die Kinobestuhlung und das Vorführgerät für 35-mm-Filme besorgt. Das Zimmertheater wurde mit passend bemalten Vorhängen ausgestattet. Die Theaterstücke schrieb die Pädagogin Helga König selbst.[25]
Schon 1990 war der Kiez-Klub gegründet worden mit Stadterkundungsgruppen (Stadtdetektive), Stadtspielen und Exkursionen für Schulklassen und Hortgruppen sowie dem offenen Kiez-Klub. Der Kiez-Klub-Raum, 2006 nochmal neu ausgestattet, bietet seitdem viele Möglichkeiten für eine regionalgeschichtliche Betätigung mit Kindern. Von 1990 bis 2014 gab das Regenbogenhaus die von den Stadtdetektiven unter Leitung des Pädagogen Fritz Wollenberg produzierte kiezgeschichtlich orientierte Schülerzeitung „Kiez-Blatt“ heraus.
Die Kinder wurden vielfältig angeregt, ihre Rechte wahrzunehmen, und die Einrichtung beteiligte sich an vielen Aktionen. Auch das alljährliche Stadtbezirksfest „Rund um die Weberwiese“ gestaltete sie mit.[26]
Beliebt waren in den 1990er-Jahren die vielen großen Haus-, Hof und Familienfeste des Regenbogenhauses – vor allem in den Schulferien – mit hunderten Kindern.
Obwohl nun auch neue Erzieher vor allem die offene Freizeitarbeit bereicherten, verringerte sich die Zahl der Mitarbeiter im Regenbogenhaus nach und nach, so dass 2001 die Osthälfte des Obergeschosses an Phantalisa, eine Freizeiteinrichtung für Mädchen und junge Frauen, übergeben wurde. Eine Trennmauer wurde eingezogen, um die Einrichtung zu separieren.
In den 2000er-Jahren wurde der künstlerische Bereich des Hauses erweitert, auf den Zuzug junger Familien durch mehr Familienangebote, wie z. B. Familientöpfern und Familienfeste sowie Angebote für Kinder unter 6 Jahren, z. B. Musikalische Früherziehung, reagiert.
2002 gründeten Eltern und Mitarbeiter den Förderverein des Regenbogenhauses, um Sponsoren zu gewinnen, Fahrten, das Familiencafé und vieles mehr zu finanzieren. Der Verein wurde mit der Übergabe des Hauses an FiPP e.V. aufgelöst.
2005 bis 2008 wurde das Haus für eine halbe Million Euro, z. T. aus EU-Mitteln, beginnend mit dem Dach, bis auf kurze notwendige Schließzeiten bei laufendem Betrieb umfassend saniert und umgestaltet. Entsprechend dem Konzept des Teams wurden einige größere Räume wie das Familiencafé, der Offene Spielbereich und das Theater durch Beseitigung von Wänden geschaffen, durch Einfügen großer Fenster zum Flur mehr Transparenz und eine einladende Atmosphäre erzeugt und mit der Gestaltung der Freiflächen neue Spiel- und Betätigungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt.[27][28][29][30]
Der alte Zaun wurde durch einen Bogenzaun ersetzt, nur einige alte Pfeiler wurden etwas niedriger als Reminiszenz erhalten.
Als im Sommer 2009 bekannt wurde, dass in Friedrichshain-Kreuzberg Einsparungen im Kinder- und Jugendbereich mit der Entkommunalisierung aller noch bestehenden kommunalen Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen verbunden werden sollen, gab es entschiedene Proteste von Eltern, Kindern und Pädagogen auch aus dem Regenbogenhaus.
