Zum Guten Hirten (Berlin-Friedrichsfelde)
Die Kirche Zum Guten Hirten ist eine katholische Kirche im Berliner Bezirk Lichtenberg, Ortsteil Friedrichsfelde, die 1906 als kleines Gotteshaus errichtet und 1985 als Neubau an gleicher Stelle eingeweiht wurde. Sie befindet sich in unmittelbarer Nähe des U-Bahnhofs Friedrichsfelde, in der Kurzen Straße. Begrenzt wird das Kirchenareal von der Massower Straße, Straße Am Tierpark und Alfred-Kowalke-Straße, die alle zu einer Neubausiedlung gehören.
Geschichte 1900 bis 1945
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war ein starkes Anwachsen der katholischen Bevölkerung in Friedrichsfelde zu verzeichnen, für die ein geregelter Gottesdienst erforderlich wurde. Das Dorf gehörte zur Mutterkirche St. Mauritius Friedrichsberg-Berlin, weshalb dessen Kuratus, Nikolaus Kuborn, sich um Räumlichkeiten für Gottesdienste in Wohnnähe kümmerte: den Friedrichsfeldern stand ab 1905 die Aula der Knabenschule (Rummelsburger Straße, am späteren U-Bahnhof Friedrichsfelde) zur Verfügung. 1902 hatte die Pfarrei St. Mauritius bereits zwei Grundstücke für spätere Kirchenbauten zum Preis von 21.000 Mark erworben, eines davon in Friedrichsfelde, Kurze Straße. Das andere Grundstück lag in der Colonie Karlshorst, auf dem später die Dependance in Karlshorst erbaut wurde.[1]
Als 1906 die Kuratie Friedrichsfelde-Karlshorst errichtet worden war, ließ der neu berufene Kaplan Bernhard Lichtenberg Spenden sammeln und mit dem Erlös das auf dem gekauften Grundstück gelegene Wohnhaus als Pfarrhaus und die frühere Scheune zu einer kleinen einschiffigen Backsteinkirche umbauen, die am 9. Dezember 1906 eingeweiht wurde. Eine Orgel (Firma nicht bekannt) wurde eingebaut und 1907 wurden bronzene Kirchenglocken im kleinen Turm über dem Staffelgiebel aufgehängt, hergestellt von der Gießerei Apolda.
Durch den Ersten Weltkrieg und dessen Folgen gab es keine weiteren Fortschritte in der Friedrichsfelder Kirche, im Gegenteil, viele Gemeindemitglieder waren umgekommen und Kriminalität breitete sich aus: 1920 wurden die Monstranz und der Kelch gestohlen. Durch Spenden von Kirchenmitgliedern konnten ein neuer Kelch und eine neue Monstranz bei der Firma Schlossarek in Breslau in Auftrag gegeben werden, die noch heute (in dem Nachfolgebau) in Benutzung sind.
Wegen weiter stark wachsender Einwohnerzahlen des Ortsteils Friedrichsfelde kaufte der Kirchenvorstand 1929 ein Grundstück hinzu, um darauf ein größeres Gotteshaus errichten zu können. 1930 begann ein neu gegründeter Pfarrverein, der auch Religionsunterricht erteilte und gesellige Veranstaltungen in der Gemeinde organisierte, vor allem Gelder für den Kirchenneubau zu sammeln.
Ab 1933 geriet auch die Kuratie Zum Guten Hirten unter den Druck der politischen Verhältnisse. Es gab verwaltungstechnische Änderungen wie das Ausscheiden der Ortschaften Falkenberg, Blumberg sowie Biesdorf-Nord und Kaulsdorf-Nord aus dem Pfarrbereich Friedrichsfelde (1937, 1938 und 1939), aber durch das nationalsozialistische Regime vor allem Behinderungen bei Veranstaltungen im Kirchengebäude, beim Religionsunterricht und bei der Amtsausübung der Pfarrer.
Im Jahr 1939 konnte in der Kirche eine für rund 7700 Mark neu gebaute Orgel der Firma Paul Berschdorf aus dem schlesischen Ort Neiße installiert werden. – Am 13. April 1942 wurden die Glocken der kleinen Kirche zur Herstellung von Kriegsgerät eingezogen. Mehrere Luftangriffe auf Berlin zerstörten sowohl das Pfarrhaus als auch die Kirche, aus den Trümmern konnten Monstranz und Kelch gerettet werden; über den Verbleib der Orgel ist nichts bekannt.
Neubeginn ab Mai 1945
1945 bis 1982
Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand die katholische Gemeinde fort. Die Menschen kamen wieder zahlreich zu den Gottesdiensten, die Kirche musste also wiederaufgebaut werden, was mit dem Einsatz vieler Christen bis zum Juli 1948 gelang.
