Dasatinib

Dasatinib (Handelsname: Sprycel; Hersteller: Bristol-Myers Squibb) i​st ein Proteinkinaseinhibitor a​us der Gruppe d​er Tyrosinkinase-Inhibitoren, d​er als Arzneistoff z​ur Behandlung bestimmter maligner Erkrankung Verwendung findet (chronische myeloische Leukämie (CML) u​nd Philadelphia-Chromosom-positive akute lymphatische Leukämie (Ph+ALL)).[2]

Strukturformel
Allgemeines
Freiname Dasatinib
Andere Namen

N-(2-Chlor-6-methylphenyl)-2-({6-[4-(2-hydroxyethyl)-1-piperazinyl]-2-methyl-4-pyrimidinyl}amino)-1,3-thiazol-5-carboxamid (IUPAC)

Summenformel C22H26ClN7O2S
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 302962-49-8
EG-Nummer 801-607-0
ECHA-InfoCard 100.228.321
PubChem 3062316
ChemSpider 2323020
DrugBank DB01254
Wikidata Q419940
Arzneistoffangaben
ATC-Code

L01XE06

Wirkstoffklasse

Zytostatikum

Wirkmechanismus

Tyrosinkinase-Inhibitor

Eigenschaften
Molare Masse 488,01 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [1]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301315318351361372410
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Bioverfügbarkeit  ? %
Plasmaproteinbindung 96 %
Metabolismus Hepatisch
Plasmahalbwertszeit 1,3 bis 5 Stunden
Verabreichungsform Oral
Schwangerschaft Sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung

Pharmakologie

Wirkungsweise

Wie d​er bereits i​m Jahr 2001 zugelassene Wirkstoff Imatinib i​st Dasatinib e​in spezifischer Tyrosinkinase-Inhibitor d​er BCR-ABL-Kinase u​nd der SRC-Kinase. Jedoch w​irkt Dasatinib n​och bei 32 v​on 33 bekannten Mutationen d​es Philadelphia-Chromosoms, b​ei denen Imatinib k​eine Wirkung zeigt. Allein b​ei der Genmutation T315I i​st offenbar e​ine Bindung a​n die spezifische Bindungsstelle d​er Tyrosinkinase verhindert.

Wirksamkeits-Studie

In einer im Juni 2006 veröffentlichten Phase-1-Studie zur Dosis-Anpassung wurde Dasatinib an Patienten erprobt, die eine Imatinib-Resistenz oder eine Unverträglichkeit zeigten.[3] Bei 37 von 40 Patienten in der chronischen Phase der CML konnte eine komplette hämatologische Remission erzielt werden. Ein deutliches Ansprechen der Blutwerte wurde bei 31 von 44 Patienten erreicht, die sich in der akzelerierten Phase der CML bzw. der Blastenkrise befanden oder an Philadelphia-Chromosom-positiver akuter lymphatischer Leukämie (Ph+ALL) erkrankt waren. Die aktuellen 24 Monatsdaten (ASH-Abstract #734) zeigen weiterhin die hohe Wirksamkeit von Dasatinib. Durch Dasatinib eingeleitetes zytogenetisches Ansprechen bleibt bei Patienten mit CML in chronischer Phase (CP-CML), die auf Imatinib resistent sind oder es nicht vertragen, dauerhaft.

Dauer der Wirksamkeit

Bei 95 % der Patienten in der chronischen Phase hielt die Wirksamkeit während einer mittleren Beobachtungszeit von mehr als zwölf Monaten an. Von den Patienten in der Akzelerationsphase der CML blieben 82 % während einer mittleren Beobachtungszeit von 5 Monaten in der Remission. Fast alle Patienten in der Blastenkrise der CML oder mit Ph+ALL erlitten einen Rückfall innerhalb von 6 Monaten. Das progressionsfreie Überleben bei 15 Monaten lag bei 90 %, während das Gesamtüberleben 96 % betrug. Dosisunterbrechungen waren bei 87 % der Patienten nötig und eine Dosissenkung bei 73 %; die durchschnittlich verabreichte Tagesdosis betrug 101 mg (zwischen 11 und 171).

