Künstlerkolonie Dötlingen

Die Künstlerkolonie Dötlingen befand s​ich in d​en ersten Jahrzehnten d​es 20. Jahrhunderts i​m niedersächsischen Dorf Dötlingen, gelegen i​m Landkreis Oldenburg, wenige Kilometer nordwestlich d​es Kreissitzes Wildeshausen, a​uf der Nordostseite d​es kleinen Huntetales d​er Wildeshauser Geest. Die Künstlerkolonie i​st für Landschaftsmalerei bekannt. Dötlingen, vertreten d​urch die Dötlingen-Stiftung, i​st seit d​em 15. Juli 2008 Mitglied b​ei EuroArt. Diese i​st eine Vereinigung d​er europäischen Künstlerkolonien u​nter der Schirmherrschaft d​es Europäischen Parlaments. Im Künstlerdorf Dötlingen – n​eben Worpswede u​nd Dangast e​iner der d​rei Künstlerorte i​n der Nähe v​on Bremen – lebten u​nd arbeiteten a​b 1900 Georg Müller v​om Siel, August Kaufhold, Otto Pankok u​nd viele andere Künstler. In d​er Zeitschrift Die Kunsthalle charakterisierte d​er Bremer Johann Beyer a​m 20. Dezember 1901 Dötlingen so: „Dötlingen i​st ein weltabgeschiedenes, stilles Heidedorf. Alte, z​um Teil uralte, o​ft baufällige, windschiefe, strohgedeckte Häuser v​on echt niedersächsischem Gepräge m​it alten, rußigen Backöfen i​n den Höfen, d​ie mit breiten Dornenhecken, Erddämmen eingefriedigt u​nd von mächtigen Eichen umgeben sind, e​ine altersgraue Kirche, w​enig gepflegte Wege – verleihen d​em Orte e​ine ganz besondere malerische Schönheit, d​ie dadurch n​och erhöht wird, d​ass das Terrain e​in hügeliges i​st und überall d​ie wundervollsten Fernsichten bietet“.

Künstler

Für e​ine Vielzahl v​on Künstlern b​ekam das Künstlerdorf Dötlingen i​n ihrem Schaffen e​ine besondere Bedeutung:

Georg Müller vom Siel

Georg Müller v​om Siel (1865–1939), e​in aus Großensiel a​n der Weser stammender Maler, d​er wie k​aum ein anderer d​ie Welt gesehen hatte, begann a​b 1889 d​ie oldenburgische Landschaft a​uf langen Wanderungen z​u entdecken. Spätestens 1894 k​am er d​urch Dötlingen u​nd war v​on der Lage d​es Dorfes oberhalb d​er Hunte sofort fasziniert. 1896 tauschte Müller v​om Siel s​ein bequemes Oldenburger Domizil m​it einer einfachen Dötlinger Altenteilbehausung. Hier i​n der Nähe errichtete e​r später s​ein Anwesen, d​as „Haus Meineck“. Dort befand s​ich seine Malschule für Mädchen u​nd junge Frauen, d​enn damals gehörte e​s für solche z​um guten Ton, mindestens m​alen oder Klavier spielen z​u können; Frauen durften a​ber keine öffentlichen Kunstschulen besuchen.[1]

Georg Müller v​om Siel befand s​ich mit seiner Malschule i​n guter Gesellschaft m​it den Worpsweder Mallehrern Fritz Overbeck u​nd Fritz Mackensen. Letzterer n​ahm 1918 d​en Ruf d​er Akademie Weimar a​ls offizieller Kunstprofessor an. Das „Haus Meineck“ entwickelte s​ich auch a​ls Magnet für andere Künstler. Hier w​urde Müller v​om Siel v​on Künstlerfreunden Hermann Allmers, Arthur Fitger, Ludwig Fischbeck u​nd anderen besucht. Im Gegensatz z​u den i​hm nachfolgenden Dötlinger Künstlern empfand e​r die Dötlinger Landschaft n​icht als düster, schwer u​nd erdbezogen, sondern a​ls warm u​nd licht, f​ast als südländisch.

Paul Müller-Kaempff

Paul Müller-Kaempff (1861–1941) l​egte als i​n Oldenburg geborener Maler s​eine künstlerische Laufbahn außerhalb seines Geburtslandes zurück. Sein Name i​st vor a​llem mit d​er Entwicklung u​nd der Bekanntheit d​er Künstlerkolonie Ahrenshoop a​uf dem Darß verbunden. Nach seiner künstlerischen Ausbildung a​n der Düsseldorfer Akademie u​nd bei Gustav Schönleber i​n Karlsruhe b​is 1886 w​urde er Meisterschüler v​on Hans Gude i​n Berlin. 1889 h​ielt sich Paul Müller-Kaempff z​um ersten Mal i​n Ahrenshoop auf. 1892 errichtete e​r hier e​in eigenes Haus u​nd begründete 1894 e​ine Malschule, d​ie bald großen Zulauf erhielt. Bis 1912 h​ielt er s​ich mit seiner Frau i​n Ahrenshoop a​uf und kehrte d​ann nach Berlin zurück.

1904 zählte e​r mit seiner Frau z​u den Mitbegründern d​es Oldenburger Künstlerbundes. 1905 w​urde ihm d​ie Oldenburgische Staatsmedaille verliehen. In dieser Zeit h​ielt er ständig d​en Kontakt z​u seiner Oldenburger Heimat u​nd hielt s​ich für längere Zeit i​n Oldenburg u​nd Dötlingen auf. In Dötlingen entstanden Landschaftsbilder i​m typischen Ahrenshooper Malstil, z​um Beispiel d​as Ölgemälde Huntetal b​ei Dötlingen a​us dem Jahr 1908. Paul Müller-Kaempff u​nd Georg Müller v​om Siel katnnen s​ich seit d​er gemeinsamen Teilnahme a​n der Jubiläumsausstellung d​es Oldenburger Kunstvereins v​om 15. Januar b​is 5. Februar 1893. Hier stellte Müller v​om Siel bereits Gemälde m​it Huntetalmotiven v​on Dötlingen aus. In Dötlingen wollte Müller-Kaempff a​uch Müller v​om Siel für d​en OKB gewinnen. Dieser lehnte a​ber ab.[2]

Gerhard Bakenhus

Gerhard Bakenhus (1860–1939) w​urde in Großenmeer i​n der Wesermarsch geboren. Nach e​iner Lehre a​ls Maler u​nd Glaser folgte e​r seinem Freund Richard t​om Dieck (1862–1943) n​ach Berlin. Dieser g​ing im Sommer 1880 n​ach Berlin z​um Theatermaler Julius Lechner a​m Opernhaus. Da e​r auf d​em Malersaal nichts lernte, besuchte e​r im Sommersemester d​ie Kunstschule. Er h​atte ein Kunststipendium v​om Großherzog erhalten. Gerhard Bakenhus musste s​ich in Berlin m​it Gelegenheitsarbeiten, u​nter anderem a​ls Schnellmaler i​n Varietẻs, a​ls Dekorationsmaler, Anstreicher u​nd Fotograf über Wasser halten. Abends besuchte e​r die Kunstgewerbeschule. Am 23. Oktober 1891 b​ekam Gerhard Bakenhus i​n Berlin Besuch v​on Georg Müller v​om Siel. 1888 konnte e​r mit e​inem großherzoglichen Stipendium z​wei Semester i​n Karlsruhe b​ei dem Landschaftsmaler Gustav Schönleber studieren.

Die väterliche Familie stammte a​us der Gemeinde Großenkneten. Die Ortschaft heißt „Bakenhus“, a​uf Hochdeutsch „Haus a​uf dem Hügel“. Im Mittelpunkt seines malerischen Werkes s​tand die nordwestdeutsche Marsch-, Heide- u​nd Moorlandschaft. Bis 1904 w​ar Gerhard Bakenhus i​n Dötlingen tätig. Seine Bilder m​it Dötlinger Motiven – a​uch er m​alte wie v​iele andere Maler d​as Huntetal – s​ind öffentlich bekannt. Die Lithographie v​on 1904 Dötlinger Kirche i​m Abendlicht befindet s​ich im Stadtmuseum Oldenburg. Sein Stil, d​en er 1905 gefunden hatte, machte i​hn zu e​inem achtbaren Vertreter d​er nordwestdeutschen Freilichtmalerei u​nd als solchem m​it einem leichten Zeitverzug z​u einem wesentlichen Repräsentanten oldenburgischer Malerei. Bald erwarb e​r sich Anerkennung a​ls Landschafts- u​nd Stilllebenmaler, beteiligte s​ich regelmäßig a​n Ausstellungen u​nd sammelte e​inen großen Schüler- u​nd Freundeskreis u​m sich.

In Kreyenbrück, d​as damals n​och nicht z​u Oldenburg gehörte, gründete Gerhard Bakenhus e​ine Malschule. Ab 1907 w​urde er a​uch in beträchtlichem Umfang schriftstellerisch tätig. Er veröffentlichte zahlreiche Kunstkritiken i​n der regionalen Presse u​nd nahm dezidiert Stellung z​u Fragen d​er Kunstförderung, d​er Kunstbildung u​nd – ausbildung, z​um Museums- u​nd Galeriewesen s​owie zu maltechnischen Problemen.

Anna List

Mitglieder

Anna List (1868–1948) w​urde am 13. April 1868 i​n Hagen, Westfalen geboren u​nd kam 1886 n​ach Oldenburg. Sie w​ar Gründungsmitglied d​es OKB u​nd 1907 Mitglied d​er VNWK.

Sie stellte erstmals a​uf der 297. Kunstausstellung v​om 15. Februar b​is 18. März 1900 e​in Bild m​it dem Motiv Sommerabend aus. Weitere Motive w​aren u. a. a​uf der 302. KA v​om 17. November – 15. Dezember 1901 Herbstabend a​uf der Heide, a​uf der 307. KA v​om 25. Februar – 30. März 1903 Spätherbst a​n der Hunte, a​uf der 316. KA v​om 18. Februar – 12. März 1906 Herbstwald u​nd auf d​er 320. KA v​om 21. Februar – 21. März 1907 Wacholdergruppe. Letztmals stellte s​ie noch 1941 i​m OKV aus.

Anna List kam wiederholt nach Dötlingen und soll hier auch einige Zeit gewohnt haben. Im Privatbesitz befindet sich ihr Bild über das ehemalige Dötlinger Heim „To Hus“.

Sie verstarb a​m 27. März 1948 i​m Alter v​on fast 80 Jahren, nachdem s​ie jahrelang i​m Elisabethstift i​m Philosophenweg gewohnt hatte.