In der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wurde dazu kontrovers diskutiert. Den Stadtdetektiven aus dem Regenbogenhaus erklärten Friedrichshainer Politiker folgendes:
Andy Hehmke, SPD-Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses: „Wir haben uns gegen diesen Schritt der Übertragung aller kommunalen Einrichtungen an freie Träger ausgesprochen… die Frage ist, dass jetzt die Parteien weiter diskutieren, die Betroffenen weiter diskutieren, und dass wir dann hoffentlich den vorgeschlagenen Schritt nicht machen.“
Monika Hermann, Bezirksstadträtin für Jugend, Familie und Schule: „Das, was ihr sehr gerne im Regenbogenhaus macht, wird es auch weiter geben. Das, was traurig ist an der Sache, ist, dass die Erzieher, die ihr kennt, wahrscheinlich nicht mehr da sein werden.“
Daniel Wesener, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen: „Wir möchten, dass alle Standorte, alle Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit erhalten bleiben. Das Problem, das der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat, ist, dass das Land Berlin, der Senat, uns 2 Millionen gestrichen hat. Wir haben 2 Millionen Euro weniger zur Verfügung, als wir bräuchten, um die Kinder- und Jugendarbeit, so wie sie im Regenbogenhaus läuft und anderswo, weiterzuführen.“
Götz Müller, CDU-Fraktionsvorsitzender: „Das liegt daran, dass der Senat uns zu wenig Mittel gibt, um das Regenbogenhaus und auch andere Einrichtungen ordentlich zu finanzieren… Es soll ja, soweit ich weiß, nicht zugemacht, sondern in freie Trägerschaft übergeben werden. Bei Einrichtungen, die so gut arbeiten wie das Regenbogenhaus, finde ich es falsch, das zu machen… Gerade das Regenbogenhaus ist ja über die Grenzen Berlins hinaus bekannt.“[31]
Claudia Richter, Bezirksverordnete Die Linke: Meine Partei – wir haben uns dafür ausgesprochen, dass die Kinderfreizeitstätten bleiben, wie sie gegenwärtig sind.“[32]
Am 16. Dezember 2009 beschloss die BVV Friedrichshain-Kreuzberg, vier kommunale Einrichtungen und eine kooperative zu erhalten, die anderen, auch das Regenbogenhaus, an freie Träger der Kinder- und Jugendarbeit zu übergeben. Vorgesehen war die Ausstattung mit weniger Personal und weniger Mitteln.[33]
Nach einem Auswahlverfahren übernahm FiPP e.V. im Juli 2010 die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung, und das neue Team begann nach einem neuen Konzept, anknüpfend an die Traditionen und Entwicklungen des Hauses, eine innovative Arbeit mit Eltern und neuen Partnern, entwickelte neue Formen der Beteiligung der Kinder, z. B. Kinderkonferenzen, und ging an die Neugestaltung der Räume sowie die Einrichtung offener Werkstätten.[34]
Haus der Jungen Pioniere Friedrichshain 1978–1989
1978 zog das Haus der Jungen Pioniere Friedrichshain in das Obergeschoss des heutigen Regenbogenhauses.
Es war 1967 aus der Station der Jungen Techniker und Naturforscher entstanden, die sich von 1960 bis 1962 im Parterre des Wohnhauses Rigaer Straße Ecke Liebigstraße befand und 1962 bis 1967 in der Rigaer Straße 92.
1968 bis 1978 war es dann in einem alten Hinterhof-Fabrikgebäude Voigtstraße 25, untergebracht, in dem es kaum Möglichkeiten für Veranstaltungen mit Kindern gab, so dass diese vorwiegend in Schulen stattfanden.
Nachdem 1979 die Zahl der Mitarbeiter erhöht worden war, wurde im Dezember 1982 das gesamte Gebäude Kadiner Straße 9 als Pionierhaus übergeben und erhielt gleichzeitig den Namen Max Christiansen Clausen. Der Funker von Richard Sorge in Japan (1935–1941) wohnte nach dem Krieg in der Richard-Sorge-Straße (vorher Tilsiter Straße) in Friedrichshain.
Im Pionierhaus waren vor allem Lehrer verschiedener Fachgebiete beschäftigt, die selbst Kurse, Arbeitsgemeinschaften und Veranstaltungen anboten und darüber hinaus Leute aus unterschiedlichen Bereichen als Honorarkräfte und Ehrenamtliche für die Arbeit mit Kindern gewannen und sie dabei unterstützten.
Damit wurde das vorher durch Schulen genutzte Gebäude zum Freizeithaus. Die Räume wurden den neuen Anforderungen entsprechend umgestaltet. Allerdings gehörten zum Freizeitangebot auch Kurse und Arbeitsgemeinschaften, in denen Spitzenförderung auf einigen Gebieten betrieben wurde, z. B. Mathematik und Russisch, so dass die Schultafeln in vielen Räumen belassen wurden.
In dem kleinen Haus gab es bald 150 Arbeitsgemeinschaften (Interessengruppen) – Modelleisenbahnbau und Elektrotechnik, Schach und Zeichnen, Junge Brandschutzhelfer und Junge Historiker, Rhythmische Sportgymnastik (Aerobic), Tanz, Chor, Instrumentalgruppen und viele andere.
Mit Gruppen in den Schulen wurde kooperiert, z. B. mit der AG Bautechnik und der Biologiestation in der Schule Helsingforser Straße.
Künstlerische Gruppen wirkten im Pionierensemble zusammen. Es gab eine Pionierurania, in deren Rahmen Experten verschiedener Fachgebiete vor den Kindern auftraten. Zum Programm gehörten auch Fahrten und Spezialistenlager, Diskotheken, Faschings-, Kinderfeste und Veranstaltungen wie die Kleine Friedensfahrt – ein Radrennen.[35]
Entstehung und Nutzung des Hauses als Hort und Schule 1959–1982
Erbaut wurde das Haus von 1959 bis 1961 auf Initiative des Elternbeirates der 3. POS in der Lasdehner Straße. Die Eltern wollten ein Horthaus, damit die Kinder ihre Freizeit nicht in Klassenräumen verbringen müssen.
