Hänchen (Kolkwitz)
Hänchen, niedersorbisch Hajnk , ist ein Ortsteil der Gemeinde Kolkwitz im Landkreis Spree-Neiße in Brandenburg. Bis zur Eingemeindung am 6. Dezember 1993 war Hänchen eine eigenständige Gemeinde.
Hänchen Hajnk Gemeinde Kolkwitz | |
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Höhe: | 70 m ü. NHN |
Fläche: | 7,48 km² |
Einwohner: | 721 (31. Dez. 2016)[1] |
Bevölkerungsdichte: | 96 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 6. Dezember 1993 |
Postleitzahl: | 03099 |
Vorwahl: | 0355 |
Hänchen, Dorfmitte |
Lage
Hänchen liegt in der Niederlausitz, knapp sieben Kilometer südwestlich des Stadtzentrums von Cottbus. Die Gemarkung des Ortsteils grenzt im Nordosten an Ströbitz, im Osten an Klein Gaglow, im Süden an Schorbus mit Klein Oßnig, im Südwesten an Leuthen sowie im Westen und Norden an Kolkwitz. Zum Ortsteil Hänchen gehören neben dem Dorfkern noch die Wohnplätze Alte Siedlung, Neue Siedlung und Annahof. Die Ausbausiedlungen von Hänchen bilden mit Klein Gaglow eine teilweise zusammenhängende Siedlungsfläche. Hänchen gehört zum amtlichen Siedlungsgebiet der Sorben/Wenden in Brandenburg.
Der Hänchener Ortskern liegt an der Landesstraße 50 zwischen Kolkwitz und Gallinchen, die Ausbausiedlungen liegen an der Bundesstraße 169 zwischen Cottbus und Senftenberg. Unmittelbar südlich von Hänchen liegt die Bundesautobahn 15, deren Anschlussstelle Cottbus-West ist zweieinhalb Kilometer entfernt. Zwischen Hänchen und Annahof bzw. zwischen der Neuen und der Alten Siedlung liegt die Bahnstrecke Großenhain–Cottbus.
Geschichte
Hänchen wurde im Jahr 1448 in Lehnbriefen erstmals urkundlich erwähnt. Der Ortsname hatte früher andere Schreibweisen, unter anderem Heynchen, Henichen und Heinichen. Er lässt sich von der Bezeichnung Hag ableiten.[2][3] Hänchen gehörte zur Herrschaft Cottbus und war somit Teil einer Exklave der Mark Brandenburg innerhalb der böhmischen bzw. ab 1635 sächsischen Niederlausitz. Friedrich Wilhelm August Bratring verzeichnete im Jahr 1809 für Hänchen 196 Einwohner in 33 Feuerstellen, es waren 20 Kossäten und drei Büdner sowie eine Schmiede und eine Ziegelei im Ort.[4]
Im Jahr 1807 kam Hänchen durch den Frieden von Tilsit an das Königreich Sachsen. Nachdem acht Jahre später auf dem Wiener Kongress die Teilung des Königreiches Sachsen beschlossen wurde, war Hänchen wieder preußisch. Der Ort gehörte zum Regierungsbezirk Frankfurt in der Provinz Brandenburg und wurde bei der Gebietsreform 1816 dem Kreis Cottbus zugeordnet. Anfang der 1840er Jahre hatte Hänchen 251 Einwohner in 36 Wohngebäuden und ein Rittergut.[5] Dieses wurde 1864 in die drei einzelnen Rittergüter Annahof, Hänchen und Weinberg geteilt.[6] In diesem Jahr hatte Hänchen 250 Einwohner und für das Schäfereivorwerk Annahof waren 33 Einwohner verzeichnet.[7] 1867 wurde die heutige Dorfkirche Hänchen gebaut. Bei der Volkszählung am 1. Dezember 1871 hatte die Landgemeinde Hänchen 142 Einwohner, davon waren 62 Männer und 80 Frauen; 32 Einwohner waren Kinder unter zehn Jahren. Zur Gemeinde gehörte ein Bahnwärterhaus. Im Gutsbezirk Hänchen lebten bei der Volkszählung 156 Einwohner, davon 71 Männer und 85 Frauen sowie 38 Kinder unter zehn Jahren. Im Gutsbezirk verteilten sich die Einwohner auf den Gutsanteil des Dorfes Hänchen mit 34, den Gutshof Hänchen mit 24, die Gutshöfe Annahof und Weinberg mit 39 bzw. 25 Einwohnern und die Einzelsiedlungen Ziegelei mit 17, Feldschenke mit sieben, Einzelhäuser an der Drebkauer Chaussee mit sechs und Torfstich bei Hänchen mit vier Einwohnern.[8]
Lange Zeit war Hänchen ein sorbischsprachiges Dorf. Laut Arnošt Muka hatte der Ort im Jahr 1880 insgesamt 321 Einwohner, von denen 301 Sorben und 20 Deutsche waren. Bis zum Tod des Pfarrers Bĕtkaŕ im Jahr 1882 wurde in der Dorfkirche Hänchen in sorbischer Sprache gepredigt.[9] 1886 wurde der Kreis Cottbus in Landkreis Cottbus umbenannt. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es im Gebiet der heutigen Gemarkung von Hänchen drei Ziegeleien. Am 1. Dezember 1910 hatte die Landgemeinde Hänchen 144 und der Gutsbezirk Hänchen 151 Einwohner.[10] Der Gutsbezirk wurde 1928 im Zuge der Auflösung der preußischen Gutsbezirke in die Landgemeinde eingegliedert. Die heutigen Wohnplätze Alte und Neue Siedlung entstanden im 20. Jahrhundert. Die Kirche von Hänchen brannte im April 1945 nieder. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gehörte Hänchen zur Sowjetischen Besatzungszone und ab 1949 zur DDR. Die Kirche wurde wieder aufgebaut und seit 1951 wieder für Gottesdienste genutzt.