Nebenwirkungen

Langzeit-Wirkung und Nebenwirkungen von Dasatinib werden in aktuell laufenden Studien untersucht. Folgende häufiger vorkommende Nebenwirkungen sind bekannt: Kopfschmerz, Durchfall, Übelkeit, Müdigkeit, Hautausschläge, Ödeme, Atemnot, Pleuraergüsse, Pilzerkrankungen und Gelenkschmerzen. Wesentlich seltener sind: Appetitlosigkeit, Lungenentzündung und Darmblutungen. Sehr selten sind: Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Lungenödeme, Oberflächenödeme, erhöhte Leber- und Kreatininwerte sowie Kalziummangel. Berichte über einen Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) Grad 3–4 (starke und sehr starke Nebenwirkung) und eine Verminderung der Anzahl neutrophiler Granulozyten im Blut (Neutropenie) Grad 3–4 wurden bei 48 % bzw. 49 % der Patienten verzeichnet. Nicht hämatologische Nebenwirkungen bestanden hauptsächlich aus Durchfall (37 %), Kopfschmerzen (32 %), Müdigkeit (31 %) und Atemnot (30 %). 27 % der Patienten erlitten einen Pleuraerguss (abnorme Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle); was als Grad 1–2 bei 21 % und Grad 3–4 bei 6 % der Patienten eingestuft wurde. Im Rahmen der Pharmakovigilanz wurde ein Zusammenhang zwischen der Therapie mit Sprycel® und dem Auftreten eines hohen Blutdrucks im Lungenkreislauf (pulmonale arterielle Hypertonie, PAH) festgestellt, so dass der Hersteller Bristol-Myers Squibb entsprechend warnte.[4]

Geschichte

Dasatinib wurde von Bristol-Myers Squibb (BMS) unter der Projektbezeichnung BMS-354825 entwickelt. Der Freiname leitet sich vom Namen eines der an der Synthese bei BMS beteiligten Chemiker, Jagabandhu Das, ab.[5] Als Arzneistoff ist es seit Juni 2006 in den USA, bzw. seit November 2006 in der EU zugelassen und wird unter dem Handelsnamen Sprycel vermarktet. Der Einsatz war zunächst auf die Behandlung von erwachsenen Patienten mit Imatinib-Resistenz oder -Unverträglichkeit beschränkt (sogenannte Zweitlinie), Ende 2010 erfolgte die Zulassung für die Erstlinientherapie.

Einzelnachweise

  1. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von N-(2-chloro-6-methylphenyl)-2-({6-[4-(2-hydroxyethyl)piperazin-1-yl]-2-methylpyrimidin-4-yl}amino)-1,3-thiazole-5-carboxamide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 13. Januar 2020.
  2. European Commission Approves Expanded Indication for Sprycel (dasatinib) to Include Treatment of Children with Philadelphia Chromosome-Positive Chronic Myeloid Leukemia in Chronic Phase PM BMS vom 5. Juli 2018, abgerufen am 8. Juli 2018.
  3. Moshe Talpaz et al. (2006): Dasatinib in Imatinib-Resistant Philadelphia Chromosome–Positive Leukemias. (PDF) In: N Engl J Med. Band 354, S. 2531–2541, PMID 16775234.
  4. Rote-Hand-Brief von Bristol-Myers Squibb am 02. August 2011. (PDF; 352 kB) Abgerufen am 4. August 2011.
  5. Jagabandhu Das, Ping Chen, Derek Norris, Ramesh Padmanabha, James Lin, Robert V. Moquin, Zhongqi Shen, Lynda S. Cook, Arthur M. Doweyko, Sidney Pitt, Suhong Pang, Ding Ren Shen, Qiong Fang, Henry F. de Fex, Kim W. McIntyre, David J. Shuster, Kathleen M. Gillooly, Kamelia Behnia, Gary L. Schieven, John Wityak, Joel C. Barrish: 2-Aminothiazole as a Novel Kinase Inhibitor Template. Structure-Activity Relationship Studies toward the Discovery of N-(2-Chloro-6-methylphenyl)-2-({6-[4-(2-hydroxyethyl)-1-piperazinyl]-2-methyl-4-pyrimidinyl}amino)-1,3-thiazole-5-carboxamide (Dasatinib, BMS-354825) as a Potent pan-Src Kinase Inhibitor. In: Journal of Medicinal Chemistry, 49, 2006, S. 6819–6832, PMID 17154512, doi:10.1021/jm060727j.

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