Präsident (Osttimor)
Der Präsident der Republik (portugiesisch Presidente da República) ist das Staatsoberhaupt Osttimors (Timor-Leste).
Allgemein
Er wird alle fünf Jahre gewählt und kann nur einmal wiedergewählt werden. Gewählt werden können alle Osttimoresen, die mindestens 35 Jahre alt und im Vollbesitz ihrer Kräfte sind.[1] Der Wahlsieger wird durch den Parlamentspräsidenten vereidigt.[2]
Der Präsident hat in dem semi-präsidialen System eher symbolische Befugnisse, besitzt aber ein reversibles Vetorecht bei der Gesetzgebung, ein vollständiges Vetorecht gegen Gesetzesdekrete der Exekutive, die Befugnis, Gesetze zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorzulegen und die Befugnis, Begnadigungen auszusprechen. Außerdem kann er das Nationalparlament auflösen. Der Präsident ernennt den Premierminister, die Minister und eine Reihe von wichtigen Positionen im Staatswesen auf Vorschlag der Regierung. Das gibt ihm die Möglichkeit etwa die Besetzung von Ministerposten zu blockieren, wie es zum Beispiel bei der VIII. Regierung von 2018 bis 2020 geschah.[2][3]
Beratend steht ihm der Staatsrat zur Seite. Der Präsident vergibt den Auftrag zur Regierungsbildung und kann beim Scheitern der Regierung entweder den Auftrag neu vergeben oder das Parlament auflösen.[3]
Francisco Xavier do Amaral 1975–1977
Francisco Xavier do Amaral wurde nach Ausrufung der Unabhängigkeit von Portugal am 28. November 1975 zum ersten Präsidenten Osttimors. Er musste nach der indonesischen Invasion am 7. Dezember in die Berge fliehen. 1977 wurde do Amaral wegen Meinungsverschiedenheiten über das Vorgehen gegen die indonesische Besatzung von der FRETILIN abgesetzt. Parallel zu do Amaral fungierte Arnaldo dos Reis Araújo vom 17. Dezember 1975 bis zum 17. Juli 1976 als Präsident der von den indonesischen Besatzern eingesetzten provisorischen Regierung.
Nicolau dos Reis Lobato 1977–1978
Im September 1977 wurde der bisherige Premierminister Nicolau dos Reis Lobato nominell Präsident Osttimors. Er wurde bei der Operation „Einkreisung“ durch eine Kugel am Bein verletzt und kurz darauf von den Indonesiern am 31. Dezember 1978 gestellt. Mit den Worten „meine letzte Kugel ist mein Sieg“ erschoss sich Lobato selbst, bevor er gefangen genommen werden konnte. Andere Quellen berichten, Lobato sei von den indonesischen Streitkräften getötet worden.
Xanana Gusmão 2002–2007
Bei der ersten Präsidentenwahl nach dem Abzug Indonesiens am 14. April 2002 setzte sich Xanana Gusmão gegen Francisco Xavier do Amaral, der für die Associação Social-Democrata de Timor (ASDT) antrat, mit 82,7 % der Stimmen durch.[4] Gusmão, der frühere Chef von FRETILIN und des Conselho Nacional de Resistência Timorense CNRT, wird als Volksheld verehrt. Nachdem die Eigenstaatlichkeit Osttimors als großes Ziel erreicht war, wollte sich Gusmão eigentlich aus der aktiven Politik zurückziehen, stellte sich dann aber doch den vielen Bitten, weiter eine verantwortungsvolle Position einzunehmen.
Ziviler Stabschef (Chefe de Casa Civil) des Präsidenten war Ágio Pereira.[5]
Präsidentenwahl in Osttimor am 14. April 2002 | ||
---|---|---|
Kandidat (Partei) | Stimmen | in % |
Xanana Gusmão (parteilos) | 301.634 | 82,69 |
Francisco Xavier do Amaral (ASDT) | 63.146 | 17,31 |
Gesamt (Beteiligung: 86 %) | 364.780 | 100 |
José Ramos-Horta 2007–2012
Xanana Gusmão wollte sich bei der Präsidentschaftswahl am 9. April 2007 nicht mehr zur Wahl stellen, sondern trat bei den Parlamentswahlen am 30. Juni 2007 als Kandidat für das Amt des Premierministers an. Für seine Nachfolge stellten sich am 9. April 2007 acht Kandidaten zur Wahl.