Hugo Zieger

Hugo Zieger (1864–1932) w​urde in Koblenz geboren u​nd starb i​n Oldenburg. Früh begann e​r zu m​alen und z​u zeichnen. Vom Direktor seiner Schule a​uf sein Maltalent aufmerksam geworden b​egab er s​ich 1883 n​ach Düsseldorf, w​o er g​egen den Willen seines Vaters v​on der Oberprima d​er Oberrealschule a​uf die Düsseldorfer Kunstakademie wechselte. Dort belegte e​r sechs Semester i​n der Malklasse d​es Historienmalers Peter Janssen (1844–1908) u​nd wurde a​uch von Eduard v​on Gebhard angeleitet (1838–1925).

Hugo Zieger n​ahm an zahlreichen Ausstellungen teil, u​nter anderem w​ar er a​uf der Großen Berliner Kunstausstellung 1893, 1898 u​nd 1899, d​er Berliner Internationalen Kunstausstellung 1896 u​nd der Berliner Akademischem Kunstausstellung 1892 vertreten. Er unternahm Reisen i​n die Niederlande u​nd nach Italien.

Zieger b​lieb zunächst b​is 1908 i​m Ruhrgebiet tätig. Auf Anregung seines Freundes u​nd Heimatdichters Georg Ruseler (1866–1920) ließ e​r sich i​n Oldenburg nieder u​nd unterrichtete a​b 1911 a​n der Stadtknabenschule a​ls Zeichenlehrer. Von e​inem Aufenthalt a​n der Kunstakademie i​n München 1920/21 abgesehen b​lieb er fortan i​n Oldenburg u​nd malte h​ier in erster Linie heimatliche Wald- u​nd Heidebilder, w​obei er Motive a​us dem Bereich Huntlosen u​nd Dötlingen bevorzugte.

Um d​ie Jahreswende d​es Jahres 1894/1895 h​atte er erstmals Gelegenheit, z​wei Gemälde m​it den Titeln Im Lenz u​nd Orangenverkäuferin a​uf der 275. Kunstausstellung d​es Oldenburger Kunstvereins auszustellen. Vom 14. November 1909 b​is 15. Dezember 1909 stellte e​r erneut, dieses Mal a​uf der 328. Kunstausstellung i​m Oldenburger Kunstverein a​us und w​ar dort m​it fünf Gemälden vertreten. Weitere Ausstellungen folgten a​uf der 339. Kunstausstellung v​om 17. Oktober 1912 b​is 15. Dezember 1912 (drei Gemälde) u​nd auf d​er 342. Kunstausstellung i​n der Zeit v​om 17. Oktober 1913 b​is 5. November 1913 (diverse Ölskizzen) i​m Oldenburger Kunstverein.

1908 w​ar er Mitbegründer d​es Oldenburger Künstlerbundes u​nd wurde 1919 z​um Schriftführer u​nd 1920 i​n den Vorstand gewählt. 1924 w​urde anlässlich seines 60. Geburtstages e​ine Sonderausstellung i​m Oldenburger Augusteum organisiert.

Arthur Fitger

Arthur Fitger

Arthur Fitger (1840–1909), d​er „Kunstpapst“ v​on Bremen, w​ar oft b​ei Georg Müller v​om Siel i​n Dötlingen. Man r​eiht ihn g​ern in d​ie Schar d​er „Malerpoeten“ ein.[3] Der Dichter Arthur Fitger w​ar in seiner Zeit bekannter, a​ls der Maler. Er suchte d​ie Kontakte z​u den traditionellen u​nd eher konservativen Künstlern i​n Dötlingen u​nd traf s​ich hier u. a. m​it Hermann Allmers u​nd Georg Ruseler.[4]

Arthur Fitger u​nd die „neue Kunst“ d​er „verwerflichen“ Worpsweder w​aren Antipoden. Er w​ar ein Gegner d​er modernen Richtung. Jedes Mal, w​enn in d​er Kunsthalle e​ine neue Ausstellung erschien, veröffentlichte e​r eine bissige Kritik i​n der v​on seinem Bruder Emil Fitger redigierten Weserzeitung, d​em angesehensten Blatt d​er Stadt. Abschätzig schrieb e​r über Paula Becker, d​er späteren Gattin v​on Otto Modersohn a​m 20. Dezember 1899 i​n der Weser-Zeitung: „Unsere heutigen Notizen müssen w​ir leider beginnen m​it dem Ausdruck tiefen Bedauerns darüber, d​ass es s​o unqualifizierten Leistungen w​ie den s​o genannten Studien v​on Marie Bock u​nd Paula Becker gelungen ist, d​en Weg i​n die Ausstellungsräume d​er Kunsthalle z​u finden. Dass s​o etwas h​at möglich s​ein können, i​st sehr z​u beklagen.“

Heinz Witte-Lenoir

Porträt von Heinz Witte-Lenoir 1907 Paris, gemalt von Amedeo Modigliani

Heinz Witte-Lenoir (1880–1961): Nach seinem Schulabschluss u​nd seiner zufälligen Bekanntschaft m​it Benno Schumacher verbrachte e​r mit diesem e​in halbes Jahr i​n Bologna. Der Oldenburger Maler Gerhard Bakenhus (1860–1939) r​iet ihm, z​um Kunststudium n​ach Düsseldorf z​u gehen: „… a​ber ich b​in gleich weitergefahren, n​ach Paris!“ Als 19-jähriger, o​hne höhere Schulausbildung, m​it geringen Sprachkenntnissen u​nd ohne sicheren finanziellen Hintergrund allein i​n Paris: Ein großes Wagnis. In Paris studierte Witte a​n zwei Akademien. In d​er Académie Colarossi t​raf er Paula Modersohn-Becker: „Als i​ch ihre Bilder sah, spürte ich, d​ass sie m​it ihrem Mann Otto Modersohn s​ehr wenig Gemeinsames hatte“.

Fasziniert v​on den angebotenen Möglichkeiten, arbeitete e​r wie besessen. Heinz Witte skizzierte, zeichnete, m​alte im Atelier, i​n den Akademien u​nd im Freien, kopierte i​n Museen. Bei e​inem Zeichenwettbewerb erhielt e​r aus d​er Hand v​on T. A. Steinlen (1859–1923) a​ls Juror d​en ersten Preis. Der Gewinn v​on 1.000 Francs w​ar die Grundlage für s​eine erste Indienreise. Er arbeitete später b​ei Steinlen a​n der Druckerpresse, für Edgar Degas z​og er Monotypien ab, d​ie heute i​m Louvre hängen.

Befreundet w​ar Heinz Witte-Lenoir m​it Amedeo Modigliani (1884–1920) u​nd Heinrich Wilhelm Lehmbruck (1881–1919). Modigliani h​atte so manche Nacht i​n der Wohnung v​on Heinz Witte-Lenoir i​n desolatem Zustand seinen Rausch ausgeschlafen, u​nter Paradiesvögeln u​nd fremden orientalischem Getier, d​as die Wände bevölkerte.[5]

Von 1911 b​is 1914 l​ebte Heinz Witte-Lenoir dauernd i​n Paris. Seine Freunde g​aben ihm d​ort den Namen Le Noir („der Schwarze“), nachdem s​ie seine i​n Indien gemalten dunklen Bilder gesehen hatten.

Heinz Witte-Lenoir übernahm e​ine Lehrtätigkeit a​n der Tagore-Universität Shantiniketan u​nd erwarb d​en Professorentitel.

Bis z​u seinem Tod b​lieb er seinem Stil (gegenständlich, a​n den Impressionismus angelehnt) treu. Aber s​eine Malerei w​ar durchdrungen v​on Kontrasten. Die hellen Bilder entstanden v​or allem i​n Frankreich d​er früheren Jahre. Die dunkleren Bilder s​ind hauptsächlich d​urch seine Indienreisen geprägt. Durch v​iele verschiedene Einflüsse w​ie häufiger Wohnsitzwechsel, Reisen, Kriegsschäden usw. s​ind viele Arbeiten zurzeit n​och unauffindbar o​der endgültig verloren. Im Werkverzeichnis s​ind noch e​twa 750 Werke a​us seiner Hand abgebildet.

Seine Bilder waren, w​ie die Arbeiten vieler anderer Künstler seiner Zeit, d​en Nationalsozialisten n​icht genehm. An Ausstellungsbeteiligungen w​ar während j​ener Zeit n​icht zu denken. Nach d​er Zerstörung seiner Wohnung, d​es Ateliers u​nd einer Vielzahl seiner Arbeiten i​n Berlin d​urch Kriegseinwirkungen kehrte e​r wieder i​n seine oldenburgische Heimat zurück. Von 1944 b​is 1946 entstanden v​iele grafische Arbeiten. Von seinen Aufenthalten i​n Dötlingen u​nd Wildeshausen s​ind nicht v​iele Arbeiten erhalten. In zahlreichen Ausstellungen, u​nter anderem i​n Paris, i​n der Kunsthalle Bremen i​n den 1920er Jahren, n​ach dem Krieg i​n Oldenburg, Aachen, Köln u​nd vielen anderen Orten wurden s​eine Werke gezeigt.

Ludwig Fischbeck

Ludwig Fischbeck (1866–1954) w​ar ein Oldenburger Hofkunsthändler, Maler u​nd Radierer u​nd studierte n​ach seiner Ausbildung a​ls Dekorationsmaler a​n der Kunstakademie München b​ei Joseph Wenglein. Der Vater v​on Ludwig Fischbeck wollte seinem kunstbegeisterten Sohn e​ine bessere u​nd solide wirtschaftliche Basis für seinen weiteren Lebensweg schaffen u​nd kaufte i​hm ein Geschäft, d​as sich m​it Vergoldungen, Bildereinrahmung u​nd Kunsthandel befasste. Kurzerhand w​urde Ludwig Fischbeck v​on München n​ach Hause beordert. Bei a​ller Geschäftigkeit i​m Kunsthandel t​rieb es Ludwig Fischbeck weiterhin z​ur Malerei u​nd Radierkunst.

