Anatomisch-Therapeutisch-Chemisches Klassifikationssystem
Das Anatomisch-therapeutisch-chemische Klassifikationssystem, offiziell Anatomical Therapeutic Chemical / Defined Daily Dose Classification ist eine 1976 von der European Pharmaceutical Market Research Association (EPhMRA) entwickelte, 1990 dann vom Collaborating Centre for Drug Statistics der Weltgesundheitsorganisation adaptierte und offiziell herausgegebene internationale Klassifikation für Arzneistoffe.
Die Klassifikation gilt für Substanzen, nicht für Handelspräparate. In Deutschland erscheint jährlich eine gemäß dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) adaptierte Version ATC/DDD – DIMDI (Version 17, 2020)[1] die zusätzlich pflanzliche Substanzen enthält. Die meisten kommerziell vertriebenen Arzneimittel-Verzeichnisse und -Kataloge sind (neben der Pharmazentralnummer) auch nach dem ATC-Index der Einzelstoffe geordnet.
Die Klassifikation enthält 5 Ebenen. Auf der ersten Ebene gibt es 15 Hauptgruppen, die sich nach dem Organ (zum Beispiel Herz) oder System (zum Beispiel Blutkreislauf) richten, auf die der Arzneistoff seine Hauptwirkung entfaltet. Die zweite und dritte Ebene sind Therapiegruppen beziehungsweise -untergruppen; die vierte und fünfte Ebene sind nach der chemischen Struktur geordnet.
Allgemeine Erläuterung des ATC-Codes
Level 1: Buchstabe für die anatomische Gruppe. Davon gibt es 15 verschiedene:
- ATC A – Alimentäres System und Stoffwechsel
- ATC B – Blut und blutbildende Organe
- ATC C – Cardiovasculäres System
- ATC D – Dermatika
- ATC G – Urogenitalsystem und Sexualhormone
- ATC H – Hormone, systemisch (ohne Sexualhormone)
- ATC J – Antiinfektiva für systemische Gabe
- ATC L – Antineoplastische und immunmodulierende Substanzen
- ATC M – Muskel- und Skelettsystem
- ATC N – Nervensystem
- ATC P – Antiparasitäre Substanzen, Insektizide, Repellenzien
- ATC Q – Veterinärmedizinische Arzneimittel
- ATC R – Respirationstrakt
- ATC S – Sinnesorgane
- ATC V – Verschiedene
Level 2: Therapeutische Hauptgruppe (2 Ziffern)
Level 3: Therapeutische/pharmakologische Untergruppe (ein Buchstabe)
Level 4: chemisch/therapeutisch/pharmakologische Untergruppe (ein Buchstabe)
Level 5: Untergruppe der chemischen Substanz (2 Ziffern)
Level 2 ATC-Codes
ATC A – Alimentäres System und Stoffwechsel
ATC B – Blut und blutbildende Organe
ATC C – Cardiovasculäres System
ATC D – Dermatika
ATC G – Urogenitalsystem und Sexualhormone
ATC H – Hormone, systemisch (ohne Sexualhormone)
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ATC J – Antiinfektiva für systemische Gabe
ATC L – Antineoplastische und immunmodulierende Substanzen
ATC M – Muskel- und Skelettsystem
ATC N – Nervensystem
ATC P – Antiparasitäre Substanzen, Insektizide, Repellenzien
ATC Q – Veterinärmedizinische Arzneimittel
ATC R – Respirationstrakt
ATC S – Sinnesorgane
ATC V – Verschiedene
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Erläuterung am Beispiel der Acetylsalicylsäure
Ein Stoff kann je nach Anwendung und Dosierung unterschiedliche Codes erhalten.
Anwendung als Thrombozytenaggregationshemmer
1. Buchstabe: B
Steht für die Gruppe von Stoffen, die „Blut und blutbildende Organe“ beeinflussen.
2. Zahl: 01
Steht für die Subgruppe „Antithrombotische Arzneimittel“.
3. Buchstabe: A
Steht für die Subgruppe „Antithrombotische Arzneimittel“. Dass diese Sub-Subgruppe genau so heißt wie die Subgruppe vorher (das 2. Level), ist nicht überall so. Die Antithrombotischen Mittel lassen sich einfach nicht feiner subgruppieren.
4. Buchstabe: C
Steht für „Thrombozytenaggregationshemmer, excl. Heparin“.
5. Zahl: 06
Steht für den Wirkstoff Acetylsalicylsäure
Der ATC-Code B01AC06 steht somit für alle Arzneimittel mit dem solitären Wirkstoff Acetylsalicylsäure.
Anwendung als Schmerzmittel
Die Acetylsalicylsäure in der Anwendung als Schmerzmittel in anderer Dosierung als in seiner Funktion als Thrombozytenaggregationshemmer lässt sich auch in einen anderen ATC-Code einordnen: N02BA01
1. Buchstabe: N
Steht für das Organsystem Nervensystem
2. Zahl: 02
Steht für Analgetika
3. Buchstabe: B
Steht für Subgruppe „Andere Analgetika und Antipyretika“.
4. Buchstabe: A
Steht für die Salicylsäure und Derivate
5. Zahl: 01
Steht für Acetylsalicylsäure
Literatur
- Uwe Fricke, Judith Günther, Anette Zawinell: Methodik der ATC-Klassifikation und der DDD-Festlegung. Wissenschaftliches Institut der AOK, Bonn 2006, ISBN 3-922093-40-X.
Siehe auch
Weblinks
- WHO Collaborating Centre for Drug Statistics
- EphMRA
- Webseite zum Herunterladen des ATC-Index mit DDD-Angaben (Defined Daily Doses) für Deutschland des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information
- ATC/DDD-Klassifikation, Jahr 2020. (PDF; 3,7 MB)
- Informationsreferenzseite der amtlichen Fassung des ATC-Index für Deutschland. Wissenschaftliches Institut der AOK.
- DrugBase Index Nominum (Internationale Arzneistoff- und Arzneimittel-Datenbank des Schweizerischen Apothekervereins)
Einzelnachweise
- Amtliche ATC-Klassifikation mit DDD für 2020 veröffentlicht. DIMDI, Pressemitteilung, 27. Dezember 2019; abgerufen am 27. Dezember 2019