5 Studentinnen der Ingenieurschule für Bauwesen in der Straßmannstraße 14 entwarfen das Haus als Prüfungsaufgabe. Nach der Grundsteinlegung im September 1959 wurde der Rohbau von ca. 60 Schülern dieser Schule in den Sommerferien errichtet. Bauleiter Rudolf Wendel erzählte 2007: „Es wurde in zwei Schichten gearbeitet einschließlich Samstag und Sonntag. … Die Dachkonstruktion haben einige der jungen Männer in der Schorfheide genagelt … Kräne hatten wir nicht. Wir mussten die Dachbinder über zwei lange Stangen mit Seilen über eine Schräge hochziehen… Ich war damals stolz darauf, dass wir das geschafft haben – in zwei Monaten.“
Das Haus entstand im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks (NAW). Bis zum Umbau 2006 beherrschte ein großer Bär mit Spaten, das NAW-Symbol, die nördliche Hälfte der Fassade zur Straße hin und auf der südlichen Hälfte waren die Buchstaben NAW und die Jahreszahl 1959, das Jahr der Grundsteinlegung, zu lesen.[36]
In das Haus zog dann aber 1961 neben dem Hort auch die Körperbehindertenschule ein, so dass doch viele Klassenzimmer eingerichtet wurden.
Zuerst waren nur die ersten bis vierten Klassen hier untergebracht, ab 1972 dann die gesamte Schule. 1977 bekam die Körperbehindertenschule – die heutige Carl-von-Linné-Schule, das neue Gebäude in der Paul-Junius-Straße 15 in Lichtenberg,und der Hort zog 1978 zurück in das Schulgebäude der 3. POS.[37]
1978–1982 waren im Parterre und im Kellergeschoss die 1.–3. Klassen der Alfred-Kowalke-Schule untergebracht. Sie zogen 1982 in die Palisadenstraße. Aus dieser Schule ist die heutige Temple-Grandin-Schule hervorgegangen.[38]
Phantalisa – Raum für Mädchen und junge Frauen (Kadiner Straße 9)
Phantalisa[39] ist eine Einrichtung für Mädchen ab 6 Jahre und junge Frauen bis 21 Jahre. Phantalisa weist auf seiner Webseite darauf hin, dass hinter den Kategorien „Mädchen“ und „Frau“ vielfältige Identitäten stehen und es sich als ein Ort für alle betrachtet, die sich als Mädchen* oder Frau* verstehen, es nicht mehr sein wollen oder es gerne sein möchten. Es geht darum sie in ihren Stärken und in ihrer selbstbestimmten Lebensgestaltung zu unterstützen.
Die Einrichtung befindet sich im Obergeschoss des Hauses Kadiner Straße 9 und ist über eine Außentreppe an der Südseite des Gebäudes zu erreichen.
Sie verfügt über ein Café, den Tanz- und Bewegungsraum, den Chillraum. eine Werkstatt, die Zauberküche und ein zu den Öffnungszeiten zugängliches Außengelände.
Angeboten wird neben der Nutzung als Aufenthaltsort bzw. Treffpunkt und dem Zugang zu Computer und Internet Unterstützung in allen Lebenslagen und Beratung.
Es gibt ein regelmäßiges wöchentliches Angebot, bestehend aus Stoffgestaltung mit Siebdruck, Tanz für 6–11-Jährige, Tanz für 11 bis 21-Jährige mit Mix aus Modern Dance, Urban Dance, Jazz Dance und Improvisation, Do it yourself (Herstellung von Seife, Armbändern, Fotocollagen, Origami und anderem), Zauberküche, Music Time mit Singen, Rappen, Musiktexte lernen oder Karaoke, Chill out-Abend (Spielen oder/und quatschen), offener Nähwerkstatt, Filmabend (P 13) und wechselndem Samstagsangebot. Darüber hinaus gehören Gruppenangebote, Projekte, Workshops, Übernachtungen Fahrten und weitere Aktionen zum Programm.
Träger der Einrichtung ist das FRIEDA-Frauenzentrum e.V. in der Proskauer Str. 7, 10247 Berlin.[40] Die Arbeit von Phantalisa wird von der Kinder- und Jugendförderung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg finanziert.
Phantalisa entstand 1991 und zog 2001 aus dem Parterre eines Wohnhauses in der Bänschstraße am Forckenbeckplatz um in das Haus Kadiner Straße 9.
Wohn- und Geschäftshaus Kadiner Straße 11
Das prunkvolle Wohn- und Geschäftshaus Kadiner Straße 11 im Stil der märkischen Backsteingotik wurde 1903–1904 nach Entwürfen des Architekten H. Heinig unter Leitung des Architekten Johannes Ernst für den Malermeister Wilhelm Lohmann errichtet.
Mittig dominiert ein halbrunder Erker die symmetrisch gestaltete Fassade, über deren Mittelteil sich ein Giebel erhebt mit einer Fensterrosette im Dachgeschoss. An beiden Seiten finden sich in allen Obergeschossen Loggien.
