ÖBB 1014
Bei der Reihe 1014 der Österreichischen Bundesbahnen handelt es sich um vierachsige Elektrolokomotiven.[1]
ÖBB 1014 | |
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Nummerierung: | 1014 001–018 |
Anzahl: | 18 |
Hersteller: | SGP Graz, ELIN |
Baujahr(e): | 1993–1994 |
Achsformel: | Bo’Bo’ |
Länge über Puffer: | 17 500 mm |
Drehgestellachsstand: | 2600 mm |
Dienstmasse: | 74 t (1014) 66 t (1114) |
Radsatzfahrmasse: | 18,5 t (1014) 16,5 t (1114) |
Höchstgeschwindigkeit: | 175 km/h |
Stundenleistung: | 3400 kW |
Dauerleistung: | 3000 kW |
Anfahrzugkraft: | 190 kN (1114) 210 kN (1014) |
Treibraddurchmesser: | 1100 mm 1020 mm (abgenutzt) |
Stromsystem: | 15 kV/16,7 Hz~ 25 kV/50 Hz~ |
Antrieb: | ASEA-Ankerhohlwellen-Antrieb |
Bremse: | elektr. Bremse, EP- und Federspeicherbremse |
Zugbeeinflussung: | Indusi60 |
Besonderheiten: | Bogenschnelle Fahrten bis max. 1,6 m/s² Querbeschleunigung möglich (nur 1114). |
Geschichte
Nach dem Fall des Eisernern Vorhangs machten sich die starken Veränderungen der Verkehrsströme bemerkbar. Die Österreichischen Bundesbahnen planten für die Bewältigung dieser neuen Gegebenheiten die Anschaffung neuer und leistungsfähigerer Lokomotiven. Vorhandene Loks der Reihe 1063 waren zwar grundsätzlich für den Grenzverkehr mit den Bahngesellschaften ČD und MÁV geeignet, sie wiesen allerdings eine Höchstgeschwindigkeit von nur 100 km/h auf, die den Einsatz dieser Lokomotiven vor grenzüberschreitenden Schnellzügen unmöglich machte. Im Zuge der Vorbereitung der angedachten EXPO-Weltausstellung im Jahre 1995 zogen die ÖBB auch in Erwägung, wagenkastenneigungsfähige Züge innerhalb Österreichs einzusetzen; dieses Vorhaben wurde jedoch nicht realisiert. Die Reihe 1014 stellte eine technische Weiterentwicklung der Reihe 1146 dar. In den Jahren 1993 und 1994 bauten SGP Graz (mechanischer Teil) und ELIN (elektrischer Teil) 18 Lokomotiven dieser Reihe.[2]
Die Lokomotiven der Reihe 1014 waren in Wien-Süd beheimatet und wurden im Schnell-, Güter- und Regionalzugverkehr eingesetzt. Sie bedienten in erster Linie RegionalExpress-Züge nach Bratislava-Petržalka, EURegio-Züge nach Győr, Regionalzüge nach Wiener Neustadt sowie Güterzüge und Euro-InterCity-Züge auf der Nordbahn.
Seit Ende 2009 wurden die Lokomotiven dieser Baureihe nicht mehr planmäßig eingesetzt. Sie wurden abgestellt und warteten auf einen Verkauf durch die ÖBB.
Die Kassierung aller 17 noch bei den ÖBB im Stand befindlichen Lokomotiven erfolgte gemäß Zeitschrift Schienenverkehr aktuell/Eisenbahn Österreich 11/2016 zum 1. Oktober 2016. Die auf mehrere Abstellorte verteilten Lokomotiven wurden in Penzing zusammengezogen und zum Abtransport vorbereitet. Am 7. November 2016 wurden sämtliche Lokomotiven der Reihe 1014 nach Rumänien überführt. Die 1042 023 bespannte den Lokzug von Wien-Penzing bis zum ungarischen Grenzbahnhof Hegyeshalom. Der Grund dafür war nach ÖBB-Angaben das Auslaufen der Leasingverträge per 31. Oktober 2016.
Im Jahr 2018 wurden 16 Maschinen, die 2016 nach Rumänien gebracht wurden, von Zeller Transporttechnik (ZTT) übernommen und zurück nach Österreich gebracht.[3] Im Juli 2019 waren sechs Lokomotiven wieder im Einsatz (1014 003, 004, 008, 010, 011 und 016), weitere sollten folgen.[4] Inzwischen wurden die Lokomotiven aufgrund einer Insolvenz von ZTT wieder abgestellt. Einige stehen noch in Strasshof und werden hergerichtet.
