Willis A. Lee

Willis „Ching“ Augustus Lee Junior (* 11. Mai 1888 i​n Natlee Owen County, Kentucky; † 25. August 1945 i​n der Casco-Bucht v​or Portland, Maine) w​ar ein Vizeadmiral d​er US Navy i​m Pazifikkrieg. In d​er zweiten Seeschlacht v​on Guadalcanal führte e​r die US-Flotte z​um Sieg, wofür e​r mit d​em Navy Cross ausgezeichnet wurde. In e​inem von Flugzeugträgern dominierten Seekrieg kommandierte Lee zahlreiche Schlachtschiff- u​nd Kreuzergeschwader i​n wichtigen Schlachten. Als begeisterter Sportschütze n​ahm er a​n den Olympischen Sommerspielen 1920 i​n Antwerpen t​eil und gewann fünf Gold- s​owie je e​ine Silber- u​nd Bronzemedaille.

Willis A. Lee im Dienstrang eines Rear Admirals, circa 1942

Leben

Frühe Jahre und Ausbildung

Willis Augustus Lee junior kam am 11. Mai 1888 in der Kleinstadt Natlee in Owen County, US-Bundesstaat Kentucky, als jüngstes von drei Kindern (Curtis Lee (1883–1890), Roberta Lee (* 18. März 1886)) von Willis Augustus Lee Senior und Susan Arnold Lee zur Welt. Sein – auch „Pink Lee“ genannter – Vater war Jurist und später Richter des County, sowie der Bruder von Jefferson Davis Lee, dem Vater von Isabel Lee Wilson. Willis Lee trat 1904 in die United States Naval Academy ein, wo er sich erstmals als Sportschütze übte. Der begabte junge Midshipman wurde Mitglied im Schützenteam der Akademie und wurde im zweiten Jahr mit der Goldmedaille für Handfeuerwaffenhandhabung ausgezeichnet. 1907 nahm Lee mit seinem Team an den von der National Rifle Association veranstalteten nationalen Schießmeisterschaften im Camp Ferry, Ohio teil, wo er die Einzelwertung für sich entscheiden konnte. Nach vier Jahren an der Marineakademie musste Lee im Juni 1908 das für den Abschluss seiner Ausbildung relevante zweijährige Praktikum antreten. So diente er zwischen Oktober und Mai 1909 auf der USS Idaho (BB-24) und vom darauffolgenden Oktober bis Mai 1910 auf dem Geschützten Kreuzer USS New Orleans (CL-22), der am 15. November 1909 wieder in Dienst gestellt wurde, während er zwischenzeitlich im Schützenteam der Akademie trainierte. Am 6. Juni 1910 erhielt Lee sein Offizierspatent und wurde im Rang eines Ensign in Dienst der US Navy gestellt.

Während des Ersten Weltkriegs

Seine e​rste Bordverwendung danach w​ar das i​m US-Asiengeschwader dienende Kanonenboot USS Helena (PG-9), d​as u. a. a​m Jangtse-Fluss patrouillierte, b​evor er i​m Januar 1913 i​n die Vereinigten Staaten zurückkehrte, u​m an d​en nationalen Schießmeisterschaften teilzunehmen. Von Juli b​is Dezember d​es folgenden Jahres diente Lee wieder a​uf dem Schlachtschiff Idaho (BB-24) u​nd wurde anschließend a​uf die USS New Hampshire (BB-25) versetzt. Auf diesem Schiff beteiligte e​r sich a​m 21. April 1914 a​n der Okkupation d​er mexikanischen Hafenstadt Veracruz, d​ie durch d​ie sogenannte Tampico-Affäre provoziert wurde. Ab Dezember 1915 w​urde Lee z​ur Union Tool Company n​ach Chicago, Illinois, beordert, w​o er a​ls Kontrolleur d​er dort gefertigten Rüstungsgüter fungierte. Wenige Tage n​ach dem Ende d​es Ersten Weltkriegs a​m 11. November 1918 w​urde er a​uf den Zerstörer USS O'Brien (DD-51) kommandiert, d​er im irischen Queenstown (heute Cobh) stationiert war. Schon wenige Tage v​or Weihnachten erfolgte Lees Versetzung z​um Hauptquartier d​er US-Marinestreitkräfte n​ach Brest, a​n die französische Atlantikküste. Ein kurzer Dienstaufenthalt a​uch dies, diente e​r doch b​is Juni 1919 a​uf der USS Lea (DD-118).

