Julius-Hirsch-Preis

Der Julius-Hirsch-Preis i​st eine v​om Deutschen Fußball-Bund (DFB) gestiftete Auszeichnung. Der DFB e​hrt damit Personen u​nd Organisationen, d​ie in besonderer Weise i​hre gesellschaftliche Position nutzen, u​m sich für Freiheit, Toleranz u​nd Menschlichkeit einzusetzen. Der Preis erinnert a​n das Schicksal d​es siebenfachen deutschen Nationalspielers Julius Hirsch, d​er 1933 w​egen seiner jüdischen Herkunft a​us seinem Verein, d​em Karlsruher FV, ausgeschlossen u​nd 1943 i​m KZ Auschwitz ermordet wurde.

Der Preis w​urde am 13. September 2005 i​ns Leben gerufen. Anlass w​ar die Vorstellung e​iner historischen Untersuchung „Fußball unterm Hakenkreuz“ d​urch Nils Havemann, d​ie sich m​it der Rolle d​es DFB i​n der Zeit d​es Nationalsozialismus auseinandersetzt. Mit d​er Stiftung d​es Julius-Hirsch-Preises möchte d​er DFB n​icht nur d​er Opfer gedenken, sondern a​uch ein Zeichen für d​ie Unverletzbarkeit u​nd der Würde d​es Menschen setzen. Die Vision entstand d​urch den jüdischen Fußball-Pionier Walther Bensemann, d​er auch Gründungsmitglied d​es Deutschen Fußball-Bundes w​ar – „Menschen u​nd Völker sollten d​urch den Fußball verbunden werden u​nd Frieden stiften“.

Der Preis i​st mit insgesamt 20.000 Euro dotiert u​nd wird anteilig, j​e nach Platzierung, a​n die d​rei Preisträger verteilt. Den ersten Preisträger bestimmte d​as Präsidium d​es DFB. Seitdem entscheidet e​ine Jury über d​ie Verleihung d​es Preises, d​er bekannte Persönlichkeiten a​us Sport, Kirche, Politik u​nd Gesellschaft angehören.

Seit 2009 g​ibt es z​udem einen Ehrenpreis für Personen a​us dem öffentlichen Leben, d​ie sich a​us Sicht d​er Jury d​urch ihr Verhalten o​der Schaffen a​ls besonders antidiskriminierend herausgestellt haben.

Preisträger

2005

2006

  • Dem Ball is’ egal wer ihn tritt e. V. aus Gelsenkirchen für die Organisation von antirassistischen Straßenfußball-Turnieren während der WM 2006 und den Einsatz gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit an Schulen.
  • Fan-Projekt Dortmund e. V. für die Aktion „Kick racism out“ während der WM 2006 und die Gründung eines Lernzentrums für benachteiligte Jugendliche.

2007

2008

2009

  • Die Initiative „Löwenfans gegen Rechts“ aus München, engagiert sich im Stadion, im Internet und ihrem Magazin „Löwenmut“ gegen Diskriminierung, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie rund um den Fußball.
  • Der Verein Hintertorperspektive e. V. aus Jena, bietet Projekt- und Informationsnachmittage zur Aufklärung über Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Schulen und Jugendzentren an, vermittelt sogenannte „Fanpatenschaften“ für Aussiedler und Migranten.
  • Das Fanprojekt Hannover als Mitglied und Berater des Arbeitskreises „96-Fans gegen Rassismus“, Konzept zur Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in die Stadien in Kooperation mit der Universität Hannover, Jugendzentren und Polizei.

2010

  • Der SV Blau-Weiß Sedlitz, der seit seiner Neugründung vor zwanzig Jahren einen intensiven Dialog mit dem örtlichen Asylbewerberheim führt und sich bei mehreren Initiativen gegen Rechtsextremismus engagiert.
  • Der Sportverein Roter Stern Leipzig, der sich gegen jede Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder sexueller Präferenz einsetzt.
  • Der SV 06 Lehrte für sein umfangreiches Wirken, das ein Werben für Organspende, Integrationsarbeit in den Jugendabteilungen sowie schulische Nachhilfe und ein Bewerbungstraining umfasst.

