China-Mittel-Ost-Europa-Gipfel

Die China-Mittel-Ost-Europa-Gipfel, a​uch 16+1-Gipfel, vorher 17+1-Gipfel genannt, s​ind jährlich stattfindende Treffen d​es chinesischen Ministerpräsidenten m​it den Regierungschefs mittel- u​nd osteuropäischer Länder, u​m die geschäftlichen Beziehungen auszubauen u​nd Investitionsmöglichkeiten für chinesische Unternehmen z​u erschließen.[1]

Diese Treffen finden i​m Rahmen d​er 2012 i​n Budapest gegründeten Kooperation zwischen China u​nd mittel- u​nd osteuropäischen Ländern (englisch Cooperation between China a​nd Central a​nd Eastern European Countries, verkürzt China-CEEC o​der 17+1) statt[1][2], e​iner Initiative d​er chinesischen Regierung.[3]

Das 16+1-Sekretariat i​st in Peking, d​azu kommen sechzehn „Nationalkoordinatoren“ („national coordinators“) i​n jedem d​er Partnerländer Mittel-/Osteuropas.[4] Generalsekretär i​st der stellvertretende chinesische Außenminister Qin Gang.[5]

Teilnehmerstaaten

Die Teilnehmerstaaten a​us Mittel-/Osteuropa sind:[4]

Geschichte

Als Motiv Chinas für d​ie strategische Partnerschaft m​it diesen 17 Mittel- u​nd osteuropäische Ländern (MOEL) werden wirtschaftliche Gründe s​owie die gemeinsame kommunistische Vergangenheit i​ns Treffen geführt. Insbesondere sollen dadurch jedoch Projekte gefördert werden, d​ie im Zuge d​er 2013 v​on China i​ns Leben gerufenen „One Belt, One Road“-Strategie („Neue Seidenstraße“) d​em Ausbau d​es Handels m​it Europa dienen sollen. Seit 2012 besteht i​m chinesischen Außenministerium e​in spezielles Sekretariat für d​ie Kooperation m​it der MOEL-Region.[6]

Bereits 2011 f​and ein mehrtägiges, bilaterales, Treffen zwischen d​em ungarischen Premier Orban u​nd dem chinesischen Premier Jiabao statt, b​ei dem Ungarn wirtschaftliche Unterstützung w​ie der Kauf v​on Staatsanleihen u​nd Investitionen zugesichert wurden.[7] Außerdem w​urde wenig später d​ie Übernahme d​es ungarischen Chemieunternehmens BorsodChem d​urch die chinesische Wanhua Industrial Group beschlossen.[6]