Von dem ursprünglichen Komplex mit Seitenflügeln und Quergebäude ist nur das Vorderhaus und ein Teil des Seitenflügels erhalten. Die Fassaden auch an den Seiten und zum Hof sind aufwendig gearbeitet. Im Jahr 2000 wurde das Gebäude modernisiert und instand gesetzt.
Dass dieses Gebäude so auffällig gestaltet ist, liegt daran, dass auf dem südlichen Nachbargrundstück bereits der Bau der Lazaruskirche geplant war, als Wilhelm Lohmann am 21. Dezember 1903 den Bau seines Hauses beantragte. Er benötigte die Zustimmung des Gemeindekirchenrates, der verlangte, im Grundbuch festzuhalten, „dass hier keine störenden Betriebe, namentlich keine Musikaufführungen stattfinden“ und sich die „äußere Ausstattung des Gebäudes dem Charakter des Kirchenbaus in Stil und Material anzupassen“ hat.[41]
So vermittelt dieses Haus heute eine Vorstellung von der Architektur der Lazaruskirche, die es nicht mehr gibt.
Lazaruskirche oder „Dom des Ostens“ (ehemals Kadiner Straße Ecke Grünberger Straße)
An der Ecke Kadiner Straße / Grünberger Straße, wo heute denkmalgeschützte Wohnbauten aus den 1950er-Jahren als südlicher Abschluss der Wohnzelle Friedrichshain stehen, stand 1907 bis 1944 (1949) die imposante neogotische Lazaruskirche aus rotem Backstein mit einer „Vorhalle in zierlichen Formen in weißer Terrakotta“, auch als „Dom des Ostens“[42] bezeichnet – 53 Meter lang, 25 Meter breit mit einem 66 Meter hohen Turm, den eine achtseitige Kuppel mit Laterne krönte. Das Dach, gedeckt mit grünen „Mönch-und-Nonne-Ziegeln“ war tief heruntergezogen. 1400 Menschen hatten darin Platz.
In dem Buch „Der Berliner Osten“ heißt es zur Ausstattung des Innenraums: „Er ist mit den roten Marmorsäulen im Raum und den gotischen Kreuz- und Sterngewölben geradezu geschichtlich geworden. Dazu tragen auch die Fenster bei. Diejenigen im Altarraum und die Rosen in den Abschlusswänden des Querschiffs sind künstlerisch wertwolle Leistungen… Großer Wert wurde auf gute Holzschnitzarbeiten an Altar, Kanzel und Gestühl gelegt.“[43]
Jan Feustel beschreibt es genauer: „Die alten Baubeschreibungen schwärmten besonders von den Glasfenstern des polygonalen Chorschlusses - nach Kartons des Stuttgarter Kunstmalers Velin stellten sie biblische Geschehnisse in Bethanien, der Heimat des Lazarus, dar… Auch Luther und Melanchthon waren in dreiteiligen Fenstern abgebildet. Über der Empore stellte eine Glasmalerei das Wappen ihres Stifters, der Berliner Fleischerinnung dar …auf den Kapitellen der Säulen waren nicht nur die beiden Diakonissen der Gemeinde und der Architekt Wever dargestellt, sondern neben der Kanzel auch Pfarrer Köster, der erste Seelsorger.“ Erwähnenswert sind für ihn auch die „drei großen elektrischen Ringkronen, der Kaiser-, der Königs- und der Kurfürstenkrone nachgebildet“, die als „Allerhöchste Obrigkeit“ stets „symbolisch über den Köpfen der Kirchgänger“ schwebte.[44]
Geschaffen wurde der Bau nach Plänen des Potsdamer Baurats Friedrich Wilhelm Wever. 1905 war die Grundsteinlegung, am 14. Dezember 1907 die Einweihung.
1896 war die Lazarusgemeinde aus der sich vergrößernden Markusgemeinde ausgegründet worden und hatte schon seit 1892 an der Ecke Gubener Straße / Lithauer Straße (heute Lasdehner Straße) behelfsmäßig einen Fachwerkbau als erste Lazuaruskirche mit 700 Plätzen, was nicht ausreichte. Sie wurde abgetragen und 1905 für die Hoffnungsthaler Stiftung Lobetal bei Bernau wiedererrichtet. Dort steht sie noch heute.