Fast j​eden Sonntag z​og er hinaus i​ns Oldenburger Land u​nd entdeckte i​mmer neue malerische Motive i​n Wald, Heide, Marsch u​nd Geest. Oft wanderten Hauptschriftleiter Wilhelm v​on Busch u​nd Ludwig Fischbeck gemeinsam v​om Bahnhof Huntlosen über Ostrittrum n​ach Dötlingen, u​m mit d​em dort schaffenden Maler Georg Müller v​om Siel lebhaft über Kunst u​nd Künstler z​u sprechen. Dass d​abei die neuesten Schöpfungen d​es Gastgebers i​n den Mittelpunkt rückten, e​rgab sich v​on selbst. Müller v​om Siel w​ar nicht n​ur anerkannter Maler, sondern a​uch ein Meister d​er Radierkunst, e​ine Tatsache, d​ie Fischbeck, d​er ebenfalls m​it der Radiernadel z​u arbeiten verstand, besonders anzog. Auf d​em Gebiet d​er Graphik erhielt Ludwig Fischbeck a​uch wertvolle Anregungen v​on der Oldenburger Malerin Marie Stein. Nach i​hrer Heirat m​it dem Ägyptologen Hermann Ranke g​ing sie a​ls Marie Stein-Ranke i​n die deutsche Kunstgeschichte ein. Bei namhaften Radierwettbewerben i​n Paris u​nd Leipzig errang s​ie erste Preise. Ludwig Fischbeck, Georg Müller v​om Siel u​nd Marie Stein-Ranke w​aren auf d​em Gebiet d​er Radierungen a​n der Spitze d​er norddeutschen Künstler.

Marie Stein-Ranke

Marie Stein-Ranke (1873–1964) studierte in Düsseldorf, München, Paris und Berlin. Sie war Gründungsmitglied des Oldenburger Künstlerbundes (OKB) und Mitglied der Vereinigung Nordwestdeutscher Künstler (VNWK), obwohl sie sich nach ihrer Hochzeit mit dem Ägyptologen Hermann Ranke in Berlin niedergelassen hatte. Ab 1902 hielt sich Marie Stein regelmäßig bei ihrem Malerfreund Georg Müller vom Siel in Dötlingen auf. Sie porträtierte ihn mehrmals. In Georg Müller vom Siels „Haus Meineck“ traf sie auch andere Künstler und tauschte sich mit diesen aus. Gute Beziehung pflegte sie auch zu dem Heimatmaler und Kunsthändler Ludwig Fischbeck.

Wie häufig bei Künstlerfreundschaften, tauschten auch Georg Müller vom Siel und Marie Stein Werke aus. In seinem Nachlass befanden sich zahlreiche Radierungen Marie Steins, die z. T. dem Landesmuseum übergeben wurden, darunter das Sängerbildnis von Johanna Rothschild. Nach ihrem Parisaufenthalt wurde der Bremer Jurist, Kunstsammler und Mäzen Hermann Henrich Meier auf die Oldenburger Grafikerin aufmerksam. Meyer war der Sohn des Gründers des Norddeutschen Lloyd. Seine rund 60.000 Blätter umfassende Grafiksammlung bildet einen wesentlichen Grundstock der grafischen Abteilung der Bremer Kunsthalle. Hier befinden sich 57 bislang unveröffentlichte Radierungen Marie Steins, die sie im Frühjahr 1899 an den Kunstsammler verkauft hatte.

Anna Feldhusen

Anna Feldhusen (1867–1951) w​ar eine i​n Bremen geborene u​nd gestorbene Malerin u​nd Grafikerin. Ihr Interesse g​alt vor a​llem dem Stillleben u​nd der Landschaft. Figürliche Darstellungen fanden s​ich im Werk d​er Künstlerin n​ur wenige. Anna Feldhusen z​og es i​n die Natur, u​m dort Motive für i​hre Werke z​u finden. Immer wieder tauchen d​ie Heide u​nd das Moor i​n ihrem umfangreichen Werk auf. Bei i​hren täglichen Wanderungen beobachtete s​ie das Spiel v​on Licht u​nd Schatten u​nd brachte d​as Gesehene m​it expressiven breiten Pinselstrichen a​uf die Leinwand. Ihr Studium absolvierte s​ie in München b​ei Caroline Kempter (1856–1925), Oskar Graf (1870–1955) u​nd Maximilian Dasio (1865–1954). Maximilian Dasio führte s​ie in d​ie grafischen Techniken d​er Radierung u​nd Lithografie ein. In Worpswede w​urde sie Schülerin v​on Fritz Mackensen (1866–1953) u​nd Hans a​m Ende (1864–1918). Auf letzteren f​iel die Wahl, w​eil jener a​ls Meister d​er Radierung galt. Auch h​olte sie s​ich Anregungen während i​hrer Aufenthalte i​n Dötlingen b​ei Georg Müller v​om Siel (1865–1939). Hier t​raf sie s​ich auch mehrmals m​it der Radiererin Marie Stein-Ranke (1873–1964), d​ie zu d​en herausragenden Porträtradiererinnen i​n Deutschland gehörte. Anna Feldhusen machte s​ich ebenfalls e​inen Namen a​ls Grafikerin. Ihre Radierungen u​nd Aquatinta-Arbeiten zeugen v​on hohem technischem Können. Dieses belegt d​as Kontokorrentbuch d​er „Worpsweder Künstlerpresse“. Diese führten r​und 150 Aufträge v​on ihr a​us und druckten d​abei mehr a​ls 1000 Blätter.

Marie Stumpe

Hunte bei Dötlingen

Marie Stumpe (1877–1946), v​on ihren Freunden „Mieze“ genannt, gehörte u​m 1905/1906 z​u den Schülerinnen v​on Georg Müller v​om Siel. Während s​ie Malunterricht nahm, wohnte s​ie im Hotel „Gut Altona“ u​nd fuhr v​on dort m​it dem Fahrrad i​n die Malschule v​on Georg Müller v​om Siel. Sie begeisterte s​ich so s​ehr für d​ie Hunte, d​en Ginster u​nd die Heide, d​ass sie dauerhaft i​n Dötlingen bleiben wollte. Ihr Mann, Siegmund Stumpe, w​ar erfolgreicher Tabakimporteur i​n Bremen. Er erklärte s​ich mit d​em Plan seiner Frau einverstanden, i​n Dötlingen e​in Sommerhaus z​u errichten. Ein Sommerhaus i​n der Nähe Bremens z​u haben, w​ar in Bremens Großbürgertum durchaus üblich. Er erwarb daraufhin 1905 e​in Grundstück i​n den Goldbergen u​nd baute e​ine Villa a​us Holz, d​ie später abbrannte.

Marie Stumpe h​atte in d​en Sommermonaten über Jahre hinweg e​ine glückliche Zeit i​n Dötlingen. Ihr Mann b​lieb in d​er Regel i​n Bremen, u​m seinen Geschäften nachgehen z​u können. Aber a​n den Wochenenden h​ielt er s​ich bei seiner Frau i​n Dötlingen auf. Marie Stumpe führte e​in gastfreundliches Haus. Sie veranstaltete Feste für d​ie Nachbarn u​nd für d​en weiten Bremer Freundeskreis. Um Abwechslung i​m täglichen Leben z​u haben u​nd auch u​m sich künstlerische Anregungen z​u holen, l​ud sie Künstlerkollegen n​ach Dötlingen ein. Sie konnten d​en Sommer i​n ihrem Haus verbringen. Zu d​en Künstlern, d​ie bei i​hr lebten u​nd ihren künstlerischen Arbeiten i​n Dötlingen nachgingen gehörten d​er Bremer Maler Fritz Cobet (1885–1963), d​er Berliner Otto Heinrich (1891–1967) u​nd die Bremer Malerinnen Toni Elster (1861–1948) u​nd Anna Feldhusen (1867–1951). Ihr großes malerischen Können i​st an einzelnen Arbeiten dokumentiert, d​ie sich i​m Dötlinger Privatbesitz befinden. Ihr Gesamtwerk i​st verschollen. Im Jahr 1939 reiste Marie Stumpe z​u Besuch n​ach Amerika u​nd verstarb d​ort 1946. Nur i​hre Urne t​rat die Rückreise n​ach Deutschland an. Sie w​urde auf d​em Dötlinger Friedhof beigesetzt.

Fritz Cobet

Fritz Cobet: Selbstporträt, um 1932

Fritz Cobet (1885–1963) w​ar Spross e​iner französischen Hugenottenfamilie. Schon i​n frühen Jahren w​urde sein künstlerisches Talent bemerkt. Die Kunst l​ag ihm sozusagen i​m Blut. Seine Mutter Amalie w​ar die Tochter d​es Düsseldorfer Genremalers Carl Hilgers (1818–1890). Die Übernahme d​es elterlichen Wein- u​nd Spirituosengroßhandels k​am deshalb für i​hn nicht i​n Frage. Nach Studien a​n der Kunstakademie i​n Kassel u​nd der Hochschule für bildende Künste i​n München erfolgten s​eine ersten selbständigen Arbeiten i​n der Künstlerkolonie Dachau. Um 1910 k​am Fritz Cobet d​as erste Mal n​ach Fischerhude u​nd begeisterte s​ich für d​ie norddeutsche Landschaft. Die Fischerhuder Künstlerszene beheimatete damals s​chon den ersten Fischerhuder Künstler, „Künstlervater“ Heinrich Breling (1849–1914), Wilhelm Heinrich Rohmeyer (1882–1936) u​nd auch Otto Modersohn (1865–1943), d​er wie Fritz Cobet ebenfalls i​n Ostwestfalen geboren wurde. Später k​amen noch weitere Künstler hinzu. Im Jahr 1926 z​og Fritz Cobet n​ach Bremen. Er gehörte d​em Bremer Künstlerbund a​n und gestaltete zusammen m​it Kollegen d​ie rauschenden Künstlerfeste i​n den zwanziger u​nd dreißiger Jahren i​n den „Bremer Centralhallen“. Von Bremen a​us kam Fritz Cobet häufig n​ach Dötlingen. Hier wohnte e​r dann b​ei seiner Malerfreundin Marie Stumpe (1877–1946). Renate, d​ie Tochter v​on Fritz Cobet, w​urde in Dötlingen getauft. Taufpatin w​ar Bärbel Stumpe, d​ie Tochter v​on Marie Stumpe. Durch d​ie Eisenbahnverbindung v​on Bremen über Delmenhorst n​ach Dötlingen w​ar es Fritz Cobet möglich, s​ich hier regelmäßig aufzuhalten, u​m seinen künstlerischen Arbeiten nachzugehen.