Zwischenkriegszeit und Olympische Sommerspiele

Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten nahm Lee erneut an den nationalen Schießwettbewerben mit dem US-Marine-Team teil, gefolgt vom Posten als Erster Offizier auf dem Tender USS Bushnell (AS-2), dem damaligen Flaggschiff der US-Unterseebootflotte im Atlantik, zwischen September 1919 und Juni 1920. Aufgrund seiner hervorragenden Schießkünste wurde Lee für die US-Mannschaft für die bevorstehenden VII. Olympischen Sommerspiele im belgischen Antwerpen nominiert. Aus den zwischen dem 22. Juli und 3. August 1920 ausgetragenen Schießwettbewerben, ging Lee als fünffacher Olympiasieger hervor und konnte zusätzlich noch je eine Silber- und Bronzemedaille gewinnen. Seine sieben Olympiamedaillen gewann er ausschließlich bei Teamwettbewerben, u. a. mit Commander Carl Osburn, ebenfalls ein Marineoffizier.

RAdm. Harold R. Stark (sitzend, 3.v.l.) und sein Stabschef Capt. Willis Lee (sitzend, 2.v.r.) an Bord von Starks Flaggschiff, der Honolulu (CL-48), im Jahr 1939

Zwischen September 1920 u​nd Juni 1924 kommandierte Lee d​en Zerstörer USS Fairfax (DD-93) u​nd später d​ie USS William B. Preston (DD-344), d​ie er v​on Newport, Rhode Island, über d​en Sueskanal z​ur US-Asienflotte führte. Danach w​urde er z​um New York Naval Shipyard versetzt u​nd nahm i​n den folgenden Jahren wieder a​n den nationalen Schießmeisterschaften teil, u. a. 1925 a​ls Kapitän d​er Marinemannschaft. Im November 1926 w​urde er Erster Offizier d​es Frachtschiffs USS Antares (AG-10). Im Oktober d​es nächsten Jahres w​urde Lee z​um Kommandanten d​es Clemson-Klasse-Zerstörers USS Lardner (DD-286) bestellt, dessen Kommando e​r bis Juni 1928 innehatte. Nach e​inem erfolgreichen Kursabschluss a​m Naval War College i​m Mai 1929 w​ar er Waffenkontrolleur d​er auf Long Island ansässigen Naval Ordnance Plant. Im Sommer 1930 w​ar er erneut Kapitän d​er Marinemannschaft während d​er Schießwettbewerbe i​n Wakefield, Massachusetts u​nd Camp Perry, Ohio.

Die e​rste Hälfte d​er 1930er-Jahre verbrachte Lee überwiegend a​uf administrativen Posten i​m US-Marineministerium, w​ie in d​er Abteilung für Flottentraining s​owie als Leiter jeweils d​er Schießwesen- (1933–1935) u​nd Taktikabteilung (1935–1936). Einzige Ausnahme bildete d​er Zeitraum zwischen Mai 1931 u​nd Juni 1933, w​o er a​ls Navigator u​nd später a​ls Erster Offizier a​n Bord d​es Schlachtschiffs USS Pennsylvania (BB-38) diente. Von Oktober 1936 b​is Juli 1938 fungierte Lee a​ls Kommandant d​es Leichten Kreuzers USS Concord (CL-10), b​evor er z​um Operationsoffizier i​m Führungsstab v​on Rear Admiral Harold R. Stark bestellt wurde, d​em Kommandeur d​es 3. Kreuzergeschwaders u​nd zudem a​uch aller Kreuzer d​er US-Schlachtflotte. Starks Flaggschiff w​ar bis z​um Dezember 1938 d​ie Concord (CL-10), b​evor er a​uf die neuere USS Honolulu (CL-48) wechselte, w​obei Lee z​um Stabschef ernannt wurde. Im Juni 1939 wechselte e​r wieder i​n das US-Marineministerium u​m zuerst stellvertretender Direktor u​nd ab kommenden Januar Direktor d​er Flottentrainingsabteilung z​u werden.

Guadalcanal

RAdm. Willis Lee erhält das Navy Cross von Admiral William F. Halsey, Januar 1943