Obwohl bereits ein größeres Areal für einen Kirchenneubau vorhanden war, genehmigte der Ost-Berliner Magistrat 1954 lediglich den Bau einer Baracke, in der Gemeinde-Zusammenkünfte und Religionsunterricht stattfinden durften. Dieser einfache Bau erhielt den Ehrennamen Bernhard-Lichtenberg-Haus. Trotz abnehmender Akzeptanz des kirchlichen Glaubens gelang es, 1964 das Innere des Gottesdienstraumes nach Entwürfen des Dresdner Architekten Egon Körner zu modernisieren. Ein neuer Altar aus Sandstein wurde am 1. Dezember 1966 geweiht.
Durch den Neubau großer Wohnhäuser im Umfeld der Kirche gab es ab ca. 1965 zahlreiche neue Bewohner, darunter auch wieder Katholiken. So reichte das Gemeindehaus nun nicht mehr aus und 1970 wurde an das Bernhard-Lichtenberg-Haus zunächst ein größerer Raum für Gottesdienste angebaut, für den 1981 eine kleine Orgel erworben werden konnte.
Neubau 1983–1985
Das bischöfliche Ordinariat, in dessen Kirchensäckel einiges Geld vorhanden war (vor allem sogenannte „harte Währung“), konnte nach langwierigen Verhandlungen mit staatlichen Stellen der DDR 1978 einen Kirchenneubau für die Gemeinde Zum Guten Hirten in Auftrag geben. Die Architekten Rainer Rietsch, Walter Krüger und Bernd Stich aus der Deutschen Bauakademie entwarfen ein modernes Gebäude, das aus einfachen geometrischen Formen wie Dreiecken, Trapezen usw. besteht, die sich gegenseitig vielfältig durchdringen. Am 21. Juni 1983 erfolgte im Beisein des Berliner Generalvikars Roland Steinke die Grundsteinlegung, am 28. April 1985 wurde das neue Gotteshaus feierlich eingeweiht. Die Gesamtbaukosten beliefen sich auf 1,3 Millionen Mark.[1]
Der Baukörper besteht aus Beton mit einer verklinkerten Fassade in unterschiedlicher Höhe. Er ruht auf einem unregelmäßigem Grundriss, bei dem sich zwei Trapeze an den Grundlinien zusammenlegen, aber gegeneinander verschoben sind. Große helle Fenster im Kirchenraum widerspiegeln die Umsetzung vatikanischer Empfehlungen, dass sich ein Gotteshaus nach außen öffnen möge. Die Form des Hauses weicht von bisherigen Vorstellungen von Kirchbauten ab, sie symbolisiert eher ein großes Zelt, das „Zelt Gottes über der Welt“.[1][2]
Der Turm ist circa 25 m hoch und befindet sich an der straßenabgewandten Seite, neben dem Haupteingang in die Kirche.[2]
Noch vor dem Bau des Gotteshauses erhielt die Pfarrei ein im gleichen klaren Stil von dem gleichen Architektenteam entworfenes Pfarrhaus, das alte wurde 1983 abgerissen.
Seit 1990
Trotz der politischen Umbrüche in der DDR konnten noch am 24. Dezember 1990 drei neu gegossene Glocken mit einem Gottesdienst eingeweiht werden. Sie wurden von der vormaligen Glockengießerei in Apolda für 11.000 Mark auf Basis der alten Unterlagen nachgegossen und mit Inschriften versehen: „Ich bin der gute Hirt“; „Wachet und betet, Maria Helferin im Gebet“ und „Bis zum letzten Atemzug – Dompropst Lichtenberg“.
Im Jahr 1991 erhielt der Kirchenbau ein vergoldetes Turmkreuz, das die Firma Kubich in Großräschen hergestellt hatte. Umfassende Renovierungsarbeiten und Modernisierungsarbeiten wurden in den Jahren 1993 bis 1997 in der Kirche und im Pfarrhaus durchgeführt.
Mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt wurde im Rahmen des Förderprogramms 300 Kirchendächer für die Solarenergie eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Pfarrhauses in Friedrichsfelde ermöglicht. 2001 erfolgte die Planung, bald darauf die Montage und am 26. November 2002 ging die Anlage in Betrieb.