Erste Runde der Präsidentenwahl in Osttimor am 9. April 2007 | ||
---|---|---|
Kandidat (Partei) | Stimmen | in % |
Francisco Lu-Olo Guterres (FRETILIN) | 112.666 | 27,89 |
José Ramos-Horta (parteilos) | 88.102 | 21,81 |
Fernando La Sama de Araújo (PD) | 77.459 | 19,18 |
Francisco Xavier do Amaral (ASDT) | 58.125 | 14,39 |
Lúcia Lobato (PSD) | 35.789 | 8,86 |
Manuel Tilman (KOTA) | 16.534 | 4,09 |
Avelino Coelho da Silva (PST) | 8.338 | 2,06 |
João Carrascalão (UDT) | 6.928 | 1,72 |
gültige Stimmen | 403.941 | 94,56 |
Gesamt (Beteiligung: 81,79 %) | 427.712 | 100 |
Da keiner der Kandidaten auf Anhieb mehr als 50 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte, kam es am 9. Mai zu einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl, Francisco Lu-Olo Guterres und José Ramos-Horta, die Ramos-Horta mit 69 % für sich entschied. Er wurde von Guterres, in dessen Funktion als Parlamentspräsident, am 20. Mai 2007 als neuer Staatspräsidenten vereidigt.
Präsidentenwahl in Osttimor am 9. Mai 2007 | ||
---|---|---|
Kandidat (Partei) | Stimmen | in % |
José Ramos-Horta (parteilos) | 285.835 | 69,18 |
Francisco Lu-Olo Guterres (FRETILIN) | 127.342 | 30,82 |
gültige Stimmen | 413.177 | 97,34 |
Gesamt (Beteiligung: 81,00 %) | 424.475 | 100 |
- Beleg:[9]
Der parteilose José Ramos-Horta war unter dem ersten Premierminister Marí Alkatiri zunächst Außenminister. Als Alkatiri 2006 aufgrund der Unruhen in Osttimor zurücktreten musste, übernahm Ramos-Horta dessen Amt und das des Verteidigungsministers. Einen Tag vor seiner Vereidigung als Präsident trat er von diesen Ämtern zurück.
Bis zum 8. August 2007 blieb Ágio Pereira Stabschef des Präsidenten.[5]
Bei einem Attentat wurde Ramos-Horta am 11. Februar 2008 schwer verletzt. Laut Verfassung übernimmt der Parlamentspräsident im Krankheitsfall die Amtsgeschäfte des Präsidenten. Da der Parlamentspräsident Fernando de Araújo sich zu dieser Zeit in Portugal befand, übernahm sein Vertreter Vicente da Silva Guterres die Aufgabe bis zur Rückkehr von de Araújo wenige Tage später. Am 16. April 2008 kehrte Ramos-Horta von der Behandlung seiner Verletzungen in Australien nach Osttimor zurück und übernahm wieder das Amt.
Ziviler Stabschef (Chefe de Casa Civil) des Präsidenten war Gregório de Sousa und Chefe de Casa Militar ab 2011 Oberst João Miranda.[10][11]
Taur Matan Ruak 2012–2017
José Ramos-Horta schied bei den Präsidentschaftswahlen am 17. März 2012 bereits in der ersten Runde aus.
Präsidentenwahl in Osttimor am 17. März 2012 | ||
---|---|---|
Kandidat | Stimmen | in % |
Manuel Tilman | 7.226 | 1,56 |
Taur Matan Ruak | 119.462 | 25,71 |
Francisco Guterres Lú-Olo | 133.635 | 28,76 |
Francisco Xavier do Amaral | vor dem Wahlgang verstorben | |
Rogério Lobato | 16.219 | 3,49 |
María do Céu | 1.843 | 0,40 |
Angelita Pires | 1.742 | 0,37 |
José Ramos-Horta | 81.231 | 17,48 |
Francisco Gomes | 3.531 | 0,76 |
José Luís Guterres | 9.235 | 1,99 |
Abílio Araújo | 6.294 | 1,35 |
Lucas da Costa | 3.862 | 0,83 |
Fernando La Sama de Araújo | 80.381 | 17,30 |
Angela Freitas | zur Wahl nicht zugelassen | |
gültige Stimmen | 464.661 | 100 |
ungültige Stimmen | 18.788 | 3,83 |
leere Stimmzettel | 6.484 | 1,32 |
Gesamt (Beteiligung: 78,20 %)[12] | 489.933 |
Ramos-Hortas Nachfolger wurde am 16. April zwischen Taur Matan Ruak und Francisco Guterres gewählt. Taur Matan Ruak gewann die Wahl deutlich.
