Bayerische Staatskanzlei
Die Bayerische Staatskanzlei ist eine oberste Landesbehörde, die zur Unterstützung des Ministerpräsidenten und der Staatsregierung in München eingerichtet wurde. Der Sitz der Behörde wird ebenfalls als Bayerische Staatskanzlei bezeichnet.
Bayerische Staatskanzlei | |
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Staatliche Ebene | Freistaat Bayern |
Stellung | Oberste Landesbehörde |
Gründung | 1933 |
Hauptsitz | München |
Behördenleitung | Florian Herrmann, Leiter der Staatskanzlei[1][2] |
Bedienstete | 571 (2021)[3] |
Netzauftritt | www.bayern.de |
Landesbehörde
Aufgaben und verfassungsrechtliche Grundlagen
Gemäß Artikel 52 der Verfassung des Freistaates Bayern unterstützt die Staatskanzlei den Bayerischen Ministerpräsidenten und die Bayerische Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben.[4] Die Staatskanzlei unterstützt den Ministerpräsidenten bei der Bestimmung der Richtlinien der Politik sowie bei der Repräsentation Bayerns nach außen. Sie koordiniert die Tätigkeit der Staatsministerien und bereitet die Beschlussfassung der Staatsregierung vor.
In den Geschäftsbereich der Staatskanzlei ist der Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien (mit der Vertretungen des Freistaates Bayern in Brüssel) eingebettet. Zum Geschäftsbereich zählt auch die Auszeichnung mit den bayerischen Ordens- und Ehrenzeichen im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung sowie die Erteilung von Exequaturen von Konsulaten im Lande.
Zur Staatskanzlei gehört organisatorisch auch das nahe gelegene Prinz-Carl-Palais, das hauptsächlich für repräsentative Aufgaben des Ministerpräsidenten genutzt wird. Außenstellen der Staatskanzlei befinden sich in Berlin (Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund) und in Brüssel (Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union).
Geschichte
Geschaffen wurde die Staatskanzlei 1933. Zur Zeit der Weimarer Republik war der Ministerpräsident zugleich bayerischer Außenminister. Damit stellte das Außenministerium, das kaum noch eigene Kompetenzen hatte, faktisch die Behörde des Ministerpräsidenten dar. Erst nachdem im März 1933 die Nationalsozialisten die Macht auch in Bayern übernommen hatten, wurde das Außenressort abgeschafft und durch die Staatskanzlei ersetzt. Zur Zeit des Nationalsozialismus konnte die Staatskanzlei kaum Bedeutung entfalten, da zum einen Deutschland ein Einheitsstaat geworden war, in dem die Länder nur noch Reichsprovinzen waren, zum anderen, weil sie mit der Gauleitung von München-Oberbayern und der Behörde des Reichsstatthalters Franz von Epp (die sogenannte Reichsstatthalterei) mächtige Konkurrenten hatte. Nach Kriegsende übernahm 1945 Anton Pfeiffer (zuerst als Staatsrat) die Leitung der Bayerischen Staatskanzlei. Die Position des (politischen) Leiters der Staatskanzlei wurde in der Folge meistens von einem Staatssekretär oder Staatsminister wahrgenommen, teilweise auch von Ministerialdirektoren. Zusätzlich gibt es heute oberhalb der Abteilungsleiterebene den (administrativen) Amtschef der Staatskanzlei, seit 2015 im Rang eines Staatsrats.
Leiter der Bayerischen Staatskanzlei
Leiter der Staatskanzlei ist seit März 2018 Florian Herrmann, der gleichzeitig Staatsminister für Bundesangelegenheiten ist. Er trat die Nachfolge von Marcel Huber an. Daneben gibt es oberhalb der Abteilungsleiterebene den (administrativen) Amtschef der Staatskanzlei, Staatsrätin Karolina Gernbauer, die seit 2010 im Amt ist.