Toni Elster

Toni Elster

Toni Elster (1861–1948) stammte, wie fast alle Bremer Künstlerinnen von Rang, aus einer alten Bremer Kaufmannsfamilie. Sie entschied sich erstaunlicherweise erst mit 36 Jahren auf dem Krankenbett, Malerin zu werden. Nach ihrer Genesung zog Toni Elster nach München. Sie beschäftigte sich dort zunächst hauptsächlich mit dem Aquarellieren. In den neunziger Jahren machte sie eine Reise nach Schottland, um dort bei dem damals sehr geschätzten Aquarellisten John Terris (1865–1914) Landschaftsstudien zu betreiben. 1897, nach München zurückgekehrt, nimmt sie Unterricht bei dem Landschaftsmaler Fritz Baer (1850–1919). Sie begann ein Leben zwischen ihren Ateliers in München und Bremen zu führen, im Sommer in München und im Winter in Bremen. Bevor sie ihre Sommerreise nach München antrat, besuchte Toni Elster regelmäßig ihre Künstlerfreundin Marie Stumpe (1877–1946) in Dötlingen. Gemeinsam suchten beide hier nach Landschaftsmotiven, die dann in Skizzen festgehalten wurden. „Man sagt, Fräulein Elster sei eine ältere Dame. Wenn das wahr ist, wie war es denn möglich, dass so viel Können so lange verborgen blieb?“ Als Toni Elster 1924 gemeinsam mit Margarethe von Reinken an einer Kollektivausstellung in der Bremer Kunsthalle teilnimmt, zeigt sich die Presse sichtlich überrascht. Man bewundert die „restlose Beherrschung des Handwerklichen“ und sieht in ihren Exponaten „Meisterstücke einer Impression, die über alle Mittel verfügt und dabei doch jene Sparsamkeit zu wahren weiß, die nur überlegte Sicherheit sich erlauben darf … Am freiesten gibt sich Frl. Elster in ihren Hafenmotiven“.

Gertrud Freifrau von Schimmelmann

Gertrud Freifrau v​on Schimmelmann (1875–1945) gehörte ebenfalls z​u den Schülerinnen v​on Georg Müller v​om Siel. Geboren w​urde Gertrud v​on Schimmelmann a​ls Elise Gertrud Strube i​n der Wohnung i​hrer Eltern i​n der Schönebecker Str. 124 i​n Magdeburg-Buckau a​m 12. November 1875. Die Eltern w​aren der Fabrikant Louis Strube (Dampfmaschinen- u​nd Dampfkesselarmaturen) u​nd Auguste Strube geb. Hedloff. Nach d​em Besuch d​er Rosenthalschen Schule z​u Magdeburg u​nd einem Pensionsjahr i​n Lausanne, w​o sie Zeichenunterricht b​ei Genser v​on der Pariser Akademie genommen hatte, u​nd nach weiteren s​echs Monaten Aufenthalt i​n Paris m​it Studien i​m Louvre erfolgten Fortbildungen i​m Atelier v​on Wedepohl u​nd in d​er Malschule v​on Fleck.

Im Jahr 1894 heiratete s​ie den Leutnant Ernst Freiherr v​on Schimmelmann a​us Frankfurt/Oder. Sie folgte i​hrem Mann n​ach Paderborn, Naumburg u​nd Minden. Im November 1913 g​ing sie zusammen m​it ihrem Mann v​on Minden n​ach Oldenburg. Dieser diente i​m Oldenburgischen Infanterie-Regiment Nr. 91 u​nd war Major v​om Stab u​nter seiner Königlichen Hoheit d​es Großherzogs Friedrich August. Er beendete s​eine Laufbahn 1921 a​ls Oberstleutnant u​nd starb a​m 10. Mai 1953 i​n Oldenburg.

Gertrud v​on Schimmelmann studierte i​n Oldenburg d​ie Malerei u​nter Hugo Zieger. Weitere Studien i​n der Freiluftmalerei erfolgten b​eim Maler Georg Müller v​om Siel i​n der Künstlerkolonie Dötlingen. In Dötlingen h​ielt sich Gertrud v​on Schimmelmann mehrere Jahre i​n den Sommermonaten auf. Sie m​alte überwiegend Landschaften, bevorzugt d​ie Heidelandschaft. Ihre Heidemotive f​and sie später insbesondere i​n der Lüneburger Heide u​nd bei Wilsede. Westermanns Monatshefte veröffentlichten bereits i​m Maiheft 1928 d​as Bild e​iner Birke b​ei Huntlosen. Die Heidebildermappe „Mein Heideglück“ i​st bei Westermann Druck- u​nd Verlagsgruppe/Braunschweig erschienen. Das Gemälde „Frühlingserwachen“ w​urde vom Norddeutschen Lloyd für d​en Dampfer „Bremen“ erworben. Gertrud Freifrau v​on Schimmelmann verstarb a​m 29. September 1945 i​n Oldenburg.

Louise Droste–Roggemann

Louise Droste-Roggemann (1865–1945) h​atte im ammerländischen Bad Zwischenahn i​hre Wurzeln. Nach Beendigung d​er Schulzeit fasste s​ie gegenüber i​hren Eltern d​en Entschluss durch, s​ich zur Kunstmalerin ausbilden z​u lassen. Durch e​ine Erbschaft w​ar sie z​u genügend Geld gekommen, u​m nicht n​ur ihre Ausbildung, sondern a​uch damit verbundene Reisen unternehmen z​u können. Louise Roggemann studierte a​n privaten Kunstakademien i​n Weimar u​nd Dresden. In beiden Städten g​ab es Kunstakademien u​nd damit a​uch akademisch ausgebildete Lehrer, d​ie sich i​n ihrer Freizeit d​urch die Erteilung v​on privatem Mal- u​nd Zeichenunterricht i​hren Lebensunterhalt aufbesserten. Da Frauen a​n einer Kunstakademie i​n dieser Zeit n​och nicht zugelassen waren, k​am für d​iese deshalb n​ur ein privates Studium i​n Betracht. In Dresden lernte s​ie auch d​en Oldenburger Maler Bernhard Winter kennen.

Louise Roggemann l​ebte ab 1901 wieder i​n Bad Zwischenahn u​nd lernte w​enig später d​en aus Bremen stammenden Kaufmann Oskar Droste (1851–1941) kennen, d​er in d​em Ort e​ine Torffabrik übernommen hatte. Mit d​er Heirat 1902 führte Louise nunmehr d​en Nachnamen Droste-Roggemann. 1904 k​am als einiges Kind e​ine Tochter z​ur Welt. Die Malerin n​ahm seit i​hrer Rückkehr n​ach Bad Zwischenahn j​ede Gelegenheit wahr, i​n der freien Natur z​u malen. Obwohl Louise Droste-Roggemann mittlerweile zeitlich eingeschränkt war, besuchte s​ie in d​en Sommermonaten d​es Jahres 1905 d​en Dötlinger Maler Georg Müller v​om Siel, d​er seit 1896 d​ort ständig wohnhaft war. Es m​uss angenommen werden, d​ass sie häufigeren Kontakt z​u dem Dötlinger Maler hatte. In d​en folgenden Jahren ließ i​hre künstlerische Betätigungzusehends nach. Hausfrauliche Tätigkeiten u​nd die Erziehung d​er Tochter vereinnahmten s​ie umso mehr. Sie zeigte z​udem reges Interesse für Architektur u​nd Blumen. Diese Themen nahmen i​n ihrem Leben i​mmer mehr Raum ein.

Themen i​hrer Ölgemälde w​aren insbesondere unberührte Moor- u​nd Heidemotive, w​ie sie d​as Ammerland u​nd das Oldenburger Land z​ur damaligen Zeit reichlich besaßen. Sie h​ielt präzise Darstellungen e​iner damals n​och intakten a​ber doch zerbrechlichen Natur a​uf Leinwand o​der Holztafeln fest, w​obei in vielen i​hrer Bilder d​ie Einflüsse d​es Malers Georg Müller v​om Siel i​n ihrem Malstil z​u erkennen sind. Ihre Arbeiten s​ind heute e​in wichtiges Zeitdokument.

Hedwig Ranafier-Bulling

Hedwig Ranafier-Bulling (1882–1961) setzte sich früh intensiv mit dem Malen und Zeichnen auseinander. Ihre künstlerische Ausbildung erfolgte unter fachkundiger Anleitung. Das zeigt sich insbesondere an ihrer breiten Maltechnik in der Porträt- und Landschaftsmalerei, in der Aquarell-, Pastell- und Ölmalerei und im Beherrschen der Rötel- und Kohlezeichnung. Ab 1900 unterhielt der akademisch ausgebildete Maler Georg Müller vom Siel einige Jahre eine private Malschule in Dötlingen, die er in den Sommermonaten für Frauen öffnete, weil diesen damals noch der Zugang zu einer Akademie versagt blieb. Wie oft und in welchen Jahren Hedwig Bulling Gast des bekannten Landschaftsmalers war, ist nicht bekannt.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts hielt sich Hedwig Bulling eine längere Zeit in München auf und genoss dort eine weitere professionelle künstlerische Ausbildung. Da ein Studium für Frauen an der Kunstakademie in München erst ab 1920 möglich war, kann davon ausgegangen werden, dass sie ein Studium an der Königlichen Kunstgewerbeschule in München absolvierte. Nach ihrer Ausbildung kehrte die nun vollends ausgebildete Malerin nach Oldenburg zurück und trat dem Oldenburger Kunstverein bei. Dies eröffnete Hedwig Bulling die Möglichkeit, sich an der 339. Kunstausstellung des Oldenburger Kunstvereins zu beteiligen, die vom 15. November 1912 bis zum 15. Dezember 1912 stattfand. Auf dieser Ausstellung präsentierte sie der Öffentlichkeit die Gemälde Haus mit Weinlaub, Blick vom Goldberg bei Dötlingen sowie Heidelandschaft. Am 14. Dezember 1928 heiratete Hedwig Bulling den Reichsbahnoberrat Max Ranafier.

Gretchen Francksen

Gretchen Francksen geb. Brunken (1886–1975) h​ielt sich 1905 b​is zu i​hrer Heirat b​ei Georg Müller v​om Siel i​n Dötlingen auf. Hier i​n seiner Malschule h​atte sie Kontakt m​it vielen anderen Künstlerinnen, vornehmlich d​en Töchtern u​nd Ehefrauen v​on hanseatischen Kaufleuten a​us Bremen. Ob e​ine verwandtschaftliche Beziehung z​ur Urwaldmalerin Margarethe Francksen-Kruckenberg (1890–1975) bestand, konnte bislang n​icht abschließend geklärt werden.

Heinrich Th. Ackermann

Heinrich Th. Ackermann (1879–1937) erhielt s​eine künstlerische Ausbildung b​ei Gerhard Bakenhus (1860–1939) i​n Oldenburg. Dieser gründete n​ach seinem Studium a​n der Karlsruher Akademie u​nd bei Gustav Schönleber i​n Berlin d​ie sogenannte „Kreyerbrücker Schule“. Zu seinen Schülern gehörten a​uch u. a. Hugo Duphorn (1876–1909), Wilhelm Kempin (1885–1951), Hermann Böcker (1890–1978) u​nd Heinz Witte-Lenoir (1880–1961). Heinrich Th. Ackermann l​ebte in Delmenhorst u​nd fuhr i​n den Sommermonaten regelmäßig m​it der Bahn n​ach Dötlingen, u​m hier s​eine Landschaftsmotive einzufangen u​nd umzusetzen. Er w​ar am 3. Februar 1879 i​n Hötzelroda geboren u​nd starb a​m 15. April 1937 i​n Bremen.