Dirk Moldt schreibt zum Ende des „Doms des Ostens“:
„Im November 1943 wurde die Kirche bereits durch Bombentreffer beschädigt, wobei das Rosettenfenster zu Bruch ging. Im Herbst 1944 wurden die letzten Gottesdienste in dem beschädigten, bereits offenen Kirchenschiff gehalten. Danach fanden sie im Gemeindehaus in der Memeler Strasse 53/54 (heute Marchlewskistraße 40) statt. Bei einem der letzten Luftangriffe auf Berlin wurde die Kirche am 13. April 1945 stark getroffen und brannte vollständig aus… Am 10. September 1949 wurden die Ruine und der immer noch mächtige Turm gesprengt.“[45]
Gedenktafel für Georg Lehnig (Kadiner Straße 16)
Im Haus Kadiner Straße 16 wohnte der Widerstandskämpfer Georg Lehnig (1907–1945). Hier erinnert eine Gedenktafel an ihn. Die erste Tafel wurde um 1950 angebracht, eine erneuerte dann 1976.
Wohnhaus (ehemals Fabrik) Kadiner Straße 17
Ab 2004 wurde das alte Hinterhof-Fabrikgebäude (Quergebäude und beide Seitenflügel waren erhalten) zum modernen Wohnhaus mit Lofts umgebaut.
Als letztes Unternehmen schloss hier 2004 Horst Zocks „Mechanische Werkstätten“. An einer Werkstatttür prangte noch in goldenen Lettern: 1974–1999 25 Jahre Druckerei Margarete Weber.[46]
Das Projekthaus Comunika 17 hat auch seine Pforten geschlossen. Hier zeigte noch im Jahr 2000 das Projekt «kunstkreuz» den kontrovers diskutierten Dokumentarfilm «Flüstern und Schreien» von Roland K. G. Gernhard.[47]
Auch die Galerie Stufe 85 und andere Projekte gibt es hier nicht mehr.[48]
Der Club K 17 für Fans von Metal, Rock und Gothic ist 2003 in die Pettenkoferstraße 17 umgezogen. Entstanden war er 1992 als kleine Kneipe in der Kadiner Straße 16, hat sich dann in der Kadiner Straße 17 erweitert und wurde ab 1999 hier als K17 Club bekannt.[49]
Vor dem Zweiten Weltkrieg, als das alte Vorderhaus noch existierte, wurde im Oktober 1931 im Lokal „Welt am Abend“ Kadiner Straße 17 eine von drei Sexualberatungsstellen des Einheitskomitees für proletarische Sexualreform eröffnet, die laut Information in der Vereinszeitschrift des Einheitsverbandes für proletarische Sexualreform und Mutterschutz „Die Warte“ vom November 1931 von geschulten Ärzten geleitet wurde. Der Arzt und Sexualreformer Hans Lehfeldt (1899–1993) berichtete, dass sie von Wilhelm Reich (1897–1957) gegründet wurden und „die psychoanalytische Behandlung von Sexualkonflikten zu ihrer besonderen Aufgabe gemacht“ haben.[50]
Stolperstein für Alfred Renzel (Kadiner Str. 19)
Der Stolperstein für Alfred Renzel (1905–1943), deportiert nach Auschwitz, wurde am 21. Juli 2012 vor seinem Wohnhaus Kadiner Straße 19 verlegt.[51]
Kadiner Straße 20
2004 wurde die alte Wollgarnfabrik aufwendig kernsaniert. Es sind Lofts mit großzügigen Terrassen und Balkonen entstanden.
Die Fabrik war 1905 erbaut worden. 1938 war sie im Handelsregister beim Amtsgericht Mitte eingetragen unter „Oma“ Wollgarnfabrik Alfred Voelker KG. Das Unternehmen stellte Garne, Strumpfwaren und verwandte Artikel her und vertrieb sie.
„Ein ausgestopfter Antilopenkopf mit imposantem Geweih wacht über knapp 100 Quadratmeter Wohnfläche. Unter ihm stößt edles Parkett auf die sandgestrahlte Ziegelwand. Locker gruppieren sich eine weiße Sofagarnitur und ein großer Esstisch in dem von bodentiefen Fenstern erhellten Raum… Dem wohlbetuchten Käufer soll es in den von dem Architekten Carlos Zwick konzipierten Lofts an keiner Annehmlichkeit fehlen. Das Bad ist mit edlen Armaturen und Natursteinboden ausgestattet. Die Waschtische sind aus lackiertem Roststahl. Der Spiegel reicht von einer Wand zur anderen. Das serienmäßig installierte Instabus-System lässt auf Knopfdruck oder auch per Internet die Jalousien hochfahren oder schaltet Mikrowelle und Backofen ein. Der Luxus kostet: 360000 Euro für eine Loftwohnung von 145 Quadratmetern im vierten Stock, inklusive Tiefgaragenplatz. Im März 2004 sollen die ersten Besitzer einziehen.“
So beschreibt Rita Gudermann 2003 ein Musterloft in dem neuen Gebäude.[52]
Die Baptistengemeinde fand in der 2. Etage dieses Hinterhof-Fabrikgebäudes eine Bleibe. Am 12. November 1950 war die Einweihungsfeier im Gemeindesaal. 1982 zog die Gemeinde um in die neu errichtete Kirche in der Matternstraße 17/18.[53]
Das Gebäude
Das repräsentative Praxis-Wohngebäude Kadiner Straße 23 / Hildegard-Jadamowitz-Straße 20 mit der futuristisch gestalteten abgeschrägten Ecke wurde ab 1999 speziell für die Bedürfnisse des Diagnostisch-Therapeutischen Zentrums (DTZ Berlin) mit seinen besonderen Anforderungen der Nuklearmedizin, Strahlentherapie und Radiologie durch den Architekten Peter Lyssy entworfen, der auch den Bau und die Funktionstüchtigkeit dort bis heute begleitet.