Im September 2021 wurden vier ehemals von ZTT eingesetzte Lokomotiven der Reihe 1014 nach Tansania verschifft. Tanzania Railways plant den Einsatz der Maschinen auf der im Bau befindlichen Normalspurstrecke von Daressalam nach Morogoro.[5][6]
Konstruktion
Mechanische Konstruktion
Die Loks der Reihe 1014 sind mit Drehgestellen der Bauart SGP-VT 1014 R und Monoblocradsätzen mit ABB-Hohlwellenantrieb ausgestattet. Die Zugkraftübertragung erfolgt über Zug- und Druckstangen. Hauptrahmen, Lokkasten und Führerstände (=Brücke, geschweißt und in Stahlleichtbauweise ausgeführt) werden von den beiden miteinander gekuppelten Drehgestellen getragen. Der Lokkasten wurde von der Reihe 1822 übernommen, er unterscheidet sich nur dadurch, dass er kürzer ausgeführt ist. Die Seitenwände der Lokomotiven weisen zur Versteifung zahlreiche Sicken auf. Die beiden Führerstände sind durch einen Mittelgang im Maschinenraum miteinander verbunden. Dort sind der Transformator, die Steuerung und alle sonstigen Hilfsgeräte und -apparaturen untergebracht. Die Frontseiten sind außen aus GFK gefertigt, dahinter befindet sich eine Stahlkonstruktion, die den Triebfahrzeugführer im Falle einer Kollision schützt. Die geräumigen Führerstände weisen eine Klimatisierung und große Fensterscheiben, die eine gute Aussicht ermöglichen, auf. Das Dach ist in Aluminiumleichtbauweise ausgeführt und in drei abnehmbare Felder eingeteilt – diese ermöglichen ein leichtes Austauschen von Gerätschaften im Maschinenraum. Alle Lokomotiven sind mit Sifa und Indusi ausgestattet. Vier für den grenzüberschreitenden Verkehr vorgesehene Maschinen verfügen darüber hinaus über die Zugbeeinflussungseinrichtungen der MÁV. Alle Lokomotiven wurden verkehrsrot (Seitenflächen und Frontumlauf), weiß (Führerstände, Zierstreifen und ÖBB-Logo) und umbragrau (Fensterbrillen, Rahmen und Drehgestelle) lackiert abgeliefert. Vier Lokomotiven erhielten eine Sonderlackierung. Die 1014 011 erhielt einen rot/weißen Anstrich mit einem großen Rail Cargo Austria-Logo in der Mitte. Die Lokomotiven 1014 005, 007 und 010 erhielten im Zuge ihrer Leistungen für den City Airport Train (CAT) eine passende CAT-Lackierung.
Elektrische Konstruktion
Das Dach trägt zwei (bei den für den Grenzverkehr nach Ungarn vorgesehenen Lokomotiven vier) Stromabnehmer, den Hauptschalter, die Dachleitungen und diverse Konsolen. Der gesamte elektrische Teil stellt eine Weiterentwicklung der Reihe 1146 dar. Die Zwischenkreisspannung wurde auf 1400 Volt erhöht, wodurch eine Leistungserhöhung erreicht werden konnte. Die Kraftübertragung erfolgt über einen Hohlwellenantrieb. Das Übersetzungsverhältnis des Getriebes beträgt 1:4,17. Das Bremssystem setzt sich aus einer elektrischen Bremse, einer indirekt wirkenden Druckluftbremse als Zugbremse und einer Federspeicherbremse zusammen. Die Lokomotiven der Reihe 1014 sind tandem- und wendezugfähig.
