Barmer Ruhmeshalle
Die ehemalige Barmer Ruhmeshalle (zeitgenössisch offiziell Kaiser Wilhelm- und Friedrich-Ruhmeshalle benannt) ist ein historisches Gebäude im Wuppertaler Stadtteil Barmen und trägt nach dem Wiederaufbau den Titel Haus der Jugend. Das Gebäude beherbergt heute neben dem Haus der Jugend die Von der Heydt-Kunsthalle, den Live Club Barmen (LCB) und eine Stadtteilbibliothek der Stadtbibliothek Wuppertal.[1]
Bau
Der Bau, der in den Jahren 1897 bis 1900 im Stil der Neorenaissance vom Architekten Erdmann Hartig erbaut wurde, besteht aus Kordeler Sandstein. Die Sockelzone und die Freitreppe wurden in Granit ausgeführt. Das architektonische Vorbild des Mehrzweckbaues war das Berliner Reichstagsgebäude, das sich auch mit der Glaskuppel mit einer quadratischen Grundfläche ausdrückte. Der vorgelagerte Säulen-Portikus der Vorhalle war der dominierende Bauteil der 53 Meter langen Front. Weiter arbeiteten die Bilderhauer Joseph Hammerschmidt, August Zurstrassen und Wilhelm Giesecke an der Fassade. Sie gestalteten das Giebelfeld über der Eingangstreppe und die Figurenfriese der Seitenflügel mit Szenen zur deutschen Einheit aus der preußischen Geschichte.
Hinter der Vorhalle liegt die eigentliche Ruhmeshalle mit den drei Kaiser-Statuen, die von den Bildhauern Karl Begas, Johannes Boese und Emil Cauer d. J. geschaffen wurden. Die seitlichen Räume wurden unterschiedlich genutzt, allein die sieben Räume im ersten Obergeschoss waren dem Museumsverein vorbehalten.
Geschichte
Der Barmer Kunstverein, der im Jahr 1866 gegründet wurde, bemühte sich von Anfang an um Ausstellungsräume. Zunächst konnten die Werke des Vereins im Gesellschaftshaus der „Concordia“ am Werth ausgestellt werden. Als diese in einen Neubau umzog, wurde die Idee des Baues einer Kunsthalle geboren und 1886 wurde für die Finanzierung dazu ein Fonds eingerichtet. Im Dreikaiserjahr (1888) beschloss die Barmer Stadtverwaltung den Bau einer Ruhmeshalle zu Ehren Kaiser Wilhelms I. und Kaiser Friedrichs III. und stellte dazu das Grundstück zur Verfügung. Die Finanzierung erfolgte dann durch die Barmer Bürgerschaft. 1895 wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, den der Barmer Architekt Erdmann Hartig gewann. Der Direktor der Barmer Kunstgewerbeschule konnte sich gegen 57 andere eingereichte Entwürfe durchsetzten. Nach einer dreijährigen Bauzeit wurde der Bau mit dem damaligen offiziellen Namen „Kaiser-Wilhelm-und-Friedrich-Ruhmeshalle“ am 24. Oktober 1900 von Kaiser Wilhelm II. unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eingeweiht.
Unter dem Kunsthistoriker Richart Reiche, der das Amt des Konservators des Kunstvereins 1907 angenommen hatte, wurden Werke der Moderne gezeigt. So wurden in den Jahren 1909 und 1911 zwei „Sonderbund-Ausstellungen“ sowie 1910 die Neue Künstlervereinigung München, die Vorgängerin des „Blauen Reiters“, der Öffentlichkeit präsentiert. Einzelausstellungen zu Franz Marc, Alexej von Jawlensky und Emil Nolde wurden im selben Jahr gezeigt und 1912 folgten Ausstellungen von Adolf Erbslöh und Marianne von Werefkin. Mit den Werken von August Macke wurde Barmen 1913 zu einer Hochburg des Expressionismus. So besaß der Barmer Kunstverein Ende der 1920er Jahre eine der bedeutendsten und angesehensten Sammlungen moderner Kunst.
Mit der Vereinigung der Städte Barmen und Elberfeld zu Doppelstadt Elberfeld-Barmen 1929 (ab 1931 offiziell Wuppertal) blieb die Ruhmeshalle selbständig. Unter den Nationalsozialisten wurden die modernen Stile der Malerei als verfemt angesehen. Bei Aktionen 1937 und 1938 wurden hier 83 Werke der sogenannten Entarteten Kunst beschlagnahmt.
Am 31. Dezember 1939 ereignete sich ein spektakulärer Unfall, als eine Turbine des Heizkraftwerks Barmen im laufenden Betrieb auseinanderbrach und Trümmer in die mehrere hundert Meter entfernte Ruhmeshalle einschlugen. Es wurde dabei die Glaskuppel beschädigt, Verletzte gab es jedoch nicht.