Im Gebäude sind neben Wohnungen noch weitere Praxen.
An den einzeln stehenden fünfstöckigen Altbau Kadiner Straße 23 wurde mit gleicher Traufhöhe ein sechsstöckiger Neubau bis zur Ecke und dann im spitzen Winkel an das Haus Hildegard-Jadamowitz-Straße 21 herangeführt.
Der V-förmige Bau wird architektonisch zusammengehalten durch die Verkleidung des Sockels und der auf die Ecke zulaufenden Fassaden bis zum ersten Obergeschoss mit türkis-bunten Feinsteinzeugplatten, unterbrochen durch schmalere horizontal verlaufende helle Kachel-Bänder. Der Altbau in der Kadiner Straße ist durch eine gleiche Gestaltung der Fassade bis unter die Fenster im Erdgeschoss einbezogen.
Die abgeschrägte Ecke wird dominiert durch ab dem 2. Obergeschoss mit jedem Stockwerk weiter auskragende größer werdende Balkone, vertikal verbunden durch eine mit Edelstahlblech verblendete sich nach oben verbreiternde Mittellisene, die nach vorn geneigt ist. Zwei vom Sockel bis zum Dachgesims hochstrebende sich nach oben verbreiternde Lisenen, ebenfalls verblendet mit Edelstahlblech, bilden den seitlichen Abschluss dieser modernen Berliner Ecke.
Eine sechsstufige auch türkis bunt marmorierte Treppe führt zu einem durch das auskragende Obergeschoss überdachten Podest und zum halbrunden edelstahlblechverkleideten Windfang, hinter dem eine Karusselltür in den Empfangsbereich des DTZ Berlin führt. Über dem Eingangsbereich ist auf der hellen Putzfassade der Äskulapstab mit Atomium zwischen den beiden Türmen des Frankfurter Tors zu sehen, das Logo des DTZ Berlin als Schmiedearbeit.
Über dem Balkon des Dachgeschosses schließt hier das Dach halbrund ab. Das Dach wurde mit Titanzink in Stehfalztechnik gedeckt. Sein Gesims verbreitert sich zur Ecke hin. Ein konkav geschwungener Erker über vier Obergeschosse mit sich anschließenden Balkons verleiht der Fassade in der Hildegard-Jadamowitz-Straße einen schwungvollen östlichen Abschluss.
Dach und Hof sind begrünt.
Einige Räume im Hauptgebäude sind strahlensicher gebaut. Das Haus 2 der Kadiner Höfe, über einen Durchgang Hildegard-Jadamowitz-Straße 20 erreichbar, wurde als Neubau für die Strahlentherapie errichtet. Hier gibt es 3 Bunker mit Linearbeschleunigern.[54]
Das DTZ
Das 1990 von Professor Jürgen Schmidt und Professor Wolfgang Mohnike, dem ärztlichen Leiter, gegründete Diagnostisch-Therapeutische Zentrum Berlin befindet sich seit 2003 im Eckhaus Kadiner Straße 23
In der Selbstdarstellung heißt es:
„Das DTZ Berlin ist ein nach ISO 9001 und GMP zertifiziertes medizinisches Versorgungszentrum mit schwerpunktmäßiger onkologischer Ausrichtung. Die Einrichtung verfügt über vier Fachbereiche, die eng miteinander verzahnt und technisch auf höchstem Niveau ausgestattet sind. Hierzu gehören die beiden diagnostischen Zentren für Nuklearmedizin und Radiologie sowie die beiden therapeutischen Zentren für Interventionelle Onkologie & Radionuklidtherapie sowie für Strahlentherapie.“
Im DTZ Berlin sind etwa 100 Mitarbeiter tätig, davon 17 Fachärzte – Radiologen, Nuklearmediziner, Strahlentherapeuten, 2 Ärzte in Weiterbildung, 8 Physiker/Radiochemiker und 42 MTRA. Mit mehr als 55.000 Behandlungsfällen pro Jahr, einer wöchentlichen, hauseigenen Tumorkonferenz und einer breiten Palette an High-Tech-Medizingeräten gehört das DTZ Berlin zu den größten niedergelassenen, onkologisch ausgerichteten Einrichtungen in Deutschland.
