Zentrum Mikroelektronik Dresden
Das Zentrum Mikroelektronik Dresden in Dresden galt in den 1980er Jahren als Herzstück der DDR-Mikroelektronikforschung und in dem Zusammenhang Teil des 1-Megabit-Speicherchip-Projekts der DDR. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die Einrichtung in ein privates Unternehmen umgewandelt. Ende 2015 wurde es von Integrated Device Technology übernommen und in seine Unternehmensstruktur eingegliedert. Die Marke „Zentrum Mikroelektronik Dresden“ wurde nach der Übernahme nicht mehr weiter geführt.
Zentrum Mikroelektronik Dresden AG | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 1961 |
Auflösung | 2015 |
Auflösungsgrund | von Integrated Device Technology übernommen |
Sitz | Dresden, Deutschland |
Leitung | Frank Schulze |
Mitarbeiterzahl | 400 (2015)[1] |
Umsatz | 61,1 Mio. Euro (2014) |
Branche | Halbleiter-Herstellung |
Geschichte
Geschichte in der DDR: 1961 bis 1990
Der Ursprung des heutigen Unternehmens ZMD geht auf die Gründung der Arbeitsstelle für Molekularelektronik (AME) am 1. August 1961 in Dresden durch Werner Hartmann zurück.
Im Jahr 1969 wurde die AME als Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden (AMD) neu firmiert.[2] 1976 erfolgte die Umbenennung der AMD in Institut für Mikroelektronik Dresden (IMD). Seit der Gründung des Kombinates Mikroelektronik (1978) war das IMD in diesen Kombinatsverbund integriert. 1980 fusionierte das IMD mit dem VEB Elektromat Dresden, das ebenfalls dem Verbund des Kombinates Mikroelektronik angehörte, zum VEB Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik (ZFTM). Direktor des damaligen ZFTM, und damit für etwa 1550 Angestellte verantwortlich, war Ulf Gottschling. Im Februar 1986 wurde das ZFTM aus dem Kombinat Mikroelektronik aus- und in das Kombinat Carl Zeiss Jena eingegliedert.[3] 1987 wurden die Teile des VEB Elektromat Dresden wieder ausgegliedert und für die beim Kombinat Carl Zeiss Jena verbleibenden Teile des ZFTM der Name VEB Forschungszentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) eingeführt.[3]
Das ZMD entwickelte und produzierte 1988 den ersten 1-Megabit-Speicherchip der DDR, den U61000, wofür das Kollektiv des Forschungszentrums im selben Jahr mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet wurde. Allerdings konnte bis 1990 keine Serienfertigung dieses Chips erreicht werden.
Verwaltung durch die Treuhandanstalt
Ende Juni 1990 wurde das bis dahin volkseigene Forschungszentrum mit insgesamt etwa 3000 Beschäftigten in die ZMD GmbH i.G überführt und unter dem Dach der Mikroelektronik Technologiegesellschaft mbH (MTG, Zusammenschluss der Halbleiterwerke Erfurt, Neuhaus, Frankfurt (Oder) und Dresden) der Treuhandanstalt unterstellt. Geschäftsführer wurden Dieter Landgraf-Dietz und Claus Martin.[4]
Übernahme durch den Freistaat Sachsen
Mit Hilfe der sächsischen Staatsregierung konnte im November 1993 das Forschungszentrum aus der MTG herausgelöst und privatisiert werden. Der Freistaat Sachsen war de facto Besitzer der neugegründeten ZMD GmbH. Beteiligungsgesellschaften von Dresdner Bank und Commerzbank fungierten als treuhänderische Verwalter. Das Unternehmen schrieb jahrelang rote Zahlen, wurde aber durch den Freistaat subventioniert[5], weil das laut dem damaligen Wirtschaftsminister Sachsens Kajo Schommer „gut für das Image und die Industrieansiedlungen des Standortes“ sei.[4]
Verkauf an Sachsenring
Um die Belastungen für den Staatshaushalt des Freistaates zu verringern, wurde die ZMD GmbH 1999 unter dem Geschäftsführer Detlef Golla an die Sachsenring Automobiltechnik AG Zwickau für symbolische 2 DM verkauft.[4]
Durch die Übernahme des Zentrum Mikroelektronik Dresden (ZMD) geriet Sachsenring jedoch zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Da die sächsische Staatsregierung unrechtmäßig Fördergelder an das zuvor im Besitz des Freistaates befindliche angeschlagene Unternehmen ZMD weitergeleitet und so gegen geltendes EU-Recht verstoßen hatte. Da ZMD nach der Übernahme 1998 im Sachsenring-Konzern konsolidiert wurde, drohte von 1999 bis 2002 ein EU-Hauptprüfverfahren und die Rückzahlung von 360 Mio. DM der Fördergelder durch den Sachsenring-Konzern.
