Villa d’Este
Die Villa d’Este ist ein Palast aus dem 16. Jahrhundert mit einem berühmten Renaissancegarten. Sie liegt in Tivoli in der Region Latium nahe Rom in Italien und ist seit 2001 UNESCO-Welterbe.
Villa d’Este, Tivoli | |
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UNESCO-Welterbe | |
Vertragsstaat(en): | Italien |
Typ: | Kultur |
Kriterien: | (i)(ii)(iii)(iv)(vi) |
Fläche: | 4.5 ha |
Pufferzone: | 7 ha |
Referenz-Nr.: | 1025 |
UNESCO-Region: | Europa und Nordamerika |
Geschichte der Einschreibung | |
Einschreibung: | 2001 (Sitzung 25) |
Entstehungsgeschichte der Villa d’Este
Kardinal Ippolito II. d’Este (1509–72), zweitgeborener Sohn von Alfonso I. d’Este, dem Herzog von Ferrara, war Enkel des Papstes Alexander VI. durch Lucrezia Borgia, wurde 1550 Statthalter von Tivoli. Aufgrund seiner kirchlichen und weltlichen Verbindungen wurde er einer der wohlhabendsten Kardinäle seiner Zeit und Förderer der Künste. Seine Residenz in einem ehemaligen Benediktinerkloster genügte nicht den Anforderungen eines Kardinals aus dem Hause der Este, hatte aber eine großartige Aussicht auf die unterhalb liegende Landschaft und umfangreiches Wasserreservoir für Fontänen und Gärten. Deshalb plante Ippolito einen Garten am abschüssigen Hang des Valle gaudente unterhalb seines Palastes anzulegen, der erst 1560 verwirklicht werden konnte. Den Entwurf fertigte der Maler, Architekt und Archäologe Pirro Ligorio aus Neapel, umgesetzt wurde er vom Hofarchitekten Alberto Galvani. Um das Tal in Längsausrichtung zu vergrößern, mussten einige Gebäude beseitigt werden. Diplomatische Missionen Heinrichs II. von Frankreich führten ihn bis 1555 nach Parma und Siena. Im September 1555 wurde er von Papst Paul IV. wegen Simonie angeklagt und ging ins Exil. Als Kardinal Ippolito II. d’Este 1572 starb, waren die Arbeiten am Palast fast vollendet.
Die Räume des Palastes wurden von den besten Künstlern des späten römischen Manierismus ausgeschmückt. Beteiligt waren Livio Agresti aus Forlì, Federico Zuccari, Durante Alberti, Girolamo Muziano, Cesare Nebbia und Antonio Tempesta.
33 Jahre später, 1605, gab sein Nachfolger Kardinal Alessandro d’Este weitere Arbeiten in Auftrag. Man setzte die bestehenden Anlagen instand, änderte die Gesamtkonzeption der Gärten weitreichend und erneuerte die Dekorationen der Brunnen. 1660 bis 1670 fanden dann nochmals Bauarbeiten statt, an denen auch Gianlorenzo Bernini beteiligt war.
Im 18. Jahrhundert verfiel die Anlage, die inzwischen im Besitz des Hauses Habsburg war. Die Gärten waren verlassen, die Brunnen gingen zu Bruch und die von Kardinal Ippolito II. d’Este ausgebaute Sammlung antiker Statuen wurde in alle Winde zerstreut. Der Verfall dauerte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts an. Erst Gustav-Adolf Prinz zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der die Villa in enfiteusi (Emphyteuse) von den Herzögen von Modena aus dem Hause Österreich-Este erhalten hatte, veranlasste 1851 eine Reihe von Arbeiten, um die Anlage vor weiterem Verfall zu bewahren. Seit 1867 war Franz Liszt bei Gustav Adolf Kardinal Hohenlohe in der Villa d’Este in Tivoli zu Besuch; 1869 zog Liszt von seiner Wohnung am Monte Mario in die Villa d’Este. Hier komponierte er drei Klavierstücke, die später im Album Années de pèlerinage: Troisième année veröffentlicht wurden: Les jeux d’eaux à la Villa d’Este (die Wasserspiele der Villa d’Este, Giochi d’acqua) und zwei als Threnodien bezeichnete Stücke mit dem Titel Aux Cyprès de la Villa d’Este.
Franz V. vererbte die Villa 1875 postum an Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, später Thronfolger von Österreich-Ungarn.
Franz Ferdinand verhandelte lange mit der italienischen Regierung und wollte die Villa für zwei Millionen Lire verkaufen. Am 28. Juni 1914 wurden er und seine Frau in Sarajewo von einem Attentäter erschossen.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Villa Eigentum des italienischen Staates. In den 1920er Jahren wurde sie umfangreich renoviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Anlage 1944 Bombenschäden. Seither gab es zahlreiche Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten. Die Luftverschmutzung schädigte die Bausubstanz.
