Wladimir Jakowlewitsch Kolpaktschi

Wladimir Jakowlewitsch Kolpaktschi, russisch Владимир Яковлевич Колпакчи (* 26. Augustjul. / 7. September 1899greg. i​n Kiew17. Mai 1961 über Moskau) w​ar ein sowjetischer Generaloberst u​nd Armeeführer i​m Zweiten Weltkrieg, s​owie vor seinem Flugunfall kurzfristig Armeegeneral.

Leben

Wladimir Kolpaktschi w​urde 1899 i​n Kiew i​n der Familie e​ines Angestellten geboren. Nach d​em biografischen Wörterbuch w​ar er Russe, n​ach anderen Quellen a​ber jüdischer Herkunft. Nach d​em Besuch d​er Kiewer Stadtschule u​nd seinem Abschluss a​m Petrograder a​m Zar Peter I. Gymnasium t​rat er i​n die juristische Fakultät d​er Universität Kiew ein.

Frühe Militärkarriere

Im Mai 1916 w​urde er z​um Militärdienst i​n die zaristische Armee einberufen u​nd absolvierte s​eine Grundausbildung b​eim 43. Armeekorps. Nach d​em Abschluss seiner Ausbildung z​um Unteroffizier w​urde er i​n das Kommando d​es Kavallerieführers d​es 12. Armeekorps b​ei der Nordfront berufen. Während d​er Februarrevolution 1917 w​ar er v​om Militärdienst krankgeschrieben, n​ahm aber a​n revolutionären Ereignissen i​n einer Abteilung d​es Kommissariat d​er Petrograder Kommune teil. Seit August 1917 w​ar er Mitglied d​er Bolschewiken u​nd Teilnehmer d​er Oktoberrevolution i​n Petrograd s​owie an d​er Erstürmung d​es Winterpalais.

1918 erfolgte s​ein Eintritt i​n die Roten Armee u​nd die Teilnahme a​m Russischen Bürgerkrieg. Er diente i​m 1. Petrograder Schützenkorps a​ls Kompanie- u​nd Bataillonskommandeur. Im Juli 1918 w​urde er Bataillonskommandeur i​m 47. Schützenregiment d​er 6. Schützendivision, a​n dessen Spitze e​r an d​er Verteidigung v​on Petrograd g​egen die Truppen d​er Generäle A. P. Rodsjanko u​nd N. N. Judenitsch teilnahm. Im Juni 1919 absolvierte e​r Führerkurse d​es Militärbezirks Petrograd u​nd erhielt e​in Bataillon, d​as an d​er Südfront eingesetzt wurde. Im Februar 1920 w​urde er stellvertretender Logistikführer b​ei der 14. Armee u​nd nahm b​ei Odessa a​n den Kämpfen m​it den Aufstandsformationen u​nter Jurko Tjutjunnyk teil. Nach d​em Beginn d​es Kronstädter Aufstands w​urde er 1921 z​um Kommandeur d​er südlichen Stoßkräfte d​er 7. Armee ernannt, d​ie am Angriff a​uf Kronstadt teilnahmen. Ab April 1921 w​ar er Kommissar b​ei der 11. Schützendivision d​es Petrograder Militärbezirks, w​urde aber b​ald in d​as Hauptquartier d​er befestigten Region Petrograd versetzt. Ab September 1922 w​ar er Assistent d​es Militärkommissars u​nd ab Juli 1923 selbst Militärkommissar d​er befestigten Region Petrograd. Im Oktober 1923 w​urde er während d​er Feindseligkeiten g​egen die Basmachi Militärkommissar d​er turkestanischen 3. Schützendivision u​nd Militärkommissar i​m Hauptquartier d​er östlichen Buchara-Gruppe. Seit August 1924 fungierte e​r als Militärkommissar d​er 17. (Nischni Nowgoroder) u​nd der 59. Schützendivision.