Am 18. Dezember 2000 erfolgte die Umwandlung der ZMD GmbH in eine AG.[5] Mit Unterstützung eines Investorenkreises wurde die ZMD AG für 128 Millionen Euro am 21. Dezember 2000 aus dem Unternehmen Sachsenring herausgelöst und ist seitdem wieder ein selbständiges Unternehmen. Neuer Besitzer ist die Global ASIC GmbH unter dem Dach der Westdeutschen Genossenschafts-Beteiligung GmbH, heute VR Equity GmbH.[4]
Im Zusammenhang mit den bei Übernahme durch Sachsenring AG erfolgten Entlassungen von Mitarbeitern kam es zur Übernahme von Mitarbeitern durch die Landesgesellschaft QMF. 2004 wurde der sogenannten QMF-Skandal in der Presse diskutiert. ZMDI konnte als Zeuge zur Klärung des Sachverhaltes beitragen.
Verkauf der Halbleiterfertigung
Bereits 2005 war die Tochtergesellschaft Microelectronic Packaging Dresden, welche Halbleiterchips in Chipgehäuse verpackte, an den Berliner Sensorenhersteller Silicon Sensors verkauft worden.[6]
ZFOUNDRY war bis März 2007 eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der ZMD AG und fertigte, neben anderen Foundries, einen Großteil der Silizium-Wafer für ZMD. Mit dem Kauf des Unternehmens am 29. März 2007 hat X-FAB die ehemalige ZFOUNDRY übernommen. Die X-FAB hat am 15. Februar 2007 den beabsichtigten Kauf der ZFOUNDRY beim Bundeskartellamt angemeldet. Das Bundeskartellamt hat am 9. März 2007 für die geplante Übernahme der ZFOUNDRY durch X-FAB eine Freigabe erteilt.
Am 26. März 2007 fand bei ZMD eine Belegschaftsversammlung statt, bei der die Übernahme der ZFOUNDRY durch X-FAB bekannt gegeben wurde. ZFOUNDRY wurde als Tochtergesellschaft in die X-FAB-Gruppe eingegliedert, hatte aber weiterhin Produkte für die ZMD AG gefertigt. Eine Lieferbeziehung wurde vereinbart. Seit dem 1. Juni 2007 firmiert die ehemalige ZFOUNDRY unter der Firma X-FAB Dresden und beschäftigt etwa 400 Mitarbeiter. Die ZMD AG wurde damit eine „fabless company“ mit weiterhin 65 % Wertschöpfungsanteil. Es wurden lediglich prozessierte Waferscheiben und Packages zugekauft. Dies entspricht der modernen Aufteilung der Geschäftsmodelle in Foundrybetriebe und Produktfirmen (Fabless Companies).
Betrieb als Fabless Company und Übernahme durch IDT
Seit Mai 2009 führt die ZMD AG ein neues Logo „ZMDI®“, der Unternehmensname (Firma) lautet weiterhin „Zentrum Mikroelektronik Dresden AG“. "Pink is the new Green" enabling energy efficiency ist der neue Slogan.
Im Jahr 2012 konnte ZMDI verschiedene Auszeichnungen für seine Ausrichtung auf Energieeffizienz. Dazu gehören der Frost & Sullivan Award für den intelligenten Batteriesensor-Schaltkreis ("System in a package" im weltweit kleinsten Gehäuse) sowie der angesehene silberne Green Apple Award für den Beitrag zur CO2-Reduktion. Auch wurde über ZMDI in der US-amerikanischen Environmental Report-Fernsehsendung mit Terry Bradshaw auf CNN und auf dem Fox News Channel berichtet.