  • Warschau – 26. April 2012: Beim ersten Gipfel wurde vom chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao die Bereitstellung einer Kreditlinie über 10 Milliarden US-Dollar und ein Investitionsfonds über 500 Millionen Dollar angekündigt. Ziel sei es, den Warenaustausch mit der Region bis 2015 auf 100 Mrd. Dollar anzukurbeln. Bereits von 2000 bis 2010 war das Handelsvolumen dieser Staaten mit China von 3 auf 40 Milliarden angestiegen.[6] Am Gipfel nahmen über 750 Unternehmen, davon 300 aus China, teil.[8] Ebenfalls 2012 wurde erstmals ein polnisches Staatsunternehmen an einen chinesischen Investor verkauft: Die Baumaschinensparte der Huta Stalowa Wola an die LiuGong Machinery für rund 67,3 Mio. Euro.[9] Bereits 2009 versuchte sich die China Overseas Engineering Group (COVEC) an einem Autobahn-Projekt in Polen, das nach rechtlichen Auseinandersetzungen jedoch fallen gelassen wurde.[10]
  • Bukarest – 26.–27. November 2013: Neben den Regierungschefs der teilnehmenden Staaten waren auch rund 1.000 Unternehmen (davon 300 aus China) anwesend.[6] Mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang war erstmals seit 19 Jahren wieder ein chinesischer Regierungschef in Rumänien. In Rumänien wurden Abkommen über Investitionen im Energiesektor sowie Erleichterungen für Lebensmittelexporte nach China beschlossen.[11]
  • Belgrad – 16.–17. Dezember 2014: Bis 2013 hatte China bereits zwei Milliarden Euro in Serbien investiert – die Donau-Brücke in Belgrad wurde 2014 fertiggestellt – nun wurde auch die bereits im Vorjahr angekündigte und mit 1,5 Mrd. Euro veranschlagte Modernisierung der Bahnstrecke Budapest–Belgrad beschlossen, die 2017 beendet sein sollte. Mit Montenegro wurde der Bau einer Autobahn Richtung Norden beschlossen (690 Mio. Euro), mit Mazedonien der Bau einer Autobahn zwischen Kicevo und Ohrid (375 Mio. Euro), die größte Investition in die Infrastruktur seit 50 Jahren laut dem damaligen Regierungschef Nikola Gruevski. Auch für Investitionen im serbischen Energiesektor wurden über 600 Mio. Dollar an Krediten durch die China Exim-Bank bereitgestellt. Die Kredite stammen stets von chinesischen Banken und die Einbindung lokaler Unternehmen als Subunternehmer ist gering. Zusätzlich wurde eine neue Kreditlinie über drei Mrd. Dollar angekündigt – von den bisherigen 10 Mrd. waren nur noch 1,7 Mrd. Dollar übrig.[12] Nur zwei Wochen nach dem Gipfel in Belgrad wurde die Fusion der chinesischen Eisenbahnhersteller CNR und CSR zur China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) bekannt, um den „westlichen“ Weltmarktführern wie General Electric, Alstom, Siemens und Bombardier künftig auch in diesem Bereich die Stirn zu bieten.[13]
  • Suzhou – 23.–27. November 2015: Vom vierten Gipfel, dieses Mal eine ganze Woche in China, war in europäische Medien kaum etwas zu lesen.[14] Das Handelsvolumen Chinas mit den 16 osteuropäischen Staaten ist bis dahin auf rund 70 Milliarden Dollar angewachsen und 80 % der angekündigten Projekte der Vorjahre seien bereits angelaufen.[14] In diesem Jahr trat China der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) bei, deren Zweck die Transformation der ehemals sowjetischen Staaten Osteuropas in das marktwirtschaftliche System ist.[15]
  • Riga – 5.–6. November 2016: Rund 600 Wirtschaftsvertreter, davon 250 aus China, nahmen am parallel stattfindenden Wirtschaftsforum teil. Die staatliche Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) kündigte einen „Sino-CEE“-Fonds über zehn Milliarden Dollar für weitere Investitionen an.[16]
  • Budapest – 27. November 2017: Erneut wurde der Investitionsrahmen um weitere drei Milliarden US-Dollar ausgedehnt, dieses Mal bereitgestellt von der China Development Bank (CDB). Auch das Bahnprojekt Budapest–Belgrad war wieder Thema, wofür ein Kredit unterzeichnet wurde. Die Gesamtkosten wurden nun mit 2,1 Milliarden Dollar beziffert und die Eröffnung auf 2023 verschoben. Neu ist hingegen das 31 Kilometer lange und 450 Mio. Euro teure Autobahnprojekt zwischen Preljina und Požega (als Teil der Autoput A2) in Serbien, das von der China Communications Construction Company (CCCC) umgesetzt werden soll.[17]
  • Sofia – 6.–7. Juli 2018: Rund 1.000 Unternehmen waren vertreten.
  • Dubrovnik – 11.–12. April 2019: In diesem Jahr erreichte das Investitionsvolumen Chinas in Serbien 10 Milliarden Dollar. Mit dem Betritt Griechenlands, vertreten durch Alexis Tsipras, wurde das 16+1 Format auf 17+1 erweitert.[18]

Im März 2021 berichtete d​as Litauische Nationale Radio u​nd Fernsehen (LRT), d​ass das litauische Parlament i​m Februar beschlossen habe, d​as 17+1-Format m​it China z​u verlassen. Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte, d​ie Zusammenarbeit zwischen Peking u​nd Litauen h​abe "fast keinen Mehrwert" gebracht. Es w​urde auch berichtet, d​ass Litauen e​in Handelsvertretungsbüro i​n Taiwan eröffnen werde, u​m die Beziehungen z​u dem Inselstaat z​u stärken[19].

