Bacardi
Bacardi [bəˈkɑɹdi] Limited ist ein Unternehmen mit Sitz auf den Bermudas, das in über 100 Ländern Spirituosen und alkoholische Mischgetränke herstellt und vertreibt. Die gleichnamige Rum-Marke gehört zu den meistverkauften Spirituosenmarken der Welt, im Jahr 2012 wurden weltweit 19,8 Millionen 9-Liter-Einheiten abgesetzt, was den zweiten Platz unter den Top 25 Premium-Spirituosenmarken der westlichen Welt bedeutet.[2] Zu den über 200 weiteren Marken des Konzerns gehören Martini (Wermut), Grey Goose (Wodka), Bombay Sapphire (Gin), Dewar’s (Scotch Whisky) sowie die Tequila-Marke Cazadores. In Deutschland ist der Konzern durch die Bacardi GmbH mit Sitz in Hamburg vertreten.
Bacardi Limited | |
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Rechtsform | private Aktiengesellschaft (engl. private company limited by shares) |
Gründung | 1992 (1862) |
Sitz | Hamilton, Bermuda |
Mitarbeiterzahl | über 6.000 |
Umsatz | ca. 6 Mrd. US-Dollar (2012/13, Schätzung)[1] |
Branche | Spirituosen |
Website | www.bacardilimited.com |
Geschichte
Am 4. Februar 1862 wurde die Destillerie Bacardí & Ca. in Santiago de Cuba von dem aus Katalonien (Spanien) stammenden Facundo Bacardí i Massó (1814–1887) gegründet. Die erste von mehreren bis heute auf dem Flaschenetikett abgebildeten internationalen Medaillen gewann das Unternehmen 1876 auf der Weltausstellung in Philadelphia.[3] Die im Bacardi Logo abgebildete Fledermaus gilt auf Kuba als ein Glückssymbol.[4]
1910 wurde die erste Abfüllanlage im Ausland in Barcelona errichtet. Damit wurde Bacardi zum ersten international arbeitenden Unternehmen Kubas. 1916 kam eine Abfüllanlage in New York hinzu, 1934 eine Destillerie in Mexiko. 1934 wurde ein Werk in Puerto Rico aufgebaut, um die drastischen Einfuhrzölle in die USA zu umgehen. Nach der kubanischen Revolution im Jahr 1959 wurde die Familie Bacardí am 14. Oktober 1960 mit dem Gesetz Nr. 890 gemeinsam mit den Besitzern weiterer 380 der größten kubanischen Unternehmen entschädigungslos enteignet.[5] Ein Großteil der Familie emigrierte in die USA. Da das Unternehmen geheime Herstellungsrezepte sowie Markenrechte seiner Produkte jedoch rechtzeitig ins Ausland transferiert hatte, konnte die Produktion auf den Bahamas unmittelbar wieder aufgenommen werden.[6] Trotzdem unterscheidet sich der heutige von Bacardi hergestellte weiße Rum sehr von dem seinerzeit unter derselben Firma auf Kuba hergestellten Rum, der heute in der traditionellen Form noch auf Kuba und in Nicaragua produziert wird. Die in Kuba nach eigener Angabe weiterhin nach dem alten Verfahren produzierende originale Destillerie vermarktet ihren Rum unter dem Markennamen „Ron Caney“.
Der Rum, der auf Kuba nach dem alten Familienrezept produziert wird, heißt „Santiago de Cuba“.
Bis Ende der 1970er-Jahre war Bacardi Rum zu einer der weltweit größten Spirituosenmarken geworden. Bacardi gliederte sich allerdings noch in fünf getrennte Unternehmen (Mexiko: Bacardi y Compañía S.A. de C.V., Puerto Rico: Bacardi Corporation, Bahamas: Bacardi & Company Limited, Bermuda: Bacardi International Limited). Diese wurden 1992 zur neuen Bacardi Limited mit Sitz in Hamilton zusammengefasst. Kurz darauf erwarb Bacardi die Unternehmensgruppe Martini & Rossi und zahlreiche weitere Marken. Aus dem Rumhersteller wurde ein internationaler Spirituosenkonzern.
