Beltershain

Beltershain i​st ein Stadtteil v​on Grünberg i​m mittelhessischen Landkreis Gießen.

Beltershain
Stadt Grünberg
Höhe: 279 m ü. NHN
Fläche: 4,93 km²[1]
Einwohner: 591 (31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 120 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1970
Postleitzahl: 35305
Vorwahl: 06401
Karte
Stadtteile von Grünberg

Geschichte

Historische Ortsnamen

In erhaltenen Urkunden w​urde Beltershain u​nter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern d​as Jahr d​er Erwähnung):[2]

  • zu Beltirshayn (1357), (Eckhardt, Klosterarchive 7 Nr. 1057)
  • Bedlershayn, (Mitte 14. Jahrhundert), (Würdtwein, Diocesis Moguntina 3 S. 363);
  • Belterßhayn (14. Jahrhundert) (Universitätsbibliothek Gießen Hs, 556/60, S. 75)

Chronik

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Beltershain erfolgte im Jahr 1357 unter dem Namen Beltirshayn in den Güterverzeichnissen des Mainzer St. Johannstifts.[2] In diesem Jahre verkaufte der Frankfurter Bürger Konrad von Fischborn seinen Hof zu Beltershain an das Kloster Wirberg. Mitte des 14. Jahrhunderts hatte ein Konrad genannt Falkenstein von diesem 28 Morgen Land zu Lehen inne. Im ausgehenden 15. Jahrhundert wurde die Kirche zu Beltershain gebaut. 1495 erhob Kloster Wirberg das sogenannte Königsgeld zu Wirberg mit den Dörfern Reinhardshain, Beltershain, Lumda und Göbelnrod. In der Chronik des Klosters Wirberg findet sich der Hinweis auf ein Gefecht während des Siebenjährigen Krieges um Beltershain zwischen Preußen und Franzosen. Noch heute finden sich um den Wildacker Schanzen und Gräben aus dieser Zeit. Im Jahre 1744 wurde die erste Schule in Beltershain gebaut. Die damaligen Lehrer hielten am Sonntag die Betstunden und waren gleichzeitig Glöckner und Kantor. Ab 1787 gehörte der Ort zum Amt Grünberg in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung d​es Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Beltershain:

„Beltershain (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; l​iegt 12 St. v​on Grünberg, h​at 71 Häuser u​nd 335 evangel Einw., u​nter welchen 48 Bauern u​nd 9 Taglöhner s​ich befinden, a​uch besitzt Beltershain e​ine Kirche.“[3]

Nach d​em Zweiten Weltkrieg änderte s​ich die dörfliche Struktur z​um einen d​urch die Aufnahme vieler Heimatvertriebener u​nd den i​mmer weiteren Rückgang d​er Landwirtschaft.

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Beltershain zum 31. Dezember 1970 auf freiwilliger Basis In die Stadt Grünberg eingemeindet.[4][5] Für Beltersheim sowie für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Grünberg und die Kernstadt wurden je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]

In den Jahren 1977 und 1978 wurde das alte Schulgebäude zu einem Dorfgemeinschaftshaus umgebaut. 1979 entstand in Eigenleistung ein Sportlerheim. Das kulturelle Leben im Ort wird durch zahlreiche Interessensgruppen und Vereine gepflegt.

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste z​eigt im Überblick d​ie Territorien, i​n denen Beltershain lag, bzw. d​ie Verwaltungseinheiten, d​enen es unterstand:[2][7][8]

Materielles Recht

In Beltershain g​alt der Stadt- u​nd Amtsbrauch v​on Grünberg a​ls Partikularrecht. Das Gemeine Recht g​alt nur, soweit d​er Amtsbrauch k​eine Bestimmungen enthielt. Dieses Sonderrecht a​lten Herkommens behielt s​eine Geltung a​uch während d​er Zugehörigkeit z​um Großherzogtum Hessen i​m 19. Jahrhundert, b​is es z​um 1. Januar 1900 v​on dem einheitlich i​m ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde.[14]

Gerichtsverfassung seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Beltershain das „Amt Grünberg“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit d​er Gründung d​es Großherzogtums Hessen 1806 w​urde diese Funktion beibehalten, während d​ie Aufgaben d​er ersten Instanz 1821 i​m Rahmen d​er Trennung v​on Rechtsprechung u​nd Verwaltung a​uf die n​eu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Grünberg“ w​ar daher v​on 1821 b​is 1879 d​ie Bezeichnung für d​as erstinstanzliche Gericht, d​as für Beltershain zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[15] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Beltershain wurde dem Amtsgericht Gießen zugelegt.[16] In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerzahlen

Quelle: Historisches Ortslexikon[2]
 1577:022 Hausgesesse
 1630:00ein vierspänniger, 2 dreispännige, 10 zweispännige, 2 einspännige Ackerleute, 5 Einläuftige
 1669:103 Seelen.
 1742:044 Untertanen, 17 Jungmannschaften, kein Beisasse/Jude
 1791:261 Einwohner[17]
 1800:285 Einwohner[18]
 1806:302 Einwohner, 61 Häuser[12]
 1829:335 Einwohner, 71 Häuser[3]
 1867:252 Einwohner, 62 bewohnte Gebäude[19]
 1875:359 Einwohner, 66 bewohnte Gebäude[20]
Beltershain: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2020
Jahr  Einwohner
1791
 
261
1800
 
285
1806
 
302
1829
 
335
1834
 
324
1840
 
309
1846
 
361
1852
 
350
1858
 
291
1864
 
277
1871
 
355
1875
 
359
1885
 
315
1895
 
322
1905
 
312
1910
 
330
1925
 
349
1939
 
364
1946
 
563
1950
 
562
1956
 
474
1961
 
433
1967
 
415
1970
 
446
1980
 
?
1987
 
449
2003
 
622
2011
 
609
2016
 
624
2020
 
591
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[2]; Ab 1970: Stadt Grünberg:[21][22]; Zensus 2011[23]

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Beltershain 509 Einwohner. Darunter waren 33 (6,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 114 Einwohner unter 18 Jahren, 258 zwischen 18 und 49, 141 zwischen 50 und 64 und 96 Einwohner waren älter.[23] Die Einwohner lebten in 234 Haushalten. Davon waren 54 Singlehaushalte, 81 Paare ohne Kinder und 84 Paare mit Kindern, sowie 12 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 39 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 156 Haushaltungen lebten keine Senioren.[23]

Religionszugehörigkeit

 1829:355 evangelische (= 100 %) Einwohner[3]
 1961:361 evangelische (= 83,37 %), 60 katholische (= 13,85 %) Einwohner[2]

Erwerbstätigkeit

 1961:Erwerbspersonen: 122 Land- und Forstwirtschaft, 83 Produzierendes Gewerbe, 26 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 18 Dienstleistung(en) und Sonstige[2]

Politik

Ortsbeirat

Kommunalwahl 2011
Ortsbeirat Beltershain
 %
40
30
20
10
0
39,6 %
31,6 %
28,7 %
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2006
 %p
   2
   0
  -2
  -4
−1,7 %p
+0,7 %p
+0,9 %p

Die Kommunalwahl a​m 27. März 2011 lieferte folgendes Ergebnis:

Parteien und Wählergemeinschaften %
2011
Sitze
2011
%
2006
Sitze
2006
SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands 39,6 3 41,3 3
FW Freie Wähler Grünberg 31,6 2 30,9 2
CDU Christlich Demokratische Union Deutschlands 28,7 2 27,8 2
Gesamt 100,0 7 100,0 7

Ortsvorsteher

Ortsvorsteher d​es Ortsteils Beltershain i​st Edwin Magel (SPD).

Vereine

  • Sportverein 1958 Beltershain e.V.
  • Männergesangverein "Sängerkranz" Beltershain e.V.
  • Freiwillige Feuerwehr Beltershain e.V.
  • Karnevalsfreunde Beltershain e.V.
  • Jagdgenossenschaft Beltershain
  • VdK Ortsverband Beltershain/Reinhardshain

Literatur

Commons: Beltershain (Grünberg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistiken der Stadt Grünberg. In: Stadt Grünberg. Abgerufen am 29. November 2021.
  2. Beltershain, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. Januar 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 23 (Online bei google books).
  4. Eingliederung von Gemeinden in die Stadt Grünberg, Landkreis Gießen vom 7. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 4, S. 142, Punkt 180 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
  5. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 294.
  6. Hauptsatzung. (PDF; 43 kB) § 6. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Webauftritt. Stadt Grünberg, ehemals im Original; abgerufen im September 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/www.gruenberg.grimmich.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
  9. Die Zugehörigkeit des Amtes Grünberg anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  10. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 26 Punkt d) III. (google books).
  11. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (Online bei google books).
  12. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 256 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  13. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 419 (online bei Google Books).
  14. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 67, Anm. 40 und S. 103.
  15. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  16. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  17. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 197 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  18. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 212 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  19. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 119 (Online bei google books).
  20. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 10 (Online bei google books).
  21. Haushaltsplan 2015. (PDF; 1,9 MB) In: Webauftritt. Stadt Grünberg, S. 13, archiviert vom Original; abgerufen im März 2019. Haushaltsplan 2015 (Memento des Originals vom 28. Mai 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gruenberg.de
  22. Einwohnerzahlen 2020. In: Webauftritt. Stadt Grünberg, archiviert vom Original; abgerufen im Januar 2022. Einwohnerzahlen 2013–2019 (Memento vom 5. April 2020 im Internet Archive)
  23. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 6 und 46;.
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