Bei der Kreisreform am 25. Juli 1952 wurde Hänchen dem Kreis Cottbus (ab 1954 Kreis Cottbus-Land) im Bezirk Cottbus zugeordnet. Ernst Tschernik zählte im Jahr 1956 einen sorbischsprachigen Bevölkerungsanteil von nur noch 2,5 %.[11] Nach der Wende lag die Gemeinde zunächst im Landkreis Cottbus in Brandenburg. Bei der Gebietsreform vom 6. Dezember 1993 ging dieser im neuen Landkreis Spree-Neiße auf, am gleichen Tag fusionierte Hänchen mit neun weiteren Gemeinden zu der neuen Großgemeinde Kolkwitz.
Bevölkerungsentwicklung
Einwohnerentwicklung in Hänchen von 1875 bis 1992[12] | |||||||||||||
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Jahr | Einwohner | Jahr | Einwohner | Jahr | Einwohner | ||||||||
1875 | 299 | 1939 | 702 | 1981 | 519 | ||||||||
1890 | 333 | 1946 | 905 | 1985 | 590 | ||||||||
1910 | 296 | 1950 | 857 | 1989 | 479 | ||||||||
1925 | 373 | 1964 | 708 | 1992 | 458 | ||||||||
1933 | 449 | 1971 | 674 | ||||||||||
Persönlichkeiten
- Johann Georg Zwahr (1785–1844), evangelischer Pfarrer in Stradow bei Spremberg 1812–1844, Verfasser des ersten niedersorbisch-deutschen Wörterbuchs, geboren in Hänchen
- Max Pohlenz (1872–1962), klassischer Philologe, geboren in Hänchen
- Joochen Laabs (* 1937), Schriftsteller, aufgewachsen in Hänchen
Bilder
- Evangelische Dorfkirche
- Altes Spritzenhaus der Freiwilligen Feuerwehr
- Dorfgaststätte Böhmischer Rasthof
- Die Motocross-Strecke Am Weinberg wird im Rahmen von deutschen als auch internationalen Wettkämpfen befahren
- Wohnplatz Annahof
- Landschaft bei Hänchen
- Annahofer Teiche
- Wohnplatz Alte Siedlung
- Wohnplatz Neue Siedlung
Weblinks
Nachweise
- Gemeinde- und Ortsteilverzeichnis des Landes Brandenburg. Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (LGB), abgerufen am 24. Januar 2021.
- Arnošt Muka: Serbski zemjepisny słowničk. Nakł. Maćica Serbska, Budyšin 1927, S. 70 (Online).
- Ernst Eichler: Die Ortsnamen der Niederlausitz. Domowina-Verlag, Bautzen 1975, S. 56.
- Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische Beschreibung der gesammten Mark Brandenburg. Band 3: Die Neumark Brandenburg enthaltend. Berlin 1809, S. 347 (Online).
- Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. d. O. Gustav Harnecker's Buchhandlung, Frankfurt a. O. 1844, S. 40 (Online).
- Hänchen. In: kolkwitz.de. Gemeinde Kolkwitz, abgerufen am 4. Juni 2017.
- Topographisch-statistisches Handbuch des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. O. Verlag von Gustav Harnecker u. Co., Frankfurt a. O. 1867, S. 42 (Online).
- Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staats und ihre Bevölkerung. Teil II: Provinz Brandenburg, Berlin 1873, S. 218f. (Online) und S. 222f. (Online).
- Arnošt Muka: Statistik der Lausitzer Sorben. Deutsch von Robert Lorenz. Domowina-Verlag, Bautzen 2019, S. 102.
- Einwohner am 1. Dezember 1910. Landkreis Cottbus. In: gemeindeverzeichnis.de, abgerufen am 24. Januar 2021.
- Ludwig Elle: Sprachenpolitik in der Lausitz. Domowina-Verlag, Bautzen 1995.
- Historisches Gemeindeverzeichnis des Landes Brandenburg 1875 bis 2005. (PDF; 331 kB) Landkreis Spree-Neiße. Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Land Brandenburg, Dezember 2006, abgerufen am 4. Juni 2017.