Innenausstattung
Der Sandsteinaltar aus dem Jahr 1981 aus dem ursprünglichen Gotteshaus wurde in dem neuen Kirchengebäude (leicht verkürzt) aufgestellt und neu geweiht. Auf ihm stehen bei besonderen Gottesdiensten die Monstranz und der Abendmahlskelch von 1920. Außerdem erwarb die Hirten-Gemeinde eine 1968 hergestellte Orgel der Firma Paul Ott, Göttingen, und ließ sie hier installieren. Die ursprünglich einfachen weißen Kirchenfenster wurden 1998, nach einem Entwurf des Glasdesigners Günter Grohs, mit dezent farbig gestalteten Randelementen ergänzt.[2]
Erhalten aus dem Vorgängerbau ist der achteckige Taufstein, nur verziert mit einem christlichen Kreuz an der Außenwand sowie der Tabernakel. Entsprechend der äußeren Gebäudegestaltung ist auch das Innere des Kirchenschiffes schlicht gehalten, es sind kaum rechte Winkel zu sehen. Als Raumschmuck dienen beidseitig an den Wänden aufgehängte Tafeln, die in moderner Malerei Stationen des Kreuzweges darstellen sowie die Kopie einer Marien-Figur mit modernem Kerzenständer daneben und Grünpflanzen. Ein großes hölzernes Kruzifix und eine Stele mit dem Tabernakel vervollständigen die Innenausstattung.
Gemeindeleben
Von 1906 bis um 2010
Unter der neuen Kuratie Friedrichsfelde-Karlshorst entwickelte sich ab 1906 ein aktives Gemeindeleben, soziale Aufgaben wurden übernommen, Ordensschwestern (Mägde Mariens) für die Krankenpflege gewonnen, Vereine gegründet, kirchliche Feiertage gestaltet, Religionsunterricht ein- und durchgeführt.
In den Jahren 1921/1922 erfolgte durch die Bischöfliche Behörde in Breslau antragsgemäß eine Trennung der katholischen Gemeinde Friedrichsfelde-Karlshorst in die Pfarreien Zum Guten Hirten Friedrichsfelde und St. Marien Karlshorst, beide entwickelten sich danach eigenständig weiter. Zur Pfarrgemeinde Zum Guten Hirten gehörten fortan auch die Katholiken aus den Orten Biesdorf, Wuhlgarten, Kaulsdorf, Hellersdorf, Marzahn, Blumberg und Ahrensfelde. (Kaulsdorf und Hellersdorf kamen aber bereits 1925 zum Pfarramt Berlin-Mahlsdorf.)
Als 1940 in Friedrichsfelde ein großes Kriegsgefangenenlager entstanden war, wurde es dem Pfarrer gestattet, für inhaftierte Katholiken aus Italien, Polen oder Frankreich Gottesdienste abzuhalten.
Seit 2017
Seit 2017 bildet die Gemeinde Zum Guten Hirten einen Pastoralen Raum mit den Gemeinden Maria, Königin des Friedens (Biesdorf), Verklärung des Herrn (Marzahn), St. Martin (Kaulsdorf) und St. Marien (Karlshorst). Die Fusion dieser Gemeinden zu einer einzigen Pfarrei wird zur Zeit vorbereitet.
Bernhard Lichtenberg
Der oben genannte Kaplan Bernhard Lichtenberg spielte in der Geschichte der katholischen Kirchen in Lichtenberg und den zugeordneten Ortschaften Friedrichsfelde, Karlshorst, Biesdorf, Kaulsdorf und Marzahn eine wichtige Rolle bei ihrer Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Später, ab 1910, bekleidete Lichtenberg andere und höhere kirchliche Ämter in Berlin. Sein Wirken und seine Standhaftigkeit während der NS-Zeit führten 1996 zur Seligsprechung durch den Papst Johannes Paul II. Einige der genannten Gemeinden ehren seinen Namen durch Gedenktafeln an den Gotteshäusern.
Weblinks
- Homepage der Katholischen Gemeinde „Zum Guten Hirten“ Berlin-Friedrichsfelde
- Zum Guten Hirten auf kirchenbauforschung.info.
Literatur
- Jan Feustel: Spaziergänge in Lichtenberg. Berlinische Reminiszenzen, 75. Verlag Haude und Spener, Berlin 1996, ISBN 3-7759-0409-3.
- 100 Jahre Katholische Gemeinden in Friedrichsfelde und Karlshorst. 1906–2006. Festschrift. Hrsg. Katholische Kirchengemeinde Zum Guten Hirten, Berlin 2006.
Einzelnachweise
- Feustel: Spaziergänge in Lichtenberg, S. 95/96: Zwischen Hohenzollernschloss und dem »Freilichtmuseum des Neuen Bauens«, Friedrichsfelde.
- Verena Schädler: Berlin-Friedrichsfelde | Zum Guten Hirten auf www.strasse-der-moderne-de.