Beschreibung der Gärten
Die Gärten erstrecken sich von der Villa den Hang hinunter. Sie umfassen mehr als 500 Brunnen, Nymphäen, Wasserspiele, Grotten und Wasserbecken sowie eine Wasserorgel. Das natürliche Gefälle war die Grundlage bei der Gestaltung der Gartenanlage.
Der Garten besteht aus zwei Teilen unterschiedlichen Charakters.
Der Hanggarten zieht sich in einer Abfolge von Rampen, Treppen und Terrassen den Abhang hinunter. Die durch Nischenarchitektur markierte Mittelachse führt vom Palast abwärts zum Hauptgarten. Quer zum Hang gibt es lange Wege entlang linearer Brunnenanlagen (Allee der hundert Brunnen) mit besonderen Brunnen an den Kopfenden (Fontana di Tivoli, Fontana di Roma).
Unterhalb liegt die Querachse der Gärten längs zum Hang. Auf ihr liegen drei hintereinander gestaffelte Fischteiche. Das letzte Becken schneidet in den nordwestlichen Hang ein und wird von einer Doppelterrasse abgeschlossen, über der der Neptunbrunnen mit Wasserorgel thront. Auf der Gegenseite ordnete Ligorio eine Exedra an, einen Aussichtspunkt, die aus der südwestlichen Gartenbegrenzung herausragt. Von dort hat man einen weiten Blick über das Tal.
Der Hauptgarten (Gardino delle Semplici) ist etwas flacher. Laubengänge führen durch kleine Gärten; in manchen Beeten sollten ursprünglich Heilkräuter und Nutzpflanzen angebaut werden. In der Idealansicht von Étienne Dupérac 1573 erkennt man in diesem Teil der Gärten zwei Labyrinthe.
Die Brunnen der Villa d’Este
- Die Allee der hundert Brunnen im Hanggarten.
- Der Ovato-Brunnen im Hanggarten. Er bildet das wichtigste Wasserreservoir der Anlage. Durch einen unterirdischen Kanal tritt hier ein Nebenarm des Flusses Aniene hervor und wird dann auf weitere Kanäle verteilt, die die Anlage speisen. Über dem Brunnen erhebt sich ein künstliches Gebirge, das von einer Pegasos-Statue beherrscht wird.
- Die Fontana di Roma und die Rometta, eine Kulisse, die das alte Rom darstellt und die um 1855 zum größten Teil abgebrochen wurde, bilden den Gegenpol zum Tivolibrunnen. Die Kunst der Bewässerung wird hier symbolisch als Grundvoraussetzung für die kulturelle Blüte Roms dargestellt.
- Der imposante Neptunbrunnen mit dem darüber liegenden Orgelbrunnen auf der Querachse. Zu dem letzten gehörte einst eine wasserbetriebene Wasserorgel, die Ende des 18. Jahrhunderts verloren ging. Sie wurde in jüngerer Zeit nach dem Vorbild des alten pneumatisch-hydraulischen Funktionsprinzips wieder instand gesetzt, wobei einige Teile durch Neuherstellungen ersetzt wurden, und ist seit 2003 wieder zu hören. Die Orgel hat heute 144 Pfeifen, die von einer durch Wasser angetriebene Stiftwalze kontrolliert werden, und sie kann vier Renaissance-Stücke von insgesamt vier Minuten Dauer spielen.
Einordnung in Kunst- und Architekturgeschichte
Die Villa d’Este ist ein Hauptwerk der italienischen Gartenkunst der Renaissance. Auf einem Stich von Étienne Dupérac erkennt man die typische geometrische Gliederung der Gärten. Die antiken Statuen sind der Renaissance zuzuordnen. Schon als manieristisch gelten die vielen mythologischen Bezüge, z. B. bei der Rometta. Typisch barock wiederum sind die Blickachsen der Alleen und Wege. Die Gärten waren Vorbild für viele Gärten im Zeitalter von Manierismus und Barock.
Eintrag als Weltkulturerbe in die Liste der UNESCO
Die Villa ist seit dem Jahr 2001 als Weltkulturerbe bei der UNESCO eingetragen. Als Gründe führt die UNESCO an:[1]
- Die Villa d’Este ist ein herausragendes Beispiele der Renaissancekultur.
- Die Gestaltung der Gärten der Villa d’Este beeinflusste die Entwicklung der Gartenarchitektur in Europa.
- Die Prinzipien der Gestaltung und Ästhetik der Renaissance werden durch die Gärten der Villa d’Este illustriert.
- Die Gärten sind die ersten der giardini delle meraviglie und symbolisieren die Blüte der Renaissance-Kultur.
Literatur
- Isabella Barisi: Villa d’Este. De Luca, Roma 2003, ISBN 88-8016-515-1.
- Carl Lamb: Die Villa d’Este in Tivoli. Ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunst. Prestel, München 1966.
Weblinks
- Homepage der Villa d’Este (italienisch/englisch)
- Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch und französisch).
- Interaktiver Plan (englisch)