Gebäude
Erster Dienstsitz der Bayerischen Staatskanzlei war während der Zeit des Nationalsozialismus das Palais Montgelas am Promenadeplatz. Dieses Gebäude hatte zuvor das Außenministerium beherbergt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bezog die Behörde die ehemalige Preußische Gesandtschaft (Doppelgebäude mit der Sammlung Schack) in der Prinzregentenstraße 7, die zuvor Sitz des Reichsstatthalters Franz von Epp war. Seit 1968 ist daneben das Prinz-Carl-Palais ein Dienstsitz des Bayerischen Ministerpräsidenten, allerdings nicht als Wohnung und nur zu Repräsentationszwecken. Ministerpräsident Franz Josef Strauß trieb die Pläne zu einem repräsentativen Neubau voran. Die Wahl fiel auf den heutigen Standort an der Ostseite des Hofgartens, die Ruine des Armeemuseums.
Der Bau des ehemaligen Armeemuseums
Vor der weitgehenden Zerstörung im Zweiten Weltkrieg stand an der Stelle der heutigen Staatskanzlei seit 1905 das Bayerische Armeemuseum und vor dessen Errichtung die Hofgartenkaserne. Mit Bezugnahme auf Leo von Klenzes benachbarten Festsaalbau der Münchner Residenz lehnte sich der Neubau des Bayerischen Armeemuseums an die italienische Hochrenaissance an, jedoch in einer für den späten Historismus bezeichnenden Monumentalisierung. Der Architekt war Ludwig von Mellinger aus Rheinzabern in der Pfalz.
Die Westseite des Mittelbaus mit sechs Säulen schließt ein dreiteiliges Gebälk mit plastischer Bekrönung ab, Muschelkalkfiguren in der Mitte sowie vier Siegestrophäen. Die aufsteigende zweiläufige Freitreppe führt zu dem mit rauem und glattem fränkischen Sandstein aus Eltmann/Bamberg ausgekleideten Portikus. Die ursprünglich keiner Straße zugewandte Ostseite ist dagegen vergleichsweise zurückhaltend ausgebildet.
Unter der zweischaligen, mitsamt der 9 Meter hohen Laterne 57 Meter hohen Kuppel befindet sich ein zentraler quadratischer Raum, erbaut als eine „Ruhmeshalle“ in der Mitte des Museums. Dieser Raum umfasst die beiden Obergeschosse und hat bis zum Scheitelpunkt der Kuppel eine Höhe von 32 Metern. Die Kuppel selbst war zusammen mit der der Königlichen Anatomie die erste Eisenbetonschale Europas, beides Werke der Eisenbeton G.m.b.H., einer gemeinsamen Tochter der Wayss & Freytag und der Heilmann & Littmann. Der Ingenieur Emil Mörsch war für die statischen Berechnungen verantwortlich.[5][6] Etwa gleichzeitig entstand mit dem Verkehrsministerium ein weiterer damals hochmoderner Kuppelbau in der Stadt.
Nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurden die beiden Seitenflügel abgerissen, der Mittelbau war jahrzehntelang eine Ruine. Schon 1982 erhielt jedoch die Kuppel ihre im Ersten Weltkrieg durch Schiefer ersetzte Kupferdeckung zurück.
Der Neubau der Staatskanzlei
Einen Architektenwettbewerb zum Neubau der Staatskanzlei gewann 1982 das Architektenteam Diethard J. Siegert und Reto Gansser. Ab dem Herbst 1984 gab es jahrelange heftige Auseinandersetzungen mit der Landeshauptstadt München wegen der architektonisch sensiblen Lage am Hofgarten und an der Münchner Residenz. Besonders die geplante Beseitigung des ab 1560 angelegten Arkadengangs beim einstigen Hofbrunnwerk am Nordrand des Hofgartens zugunsten des Neubaus war umstritten und rief die Bürgerinitiative „Rettet den Hofgarten“ ins Leben. Der Kunsthistoriker Gunter Schweikhart kam in einem Gutachten vom 2. Mai 1987 zu dem Ergebnis, dass es sich „hinsichtlich seiner historischen und architektonischen Bedeutung um ein besonders wertvolles Baudenkmal“ handelt, und forderte die Sanierung. Dagegen verteidigte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege das Vorhaben der Staatsregierung. Generalkonservator Michael Petzet sah die Bayerische Staatskanzlei gerade aus historischen Gründen in der Nähe der Residenz am richtigen Platz.