Literatur

  • Weiqing Song (Hrsg.): China’s Relations with Central and Eastern Europe: From “Old Comrades” to New Partners, Routledge, Oktober 2017
  • Central and Eastern Europe as a New Frontier of China’s Multilateral Diplomacy, Guest Editor: Dragan Pavlićević, Global China and Symbolic Power: The Case of 16 + 1 Cooperation, by Anastas Vangeli, Journal of Contemporary China, 11. April 2018, doi:10.1080/10670564.2018.1458056
  • Anastas Vangeli: China’s Engagement with the Sixteen Countries of Central, East and Southeast Europe under the Belt and Road Initiative, 19. September 2017, doi:10.1111/cwe.12216, in: China & World Economy, Volume 25, Issue 5, Special Issue: Eurasian Perspectives on China’s Belt and Road Initiative, September–Oktober 2017, S. 101–124
  • The New Silk Road: China Meets Europe in the Baltic Sea Region – A Business Perspective, Edited by Jean-Paul Larçon (HEC Paris, France), World Scientific, Juli 2017
  • Kooperation zwischen China und mittel- und osteuropäischen LändernCooperation between China and Central and Eastern European Countries / 中国-中东欧国家合作
Artikel

Einzelnachweise

  1. Ágnes Szunomár: Cooperation between China and Central and Eastern Europe: Promising Start, Doubtful Outlook. In: China-US Focus, 6. Dezember 2017 (englisch).
  2. ‘16+1’ mechanism set to bolster China-Europe ties. In: china-ceec.org, 10. Juli 2018 (englisch)
  3. Introduction of the Secretariat for Cooperation between China and Central and Eastern European Countries. In: china-ceec.org, 20. November 2013 (englisch)
  4. National Coordinators. In: china-ceec.org (englisch).
  5. Secretary General of the Secretariat for Cooperation between China and Central and Eastern European Countries. In: china-ceec.org, 2. Dezember 2015 (englisch).
  6. China klopft an das östliche Tor Europas. In: frankfurt.china-consulate.org, 27. November 2013 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  7. Premier Orban dankt Wen Jiabao für "historische Hilfe". In: Der Standard, 25. Juni 2011 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  8. 15 osteuropäische Regierungschefs bei Wirtschaftsforum mit China. In: Pester Lloyd, 30. April 2012 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  9. Polen: Staatsunternehmen erstmals an chinesischen Investor verkauft In: APA, 12. Januar 2012.
  10. Keno Verseck: Osteuropa huldigt Peking – und hofft auf Milliarden. In: Spiegel Online, 28. November 2017 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  11. China und Rumänien wollen Wirtschaftskooperation verstärken. In: Focus, 25. November 2013 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  12. China sorgt für Goldgräberstimmung in Osteuropa. In: trend, 12. Dezember 2014 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  13. China verkündet Mega-Fusion der Zugbauer. In: Spiegel Online, 31. Dezember 2014 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  14. Eine Seidenstraße für Osteuropa. In: Zeit Online, 27. November 2015 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  15. China trat europäischer Entwicklungsbank EBRD bei. In: Der Standard, 15. Dezember 2015 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  16. China will in Mittel- und Osteuropa investieren. In: Der Standard, 6. November 2016 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  17. China baut Autobahnen in Serbien. In: Wiener Zeitung, 27. November 2017 (abgerufen am 4. Juli 2019).
  18. Österreichische Militärische Zeitschrift, Ausgabe 04/2019, S. 510.
  19. Lithuania mulls leaving China's 17+1 forum, expanding links with Taiwan. 2. März 2021, abgerufen am 14. August 2021 (englisch).
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