Bacardi betreibt heute weltweit 38 Produktionsstandorte, darunter 14 für Rum und Rummixgetränke, zehn für Wermut (Martini & Rossi) und sieben für Whisky. Das Unternehmen ist der größte Spirituosenhersteller, der sich noch in Privatbesitz befindet. Die Eigentümergemeinschaft besteht aus rund 500 Mitgliedern der Gründerfamilie Bacardí.[7] Das Unternehmen wird von Mahesh Madhavan in der Position des Chief Executive Officer geleitet, Regionalleiter Europa ist seit 2017 Francis Debeuckelaere.[8]
Politische Aktivitäten
Emilio Bacardí Moreau, der Sohn des Firmengründers, kämpfte Ende des 19. Jahrhunderts gegen die spanische Besatzungsmacht und wurde deshalb zwei Mal verbannt. Später wurde er erster frei gewählter Bürgermeister der Stadt Santiago de Cuba.[9]
Die Familie Bacardí unterstützte den Kampf der Revolutionäre gegen den Diktator Fulgencio Batista. Nach der Kubanischen Revolution entrollte man im Januar 1959 am Firmengebäude ein Plakat mit den Worten Gracias Fidel.[10] Die positive Haltung änderte sich jedoch, als sich der pro-sowjetische Kurs von Che Guevara durchsetzte und sie mit der Politik Fidel Castros nicht mehr einverstanden waren.[11] Nach ihrer entschädigungslosen Enteignung am 14. Oktober 1960 auf Kuba emigrierte die Familie Bacardí überwiegend und engagierte sich gegen das herrschende kubanische Regime. José Manuel „Pepin“ Bosch, eines der in den 1960er Jahren in der Geschäftsleitung von Bacardi tätigen Familienmitglieder, war aktiv in der von Exilkubanern in Miami gegründeten Exilregierung tätig. Nach der misslungenen Schweinebucht-Invasion heuerte Bosch zwei daran beteiligte Piloten an, um mit einem B26-Kampfflieger die kubanischen Erdölraffinerien anzugreifen. Am 8. Juni 1962 startete die Maschine von Miami aus, um in Puerto Rico mit Bomben bestückt zu werden, wo das Vorhaben jedoch vom US-Außenministerium verhindert und die Piloten verhaftet wurden. 1964 zahlte Bosch 150.000 Dollar an Mafiamitglieder, welche Fidel Castro, seinen Bruder Raul und Che Guevara töten sollten.[12]
Gegen Anfang der 1980er Jahre gründete ein anderes geschäftlich erfolgreiches Mitglied der Exilregierung, Jorge Mas Canosa, mit Unterstützung von US-Präsident Ronald Reagan in Florida die Cuban American National Foundation mit ungefähr 650 Mitgliedern. Nach Aussage des Journalisten Hernando Calvo Ospina gehörten dazu 25 Aktionäre der Familie Bacardi.