2011

  • Jugendinitiative „Spiegelbild“ des Aktiven Museums Spiegelgasse in Wiesbaden, Ausstellung „Kicker, Kämpfer und Legenden – Juden im deutschen Fußball“ und Projekt „Spurensuche am Ball“ mit Wiesbadener Hauptschülern.
  • „Gräfenberger Sportbündnis“ aus acht Fußballvereinen gegen Aufmärsche von Neonazis in Gräfenberg.
  • Fanclub „DoppelPass“ des SV Waldhof Mannheim, Aktionen gegen rechte Propaganda, z. B. Banner „Stimmung gegen Rassismus“ im Stadion und Radiosendung „DoppelPass on Air“.

2012

  • 1. Preis: Fanprojekt des 1. FC Kaiserslautern mit einem Veranstaltungsprogramm und einer Stadionchoreografie als Reaktion auf antisemitische Äußerungen gegen den israelischen Nationalspieler Itay Shechter.
  • 2. Preis: Initiative des Berliner Polizeiabschnitts 22, der mit jugendlichen Hertha-Fans das Konzentrationslager Auschwitz besuchte.
  • 3. Preis: Zwei Fanklubs und das Fanprojekt von Eintracht Frankfurt, die eine Reise nach Auschwitz unternahmen und ein Film-, Musik- und Lesungsprogramm in Erinnerung an den Holocaust durchführten.

2013

  • 1. Preis: Der Sport- und Jugendclub Hövelriege für die Ausgestaltung einer Vereinsfahrt 2012 zu Gedenkstätten in den griechischen Orten Kalavrita und Distomo, in denen es 1943 und 1944 zu Massakern durch Soldaten der deutschen Wehrmacht und der SS gekommen war.
  • 2. Preis: Ultras Nürnberg und 1. FC Nürnberg, Erinnerung an den jüdischen Club-Trainer Jenő Konrád mit einer Stadion-Choreografie.[1]
  • 3. Preis: SC Heuchelhof aus Würzburg, Begleitprogramm zu der Ausstellung „Kicker, Kämpfer und Legenden – Juden im deutschen Fußball“.

2014

  • 1. Preis: Ultragruppe Schickeria des FC Bayern München zur Erinnerung an das Lebenswerk Kurt Landauers.[2]
  • 2. Preis: Borussia Dortmund, die Fan- und Förderabteilung des Vereins, das Fan-Projekt Dortmund e. V. sowie die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache für ein Projekt, das den Besuch der polnischen Gedenkstätten in Zamość, Lublin, Belzec, Majdanek und Sobibór beinhaltete, wo man sich auf die Spurensuche von 800 Dortmunder Juden begab, die 1942 deportiert worden waren.[3]
  • 3. Preis: Volkshochschule der Stadt Roth für das Veranstaltungsprogramm „Roth ist bunt“ rund um die Ausstellung „Kicker, Kämpfer und Legenden“ über die Geschichte des jüdischen Fußballs in Deutschland.

2015

  • 1. Preis: Supporters Crew SC Göttingen 05 e. V. für das Engagement zur Erinnerung an verbannte jüdische Mitglieder.
  • 2. Preis: VfB für Alle e. V. Oldenburg für die Faninitiative, sich gegen alle Formen von Diskriminierung und für Flüchtlinge einzusetzen.
  • 3. Preis: Streetwork Fanprojekt Halle (Saale) für seine regelmäßigen Fanreisen zur Gedenkstätte Auschwitz und nach Israel.

2016

2017

  • 1. Preis: Schalker Fan-Initiative e. V. als „herausragendes Beispiel für die vielen positiv und nachhaltig wirkenden Fangruppen im Land“ sowie „für das enorme zivilgesellschaftliche Engagement im Fußball insgesamt“.
  • 2. Preis: Leipziger Verein „Tüpfelhausen – Das Familienportal“ für sein jährlich durchgeführtes internationales und interkulturelles Fußballbegegnungsfest.
  • 3. Preis: Internationales Frauenfußball-Turnier und Kulturfestival „Discover Football“ in Berlin.