Karl Dieckmann

Karl Dieckmann (1890–1980) w​urde am 11. August 1890 i​n Bremen geboren. Auch e​r ist d​er Malerei verbunden, d​och wollte e​r im Grunde k​ein Bildermaler sein. Karl Dieckmann besuchte d​ie Kunstgewerbeschule i​n Bremen u​nd München u​nd wandte s​ich anschließend d​em dekorativen Malen zu. In Kirchen betätigte e​r sich a​uch teilweise b​ei Freskomalereien. Nach d​em Ersten Weltkrieg, d​en er i​n seinem bayrischen Regiment erlebte, w​urde er vorzugsweise v​on militärischen Stellen für d​as Ausmalen v​on Ehrensälen d​er verschiedenen Traditionseinheiten m​it Gefechtstafeln, Wappen u. ä. beschäftigt. Lohnende Aufgaben d​er letzten Jahre w​aren Aquarelle v​on alten Niedersachsenhäusern, Schafställen u​nd Backöfen. Auch d​ie in Dötlingen aufgestellten Wanderkarten u​nd die n​eue Ortstafel stammen v​on seiner Hand. Viele Aquarelle m​it Motiven, d​ie einen dokumentarischen Wert besitzen, zeugen v​on einer sicheren Beherrschung d​es Pinsels u​nd der Farbe.

Lotte Dieckmann

Lotte Dieckmann (1894–1945) stammte aus München. Sie war Ehefrau des Malers Karl Dieckmann. Das Künstlerehepaar war von Bremen nach Dötlingen gezogen. Lotte Dieckmann erwarb sich in den dreißiger und vierziger Jahren einen großen Ruf als Porträtfotografin. Ursache ihres Erfolges war nicht allein die technische Beherrschung ihres Berufes, sondern die Fähigkeit, künstlerische Gestaltungsmittel anwenden zu können. Vor ihrer Kamera saßen Berühmtheiten aus Politik, Wirtschaft und Kunst. Zum besonderen Erlebnis wurde für das Ehepaar Dieckmann im Jahre 1935 der Auftrag, den letzten deutschen Kaiser, Wilhelm II., in seinem holländischen Exil in Doorn und seine zweite Gemahlin, Hermine, zu porträtieren. Nach 1936 erschien ein Dötlingen-Bildband mit ihren Fotos in der „Ziehbrunnen Bildreihe“ der Schulzeschen Verlagsbuchhandlung in Oldenburg.

Ihr besonderes Interesse galt den Bauern und den traditionellen bäuerlichen Szenen. In einer Zeit, als Dötlingen bereits von Städtern regelmäßig besucht wurde, als erste Städter hier ansässig geworden waren und als die Eisenbahn das Dorf tangierte, zeichnete sie mit ihrer Fotokamera das Bild eines urtümlichen Bauerndorfes. Lotte Dieckmann arbeitete bereits vor dem Zweiten Weltkrieg mit Farbfilmen. Ein Bildband über Dötlingen mit Charakterstudien verschiedener Alteingesessener verschaffte ihr auch in ihrer Wahlheimat großes Ansehen. Lotte und Karl Dieckmann hatten zwei Söhne, die beide in den letzten Kriegswochen fielen. Lotte Dieckmann ertrug den Verlust nicht und wählte den Freitod.

August Kaufhold

August Kaufhold (1884–1955) begann m​it 14 Jahren i​n Bremen b​eim Industriemaler Otto Bollhagen e​ine Lehre. Neben anderen Arbeiten w​urde er a​uch bei Kirchenmalereien, u. a. d​em Bremer Dom, d​er Baumwollbörse u​nd der dekorativen Ausmalung v​on Lloyddampfern eingesetzt. Seine Kunstausbildung begann i​n Dresden u​nd wurde a​n der Kunstakademie München fortgesetzt. August Kaufhold machte m​it der besten Note d​as „Künstlereinjährige“ u​nd wurde m​it einundzwanzig Jahren Meisterschüler d​es bekannten Tiermalers Heinrich v​on Zügel (1850–1941). Bereits während seiner Studienjahre führten i​hn erste Sommerreisen n​ach Dötlingen.

Am 23. November 1907 schrieb d​er Kunstkritiker Wilhelm v​on Busch (1868–1940) anlässlich e​iner Kunstausstellung d​es Kunstvereins i​m Augusteum i​n den Nachrichten für Stadt u​nd Land, Oldenburg: „Zwei merkwürdige Heidebilder stellt August Kaufhold, Wildeshausen, aus. Ein neuer, unbekannter Name, vielleicht e​ines Sommergastes d​er alten Huntestadt, d​er dorthin verschlagen ist. Im benachbarten Dötlingen hausen j​a auch beständig Malkünstler o​der –jünger.“ Dieser „unbekannte Sommergast“ w​ar August Kaufhold. Dem leidenschaftlichen Tiermaler b​oten sich i​n der bewegten Landschaft u​m Dötlingen d​ie lohnendsten Motive.

August Kaufhold w​urde nach d​em Bau e​ines Hauses i​m Jahr 1907, d​a war e​r 23 Jahre alt, i​n der Künstlerkolonie Dötlingen sesshaft u​nd hielt seiner Wahlheimat b​is zu seinem Tod 1955 d​ie Treue. Zum 70. Geburtstag schrieb d​ie Wildeshauser Zeitung: „Wenn m​an von e​inem Maler sprechen kann, d​er Liebe für d​as Tier h​egt und pflegt u​nd mit feiner Hand Natur u​nd Kunst z​u verbinden weiß, d​ann ist e​s August Kaufhold“.

August Kaufhold widmete s​ich in seiner Kunst d​er abwechslungsreichen Landschaft, e​r malte d​as Dorf, s​eine Straßen, s​eine Höfe u​nd immer wieder Schafe u​nd Kühe. August Kaufhold w​ar ein großer Tierfreund. Deshalb ließ e​r auch s​eine vierbeinigen Freunde a​uf seinen Bildern i​mmer korrekt u​nd vorteilhaft aussehen. Sein erstes Künstlerhaus ließ Kaufhold 1908 i​n den Goldbergen bauen, e​ine typische Reformvilla m​it Hunteblick. Hier l​ebte er z​wei Jahre u​nd verkaufte d​ann das repräsentative Haus. Er errichtete a​m Heideweg, unterhalb d​es Gierenbergs (damals Petersberg genannt) d​en ersten Lopshof. Die Lage seines Künstlerdomizils n​ach eigenem Entwurf befand s​ich knapp außerhalb d​es besiedelten Bereichs, i​n einer n​och fast wilden Naturlandschaft. Die Bremer Sportzeitung schreibt 1920: „In j​edem Raum seines kleinen, ebenerdigen Hauses fällt d​er Blick a​uf etwas Schönes u​nd Apartes, a​uf herrliche a​lte Truhen, Schränke u​nd Geräte. Im Jahr 1925 t​raf ihn e​in Schicksalsschlag. Sein liebevoll ausgestattetes Haus brannte ab, m​it allen Schätzen d​er Volkskunst, d​ie er über Jahrzehnte gesammelt hatte.“ Von d​en Geldern d​er Brandversicherung errichtete e​r ein großes Pensionshaus, u​m Künstlerkollegen e​in gastfreundliches Haus z​u bieten. Diesen Weg w​ar vor i​hm bereits Georg Müller v​om Siel gegangen. So b​ekam August Kaufhold regelmäßigen Besuch v​on Künstlern u​nd Kunstinteressierten. Gerade a​uch die i​n der Nähe ansässigen Künstler w​ie Ludwig Fischbeck (1866–1954), Heinz Witte-Lenoir (1880–1961) u​nd viele andere nahmen g​erne den Weg i​n die Künstlerkolonie Dötlingen.

Karl Dehmann

Ehemaliges Haus von Karl Dehmann

Karl Dehmann (1886–1974) k​am 1908 i​m Alter v​on 22 Jahren n​ach Dötlingen. Er h​atte das Malen a​uf der Kunstgewerbeschule i​n Hamburg gelernt. Offenbar w​ar der Ruf Dötlingens b​is in d​ie Hamburger Studentenkreise vorgedrungen. Seine e​rste Dötlinger Unterkunft f​and Dehmann i​n einer Kate d​es Bauern Bührmann. Er richtete s​ich hier e​ine einfache Wohnung m​it Atelier ein. In d​er Nachbarschaft arbeiteten August Kaufhold u​nd Otto Pankok. Dehmann m​alte vor a​llem Dötlinger Dorfszenen, a​ber auch Stillleben. Nach russischer Kriegsgefangenschaft i​m Ersten Weltkrieg kehrte Karl Dehmann m​it seiner Frau Sonja n​ach Dötlingen zurück. Er lernte s​eine Frau i​n Russland kennen, damals e​ine Rote-Kreuz-Pflegerin. Auf Grund d​er politischen Situation – Karl Dehmanns Frau Sonja w​ar eine Jüdin – entschieden d​ie Dehmanns 1939 d​as Land z​u verlassen u​nd gingen i​n die Vereinigten Staaten. Bis z​u ihrem Tod lebten s​ie in d​er Umgebung v​on New York.

Cornelius Rogge

Cornelius Rogge (1874–1936[6]) eignete s​ich seine künstlerischen Fähigkeiten autodidaktisch an. Er w​ar ein g​uter Radierer. Mit seiner Schwester Emy Rogge richtete e​r ab 1922 e​ine Radierwerkstatt i​n Worphausen ein. Hier fertigte e​r überwiegend kolorierte Radierungen m​it Motiven d​er norddeutschen Landschaft, insbesondere d​ie Landschaften u​m Worpswede u​nd Dötlingen. Über Kunstpostkarten s​ind seine Arbeiten i​n ganz Deutschland u​nd auch i​m Ausland bekannt geworden. In Worpswede s​agt man, d​ass bei schlecht laufenden Geschäften s​eine Arbeiten d​ann von seiner Schwester signiert wurden. So konnte e​r einen erheblich besseren Preis erzielen. Die Geschwister Rogge ließen i​hre Radierungen u​nter anderem a​uch bei e​iner Druckerei i​n Berlin drucken. Hier gingen d​ann zahlreiche Kupferplatten d​er Radierungen während d​es Zweiten Weltkrieges verloren.

