Lehnheim

Lehnheim ist ein Stadtteil von Grünberg im mittelhessischen Landkreis Gießen.

Lehnheim
Stadt Grünberg
Höhe: 302 (285–317) m ü. NHN
Fläche: 5,18 km²[1]
Einwohner: 734 (31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 142 Einwohner/km²
Postleitzahl: 35305
Vorwahl: 06401
Karte
Stadtteile von Grünberg

Geographie

Lehnheim liegt nordöstlich von Grünberg in Mittelhessen im Vorderen Vogelsberg am Äschersbach, der südlich des Ortes entspringt. Durch den Ort führt die Landesstraße 3072, die Bundesstraße 49 liegt im Süden. Dort führt ebenfalls die Vogelsbergbahn vorbei.

Geschichte

Historische Namensformen

In erhaltenen Urkunden wurde Lehnheim unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[2]

  • Lenhan, in (um 1350) [HStAD Bestand C 1 A Nr. 100]
  • Lenheym (1340–1351) [Würdtwein, Dioecesis Moguntina 3, S. 368]
  • Leenheym (15. Jahrhundert) [Universitätsbibliothek Gießen Handschrift 556/60, p. 32]
  • Lennheim (1589) [Becker, Salbücher des Kreises Alsfeld, S. 331]

Chronik

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Lehnheim erfolgte um das Jahr 1350 unter dem Namen Lenhan im Kopialbuch des Stifts St. Johann in Mainz.[2]

Im Mittelalter lag der Ort an der Kurze Hessen, einer wichtigen Handelsstraße von Mainz über Gießen nach Eisenach. In Ortsnähe wurde früher Eisenerz abgebaut. Die erste Schule wurde 1783 erbaut. In der 1954 neu errichteten Schule befindet sich heute der Kindergarten.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Lehnheim:

„Lehnheim (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt 12 St. von Grünberg, hat 59 Häuser und 321 Einwohner, die alle evangelisch sind. Die Einwohner gehören alle zum Bauernstand.“[3]

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Gebietsreform

Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Lehnheim zum 31. Dezember 1971 auf freiwilliger Basis in die Stadt Grünberg eingegliedert.[4] Für Lehnheim sowie für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Grünberg und die Kernstadt wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[5]

Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Lehnheim lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[2][6][7]

Materielles Recht

In Lehnheim galt der Stadt- und Amtsbrauch von Grünberg als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit der Amtsbrauch keine Bestimmungen enthielt. Dieses Sonderrecht alten Herkommens behielt seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, bis es zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde.[13]

Gerichtsverfassung seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Lehnheim das „Amt Grünberg“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtum Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Grünberg“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Lehnheim zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[14] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Lehnheim wurde dem Amtsgericht Alsfeld zugelegt.[15] In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerzahlen

 1791:239 Einwohner[16]
 1800:277 Einwohner[17]
 1806:311 Einwohner, 55 Häuser[11]
 1829:321 Einwohner, 59 Häuser[3]
 1867:300 Einwohner, 59 bewohnte Gebäude[18]
 1875:361 Einwohner, 70 bewohnte Gebäude[19]
Lehnheim: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2020
Jahr  Einwohner
1791
 
239
1800
 
277
1806
 
311
1829
 
321
1834
 
350
1840
 
365
1846
 
392
1852
 
453
1858
 
360
1864
 
333
1871
 
368
1875
 
361
1885
 
340
1895
 
306
1905
 
305
1910
 
345
1925
 
370
1939
 
362
1946
 
501
1950
 
497
1956
 
528
1961
 
519
1967
 
532
1970
 
577
1980
 
?
1987
 
637
2003
 
765
2011
 
741
2016
 
711
2020
 
734
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[2]; Ab 1970: Stadt Grünberg:[20][21]; Zensus 2011[22]

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Lehnheim 741 Einwohner. Darunter waren 18 (2,4 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 123 Einwohner unter 18 Jahren, 233 zwischen 18 und 49, 150 zwischen 50 und 64 und 135 Einwohner waren älter.[22] Die Einwohner lebten in 297 Haushalten. Davon waren 66 Singlehaushalte, 96 Paare ohne Kinder und 105 Paare mit Kindern, sowie 24 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 63 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 198 Haushaltungen lebten keine Senioren.[22]

Religionszugehörigkeit

 1829:321 evangelische (= 100 %) Einwohner[3]
 1961:439 evangelische (= 84,59 %) 76 katholische (= 14,64 %) Einwohner[2]

Vereine

Mehrere Vereine bestimmen das kulturelle Dorfleben:

  • Frauenhilfe Lehnheim
  • Freiwillige Feuerwehr Lehnheim
  • Gesangverein Liederkranz
  • Hopfen- und Teeverein
  • Jugend- und Sportverein
  • Landfrauen Lehnheim/Stangenrod
  • Motorradfreunde Lehnheim
  • Obst- und Gartenbauverein
  • Skatclub Kreuz Bube
  • Theatergruppe Lehnheim
  • Wanderfreunde Gipfelstürmer

Literatur

Einzelnachweise

  1. Statistiken der Stadt Grünberg. In: Internetauftritt. Stadt Grünberg, abgerufen am 1. Januar 2022.
  2. Lehnheim, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 22. November 2021). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 161 (Online bei google books).
  4. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 294.
  5. Hauptsatzung. (PDF; 43 kB) § 6. In: Webauftritt. Stadt Grünberg, abgerufen im September 2020.
  6. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  7. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
  8. Die Zugehörigkeit des Amtes Grünberg anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 26 Punkt d) III. (google books).
  10. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (Online bei google books).
  11. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 256 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  12. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 419 (online bei Google Books).
  13. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 67, Anm. 40 und S. 103.
  14. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  15. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 d) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  16. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 197 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  17. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 212 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  18. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 119 (Online bei google books).
  19. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 12 (Online bei google books).
  20. Haushaltsplan 2015. (PDF; 1,9 MB) In: Webauftritt. Stadt Grünberg, S. 13, archiviert vom Original; abgerufen im März 2019.
  21. Einwohnerzahlen 2020. In: Webauftritt. Stadt Grünberg, archiviert vom Original; abgerufen im Januar 2022. Einwohnerzahlen 2013–2019 (Memento vom 5. April 2020 im Internet Archive)
  22. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 6 und 46;.
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