Präsidentenwahl in Osttimor am 16. April 2012 | ||||
Distrikt (vorläufiges Endergebnis)[13] |
Taur Matan Ruak (parteilos) |
Francisco Guterres (FRETILIN) | ||
---|---|---|---|---|
Aileu | 13.851 | 70,76 % | 5.725 | 29,24 % |
Ainaro | 15.602 | 67,19 % | 7.617 | 32,81 % |
Baucau | 25.701 | 47,93 % | 27.917 | 52,07 % |
Bobonaro | 27.284 | 70,01 % | 11.689 | 29,99 % |
Cova Lima | 15.755 | 62,58 % | 9.421 | 37,42 % |
Dili | 56.377 | 65,79 % | 29.316 | 34,21 % |
Ermera | 31.042 | 67,06 % | 15.246 | 32,94 % |
Lautém | 13.555 | 50,40 % | 13.340 | 49,60 % |
Liquiçá | 17.426 | 64,19 % | 9.723 | 35,81 % |
Manatuto | 14.480 | 73,55 % | 5.208 | 26,45 % |
Manufahi | 11.423 | 54,18 % | 9.660 | 45,82 % |
Oe-Cusse Ambeno | 21.252 | 75,92 % | 6.740 | 24,08 % |
Viqueque | 11.693 | 33,92 % | 22.784 | 66,08 % |
Osttimor (offizielles Endergebnis)[14] |
275.471 | 61,23 % | 174.408 | 38,77 % |
gültige Stimmen | 449.879 (98,08 %) | |||
ungültige Stimmen | %) | 6.801 (1,48|||
leere Stimmzettel | %) | 2.023 (0,44|||
Abgegebene Stimmen | 458.703 (Wahlbeteiligung 73,12 %) |
Stabschef von Taur Matan Ruak war von 2012 bis 2015 Fidelis Leite Magalhães. Ihm folgte Rui Augusto Gomes. Taur Matan Ruak sah sich, nachdem es ab 2015 mit der VI. konstitutionelle Regierung Osttimors faktisch eine All-Parteien-Koalition gab, in der Rolle der kontrollierenden Opposition. Gegen den Haushaltsplan von 2016 legte er sein Veto ein, dass das Parlament einstimmig zurückwies. Streit gab es auch um die Besetzung des Postens des militärischen Oberbefehlshabers, während dem Taur Matan Ruak führenden Regierungsmitgliedern Korruption vorwarf. Durchsetzen konnte sich der Präsident aber mit seinen Forderungen nicht.
Taur Matan Ruak gelang es, wie er versprochen hatte, als erster Präsident alle 442 Sucos des Landes in seiner Amtszeit zu besuchen, was ihm viel an Popularität einbrachte.
Francisco Guterres seit 20. Mai 2017
Im dritten Anlauf gelang Francisco Lú-Olo Guterres von der FRETILIN der Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen 2017 gleich in der ersten Runde. Amtsinhaber Taur Matan Ruak war nicht mehr angetreten, da er bei den Parlamentswahlen 2017 kandidieren will. Die Amtseinführung von Guterres fand am 20. Mai 2017 um Mitternacht statt.