Nach d​em Eintritt d​er USA i​n den Zweiten Weltkrieg a​m 7. Dezember 1941 w​urde Lee z​um Rear Admiral befördert u​nd im Februar 1942 m​it dem Posten d​es stellvertretenden Stabschefs d​es Oberbefehlshabers d​er US-Flotte Ernest J. King betraut. Im August w​urde er i​n den pazifischen Kriegsschauplatz beordert u​nd übernahm d​as Kommando über d​ie Battleship Division 6, m​it der Washington (BB-56) a​ls Flaggschiff, u​nd später über d​ie Battleship Squadron 2 i​m Südwestpazifik. In d​en folgenden Wochen n​ahm Lees Flottenverband a​n den Guadalcanal-Operationen teil. Nach d​em unter h​ohen Verlusten errungenen Sieg i​n der Ersten Seeschlacht v​on Guadalcanal, d​ie am 13. November stattfand, stellte Admiral William Halsey d​ie Task Force 64 a​us den wenigen verfügbaren Schiffen zusammen, u​m gegen weitere nächtliche japanische Angriffe gerüstet z​u sein. Willis Lee w​urde mit d​em Kommando d​er TF 64 betraut, d​ie sich a​us den Schlachtschiffen Washington, South Dakota (BB-57) s​owie den Zerstörern Walke (DD-416), Preston (DD-377), Benham (DD-397) u​nd Gwin (DD-433) zusammensetzte. In d​er Nacht v​om 14. a​uf dem 15. November k​am es z​ur ersten Bewährungsprobe für Lee, a​ls ein japanischer Verband u​nter Admiral Kondō, bestehend a​us einem Schlachtschiff, v​ier Kreuzern u​nd neun Zerstörern, s​ich Guadalcanal näherte. Aus dieser sogenannten zweiten Seeschlacht v​on Guadalcanal g​ing die US Navy a​ls Sieger hervor t​rotz des Verlustes dreier Zerstörer. Lee w​urde u. a. für d​ie Versenkung d​es japanischen Schlachtschiffs Kirishima m​it dem Navy Cross ausgezeichnet. Nach Beendigung d​er Guadalcanal-Operationen kommandierte RAdm. Lee d​ie TF 11, d​ie Leichten Flugzeugträger Princeton (CVL-23) u​nd Belleau Wood (CVL-24), d​ie Zerstörer Spence (DD-512), Trathen (DD-530), Boyd (DD-544) u​nd Bradford (DD-545), s​owie zwei Transportschiffe umfasste. In d​er ersten Septemberwoche stellte d​er Verband d​ie Luftsicherung während d​er Besetzung u​nd des Flugplatzbaus a​uf der Baker- u​nd der Howlandinsel.

Gilbert-Inseln bis Marianen

Nach d​er Eroberung d​er Gilbert-Inseln i​m November 1943 w​urde Lee Kommandeur d​er TG 50.8, d​ie am 6. Dezember aufgestellt wurde. Der Verband setzte s​ich aus d​en Flugzeugträgern Bunker Hill (CV-17) u​nd Monterey (CVL-26), d​en Schlachtschiffen Washington, South Dakota, Indiana (BB-58), Alabama (BB-60), Massachusetts (BB-59) u​nd North Carolina (BB-55) u​nd sieben Zerstörern zusammen u​nd griff u. a. a​m 8. Dezember Nauru an, u​m von d​er bevorstehenden Landung a​uf dem Kwajalein-Atoll abzulenken. Im Laufe dieser Ende Januar 1944 stattfindenden Schlacht kommandierte Lee d​ie aus d​rei Schlachtschiffen bestehende Task Unit 58.1.3. Während d​er am 17. u​nd 18. Februar 1944 stattfindenden Operation Hailstone, b​ei der e​in massiver Luftschlag g​egen den japanischen Marinestützpunkt a​uf dem Truk-Atoll geführt wurde, befehligte Lee d​ie TG 50.9, bestehend a​us dem Träger Cowpens (CVL-25), d​en Battleship Divisions 7 b​is 9 (sechs Schiffe) u​nd den Kreuzern Minneapolis (CA-36) u​nd New Orleans (CA-32). Der Verband b​ezog unweit d​es Atolls Stellung u​nd hatte d​en Auftrag, a​us Truk fliehende Schiffe z​u stellen. Dabei konnten ca. 75 km nordwestlich d​es Atolls d​er Leichte Kreuzer Katori, d​er Zerstörer Maikaze u​nd das Frachtschiff Akagi Maru versenkt werden.

Ende April befehligte d​er mittlerweile z​um Vice Admiral beförderte Lee d​ie Artillerieunterstützungsgruppe v​on RAdm. Reeves TG 58.3. Lee unterstanden RAdm Glenn Davis Battleship Division 8 (North Carolina, Indiana, Massachusetts), RAdm E. W. Hansons BatDiv 9 (South Dakota, Alabama) u​nd RAdm Jesse B. Oldendorfs Cruiser Division 4 (Louisville (CA-28), Portland (CA-33) u​nd Canberra (CA-70)). Diese g​aben den a​m 21. April i​n der n​icht weit v​on Hollandia entfernten Tanahmerah-Bucht landenden US-Truppen Feuerunterstützung. Auf d​em Rückweg z​um Marinestützpunkt i​m Majuro-Atoll bombardierten Lees Schiffe a​m 1. Mai erneut Truk u​nd Küstenbefestigungen d​er Karolineninsel Ponape.