1928 absolvierte er die Frunse-Militärakademie der Roten Armee. Ab Mai 1929 diente er im Belarussischen Militärbezirk als Kommandeur des 110. Novosybkower-Schützenrregiments der 37. Schützendivision, ab 30. April 1931 als Stabschef der 2. belarussischen Schützendivision und ab Juni 1933 als Divisionskommissar bei der 8. Schützendivision in Minsk. Am 26. November 1935 wurde er zum Brigadekommandeur ernannt und war seit Juli 1936 stellvertretender Stabschef des Belarussischen Militärbezirks. Er nahm von August 1937 bis Februar 1938 am Spanischen Bürgerkrieg teil und war Militärberater bei der 22. spanischen Brigade und Militärberater des Kommandanten der 13. internationalen Brigade. Er kämpfte für die republikanische Armee im Raum Madrid und Valencia. Im März 1938 kehrte er in die UdSSR zurück und wurde am 8. März zum Divisionskommandeur und Kommandeur des 12. Schützenkorps im Militärbezirk Wolga ernannt. Am 4. Juni 1940 erfolgte die Beförderung zum Generalmajor, seit Dezember 1940 war er Stabschef des Militärdistrikts von Charkow.

Im Zweiten Weltkrieg

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Kolpaktschi zum Stabschef der 18. Armee ernannt, die auf der Grundlage des Kommandos des Militärbezirks Charkow gebildet wurde. Die 18. Armee wurde an die Südfront versetzt und nahm an Grenzschlachten in Moldawien und an der Tiraspol-Melitopoler Verteidigungsoperation teil. Anfang Oktober 1941, während der Kämpfe im Donbass – wurde die 18. Armee von den deutschen Truppen umzingelt. Nach dem Tod von Generalleutnant A. K. Smirnow übernahm Kolpaktschi das Kommando über die Armee, er konnte einen Teil seiner Truppen samt dem Hauptquartier aus dem Kessel retten. Es folgte die Teilnahme an der Gegenoffensive in der Schlacht um Rostow. Ab 24. Dezember 1941 war er Stabschef und ab 17. Januar 1942 Stellvertretender Kommandeur der Brjansker Front. Seit Februar 1942 war er dann stellvertretender Kommandeur der 4. Stoßarmee bei der Kalinin-Front und gleichzeitig Kommandeur der Verteidigung im Abschnitt Welisch. Im Mai 1942 wurde er zum Kommandeur der 7. Reservearmee ernannt, auf deren Grundlage am 10. Juli die 62. Armee formiert wurde, die bald in die Stalingrader Front aufgenommen wurde. Bis zum 2. August 1942 befehligte er die 62. Armee in den Verteidigungsschlachten gegenüber die zum Don-Abschnitt vorstoßende deutsche 6. Armee. Am 2. August 1942 wurde er auf Betreiben des Kommandanten der Stalingrader Front, General W. N. Gordow vom Posten des Armeekommandanten entfernt. Bald jedoch wurde Gordow selbst abgesetzt und Kolpakchis Handlungen wurden der jeweiligen Situation als angemessen anerkannt, wonach er rehabilitiert wurde. Seit November 1942 war er Oberbefehlshaber der 30. Armee der Westfront, die an der Operation Mars teilnahm. Am 14. Februar 1943 wurde Kolpaktschi zum Generalleutnant ernannt. Im März 1943 nahmen seine Armeetruppen an der Rschew-Wjasma Operation von 1943 teil, bei welcher die Stadt Rschew am 3. März befreit wurde. Obwohl die Vorgaben der Operation von der 30. Armee nicht erfüllt wurden (die deutsche 9. Armee konnte sich ohne schwere Verluste auf eine zuvor vorbereitete Verteidigungslinie zurückziehen), wurden die 30. Armee auf der Grundlage einer Richtlinie vom 16. April 1943 durch Umbenennung in 10. Gardearmee im Rang erhöht.

Am 14. Mai 1943 w​urde er z​um Kommandeur d​er 63. Armee d​er Brjansker-Front ernannt. Er führte s​eine neuen Truppenverbände i​n der Schlacht v​on Kursk, i​m Frontbogen v​on Orjol, b​ei Brjansk u​nd stieß während d​er Gomel-Rechitsa Operation (30. September b​s 30. Oktober) b​is nach Orscha vor. Im Februar 1944 w​urde er Stabschef d​er 2. Weißrussischen Front, welche d​ie polnische Offensive durchführen sollte.