CT, MRT (Radiologie) oder Szintigraphie (Nuklearmedizin) stehen zur Verfügung, um „klassische“ Krankheiten konventionell zu diagnostizieren. Auch Ultraschall, Röntgen, Mammographie werden genutzt. Mit innovativen Kombinationsverfahren (Hybridbildgebung) wie der PET/CT, PET/MR, SPECT/CT und SPECT/MR werden spezifische Erkrankungen präzise diagnostiziert.
Sowohl gutartige, vorrangig entzündlich-degenerative Erkrankungen als auch bösartige Krebserkrankungen können am Zentrum für Strahlentherapie des DTZ Berlin zielgerichtet behandelt werden.
Das DTZ Berlin ist seit 2009 mit einer eigenen Radiochemieeinrichtung in der Lage, die für die diagnostischen Verfahren benötigten Substanzen selbst herzustellen.
Seit 2017 verfügt das DTZ Berlin über eine Arzneimittelzulassung für den Tracer „FluTor“, der auch an andere Einrichtungen abgegeben werden darf.
Der deutschlandweit einzige ambulante Zyklotron versorgt die Fachbereiche.
Auch im Bereich wissenschaftlicher Studien wirkte das DTZ Berlin mit. Auf dem hochrangigen europäischen Kongress EANM wurden im Oktober 2018 erste Ergebnisse der Brustkrebsstudie GEPARPET vorgestellt.
Im Rahmen einer Weiterbildungsermächtigung werden am DTZ Berlin angehende Fachärzte für Nuklearmedizin und Radiologie ausgebildet. Des Weiteren arbeitet das DTZ Berlin eng mit Berliner Krankenhäusern für eine umfassende Patientenversorgung zusammen.
Das DTZ Berlin wird zusätzlich zu seinem Standort am Frankfurter Tor im Jahr 2020 einen weiteren Standort am OZB Onkozentrum Berlin in Köpenick eröffnen.[55][56]
Weblinks
- Kadiner Straße In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
Einzelnachweise
- 10 Jahre Regenbogenhaus. Ausstellung der Stadtdetektive im Regenbogenhaus 2002
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg: 1959–2009 Erlebt in der Kadiner Straße – 50 Jahre (REGENBOGEN)HAUS. Ausstellung der Stadtdetektive im Regenbogenhaus 2009.
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung von FiPP e.V.: 20 Jahre Regenbogenhaus im Spiegel des Kiez-Blatts. Ausstellung der Stadtdetektive im Regenbogenhaus und im Rathaus Friedrichshain-Kreuzberg 2012
- Förderverein des Regenbogenhauses e.V., Projektgruppe unter Leitung von Fritz Wollenberg (Hrsg.): Kadiner Straße 9 – Ein Haus für Kinder. Erlebnisse aus fast 50 Jahren. Berlin 2007.
- Landesdenkmalamt Berlin, Denkmaldatenbank. Obj.-Dok.-Nr.: 09045166
- Landesdenkmalamt Berlin, Denkmaldatenbank. Obj.-Dok.-Nr.: 09085142
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg (Hrsg.): Demo in der Kadiner für Tempo 30, Parkverbot und Zebrastreifen. Kiezblatt vom Dezember 1992, S. 4–5.
- Willi Gensch, Dr. Hans Liesigk, Hans Michaelis (Bearbeiter): Der Berliner Osten. Berliner Handelsdruckerei, Berlin 1930, S. 289, Abb. 116 Boxhagener Weg Ecke Frankfurter Allee 1889.
- Heike Naumann: Historische Ansichten aus Friedrichshain. Heimatmuseum Friedrichshain 1994, S. 24, Foto: Boxhagener Str. / Ecke Kadiner Str. um 1906.
- Heike Naumann: Historische Ansichten aus Friedrichshain. Heimatmuseum Friedrichshain 1994, S. 24, Foto: Kadiner Straße.um 1925.
- Johann Friedrich Geist, Klaus Kürvers: Das Berliner Mietshaus 1945–1989. Prestel-Verlag, München 1989, S. 304.
- Stadtumbau Ostkreuz Friedrichshain - Öffentliche Grünanlage zwischen Kadiner und Lasdehner Straße
- Stadtumbau Ostkreuz Friedrichshain - Neue Freiflächen für den Bildungs- und Freizeitstandort rund um die Ludwig-Hoffmann-Schule.
- Homepage speregroove
- SG NARVA Berlin e.V., Abteilung Schach
- Webseite des ABSV - Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin gegr. 1874 e. V., Stadtteilgruppe Friedrichshain
- Webseite des Künstlers
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg (Hrsg.): Neue Farben für das Haus. In: Kiez-Blatt vom Juni 2006, S. 5–6.
- Web-Seite von FiPP e.V. - Fortbildungsinstitut für die pädagogische Praxis
- Webseite des Regenbogenhauses
- Thomas Frey: Unter dem Regenbogen: Kinder, Jugend und Familienzentrum feiert Jubiläum. In: Berliner Woche vom 2. Juli 2017.