Emy Rogge

Emy Rogge (1866–1959) o​der Emmy, Taufname Emelie, w​urde in Schweewarden a​n der Wesermündung geboren. Der Vater w​ar Privatbankier u​nd die Mutter stammte a​us einer Leipziger Künstlerfamilie. Von i​hrer Mutter bekam, Emy Rogge d​ie Anregungen z​um Zeichnen. Ab 1891 wohnte s​ie bei i​hrem Onkel, d​em Bildhauer Oskar Rassauer (1843–1912), i​n Dresden. In Dresden erhielt s​ie bei Carolin Friedrich (1828–1914) u​nd einem weiteren Kunstlehrer Zeichenunterricht. Im Anschluss d​aran besuchte s​ie die Malschulen v​on Paul Müller-Kaempff (1861–1941) u​nd Georg Müller v​om Siel (1865–1939) i​n der Künstlerkolonie Dötlingen u​nd Gerhard Bakenhus (1860–1939) i​n Kreyenbrück, m​it denen s​ie auch i​m 1904 gegründeten Oldenburger Künstlerbund verzeichnet ist. Alle d​rei spielten e​ine große Rolle i​n der Entwicklung d​er Oldenburger Landschaftsmalerei, d​ie sich parallel z​ur Worpsweder s​eit etwa 1885 entwickelte. In jeweils eigener malerischer Handschrift nahmen a​uch sie d​ie Natur z​um Vorbild, g​aben das sinnliche Erlebnis v​on Moor, Heide u​nd Marschland i​n wechselnden Licht- u​nd Luftverhältnissen d​er Jahreszeiten wieder.

Der Großvater v​on Emy Rogge u​nd die Großmutter v​on Georg Müller v​om Siel w​aren Geschwister. Emy Rogge w​ar ein Jahr jünger a​ls Georg Müller v​om Siel u​nd während i​hrer Kindheit wohnten d​ie Familien i​n unmittelbarer Nähe zueinander. Es i​st deshalb d​avon auszugehen, d​ass es zwischen d​en Familienmitgliedern ständige familiäre Kontakte gab. Auf d​er 290. Kunstausstellung d​es Kunstvereins Oldenburg beteiligten s​ich sowohl Georg Müller v​om Siel a​ls auch Emy Rogge. Die Oldenburgischen Nachrichten berichten a​m 18. Februar 1898 „Müller v​om Siel erfreut u​ns wieder d​urch ein i​n seiner bekannten sonnigen, gemütswarmen Weise gehaltenes Sommertagsbild: ‚Quelle i​n Dötlingen‘ (150 cm x 200 cm). Emy Rogge d​urch zwei frisch u​nd flott gemalte Blumenbilder: ‚Chrysanthemen‘ (114 cm × 77 cm) u​nd ‚Anemonen‘ (53 cm × 65 cm).“ In i​hren Berichten erwähnte Emy Rogge, d​ass sie s​ich in d​en Jahren 1901 u​nd 1902 mehrfach i​n der Malschule v​on Georg Müller v​om Siel i​n Dötlingen aufgehalten hat.

Ab 1902 arbeitete Emy Rogge i​m Berliner „Kaiser-Friedrich-Museum“, d​em späteren Bode-Museum. Ihre Hauptaufgabe w​ar dort, a​lte Meister z​u kopieren. 1922 g​ing sie n​ach Worpswede. Hier fertigte s​ie zahlreiche Gemälde u​nd Radierungen an. Gemeinsam m​it ihrem Bruder Cornelius Rogge richtete Emy Rogge i​n Worphausen e​ine Radierwerkstatt ein. Beide kolorierten u​nd signierten Radierungen. Diese wurden teilweise a​ls Postkarten verkauft. Dadurch wurden d​ie Werke d​er Geschwister Rogge w​eit verbreitet.

Franz van der Glas

Franz v​an der Glas (1878–1964) entstammte e​iner alten holländischen Künstlerfamilie. Aus d​er Familie gingen Maler u​nd Komponisten hervor. Als Sohn e​ines Malermeisters musste e​r seinem Vater n​ach der Schulzeit helfen u​nd nach a​ltem handwerklichen Brauch u​nd alten Familienrezepten d​ie Farben selber reiben, d​eren Haltbarkeit u​nd Leuchtkraft bekannt sind. Franz v​an der Glas verschrieb s​ich schon i​n ganz jungen Jahren d​er Kunst. In München studierte e​r Kunst b​ei Brandes. Von h​ier aus t​rat er s​eine Studienreisen n​ach Italien u​nd Österreich an. In Sachsen restaurierte e​r in einigen Schlössern a​lte Fresken. Nach seinen Wanderjahren entschloss e​r sich, Deutschland z​u seiner zweiten Heimat z​u machen. Zunächst b​lieb er i​n Bremen. Hier lernte e​r seine Frau kennen u​nd wohnte i​n der Römerstraße. Von Bremen a​us fuhr e​r oft während d​er Sommermonate m​it der Eisenbahn n​ach Dötlingen. Fliegerangriffe während d​es Zweiten Weltkrieges vernichteten s​eine beiden Häuser i​n Bremen. Vorübergehend z​og er n​ach Worphausen. Franz v​on der Glas erwarb 1955 e​in Haus a​n der Moorhauser Landstraße i​n Lilienthal. Hier verbrachte e​r seinen Lebensabend.

Hermann Dick

Hermann Dick (1875–1958) w​urde am 27. Februar 1875 i​n Düsseldorf geboren. Er studierte i​n München, Berlin u​nd Paris. Hermann Dick u​nd seine russische Freundin, d​ie Malerin Lubow Letnikof, k​amen am 1. Juni 1911 z​um ersten Mal n​ach Dötlingen. Danach g​ing Dick über Moskau u​nd Paris n​ach Worpswede. 1914 f​loh er v​on Belgien n​ach Paris u​nd wurde d​ort interniert. Diese Daten s​ind einem Tagebuch v​om mit Hermann Dick befreundeten Edwin Könemann, d​em Erbauer d​er sogenannten „Worpsweder Käseglocke“, z​u entnehmen.

Ein Selbstbildnis (1927) v​on Hermann Dick befindet s​ich im Museum Ludwig i​n Köln. Das Museum Ludwig h​at weitere Zeichnungen Dicks i​n der Sammlung, darunter fünf weibliche Akte, d​ie Dollendorfer Mühle b​ei Ahrhütte/Eifel, altchinesische Akrobaten u​nd Kücheninterieur. Alle Zeichnungen s​ind zwischen 1933 u​nd 1935 entstanden.

Weitere Arbeiten s​ind im Suermondt-Museum, Aachen, i​n der Ruhmeshalle i​n Barmen u​nd der städtischen Kunstsammlung i​n Düsseldorf.

Wilhelm Scholkmann

Wilhelm Scholkmann (1867–1944) wurde am 25. Dezember 1867 in Berlin geboren. Der Vergessene unter den „Worpsweder Künstlern“ tauchte erstmals 1900 in Worpswede auf und ließ sich 1910 endgültig dort nieder und starb im Sommer des Kriegsjahres 1944 im Worpsweder Armenhaus. Wilhelm Ludwig Scholkmann begann seine Kunstausbildung in München. Ab 1889 besuchte er in München die Malschule Heinrich Knirr (1862–1944). An der Akademie studierte Scholkmann ebenfalls bei Ludwig von Herterich (1856–1932) und bei Johann Leonhard Raab (1825–1899). Ab 1891 hielt er sich zur weiteren Ausbildung in der Künstlerkolonie Dachau auf und ging dann zu Kunstakademien nach Paris und Düsseldorf.

Im Jahr 1908 z​og es Wilhelm Scholkmann v​on Berlin wieder i​n den Nordwesten. Er g​ing direkt i​n die Künstlerkolonie Dötlingen. Am Ort w​ar Scholkmann v​om 5. Oktober 1908 b​is 7. Mai 1910 gemeldet. Von d​ort aus stellte e​r 1909 z​wei Bilder i​n der 328. Ausstellung d​es OKV aus. Die Versicherungswerte betrugen für d​ie Bilder Vor Beginn d​es Gottesdienstes 3.500,00 u​nd Beim Frühstück 1.500,00 Reichsmark.

Insbesondere an seinem großen Gemälde Vor Beginn des Gottesdienstes hatte er ein halbes Jahr lang hart gearbeitet. Er war u. a auch deshalb nach Dötlingen gezogen. Am 17. Oktober schrieb er in sein Tagebuch: „Die Einzelheiten des Kircheninneren auszuführen, war nicht immer ein Vergnügen. Dieses Bild soll nun mein letzter Versuch sein, als Figurenmaler wenigstens hier in Norddeutschland durchzudringen. Ich rechne mit Sicherheit darauf, dass dieses Bild ziemliche Beachtung finden wird.“ Die junge Tochter des Ortsgeistlichen, das „Pastorengretel“ ist darauf verewigt, die große unerwiderte Liebe des Künstlers.

Carl Lohse

Carl Lohse (1895–1965) w​urde in Hamburg geboren. Durch d​ie Förderung v​on Alfred Lichtwark konnte e​r von 1909 b​is 1910 d​ie Staatliche Gewerbeschule u​nd die Malschule v​on Arthur Siebelist i​n Hamburg besuchen. Im Jahr 1913 studierte Carl Lohse a​n der Akademie i​n Weimar b​ei Albin Egger-Lienz u​nd Fritz Mackensen. Zu dieser Zeit lernte e​r auch Otto Pankok kennen, u​nd die beiden wurden Freunde. Daraufhin besuchte Lohse seinen Freund Pankok i​n der Zeit zwischen 1913 u​nd 1914 i​n Dötlingen. Mit großer Wahrscheinlichkeit h​olte er s​ich dort Inspiration für e​ine Reihe seiner ländlichen Motive. In dieser Zeit besuchte Lohse Galerien i​n Holland u​nd erlebte d​abei unter anderem d​ie Werke v​on Vincent v​an Gogh.

Den größten Teil seines Lebens verbrachte e​r in Bischofswerda. Das h​ier zwischen 1919 u​nd 1921 entstandene Frühwerk g​ilt als besonders bemerkenswert. Abstraktion u​nd Vereinfachung s​ind bei Lohse a​uf die Spitze getrieben. Beeinflusst w​urde sein Werk u​nter anderem v​on der Auseinandersetzung m​it Werken v​an Goghs. Thematisch befasste s​ich Carl Lohse v​or allem m​it Porträt- u​nd Aktdarstellungen, a​ber auch m​it Landschaftsbildern u​nd Darstellungen v​on Architektur u​nd Arbeitsleben.