Im Zweiten Weltkrieg wurden mit dem Luftangriff auf Barmen in der Nacht vom 29. zum 30. Januar 1943 der Kuppelbau und die Sammlung nahezu völlig zerstört; das Gebäude brannte aus. Die Betreuung übernahm das Städtische Museum, während sich der Kunstverein am 21. April 1946 mit dem Elberfelder Museumsverein, der das Von der Heydt-Museum betrieb, zum Kunst- und Museumsverein (KMV) zusammenschloss. Die Kunstwerke wurden während des Krieges 1943 ausgelagert, trotzdem waren die Verluste durch Brand, Diebstahl und Beschlagnahme sehr groß. Die verbliebenen Reste beider Sammlungen wurden im Elberfelder Von-der-Heydt-Museum zusammengefasst.
In den 1950er Jahren wurde die Ruhmeshalle, nachdem sie über zehn Jahre als Ruine leergestanden hatte, wieder aufgebaut. Am 21. Juni 1958 wurde sie unter dem Namen Haus der Jugend wiedereröffnet, wobei die innere Struktur neu gestaltet wurde. Auf eine Rekonstruktion der Kuppel verzichtete man. Auch die Kaiser-Standbilder sind heute nicht mehr erhalten, da sie in der Nachkriegszeit zerstört wurden. Ein Anbau für die Bibliothek entstand im Jahr 1965. Trotz der umfangreichen Veränderungen im Innern und im Dachbereich steht das Gebäude seit 1985 unter Denkmalschutz.
2001 drohte die Stadt die Kunsthalle aus finanziellen Gründen zu schließen, denn 200.000 Besucher im Jahr seien nicht genug, um rentabel zu arbeiten.[2]
Heute
Heute befinden sich am Geschwister-Scholl-Platz das Haus der Jugend mit Einrichtungen für die Jugend, die Ausstellungsräume der Von der Heydt-Kunsthalle (zuvor Kunsthalle Barmen) und, wie auch früher schon, die Barmer Stadtteilbibliothek. Auch die nicht-städtische Organisation Bergische Kunstgenossenschaft nutzt die Räume. Die Funktion einer Ruhmeshalle übt das Gebäude nicht mehr aus. Da alle Parteien sich das Gebäude je nach Bedarf teilen und dazu kaum vertragliche Bedingungen existieren, besteht eine unbefriedigende Situation.
Noch bis ins Jahr 2011 mussten Brandschutzmängel beseitigt werden, deren Finanzierung sich aber als kompliziert herausstellte. Beantragte Fördergelder in Höhe von 5,2 Millionen Euro zur Finanzierung des notwendigen Umbaus und weiterer Modernisierungen wurden vom Land Nordrhein-Westfalen erst spät bewilligt. Zuvor wurde schon 2006 die Priorität der Modernisierung zur Regionale 2006 zurückgestuft.[3] Lediglich 1,1 Millionen Euro standen im Haushalt der Stadt bereit, mit denen aber nur die Brandschutzmängel beseitigt werden können. Die Verbesserung der provisorischen Raumaufteilung konnte dabei nicht berücksichtigt werden. Ein nicht unbeträchtlich großer Teil des Gebäudes, in dem die Stadtbibliothek untergebracht war, musste bis 2011 zurückgebaut werden. Im April dieses Jahres wurde das Haus der Jugend wiedereröffnet.[4]
Literatur
- Lutz Engelskirchen: Die Barmer Ruhmeshalle. Von Bürgertum und Bürgergeist in Barmen. Cuvillier, Göttingen 1996, ISBN 3-89588-405-7.
Weblinks
- Eintrag In: Wuppertaler Denkmalliste
- Von der Heydt-Museum Wuppertal (Memento vom 4. Oktober 2009 im Internet Archive)
- Bergische Kunstgenossenschaft e.V., regionale Interessengemeinschaft bildender Künstler (Memento vom 1. Januar 2012 im Internet Archive)
- Geschichtlicher Überblick (Memento vom 26. Februar 2008 im Internet Archive)
- Vereinbarung hinsichtlich der Nutzung der Kunsthalle Barmen, Stadt Wuppertal. (PDF; 82 kB) (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive)
- WSW weihen neue GuD-Anlage ein. (Memento vom 4. Juni 2015 im Internet Archive)
- Die alte Dame setzt auf junges Blut (Memento vom 26. Februar 2008 im Internet Archive) In: Westdeutsche Zeitung (Online) vom 23. Juli 2005.
- Haus der Jugend
Einzelnachweise
- Liste der Stadtteilbibliotheken der Stadtbibliothek Wuppertal, abgerufen am 5. Januar 2017
- Ruhmeshalle: Drei deutsche Kaiser als Namensgeber (Memento vom 26. Februar 2008 im Internet Archive) Westdeutsche Zeitung vom 17. Dezember 2005
- Neue Schlappe für Barmen Westdeutsche Zeitung (Online) vom 24. April 2007
- Martina Thöne: Frisch renoviert: Im Haus der Jugend gibt es volles Programm. In: Westdeutsche Zeitung vom 31. März 2011.