2018[4]

  • 1. Preis: SC Aleviten Paderborn für das Projekt „Wege der Erinnerung“, dass laut DFB-Präsident Grindel besonders merkenswert sei, weil „sich Aleviten dem Kampf gegen Antisemitismus in unserer Gesellschaft widmen“.
  • 2. Preis: Hertha BSC für Gedenkstättenfahrten mit Hertha-Fans und gemeinsame Bildungsfahrten nach Auschwitz mit den U 15-Spielern der Hertha und dem FC Liverpool.
  • 3. Preis: Fanprojekt „AG Erinnerungsorte Bochum“ für die Broschüre „1938 – nur damit es jeder weiß“, die einen Tag vor der Feier zum 80. Gründungstag des VfL Bochum erschien.

2019[5]

  • 1. Preis: FC Ente Bagdad für seine aktive Beteiligung an der Initiative „!Nie Wieder – Erinnerungstag im deutschen Fußball“, die jedes Jahr in Stadien und auf Fußballplätzen rund um den 27. Januar an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Jahr 1945 erinnert.
  • 2. Preis: Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule und das Kickers-Fanprojekt in Stuttgart für ein gemeinsames Projekt, bei dem sich seit 2017 Schüler und Fans in Workshops, Exkursionen und Gedenkveranstaltungen auf die Spuren jüdischer Pioniere in Stuttgart begeben.
  • 3. Preis: Gemeinschaftsprojekt des VfL Osnabrück, des VfL-Museums, der Fanabteilung des Zweitligisten, des Fanprojekts Osnabrück und der Ultragruppe „Violet Crew 2002“ für die Erinnerung an den jüdischen Spielausschussobmann und Mäzen Felix Löwenstein, der 1935 aus dem Verein ausgeschlossen worden war und 1945 bei einem sogenannten „Todesmarsch“ aus dem Konzentrationslager Neuengamme starb.

Ehrenpreisträger

Jury

Der Jury d​es Julius-Hirsch-Preises gehören n​ach DFB-Angaben (Stand: 8. Januar 2020) folgende Personen (in alphabetischer Reihenfolge) an:[6]

  • Dunja Hayali (ZDF-Moderatorin)
  • Andreas Hirsch (Enkel von Julius Hirsch)
  • Julia Hirsch (Urenkelin von Julius Hirsch)
  • Wolfgang Huber (ehem. Ratsvorsitzender der evangelischen Kirche)
  • Fritz Keller (DFB-Präsident, Vorsitzender der Jury)
  • Charlotte Knobloch (ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland)
  • Eberhard Schulz (Sprecher der Initiative „!Nie Wieder“)
  • Christian Seifert (DFB-Vizepräsident/Vorsitzender der Geschäftsführung der DFL)
  • Gerd Wagner (Deutsche Sportjugend, Referent Prävention Rechtsextremismus und Rassismus)[7]

Einzelnachweise

  1. Nürnberger Ultras erinnern an Jenö Konrad. 1. FC Nürnberg, 19. November 2012, abgerufen am 21. November 2012.
  2. tz.de: Julius Hirsch Preis 2014 für „Schickeria“, abgerufen am 16. Oktober 2014.
  3. 2. Platz für Borussia Dortmund beim Julius-Hirsch-Preis 2014 BVB Fanabteilung, 22. September 2014.
  4. DFB.de: Julius Hirsch Preis 2018 nach Paderborn, Berlin und Bochum abgerufen am 2. Oktober 2018
  5. Julius Hirsch Preis 2019 geht nach Mainz, Stuttgart und Osnabrück. In: dfb.de. 19. September 2019, abgerufen am 20. September 2019.
  6. DFB. Julius-Hirsch-Preis: Die Jury. Abruf am 8. Januar 2021.
  7. DSJ. Wir über uns: Organigramm 2020. Abruf am 8. Januar 2020.
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