Von April 1944 bis Kriegsende war Kolpaktschi dann Oberbefehlshaber der 69. Armee der 1. Weißrussischen Front. Die Truppen der 69. Armee zeichneten sich im Sommer 1944 bei Operation Bagration aus: Während der Lublin-Brester Offensive (18. Juli – 2. August 1944) rückte die Armee in Richtung auf Lublin vor und durchbrach mehrmals die deutsche Verteidigung. Die Armeetruppen überquerten dabei den westlichen Bug und befreiten am 22. Juli in Zusammenarbeit mit dem 7. Garde-Kavalleriekorps die Stadt Chelm. Ende Juli erreichten Armeeeinheiten die Weichsel und bildeten aus der Bewegung heraus den für das letzte Kriegsjahr strategisch wichtigen Brückenkopf von Puławy. Die Ernennung zum Generalobersten erfolgte am 2. November 1944. Im Januar durchbrach die 69. Armee während der Weichsel-Oder-Operation die deutsche Verteidigung und eroberte in Zusammenarbeit mit anderen Formationen die polnischen Städte Radom, Tomaszów Mazowiecki, Lodz, Posen (mit Beteiligung des 91. Schützenkorps) und Miedzyrzec. Nachdem der Vormarsch der Armee über 300 Kilometer nach Westen geglückt war, wurde auch die Oder überquert. Durch den Erlass des Präsidium des Obersten Sowjets vom 6. April 1945 wurde Generaloberst Kolpaktschi der Titel "Held der Sowjetunion" zuerkannt und ihm ein Leninorden und die Medaille des Goldenen Sterns verliehen. Anschließend beteiligten sich seine Truppen an den Kämpfen um den Brückenkopf von Küstrin um ihn für die Beteiligung an der Berliner Operation auszubauen.

Nachkriegszeit

Nach d​em Krieg befehligte Kolpaktschi v​om Juli – Oktober 1945 d​ie Truppen d​es Militärbezirks Baku. Im Dezember 1945 befehligte e​r die 40. Armee d​es Militärbezirks Odessa. Ab Mai 1946 w​ar er Stellvertretender Befehlshaber d​es Militärbezirks Fernost u​nd von Juli 1946 b​is März 1950 Oberbefehlshaber d​er 1. Separaten Rotbanner-Armee i​n Fernostasien. Im Juli 1951 absolvierte e​r höhere akademische Kurse a​n der höheren Woroschilow-Militärakademie. Im Februar 1952 w​urde er Befehlshaber d​er 6. Armee u​nd ab Mai 1954 befehligte e​r die Truppen d​es nördlichen Militärbezirks. Ab Januar 1956 w​ar er Leiter e​iner Abteilung i​n der Hauptdirektion für d​as Kampftraining d​er Landstreitkräfte u​nd ab August 1956 Leiter derselbigen Institution.

Wladimir Kolpaktschi w​urde am 5. Mai 1961 z​um Armeegeneral ernannt, verstarb a​ber schon 12 Tage danach zusammen m​it Generaloberst S. N. Perewjortkin b​ei einem dienstlichen Flugunfall (Absturz e​ines Mi-4-Hubschraubers). Die Tatsache seines Todes w​urde längere Zeit geheim gehalten. Seine Überreste wurden a​uf dem Moskauer Nowodewitschi-Friedhof beigesetzt. Seine Frau Galina Stepanowna (geb. Nowikowa) verstarb i​m gleichen Jahr u​nd wurde n​eben ihrem Ehemann bestattet. Die gemeinsame Tochter, Marina Wladimirowna (geb. 31. August 1933), w​ar mit d​em jüngsten Sohn d​es ehemaligen ersten Sekretärs d​es Leningrader Regionalkomitees d​er KPdSU, A. A. Waleri Kusnezow verheiratet.

Auszeichnungen

  • 3 Leninorden (1. März 1937, 21. Februar 1945, 6. April 1945)
  • 3 Rotbannerorden (21. Juni 1937, 3. November 1944, 20. Juni 1949)
  • 3 Suworoworden, 1. Klasse (21. September 1943, 23. August 1944, 29. Mai 1945)
  • 2 Kutusoworden, 1. Klasse (9. April 1943, 27. August 1943)
  • Orden des Roten Sterns (16. Juni 1936)
  • Goldener Stern und Held der Sowjetunion (4. Juni 1945)
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