- Gratulationsschreiben von Helios Mendiburu vom Oktober 2002 zur 10-Jahresfeier. In: Kiez-Blatt vom Januar 2003, S. 3
- Friedrichshain: Kinder retteten Schülerzentrum. In: Berliner Kurier vom 14. September 1991
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg (Hrsg.): BVV entscheidet: Das Haus Kadiner 9 bleibt Freizeithaus. Kiez-Blatt vom März 1992, S. 2–3
- Helga König: Ulrike – Märchentheaterspiel. Plöttner-Verlag, Leipzig 2006, ISBN 3-938442-09-3, ISBN 978-3-938442-09-8
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg (Hrsg.): Kinder mischen sich ein für ein kinderfreundliches Friedrichshain. Kiezblatt vom Dezember 1992, S. 2–3
- Spielplatz des Regenbogenhauses - Mit Luftballons und viel Spaß wurde die neu gestaltete Fläche eröffnet. Dezember 2008
- Neue Freiflächen für den Bildungs- und Freizeitstandort rund um die Ludwig-Hoffmann-Schule
- Ausführungsplan des Freigeländes
- Einweihung des Außengeländes der Kinderfreizeiteinrichtung Regenbogen
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg (Hrsg.): Meinungen zur Übertragung. Kiez-Blatt vom September 2009, S. 2–4.
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg (Hrsg.): Proteste gehen weiter. Kiez-Blatt vom Oktober 2009, S. 2–3.
- Drucksache - DS/1572/III Zur Übertragung von Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen des Jugendamts Friedrichshain-Kreuzberg in freie Trägerschaft
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung von FiPP e.V. (Hrsg.): Alles im grünen Bereich – neue Farbe für den Spielraum. In: Kiez-Blatt vom März 2011, S. 2.
- Förderverein des Regenbogenhauses e.V., Projektgruppe unter Leitung von Fritz Wollenberg (Hrsg.): Kadiner Straße 9 – Ein Haus für Kinder. Erlebnisse aus fast 50 Jahren. Berlin 2007.
- Rudolf Wendel: Ich war der Bauleiter. In: 1959–2009 – Erlebt in der Kadiner Straße 9 – 50 Jahre (REGENBOGEN)HAUS. Ausstellung der Stadtdetektive aus dem Regenbogenhaus.
- Ein Hort entsteht im NAW. In: Mitteilungsblatt „Der Friedrichshainer“ Januar 1961
- Förderverein des Regenbogenhauses e.V., Projektgruppe unter Leitung von Fritz Wollenberg (Hrsg.): Kadiner Straße 9 – Ein Haus für Kinder. Erlebnisse aus fast 50 Jahren. Berlin 2007.
- Web-Seite von Phantalisa
- Web-Seite FRIEDA-Frauenzentrum e.V.
- Jan Feustel: Spaziergänge in Friedrichshain. Berlinische Reminiszenzen Nr. 64. Haude & Spener, Berlin 1994, ISBN 3-7759-0357-7, S. 109.
- Jan Feustel: Kirchen zwischen Mietskasernen – Architektur und Sozialgeschichte Berliner Kirchen am Beispiel Friedrichshain. Spreehund Verlag, Berlin 2013, S. 117–130.
- Willi Gensch, Dr. Hans Liesigk, Hans Michaelis (Bearbeiter): Der Berliner Osten. Berliner Handelsdruckerei, Berlin 1930, S. 385.
- Jan Feustel: Kirchen zwischen Mietskasernen – Architektur und Sozialgeschichte Berliner Kirchen am Beispiel Friedrichshain. Spreehund Verlag, Berlin 2013, S. 124–126.
- Dirk Moldt: Der Dom von Friedrichshain. In: Friedrichshainer Zeitzeiger
- Kiez-Klub im Regenbogenhaus – Einrichtung der Jugendförderung Friedrichshain-Kreuzberg (Hrsg.): Bist du ein Zeitenspringer? Erste Berichte des Zeitenspringerteams aus dem Regenbogenhaus. Kiez-Blatt vom Februar 2004, S. 2.
- ND Freizeit 5. Juli 2000
- „Mädchenprotokolle“ in der Friedrichshainer Galerie Stufe 85 taz vom 15. März 1995
- Das Berliner K 17 feiert nunmehr seinen sechsten Geburtstag 28. März 2005
- Andreas Peglau: Wilhelm Reich in Berlin-Friedrichshain. In: Friedrichshainer Zeitzeiger
- Stolperstein für Alfred Renzel
- Rita Gudermann: Licht und Luxus in Berliner Lofts. In: Tagesspiegel vom 26. Juli 2003
- Baptistische Orte in Berlin und Brandenburg - Alte Wollgarnfabrik
- Nach Informationen des Architekten Peter Lyssy.
- Web-Seite des DTZ
- Infobroschüre des DTZ Berlin