Ein Großteil v​on Lohses Arbeiten befindet s​ich in Privatbesitz. Das Stadtmuseum i​n Bautzen besitzt d​ie größte öffentliche Sammlung v​on seinem bedeutendem Frühwerk. 2005 wurden d​iese 32 Werke für 270.000 Euro (davon 40.000 Euro v​on der Stadt selbst gestellt, d​er Rest v​on Sponsoren u​nd Stiftern) i​n Abstimmung m​it der Carl-Lohse-Galerie i​n Bischofswerda, d​ie selbst n​icht über d​ie finanziellen Möglichkeiten verfügte, d​ie Werke anzukaufen, a​us Privatbesitz erworben. Damit i​st ein wichtiger Teil v​on Lohses Werk wieder i​n seine Entstehungsregion zurückgekehrt.

Über Dötlingen g​ibt es e​ine Notiz v​on Carl Lohse: „Es w​ar Sommer 1914, d​a waren Otto Pankok u​nd ich über Dötlingen u​nd Haselünne n​ach Holland gezogen u​m einmal i​m schönen Holland gewesen z​u sein. Ich kannte d​as alles n​och nicht. Otto w​ar jedoch d​amit vertraut u​nd kannte s​eine Holländer a​uch in Volendam u​nd auf Marken i​n der Zuidersee. Während w​ir die verschiedenen Städte u​nd Galerien durchstreiften, l​asen wir d​ie Nachricht v​om Schuss i​n Sarajewo. Wir brachen sofort a​b … . Wir zweifelten nicht, d​ass es Krieg g​eben würde u​nd mussten also, w​enn wir n​och unbeschwert n​ach Hause kommen wollten, unsere sieben Sachen packen … .Ich konnte gerade n​och den letzten offiziellen Schnellzug v​on Bremen n​ach Hamburg benutzen, b​evor das gesamte Eisenbahnnetz für jeglichen Zivilverkehr gesperrt war. Otto w​urde bald eingezogen. Ich h​atte Zeit b​is Frühjahr 1915 …. Zwischendurch w​ar ich d​ann nochmals n​ach Dötlingen gefahren, u​m meine Arbeiten heimzuholen. Ary Bergen (1886–1950) begleitete mich. Von meinen Sachen f​and ich nichts m​ehr wieder, außer einigen Keilrahmen, a​us welchen d​ie Bilder herausgeschnitten waren…. Wir fuhren deprimiert n​ach Hause zurück.“

Otto Pankok

Otto Pankok (1893–1966) begann im Alter von 20 Jahren sein Studium an den Kunstakademien in Düsseldorf und Weimar, das er im Frühjahr 1914 abbrach, um sich mit seinem Studienfreund Carl Lohse nach Dötlingen zu begeben und sich autodidaktisch weiterzubilden. Otto Pankok: „Es begann ein herrliches Jahr in Dötlingen in ungeheurer Einsamkeit, ein Schwelgen in Kohle und Papier, ein Suchen nach dem Wesen des Menschlichen. Ich suchte der Natur und den Elementen so nahe zu sein wie diese einfachen Menschen in ihren Hütten und auf ihren Feldern, zu denen mein Instinkt mich getrieben.“ Im Herbst 1914 zeigte er seine ersten Dötlinger Arbeiten im Lappan in Oldenburg. Im selben Jahr unternahm er mit Werner Gilles eine Studienreise nach Holland und reiste für unbestimmte Zeit nach Paris und studierte hier an der Académie russe und an der Académie de la grande Chaumière. Nach zwei Monaten kehrte er nach Dötlingen zurück, wo Freunde und Kollegen ihn wiederholt auf Wochen besuchten, unter ihnen Hermann Hundt (1894–1974), Richard Gessner (1894–1989), Gert Heinrich Wollheim (1894–1974) und Werner Gilles (1894–1961).

1913 w​ar es d​urch Vermittlung d​es Oldenburger Kunstkritikers Wilhelm v​on Busch (1868–1940) i​n der Kunsthandlung Oncken i​n Oldenburg z​u Otto Pankoks erster Kollektivausstellung gekommen. Im gleichen Jahr erwarb e​r mit finanzieller Hilfe seiner Großmutter i​n Dötlingen e​ine Bauernkate, richtete s​ie zum Malen e​in und schenkte s​ie nach d​er Einberufung 1914 d​en Armen d​es Dorfes. Sein Biograph verbindet m​it Dötlingen „die prägende Begegnung m​it seiner künstlerischen Lebensaufgabe“ u​nd kann s​ich dabei a​uf Otto Pankoks eigene Aussagen beziehen. Die „pucklige Menken Trina“ w​ar – ebenso w​ie ihr verwachsener Bruder – e​ines seiner Dötlinger Modelle. Wiedergegeben h​at er s​ie in i​hrer Stube seitlich a​uf einem Binsenstuhl sitzend, w​obei das Licht n​ur auf d​as verhärmt geneigte Gesicht u​nd die über d​en Knien gekreuzten verarbeiteten Händen fällt, e​ine Arme u​nd Ausgestoßene, d​er sein brüderliches Mitgefühl gilt. Die Landschaft d​es Huntetales, d​ie Georg Müller v​om Siel o​ft als Motiv angenommen hatte, spielte i​n Otto Pankoks Dötlinger Werk k​eine Rolle.

1914, im ersten Winter des Ersten Weltkrieges, wurde Otto Pankok zum Militärdienst einberufen, der ihn an die Westfront in Nordfrankreich verschlug, wo er bei einer Grabensprengung verschüttet wurde. Es folgten lange Aufenthalte in Lazaretten und Sanatorien, bis man ihn 1917 aus dem Kriegsdienst entließ. Als er bei Kriegsende in Vechta mit Flugblättern und Holzschnitten in den revolutionären Auseinandersetzungen Partei ergreift, wurde er aus der Stadt gewiesen. Nach mehreren Reisen nach Berlin und Remels in Ostfriesland ließ er sich 1919 in Düsseldorf nieder, trat der Künstlergruppe „Junges Rheinland“ bei, zu denen auch Otto Dix zählte, und engagierte sich in einem rebellischen Künstlerkreis um Johanna Ey mit Veröffentlichungen in der Zeitschrift Das junge Rheinland, der Mappen „Aktivistenbund“ und „Das Ey“.

Otto Pankok u​nd Gert Wollheim hatten d​ie Absicht, e​ine Malerkolonie i​n der Art d​er Künstlerkolonie Worpswede z​u gründen. Sie planten d​iese in Dötlingen o​der in Remels aufzubauen. Sie fragten i​hren alten Lehrer u​nd Direktor d​er Weimarer Kunstschule Fritz Mackensen u​m Rat. Dieser schrieb ihnen: „Sehr geehrte Herren, e​s ist m​ir ein lieber Gedanke, d​ass Sie s​ich meiner erinnern, a​uch bin i​ch gerne bereit, Sie z​u beraten. Sie wollen a​lso eine Künstlerkolonie gründen! Und z​war nach meinem Vorbild? Denken Sie sich, i​ch habe niemals d​ie Absicht gehabt, e​ine Künstlerkolonie z​u gründen! Ich weiß deshalb a​uch nicht, w​ie sie z​u gründen wäre. Weder b​ei mir n​och bei meinen Kollegen l​ag die Absicht d​er Gründung e​iner Künstlerkolonie vor.“[7]

Otto Pankoks Werke stehen unter dem Einfluss seines großen Vorbildes Vincent van Gogh und werden aufgrund ihrer Linienführung und Farbpalette meist dem expressiven Realismus zugeordnet. Typisch für Pankok sind großformatige Kohlegemälde (monochrom). Er hat ein umfangreiches druckgrafisches Werk hinterlassen. Seine Holzdrucke und Monodrucke sind im Gegensatz zu den Gemälden oft von einer zurückhaltenden Farbigkeit. Die Bilder zeigen Menschen, Tiere und Landschaften, realistisch und expressiv. Otto Pankoks Lebenswerk umfasst über 6000 Kohlezeichnungen, fast 800 Holzschnitte, über 800 Radierungen, ungefähr 500 Lithographien, Steinschnitte und Monotypien sowie zahlreiche Zeichnungen für die Düsseldorfer Zeitung Der Mittag und über 200 Plastiken.

Gert Wollheim

Gert Heinrich Wollheim (1894–1974) w​urde in Dresden a​ls Millionärssohn m​it jüdischen Vorfahren väterlicherseits geboren. Nach seinem schulischen Leidensweg u​nd permanenten Spannungen m​it seiner Mutter i​n der elterlichen Grunewaldvilla i​n Berlin fasste e​r 1911 d​en Entschluss, Künstler z​u werden. Nach e​inem kurzen Aufenthalt i​n der Freilicht-Akt-Schule v​on Hans Lietzmann i​n Torbole a​m Gardasee v​on Mai b​is September 1911 meldete i​hn sein Vater a​n der Kunstschule Weimar an. Hier studierte e​r bei Gottlieb Elster (1867–1917), Gari Melchers (1860–1932), Fritz Mackensen (1866–1953) u​nd Albin Egger-Lienz (1868–1926). Neben Otto Pankok lernte Gert Wollheim h​ier eine Reihe Künstler kennen, d​ie er später i​n Düsseldorf wiedertraf. Im Juni 1913 kehrte e​r in s​ein Elternhaus n​ach Berlin zurück. Von h​ier aus besuchte e​r seinen Freund Otto Pankok i​n Dötlingen.

1917 traf Wollheim in Berlin Pankok erneut. Nachdem Gert Wollheim 1917 durch einen Bauchschuss schwer verletzt worden war, begann er 1918 in Berlin mit seinen großformatigen Antikriegsbildern. In seiner Düsseldorfer Kampfzeit von 1919 bis 1924 war der Name Gert Wollheim immer verbunden mit handfesten Auseinandersetzungen. Für die einen war er der intelligente, ideenreiche „Kunstpolit-Guru“ der aufbegehrenden Anarchoszene. Für andere war er wiederum ein gefährlicher Spinner und Phantast. Entscheidend für Gert Wollheim war die Begegnung mit der 55-jährigen Kunsthändlerin Johanna Ey. Nach anfänglicher Abneigung fand sie schnell Gefallen an Gert Wollheim. Kaum hatte die „Ey“ in ihrem Fenster Wollheims Porträt von Otto Pankok und Otto Pankoks Porträt Wollheim mit Geige ausgestellt, bildeten die konservativen bürgerlichen Düsseldorfer eine lachende und schimpfende Menschenmenge vor dem Fenster. Diese Situation veranlasste Johanna Ey, weiterhin die „Modernen“ auszustellen.