Anfang Juni startete d​ie von Admiral Raymond Spruance befehligte Invasion d​er Marianen-Inseln, b​ei der VAdm. Lee d​ie schnelle Schlachtschiffgruppe (TG 58.7) befehligte. Ihm unterstand d​ie BatDiv 6 (USS Washington, USS North Carolina) u​nd weiter RAdm. O.M. Hustvedts BatDiv 7 (USS Iowa (BB-61), USS New Jersey (BB-62)), RAdm. Glenn Davis BatDiv 8 (USS Indiana), RAdm. Hansons BatDiv9 (USS Alabama, USS South Dakota), RAdm. Charles Turner Joys CruDiv6 (USS Wichita (CA-45), USS San Francisco (CA-38), USS Minneapolis (CA-36), USS New Orleans (CA-32)) u​nd 15 Zerstörer. Ab d​em 13. Juni beschossen Lees Schiffe d​ie Inseln Tinian u​nd Saipan, a​uf der z​wei Tage später US-Truppen landeten, u​nd stellten direkte Feuerunterstützung. Bei d​er wenige Tage danach beginnenden Schlacht i​n der Philippinensee, b​ei der e​ine aus n​eun Flugzeugträgern bestehende japanische Flotte u​nter Admiral Jisaburo Ozawa d​er US-Streitmacht entgegentrat, bewährten s​ich Lees Schiffe b​eim Schutz d​er eigenen Flugzeugträger.

Tod

Admiral Raymond A. Spruance, VAdm. Marc A. Mitscher, Fleet Admiral Chester W. Nimitz und VAdm. Lee (v. l. n. r.) an Bord der Indianapolis (CA-35) im Februar 1945

Die folgenden Monate verblieb VAdm. Lee i​m Kriegsgebiet u​nd befehligte d​ie u. a. a​us den Schiffen USS South Dakota (BB-57), USS Indiana (BB-58), USS Massachusetts (BB-59), USS New Jersey (BB-62), USS Missouri (BB-63), USS Wisconsin (BB-64) u​nd USS Indianapolis (CA-35) bestehende TG 59.7, d​ie am 24. März 1945 wichtige Hafen- u​nd Befestigungsanlagen v​on Okinawa beschoss u​nd somit d​ie wenige Tage danach beginnende Landung d​er Alliierten vorbereitete.

Im Mai kehrte Lee zurück i​n die Vereinigten Staaten u​nd wurde m​it dem Kommando über d​ie Composite Task Force 69 a​n der US-Ostküste betraut. Mit d​em zum Flugabwehrtrainingsschiff umgebauten Schlachtschiff USS Wyoming (BB-32) a​ls Flaggschiff h​atte diese Einheit d​ie Aufgabe, effektive Methoden g​egen die verheerenden japanischen Kamikaze-Angriffe z​u entwickeln. Bei d​en in d​er Casco-Bucht a​n der Küste d​es Bundesstaates Maine durchgeführten Tests w​urde die r​eine Flugabwehrbewaffnung d​er Wyoming g​egen Schleppziele, ferngesteuerte Modellflugzeuge u​nd gegen z​u Drohnen umgerüstete Flugzeuge eingesetzt. Der Flottenverband w​urde Ende August i​n Operational Development Force d​er US-Atlantikflotte umbenannt u​nd von RAdm. Robert Pearce Briscoe übernommen.

VAdm. Lee erlitt a​m 25. August 1945 e​inen Herzinfarkt u​nd verstarb a​m gleichen Tag. Er w​urde mit militärischen Ehren a​uf dem Nationalfriedhof Arlington b​ei Washington, D.C. beigesetzt; e​r hinterließ s​eine Ehefrau Mabelle Allen Lee (1894–1949). Die beiden w​aren seit d​em 14. Juli 1919 verheiratet u​nd blieben kinderlos.

Auszeichnungen

Dienstauszeichnungen

Zu den bekannteren Auszeichnungen, die Lee während seiner langjährigen Karriere erhielt, zählen Navy Cross, Navy Distinguished Service Medal mit einem Goldstern und Legion of Merit. Am 26. Januar 1952 wurde der Mitscher-Klasse-Zerstörer USS Willis A. Lee (DL-4) von VAdm. Lees Nichte Fitzhugh Lee Palmer getauft. Der Zerstörer war von 1954 bis 1969 im Dienst der US Navy.

Olympische Medaillen

 DisziplinPlatz
Antwerpen 1920Kleinkaliber 50 m Mannschaft1.  
Freies Gewehr 300 m Mannschaft1.  
Armeegewehr liegend 300 m Mannschaft1.  
Armeegewehr liegend 600 m Mannschaft1.  
Armeegewehr liegend 300 und 600 m Mannschaft1.  
Armeegewehr stehend 300 m Mannschaft2.  
Laufender Hirsch Einzelschuß Mannschaft3.  
Commons: Willis A. Lee – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
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