In den 1990er Jahren förderte die Familie Bacardi durch Lobbyarbeit die Verabschiedung des Helms-Burton Act durch den US-Kongress 1996. Der Helms-Burton Act, ein umfassendes Handelsembargo gegen Kuba, wurde sogar zeitweilig als „Bacardi-Gesetz“ oder „Bacardi-Boykott“ verspottet.[13][14]
Streit um Handelsmarke
1996 brachte eine von Bacardi betriebene Tochterfirma auf den Bahamas einen Rum unter dem Markennamen Havana Club mit einem zum Original veränderten Label in den USA auf den Markt. Daraus entwickelte sich vor dem US-Amt für Patente und Handelsmarken ein Rechtsstreit um den Rum und Markennamen Havana Club, der weltweit außerhalb Kubas seit 1993 von der französischen Gesellschaft Pernod Ricard vertrieben wird. Im Verlaufe dieses Rechtsstreits bat die Familie Bacardi 2002 den Gouverneur von Florida Jeb Bush, zugunsten von Bacardi gegen Pernod Ricard beim US-Patentamt zu intervenieren, was dieser in der Folge auch tat. Seit dem 8. August 2006, nachdem der langjährige Rechtsstreit zugunsten des Bacardi-Konzerns entschieden worden war – das U.S. Patent and Trademark Office (PTO) hatte die reklamierten Markenrechte seitens der kubanischen Regierung für ausgelaufen erklärt –, wird von Bacardi ein Rum unter dem Markennamen „Havana Club“, angeblich nach Originalrezept, wieder in den USA verkauft. Die originale Havana-Club-Rezeptur aus den 1930er Jahren wurde von der Familie Arechabala, den ursprünglichen Besitzern, die 1960 entschädigungslos auf Kuba enteignet worden war, dem Bacardi-Konzern in den 1990er Jahren neben den verbleibenden Rechten verkauft. Nachdem der Oberste Gerichtshof die beantragte Revision des Verfahrens im Mai 2012 abgelehnt hatte, registrierte Pernod Ricard die Marke „Havanista“, unter der der in Kuba hergestellte Havana-Club-Rum in den USA angeboten werden soll, sobald das dies noch verhindernde Handelsembargo gegen Kuba aufgehoben werden sollte.[15]
Bacardi Deutschland
Bacardi GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1993 |
Sitz | Hamburg, Deutschland |
Leitung | Nicolas Rampf, George Kester[16] |
Mitarbeiterzahl | 300 |
Branche | Spirituosen |
Website | www.bacardilimited.com/de/de |
Die Bacardi GmbH mit Sitz in Hamburg ist eine Tochtergesellschaft der Bacardi Ltd. und gehört zu den führenden Anbietern von Markenspirituosen in Deutschland. Ihre Geschichte reicht bis in das Jahr 1918 zurück, als das Handelshaus Charles Hosie gegründet wurde. 1983 wurde Bacardi dessen alleiniger Gesellschafter. Kurz nach Gründung der internationalen Bacardi Ltd. (1992) wurde das Unternehmen Bacardi Deutschland GmbH gegründet; Charles Hosie ist heute wieder im Besitz der Familie Hosie. 1994 wurden Alkopops Bacardi Breezer und Rigo eingeführt, deren Vertrieb 2008 aufgrund stark rückläufiger Absätze durch die Alkopop-Besteuerung eingestellt wurde.[17] Nach Ankündigung von Januar 2018 wurde das einzige deutsche Werk von Bacardi in Buxtehude zum Ende des Jahres 2018 geschlossen und die Produktion nach Italien verlagert. Zum Zeitpunkt der Ankündigung arbeiteten 103 Menschen im Werk.[18][19][20]
Produkte
Produkte der Marke Bacardi
Unter der Marke Bacardi werden verschiedene Rumsorten und rumhaltige Mixgetränke angeboten:
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Weitere Marken der Bacardi Ltd.
Darüber hinaus gehören zahlreiche weitere Marken zum Konzern:
Gin:
Rum:
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Literatur
- Ursula L. Voss: Die Bacardís. Der Kuba-Clan zwischen Rum und Revolution. Campus Verlag, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-593-37318-1.
- Hernando Calvo Ospina: Im Zeichen der Fledermaus. Die Rum-Dynastie Bacardi und der geheime Krieg gegen Cuba. (Neue Kleine Bibliothek 82). 2. Auflage. PapyRossa Verlagsgesellschaft, Köln 2006, ISBN 3-89438-243-0:
- Tom Gjelten: Bacardi and the Long Fight for Cuba. The biography of a cause. Viking Press, New York 2008, ISBN 978-0-670-01978-6.