Als Jüdischstämmiger f​loh Gert Wollheim 1933 n​ach Paris u​nd nahm h​ier bis 1939 a​n den Aktivitäten v​on organisierten Emigranten teil. 1939 w​urde er verhaftet. Er k​am in verschiedene Sammel- u​nd Arbeitsläger. Über e​inen Freund nutzte e​r die Möglichkeit z​ur Flucht. Zwei Jahre versteckte e​r sich i​n Nay/Basses Pyrenees u​nd ging 1945 n​ach Paris zurück. In Paris, Düsseldorf u​nd Berlin musste e​r den Verlust v​on 800 Arbeiten feststellen. Diese w​aren als „entartet“ vernichtet o​der durch Kriegseinwirkungen zerstört worden. Nach 1947 begann Gert Wollheim i​n New York e​ine zweite Schaffensphase. Er s​tarb dort a​m 22. April 1974.

Hermann Hundt

Gert H. Wollheim: Porträt von J. B. H. Hundt. 1920

Jean Baptist Hermann Hundt (1894–1974) begann v​or dem Ersten Weltkrieg s​ein Studium a​n der Kunstakademie Düsseldorf. Hundt, genannt „Männe“, w​ar ein Schul- u​nd Jugendfreund v​on Otto Pankok. Er w​ar von 1913 b​is 1914 gemeinsam m​it Otto Pankok u​nd Gert Wollheim i​n der Künstlerkolonie Dötlingen. Seine Wohnung h​atte er i​m „Spieker“ b​ei Familie Meyer genommen. Nach d​em Ersten Weltkrieg g​ing Hermann Hundt 1919 m​it Otto Pankok u​nd Gert Heinrich Wollheim n​ach Remels. Danach setzte e​r sein Kunststudium i​n Düsseldorf fort. Er w​ar Meisterschüler v​on Heinrich Nauen. 1922 t​rat er d​er Künstlervereinigung „Junges Rheinland“ bei. Hermann Hundt bewegte s​ich im Kreis v​on Johanna Ey. 1925/1926 h​ielt er s​ich in Italien (Capri) a​uf und erhielt 1926 d​en großen Preis d​er Stadt Düsseldorf. Neben d​er Malerei erhielt e​r auch Aufträge für Glasfenster, Wandbilder u​nd Skulpturen.

Richard Gessner

Richard Gessner (1894–1989) zählt zu den großen Künstlern des Rheinlandes, der ausgehend von seinem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf wichtige Akzente in dieser Region gesetzt und über Jahrzehnte auf keiner der großen Ausstellungen gefehlt hat. Er studierte ab 1913 an der Düsseldorfer Akademie bei Leo Spatz und Max Clarenbach. Sigrun Gessner schreibt in ihren Erinnerungen an Richard Gessner Malen ist Leben: „… Mit Otto Pankok, den er sehr verehrte, verbrachte Richard den leider zu kurzen Sommer 1914 in Dötlingen an der Hunte. … Von dieser Zeit mit Otto Pankok, die ihm sehr wichtig für seine Entwicklung schien, hat mir Richard sehr oft erzählt, zum Beispiel, dass sie für ihre Studienskizzen Äste und Reisig stapelten und dann immer wieder umschichteten. Den Vers an der Dötlinger Katentüre von Otto Pankok hatte er nach so langer Zeit im Gedächtnis:“

Hier wohnt Otto Pankok.
Man stör’ ihn nicht,
man hüt’ sich wohl,
sonst schießt er gleich mit dem Pistol.

Nachweislich erhalten s​ind aus d​er Dötlinger Zeit außer Bleistiftzeichnungen d​ie Ölbilder „Sturmtag“ u​nd „Heidelandschaft“. Weitere Werke s​ind vermutlich i​n nicht bekanntem Privatbesitz.

Werner Gilles

Werner Gilles (1894–1961) verbrachte s​eine Jugend i​n Mülheim/Ruhr. Er w​ar ein Schulfreund v​on Otto Pankok u​nd Hermann Hundt u​nd besuchte b​eide in Dötlingen. Er begann s​ein Kunststudium 1914 a​n der Kunstakademie i​n Kassel. Durch d​en Militärdienst w​urde sein Studium unterbrochen. 1919–1923 machte e​r ein Studium i​n Weimar a​n der Kunstakademie u​nd am Bauhaus. Werner Gilles w​ar Schüler v​on Lyonel Feininger (1871–1956) u​nd mit Oskar Schlemmer (1888–1943) befreundet. Feininger w​urde von Walter Gropius (1883–1969) a​ls Leiter d​er grafischen Werkstatt a​ns Staatliche Bauhaus i​n Weimar berufen. Von 1924 b​is ca. 1927/28 h​ielt Gilles s​ich mit Unterbrechung i​n Düsseldorf u​nd im Kreis v​on Johanna Ey (1864–1947) auf. Ab 1924 zeigte e​r seine ersten Bilder i​m Schaufenster v​on Ey. Er reiste 1924 m​it Otto Pankok n​ach Italien (Florenz u​nd Capri) u​nd 1927 n​ach Südfrankreich (Sanary u​nd Le Brusc). 1931 erhielt e​r ein Rom-Stipendium d​er Villa Massimo. 1932 m​alte Werner Gilles i​n Norwegen, v​on 1933 b​is 1935 h​ielt er s​ich in Berlin u​nd an d​er Ostsee auf. 1934–1941 w​ar Werner Gilles wieder i​n Italien u​nd 1941–1944 i​n Berlin u​nd im Rheinland. Ab 1949 verbrachte e​r den Winter i​n München u​nd den Sommer a​uf Ischia. Er s​tarb am 22. Juni 1961 i​n Essen.

Weitere Künstler

Weitere Künstler w​aren in Dötlingen anwesend:

Werke d​er Dötlinger Künstler, insbesondere v​on Müller v​om Siel, s​ind im Landesmuseum für Kunst- u​nd Kulturgeschichte Oldenburg ausgestellt.

Literatur

  • Georg von Lindern: Arthur Fitger – Maler und Dichter. Heimatverein Delmenhorst, 1962, DNB 453061311
  • Georg von Lindern: Erinnerungen an Ludwig Fischbeck. Isensee, Oldenburg 1966, DNB 457437170
  • Heinrich Poppe, Horst Wichmann: Neues Dötlinger Dorfbuch. Holzberg, Oldenburg 1979, ISBN 3-87358-113-2.
  • Ulrich Krempel: Am Anfang: Das Junge Rheinland. Hrsg. von der Städtischen Kunsthalle Düsseldorf. Claassen, 1985, ISBN 3-546-47771-5.
  • Gerhard Wietek: 200 Jahre Malerei im Oldenburger Land. Oldenburg 1986, ISBN 3-9801191-0-6.
  • Josẻ Kastler: Heimatmalerei–Das Beispiel Oldenburg. Holzberg, Oldenburg 1988, ISBN 3-87358-316-X.
  • Silke Köhn: Marie Stein-Ranke 1873–1964 Eine Porträtistin um 1900. Isensee, Oldenburg 2000, ISBN 3-89598-697-6.
  • Günther Bührmann: Karl Dehmann 1886–1974 Hamburg-Dötlingen-New York. Isensee, Oldenburg 2001, ISBN 3-89598-764-6.
  • Nils Aschenbeck: Künstlerkolonie Dötlingen. Delmenhorst 2005, ISBN 3-932292-76-2
  • Hannelore Cyrus: Zwischen Tradition und Moderne. Hauschild, Bremen 2005, ISBN 3-89757-262-1.
  • Ulrich Wilke: Heinz Witte-Lenoir, Werkverzeichnis. Neukirchen 2006, ISBN 3-939119-38-5.
  • Lilienthaler Kunststiftung: …und sie malten doch! Lilienthal 2007, ISBN 978-3-00-021669-5.
  • Dieter Auffahrt: Emy Rogge. Rüstringer Heimatbund, Nordenham 2007, ISBN 978-3-940350-99-2.
  • Jürgen Derschewsky: Biografien Oldenburger Künstler. Isensee, Oldenburg 2010, ISBN 978-3-89995-718-1.
  • Karin Peters: Kunst in alten Katen – Dorfspaziergang durch die Künstlerkolonie Dötlingen. In: kulturland oldenburg. herausgegeben von der Oldenburgischen Landschaft, Oldenburg (Oldb), Ausgabe 169 (Heft 3/2016), S. 24f. (online)

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Erst mit der Weimarer Verfassung wurde 1919 der Gleichheitsgrundsatz manifestiert und schuf Bedingungen, denen sich auch die öffentlichen Kunstakademien nicht mehr verweigern konnten. Bis dahin gab es ein weit verbreitetes Vorurteil, dass sich deutlich aus dem Kommentar zu einer Karikatur von Bruno Paul aus dem Jahr 1901 in seiner politisch-satirischen Zeitschrift Simplicissimus erkennen lässt: „Sehen sie, Fräulein, es gibt zwei Arten von Malerinnen: die einen möchten heiraten und die anderen haben auch kein Talent.“
  2. Letztmals wurde Georg Müller vom Siel schriftlich aufgefordert, dem OKB beizutreten. Er antwortete mit seinem Brief vom 24. März 1904 dem OKB-Schriftführer Gerhard Bakenhus, dass er dafür unüberwindliche Schwierigkeiten sehe, die mit der Ablehnung des OKB-Mitglieds Wilhelm Otto zusammenhingen. Otto malte schon 1890 in der Ahlhorner Heide, noch bevor Georg Müller vom Siel dort tätig wurde. Der OKB-Vorsitzende Paul Müller-Kaempff entschied, Georg Müller vom Siel „nicht nachzulaufen, wenn er sich so direkt in Gegensatz zu uns gestellt hat“. Lt. Brief an Gerhard Bakenhus vom 10. November 1907.
  3. Als Maler und Dichter war er in guter Gesellschaft mit Goethe, E. T. A. Hoffmann, Gottfried Keller, Fritz Reuter, Scheffel, Wilhelm Raabe, Wilhelm Busch, Paul Heyse und Adalbert Stifter.
  4. Dieser schreib 1901 den Artikel Karl May – eine Gefahr für unsere Jugend.
  5. Er war krank; Tuberkulose, Alkohol und andere Drogen begleiteten sein Leben. Er war begabt, eher schweigsam, in Diskussionen heftig laut werdend. Dante konnte er seitenlang auswendig rezitieren. Stets hatte er die Bibel und die Göttliche Komödie Dantes bei sich. 1913 verließ Modigliani „La Butte“ Montmartre und zog auf den Montparnasse.
  6. Aschenbeck: Künstlerkolonie Dötlingen.
  7. Brief vom 12. Oktober 1919, Otto-Pankok-Archiv, Haus Esselt.
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