Transformator
Der Haupttransformator, der sich mittig in der Brücke (aus Gewichtsgründen) befindet, wird ölgekühlt. Seine Eckdaten sind wie folgt:
Typ: ELIN MZT 3000
Gesamtmasse: 9,2 t
Primärleistung: 3760 kVA , 15/ 25 kV
Traktionsleistung: 2 × 1500 kVA , 792 V
Heizleistung: 600 kVA , 1000/1500 V mit Traktionsleistung / ohne 800 kVA
Hilfsbetriebe : 2 × 70 kVA , 282 V
1 × 20 kVA , 198 V
Gleichrichter
Die Hilfsbetriebeumrichter sind in IGBT-Technologie ausgeführt, die ölgekühlten 4Q-Traktionsumrichter sind aus vektorgeregelten Frequenzthyristoren aufgebaut, der Vorgängergeneration der GTO-Thyristoren, welche bei den ersten ICE1-Triebköpfen aufgrund Ersatzteilproblemen bereits durch IGBT-Technik ersetzt wurde. Die Zwischenkreisspannung beträgt 1400 V.[7][8]
Fahrmotoren
Die Eckdaten der vier sechspoligen Drehstromasynchronmotoren sind wie folgt:
Typ: ELIN DAM 750 Dauerleistung: 750 kW Spitzenleistung: 850 kW Nennspannung: 1200 V Nennstrom: 253 A Nenndrehzahl: 1480 min−1 Maximaldrehzahl: 3600 min−1 Maximales Drehmoment: 7000 Nm Isolierungsklasse: C Kühlung: Luft
Baureihe 1114
Bei zwei Lokomotiven, die als eigenständige Baureihe 1114 017 und 018 ausgeliefert wurden, kamen neu entwickelte Triebdrehgestelle zum Einsatz. Diese ermöglichten durch radiales Einstellen der Radsätze erhöhte Bogengeschwindigkeiten mit einer Querbeschleunigung von maximal 1,6 m/s², außerdem waren beide Lokomotiven um rund 8 Tonnen leichter als ihre Schwesternmodelle. Beide wurden gegen Ende 1999 umgebaut und in die Baureihe 1014 mit ihren jeweiligen Nummern eingegliedert.[9]
Kritik
Der österreichische Rechnungshof hat den Kauf der Lokomotiven der Reihe 1014 als Fehlkauf kritisiert. Einerseits seien sie zu teuer eingekauft worden, andererseits wurden die Lokomotiven frühzeitig abgestellt und mussten anstatt der geplanten 30 schon nach 15 Jahren abgeschrieben werden. Die Versuche, die Lokomotiven der Reihe 1014 zu verkaufen, blieben lange erfolglos und der Rechnungshof bezeichnete den Verkaufsprozess als „nicht strukturiert und unsystematisch“.[10][11]
Siehe auch
Literatur
- Klaus-J. Vetter: Das große Handbuch der Elektrolokomotiven. Sconto, München 2003, ISBN 3-7654-4066-3.
- Markus Inderst: Bildatlas der ÖBB-Lokomotiven. Alle Triebfahrzeuge der Österreichischen Bundesbahnen. GeraMond, München 2010, ISBN 978-3-7654-7084-4.
Weblinks
- Bilder und Typenskizzen der ÖBB 1014 (zum Anschauen der Bilder ist Registrierung verpflichtet)
- Technisches Fahrzeugportrait ÖBB Reihe 1014 (zum Anschauen der Bilder ist Registrierung verpflichtet)
- ÖBB 1014 @ Trainspo
Einzelnachweise
- ÖBB Corporate Blog, 26. August 2016: Die ÖBB-Leichtschnellzugloks
- Die Eisenbahn in Österreich: Reihe 1014
- Railcolor News, 15. Oktober 2018: [AT] Zeller Transport Technik testing with former ÖBB 1014s (updated) (Memento vom 17. Oktober 2018 im Internet Archive)
- Todgeweihte leben länger! Auferstehung der Reihe 1014:
- ZTT verkauf 1014 nach Tanzania. In: Eisenbahn Österreich. Nr. 10, 2021, ISSN 1421-2900, S. 558.
- Tanzania Railways Corporation. Abgerufen am 25. Februar 2022.
- FH Stralsund, 28. November 1999: Kompendium Leistungselektronik, Seite 28
- http://www.kosanyo.hu/html_doc/1014muad.htm
- ÖBB 1014 und 1114. Abgerufen am 14. Juli 2021.
- RH: ÖBB kaufte Schrott-Loks um Millionen. In: derStandard.at. 12. November 2014, abgerufen am 12. Dezember 2017.
- Bericht des Rechnungshofes 2014/14: ÖBB–Produktion Gesellschaft mbH – Einsatzplanung der Lokreihe 1014