Filme
- Das Geheimnis der Fledermaus. Bacardi zwischen Rum und Revolution. Dokumentarfilm, Deutschland, 2010, 45 Min., Buch und Regie: Ekkehard Sieker und Marcel Kolvenbach, Produktion: WDR, Erstausstrahlung: 9. Februar 2005, Inhaltsangabe (Memento vom 11. April 2005 im Internet Archive) vom WDR
Weblinks
- Offizielle Website von Bacardi (englisch)
- Informationen des Guardian zum Buch von Hernando Calvo Ospina über die Bacardis (englisch)
- Mr Bacardi ist reif für die Insel. In: Focus. 43/13, 21. Oktober 2013
Einzelnachweise
- Die größten Spirituosenhersteller, Wirtschaftswoche online, Beitrag vom 31. Juli 2013, abgerufen am 17. Februar 2015.
- Top 25 Premium-Spirituosenmarken Welt 2013. In: Lebensmittelzeitung.net. Abgerufen am 17. Februar 2015.
- Bacardi Limited: Celebrating 150 Years of Bringing People Together (Memento vom 29. November 2014 im Internet Archive) Unternehmensbroschüre (ohne Datum), S. 38, abgerufen am 20. November 2014 (englisch)
- vgl. Ray Foley: Das Bar-Handbuch, ISBN 978-3-88472-468-2, S. 240.
- Gaceta Oficial de la República de Cuba: Expropiación de la propiedad privada en Cuba. Text des Gesetzes Nr. 890 vom 13. Oktober 1960, abgerufen über LatinAmericanStudies.org am 28. Oktober 2013 (spanisch)
- Sophia Seiderer: Bacardi hat Heimweh nach Kuba in Die Welt vom 28. Juli 2012.
- Mr Bacardi ist reif für die Insel. In: Focus vom 21. Oktober 2013, abgerufen am 18. November 2013.
- Global Leadership Team, auf www.bacardilimited.com, abgerufen am 31. März 2018
- Ursula L. Voss: Die Bacardis. Der Kuba-Clan zwischen Rum und Revolution, Campus Verlag, Frankfurt 2005, S. 11.
- Ein kubanischer Rum macht Karriere, Deutschlandradio Kultur vom 4. Februar 2012.
- washingtonpost.com
- Journalist Pedro Jesus Costa Gonzalez, ab Laufzeitminute 36:00: Stadt Land Kunst – Till Eulenspiegel / Nîmes / Ägypten / Havannas Rum – Die ganze Doku. In: https://www.arte.tv. Fabrice Michelin für ARTE GEIE 4 quai du Chanoine Winterer 67000 Strasbourg – France, 2021, archiviert vom Original; abgerufen am 23. August 2021 (deutsch, französisch, englisch, spanisch, polnisch, italienisch).
- Joaquín Roy: Cuba, the United States, and the Helms-Burton Doctrine: International Reactions. University of Florida Press, 2000, S. 52.
- hartford-hwp.com
- Pernod Ricard: Havanista®: registered trademark in the U.S., will be the first genuine Cuban rum to be distributed nationwide by Havana Club International (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive) Pressemitteilung auf: Reuters.com vom 14. Mai 2012, abgerufen am 15. Mai 2012 (englisch)
- Impressum der Webseite der Bacardi GmbH, abgerufen am 11. November 2021
- manager Magazin, Aus für Alkopops, 14. August 2007.
- Bacardi schließt einziges deutsches Werk in Buxtehude, auf www.spiegel.de, abgerufen am 19. Januar 2018
- Rumhersteller Bacardi schließt einziges Werk in Deutschland, Bericht auf der Website der Zeitung Handelsblatt am 19. Januar 2018, abgerufen am 20. Januar 2018
- Sirius kauft Bacardi-Areal in Buxtehude. In: thomas-daily.de. 13. Mai 2019, abgerufen am 24. Januar 2020.