Vorläufiges Endergebnis der Präsidentenwahl in Osttimor am 20. März 2017 | ||
---|---|---|
Kandidat | Stimmen | in % |
Antonio Maher Lopes (PST) | 9.098 | 1,76 |
Francisco Lu-Olo Guterres (FRETILIN) | 294.938 | 57,08 |
Amorim Vieira (unabhängig) | 4.279 | 0,83 |
José Samala-Rua Neves (unabhängig) | 11.662 | 2,26 |
José Luís Lugu Guterres (unabhängig, FM-Vorsitzender) | 13.513 | 2,62 |
Angela Freitas (PT) | 4.353 | 0,84 |
Luís Mau-Hunu Alves Tilman (unabhängig) | 11.124 | 2,15 |
António Kalohan da Conceição (PD) | 167.760 | 32,47 |
gültige Stimmen | 516.727 | 97,71 |
ungültige Stimmen | 9.176 | 1,74 |
leere Stimmzettel | 2.910 | 0,55 |
Gesamt (Wahlbeteiligung: 71,16 %) | 528.813 |
Ziviler Stabschef (Chefe de Casa Civil) des Präsidenten ist Francisco Maria de Vasconcelos, in Nachfolge von Interim-Chefin Ana Pessoa Pinto. Chefe de Casa Militar ist Oberst António Soares da Silva („Mau Kalo“).[15][16]
Guterres hatte zunächst, mit der VII. konstitutionelle Regierung Osttimors, es mit einer von seiner FRETILIN geführten Minderheitenregierung zu tun. Obwohl sie sich weder mit ihrem Programm, noch mit dem Haushaltsplan im Parlament durchsetzen konnte, verweigerte Guterres dem Oppositionsbündnis, dass die Mehrheit der Sitze innehatte, den Auftrag zur Regierungsbildung. Stattdessen ordnete er Neuwahlen an. Das Übergehen der parlamentarischen Mehrheit durch Präsident Guterres wurde von Kommentatoren und Staatswissenschaftler als „Angriff auf die Demokratie“ bewertet. Ihm und Premierminister Alkatiri wurde „Dickköpigkeit“ und „Arroganz“ vorgeworfen.
Das bisherige Oppositionsbündnis gewann bei den Parlamentswahlen in Osttimor 2018 erneut die absolute Mehrheit im Parlament und stellte nun die neue Regierung. Allerdings verweigerte Präsident Guterres mehreren vorgeschlagenen Kandidaten die Ernennung zum Regierungsmitglied, aufgrund „ethischer Defizite.“ Im Gegenzug verweigerte die Parlamentsmehrheit Guterres nun die Erlaubnis Staatsbesuche und andere Dienstreisen ins Ausland zu unternehmen, bis der Streit gelöst ist. Stabschef Vasconcelos vertrat Guterres bei Auslandsterminen.[17] Das Ausscheiden des CNRT aus der Regierungskoalition und Eintritt der FRETILIN endete der Konflikt zwischen Präsident und Regierung.
Weblinks
Einzelnachweise
- Gesetz zur Wahl des Präsidenten (Englisch) (PDF-Datei; 193 kB)
- Michael Leach: Timor-Leste: comebacks and contests ahead of presidential elections, 24. Januar 2022, abgerufen am 25. Januar 2022.
- Rui Graça Feijó: Timor-Leste: is Díli on (Political) Fire Again?, Presidental Power, 11. Dezember 2017, abgerufen am 11. Dezember 2017.
- Psephos Adam Carr’s Election Archive
- Lusa: Decisão do CNRT implica saída de Agio Pereira, veterano da governação em Timor-Leste, 23. Mai 2020, abgerufen am 24. Mai 2020.
- 18. April 2007, Two set to square off for presidency
- Adelaide now, 19. April 2007, Losing candidates appeal election results
- East Timor Legal Information Site (Memento des Originals vom 22. Juni 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Nationale Wahlkommission: Offizielles Endergebnis (Tetum) (Memento vom 21. Juni 2007 im Internet Archive) (PDF; 22 kB)
- Jornal da República: Decreto do Presidente da República nº 50/2012 de 19 de Maio, abgerufen am 29. April 2020.
- Präsidentendekret 17/2018 vom 30. Mai 2018.
- CNE: Rezultadu definitivo primeira eleisaun presidencial, 26. März 2012 (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- STAE: Rezultadu Provisorio Total Huosi 13 Distritu. Archiviert vom Original am 13. Januar 2013; abgerufen am 4. Januar 2016.
- CNE: Rezultadu definitivo segunda volta eleizaun presidencial (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Tatoli: KSDS Hahu Diskute Seguransa Nasional, abgerufen am 28. Mai 2018.
- Jornál da República: DECRETO DO PRESIDENTE DA REPÚBLICA N.º 46/2017 & DECRETO DO PRESIDENTE DA REPÚBLICA N.º 47/2017, 24. Mai 2017, abgerufen am 11. November 2018.
- Facebook-Auftritt des Staatspräsidenten: PRESS RELEASE – FRANCISCO MARIA DE VASCONCELOS PARTICIPATES IN UNGA HIGH-LEVEL MEETING AS THE PR’S SPECIAL ENVOY, 7. April 2019, abgerufen am 8. April 2019.