ZMDI wurde am 7. Dezember 2015 von Integrated Device Technology übernommen und in seine Unternehmensstruktur eingegliedert.[7]
Das Unternehmen hatte bis dahin neben seinem Hauptsitz in Dresden weitere Büros in Stuttgart, Mailand, Paris, Milpitas (Kalifornien, USA) und Boston (Massachusetts, USA) sowie in Tokio (Japan), Taipei (Republik Taiwan), Shenzhen (Volksrepublik China) und in Pan Gyo (Südkorea). ZMDI unterhielt Design-Center in Dresden, Stuttgart-Filderstadt-Bernhausen, München-Puchheim, im irischen Limerick sowie in Warna und Sofia in Bulgarien. Zuletzt beschäftigte ZMD weltweit 333 Angestellte, davon rund 180 Ingenieure, die überwiegend in der Produktentwicklung tätig waren.
Die ZMD-Entwicklungen wurden für Sensoren und Aktuatoren in der Automobil- und Industrieelektronik, der Medizintechnik, sowie barometrischen Drucksensoren beispielsweise in Smartphones und Tablets eingesetzt. Ende 2009 begann der Einstieg in das digitale Powermanagement. Dieser Produktbereich lieferte Produkte für Point-of-Load-Anwendungen in Servern, Netzwerkkomponenten und Telekommunikationsinfrastruktur-Anwendungen. Das Unternehmen hatte sich auf Definition, Entwicklung und Vermarktung von gemischt analog-digitalen anwendungsspezifische integrierte Schaltungen (ASICs) und mehrheitlich anwendungsspezifische Standardprodukte (ASSP) für Energieeffizienz Anwendungen spezialisiert. Zudem entwickelte es auch Mixed-Signal-Systems-on-Chip (SoC), besonders als Anwendungen für die Automobilindustrie („X-by-Wire“) und fokussierte sich auf energieeffiziente Chips.
Besitzer
Vom Dezember 2000 bis zum Dezember 2015 gehörte ZMDI zu 64,9 % der Global ASIC GmbH, zu 10 % dem Freistaat Sachsen und zu 25,1 % der Elber GmbH von Hans Vielbert. Vorstandsvorsitzender der ZMD AG war seit 1999 Thilo von Selchow.[6]
Silicon Saxony
Als der sogenannte „Begründer und Vater der Mikroelektronik“ in Dresden gründete die ZMD AG im Jahre 2000 zusammen mit 19 anderen sächsischen Unternehmen den Verein Silicon Saxony e. V. Der langjähriger Vorstandschef Thilo von Selchow gehörte dem Vorstand von Silicon Saxony an und war von 2002 bis 2006 Vorsitzender des Vereines Silicon Saxony. Er wurde 2010 zum Ehrenmitglied des Silicon Saxony ernannt und 2012 als „Inventor des Silicon Europe“ ausgezeichnet.
Ehemalige Mitarbeiter
- Gerhard Barkleit
- Matthias Falter 1964–?
- Karl-Heinz Gerstenberg 1977 – 1990
- Werner Hartmann (Physiker) 1961 – 1974
- Lothar Klein 1976 – 1990
- Jens Knobloch 1973 – 1991
- Reinhard Meinel 1984 – 1986
- Gerhard Merkel 1980 – 1983
Einzelnachweise
- Chipfirma ZMDi in Dresden erwägt Börsengang, 1. Juni 2015
- Die 1969 bis 1976 bestehende Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden (AMD) ist nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls 1969 gegründeten US-amerikanischen Unternehmen Advanced Micro Devices (AMD), das von 1998 bis 2009 ein Halbleiterwerk, die AMD Saxony LLC & Co. KG, in Dresden betrieb.
- Reinhardt Balzk, Jürgen Leibiger (Hrsg.): Industriegeschichte der Stadt Dresden 1945–1990: Beiträge zum 800. Stadtjubiläum. GNN Schkeuditz 2007, ISBN 3-89819-257-1.
- Silicon Saxony e.V (Hrsg.): Silicon Saxony – die Story. Kommunikation Schnell Dresden 2006, S. 73 ISBN 3-9808680-2-8
- Europäische Kommission: „Staatliche Beihilfe Nr. NN 92/99 zugunsten der Zentrum Mikroelektronik Dresden AG – Sachsen“, PDF-Datei, Entscheidung vom 18. Juli 2001
- Janko Tietz: Beispielloser Ausverkauf. In: Der Spiegel. Nr. 6, 2008, S. 62–63 (online).
- IDT Completes Acquisition of ZMDI (Memento vom 5. Februar 2016 im Internet Archive)