Schließlich kam es nach dem Tode von Strauß 1988 unter seinem Nachfolger zu einem Kompromiss mit deutlich kleinerem Bauvolumen. Auch auf die Integration des Hauses der Bayerischen Geschichte im Gebäude wurde verzichtet. Der 1982 sanierte Kuppelbau des alten Armeemuseums wurde als Zentralbau der Staatskanzlei beibehalten, die Renaissance-Arkaden bezog man in den Neubau der Staatskanzlei ein. 1989 wurde mit der Erstellung der Tiefgarage begonnen, 1993 war die neue Staatskanzlei bezugsfertig. Die beiden neuen Flügelbauten werden in voller Länge von verglasten Treppen im Stil der Himmelsleitern durchzogen, sodass der Eindruck von Schiffstreppen entsteht, auf denen man sich schwebend bewegt. Auf Wunsch des damaligen Ministerpräsidenten Max Streibl wurde im Anschluss an das Empfangszimmer des Ministerpräsidenten ein intimer Raum mit Zirbelholzverkleidung und -mobiliar ("Zirbelstube") eingefügt, der wegen hoher Kosten Aufsehen erregte. Im Nordrisalit tagt im Kabinettssaal der Ministerrat an einem ovalen Tisch unter einer ebenfalls ovalen, gebrochen gestalteten Lichtdecke.
Am neunten Tag als bayerischer Ministerpräsident konnte Edmund Stoiber am 6. Mai 1993 seinen neuen Amtssitz beziehen. Das Gebäude umfasst etwa 8.800 m². An der Ostseite der Staatskanzlei fließt der eingefasste Köglmühlbach oberirdisch vorbei. Vor der Westseite am Hofgarten befindet sich das Kriegerdenkmal.
- Architekturmodell: Staatskanzlei mit Hofgarten und (re.) Festsaalbau der Residenz
- Doppelte Fassade am Hofgarten, 2012
- Erhaltene Ruinen der Hofgartenarkaden aus der Renaissance
- Mosaiken über dem Portal, 2012
- Kabinettssaal, 2012
- Arbeitszimmer des Ministerpräsidenten, 2012
- Dianatempel im Hofgarten mit Kuppel der Staatskanzlei, 2012
- Nachtansicht, 2014
Panorama
Literatur
- Heinrich Habel, Lothar Altmann, Die Bayerische Staatskanzlei. Verfassungs-Institution und Sitz der Staatsregierung. (Schnell, Kunstführer Nr. 2100). 9. Auflage. Schnell & Steiner, Regensburg 2010, ISBN 978-3-7954-6239-0.
- Achim Fuchs: Vom Armeemuseum zur Staatskanzlei. Regensburg 2005. (Schnell & Steiner, Kunstführer Nr. 2612; PDF-Datei; 1,6 MB). (Memento vom 11. April 2011 im Internet Archive)
Weblinks
- Offizielle Website
- www.stadtpanoramen.de – Interaktives 360° Panorama
Einzelnachweise
- http://www.bayern.de/staatsregierung/staatskanzlei/leiter-staatskanzlei-staatsminister-fuer-bundesangelegenheiten/
- Neben der Position des (politischen) Leiters der Staatskanzlei gibt es oberhalb der Abteilungsleiterebene den (administrativen) Amtschef der Staatskanzlei, Staatsrätin Karolina Gernbauer.
- Haushaltsplan 2021 – Einzelplan 02. (PDF) Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, S. 60, abgerufen am 24. Mai 2021.
- Verfassung des Freistaates Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1998, abgerufen am 30. Oktober 2011, im Wortlaut: „Zur Unterstützung des Ministerpräsidenten und der Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben besteht eine Staatskanzlei.“
- Mellinger und sein Werk. Abgerufen am 25. August 2017.
- Zwei Kuppeln in München: Armeemuseum und Anatomie (1903–1905) – Die ersten Betonschalen Europas. Abgerufen am 25. August 2017.