Johann Fabri
Johann Fabri, auch Johann (Johannes) Faber (* 1478 in Leutkirch im Allgäu; † 21. Mai 1541 in Baden bei Wien) war Humanist und katholischer Bischof der Diözese Wien.
Leben
Johann Fabri hieß eigentlich Johann (Johannes) Heigerlin. Da sein Vater ein Schmied war, nannte er sich Faber oder Fabri. Er schloss das Studium der Theologie und Rechtswissenschaft in Tübingen und Freiburg mit dem Doktorat ab. Er stand in Kontakt mit dem Humanisten Erasmus von Rotterdam.
Um 1510 war Fabri Prediger in Lindau, 1513 Offizial in Basel, 1514 Pfarrer in Leutkirch und ab 1517 Generalvikar von Konstanz. 1521 ernannte ihn der Erzherzog und spätere Kaiser Ferdinand I. zu seinem Ratgeber und Diplomaten.
So lernte Fabri im Rahmen der Audienz einer russischen Delegation bei Kaiser Karl V. ebendiese kennen. Die russische Gesandtschaft musste nun während ihrer Rückkehr aus Spanien im Franziskanerkloster von Tübingen Zwischenstation machen. Der Erzherzog beauftragte Fabri, diesen Aufenthalt dazu zu nutzen, die Mitglieder der Delegation auszufragen. Dieses Gespräch machte Fabri zum Russlandexperten des Erzherzogs. Fabri führte es im September 1525 mit jenen Russen, die später den Freiherrn Siegmund von Herberstein auf seiner Reise nach Russland begleiten sollten. Die Niederschrift dieses Gesprächs im Büchlein Ad Serenissimum Principem Ferdinandum Archiducem Austriae, Moscovitarum iuxta mare glaciale religio (Basileae 1526) stellt ein Primat in der deutschsprachigen Russlandkunde dar. Ferdinand I. selbst ließ es seinen Emissären, dem Kämmerer, Philosophen und Theologen Leonhard Graf Nogarola sowie dem ihn begleitenden Diplomaten und Juristen Siegmund von Herberstein als Leitfaden hinterhersenden, und so wurde das Büchlein eine bedeutende Inspirationsquelle für Herbersteins Reiseberichte. Fabri gilt somit als einer der Mitbegründer der deutschsprachigen Russlandkunde.[1]
Nebenher hatte Fabri 1523 den sogenannten „Ketzerhammer“ veröffentlicht, war 1524 Koadjutor des Bischofs Theoderich Kammerer im Bistum Wiener Neustadt und Beichtvater von Ferdinand I. geworden. 1529 erhielt er die Propstei Ofen. Er war dabei ein prominenter Verteidiger der katholischen Kirche in Deutschland gegen die Reformatoren Zwingli und Luther.
1529 reiste Johann Fabri im Auftrag von Kaiser Karl V. nach England, um von Heinrich VIII. Unterstützung im Kampf gegen die Türken zu erhalten. 1530 gehörte er der Kommission zur Überprüfung der Confessio Augustana an. 1530 wurde er Bischof von Wien; er war dort als eifriger Prediger tätig und verfasste zahlreiche polemische Schriften. 1538 ernannte er Friedrich Nausea zum Koadjutor, der ihm später als Bischof nachfolgte.
1539/40 gründete er in den Räumlichkeiten des früheren Kollegiums St. Nikolaus das Studentenkonvikt St. Nikolaus in Wien (Collegium trilingue), eine Stipendienstiftung.[2] Dieser, schon 1545 wieder aufgehobenen Institution, vermachte er auch seine große Bibliothek.
Ehrungen
1894 wurde die Heigerleinstraße in Wien-Ottakring (16. Bezirk) und Hernals (17. Bezirk) nach ihm benannt, außerdem der Bischof-Faber-Platz in Gersthof im 18. Wiener Gemeindebezirk Währing.
Werke (Auszug)
- Ad Serenissimum Principem Ferdinandum Archiducem Austriae, Moscovitarum iuxta mare glaciale religio. Basileae 1526.
- Constantiensis in spiritualibus vicarii opus adversus nova quaedam et a Christiana religione prorsus aliena dogmata Martini Lutheri. Rom 1522, Leipzig 1523, Köln 1524 als Malleus in haeresim Lutheranam. link
- Opera. 3 Bände. Köln 1537–41.
Literatur
- Friedrich Wilhelm Bautz: Johann Fabri. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 1588–1589.
- Leo Helbling: Dr. Johann Fabri und die schweizerische Reformation. Beilage zum Jahresbericht der Stiftsschule Einsiedeln. Benziger, Einsiedeln 1933.
- Leo Helbling: Dr. Johann Fabri. Generalvikar von Konstanz und Bischof von Wien. 1478–1541. Beiträge zu seiner Lebensgeschichte. Aschendorff, Münster in Westfalen 1941.
- Adalbert Horawitz: Johannes Faber. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 435–441..
- Herbert Immenkötter: Fabri, Johann. In: Theologische Realenzyklopädie 10 (1982), S. 784–788.
- Stefan Michael Newerkla: Russen auf der Durchreise. Tübingen 1525 als Wiege der deutschen Russlandkunde. In: Bernhard Brehmer – Anja Gattnar – Tatiana Perevozchikova (Hrsg.): Von A wie Aspekt bis Z wie zdvořilost. Ein Kaleidoskop der Slavistik für Tilman Berger zum 65. Geburtstag. Tübingen: Tübingen Library Publishing, 2021, S. 377–383 (Digitalisat).
- Christian Radey: Dr. Johann Fabri. Bischof von Wien (1530–1541). Wegbereiter der katholischen Reform. Rat König Ferdinands. Dissertation, Universität Wien 1976.
- Hermann Tüchle: Fabri, Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 728 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Werke von und über Johann Fabri in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Biographie im Wien Geschichte Wiki
- Fabri, Johannes. In: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel
- Kurzbiographie in AEIOU
- Eintrag zu Johann Fabri auf catholic-hierarchy.org
Anmerkungen
- Stefan Michael Newerkla: "Russen auf der Durchreise. Tübingen 1525 als Wiege der deutschen Russlandkunde." In: Bernhard Brehmer – Anja Gattnar – Tatiana Perevozchikova (Hrsg.): Von A wie Aspekt bis Z wie zdvořilost. Ein Kaleidoskop der Slavistik für Tilman Berger zum 65. Geburtstag. Tübingen: Tübingen Library Publishing, 2021, S. 377–383 (Digitalisat).
- Ulrike Denk: Private Stipendienstiftungen an der Universität Wien. In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 20 (2000) S. 163–180, dort 168–171. https://geschichte.univie.ac.at/de/artikel/das-collegium-trilingue.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Johann von Revellis | Bischof von Wien 1530–1541 | Friedrich Nausea |
Theoderich Kammerer | Koadjutor von Wiener Neustadt 1524–1530 | Gregor Angerer |