Vektorpotential
Das Vektorpotential ist, historisch gesehen, ein mathematisches Hilfsmittel, das in der klassischen Elektrodynamik dazu eingeführt wurde, den Umgang mit der magnetischen Induktion bzw. Flussdichte (anschaulich gesprochen mit dem „Magnetfeld“) zu vereinfachen.
Mathematisch ist das Vektorpotential (im Unterschied zum Skalarpotential) ein Vektorfeld , dessen Rotation gemäß folgender Formel
ein zweites Vektorfeld liefert.
Vektorpotentiale lassen sich u. a. dazu verwenden, die zur Beschreibung des elektromagnetischen Felds verwendeten Maxwell-Gleichungen zu entkoppeln und dadurch leichter lösbar zu machen. So zeigt sich, dass das Vektorpotential über eine Faltung aus einer gegebenen ortsabhängigen Stromdichte (also eine Anordnung von stromdurchflossenen Leitern im Raum, wie zum Beispiel eine Spule) hervorgeht, man also das Vektorpotential zu einer gegebenen Stromdichte berechnen kann, und daraus dann die messbare magnetische Induktion bzw. Flussdichte , die durch diese Anordnung erzeugt wird (Biot-Savart-Gesetz). Dieses Vektorpotential hat die Einheit .
Obwohl es zunächst nur als mathematisches Hilfsmittel eingeführt wurde, kommt ihm in der Quantenmechanik physikalische Realität zu, wie das Aharonov-Bohm-Experiment zeigte.
Definition
Das Vektorpotential wird so definiert, dass
gilt. Hierbei ist die Rotation des Vektorpotentials. Durch diesen Ansatz ist die Divergenz von Null, da für alle zweifach stetig differenzierbaren Vektorfelder. Dies wird durch die Maxwellgleichungen gefordert.
In der Elektrodynamik gilt die obige Formel unverändert, wohingegen für das elektrische Feld
gilt. Hierbei ist das skalare Potential.
Diese beiden Ansätze, zusammen mit der Lorenz-Eichung, werden benutzt, um die Maxwellgleichungen zu entkoppeln. In der Magnetostatik wird für gewöhnlich die Coulomb-Eichung benutzt, die den statischen Grenzfall der Lorenz-Eichung darstellt.
Skalares Potential und Vektorpotential werden in der Relativitätstheorie und der Quantenelektrodynamik zum Viererpotential
zusammengefasst.
Eigenschaften
- Das Vektorpotential ist nur bis auf ein Gradientenfeld bestimmt, weil die Rotation eines Gradientenfeldes immer verschwindet. Für jede skalare Funktion gilt also
- Verschieden geeichte Vektorpotentiale führen also auf dasselbe magnetische Feld. Dies wird als Eichinvarianz bezeichnet.
- Das Vektorpotential ist als Vektorfeld nicht konservativ. Andernfalls wäre es durch den Gradienten eines skalaren Feldes darstellbar und es würde gelten:
- In der Magnetostatik kann das Vektorpotential über die Coulomb-Eichung quellfrei gemacht werden, das bedeutet
- .
- In der Elektrodynamik, d. h. bei nicht-statischen Verhältnissen, benutzt man dagegen meist die folgende Lorenz-Eichung, die für die Berechnung elektromagnetischer Wellenfelder nützlich ist:
- Dabei ist das skalare Potential (s. u.) und die Lichtgeschwindigkeit.
- In der Magnetostatik erfüllt das Vektorpotential die Poisson-Gleichung, für die gilt (mit der Vakuumpermittivität und der Vakuumpermeabilität ):
- .
- Daraus erhält man folgende einfache Darstellung des Vektorpotentials über eine Faltung (siehe Greensche Funktion):
- wobei zu beachten ist, dass diese Beziehung nur gilt, wenn die Stromdichte im Unendlichen verschwindet.
- In der Elektrodynamik erweitert sich die Poisson-Gleichung zur (inhomogenen) Wellengleichung für das Vektorpotential
- ,
- wobei der D’Alembert-Operator ist.
- Die inhomogenen Lösungen dieser Gleichung sind das retardierte bzw. avancierte Vektorpotential
- , mit .
- Die drei Komponenten , und des Vektorpotentials und das skalare Potential können in der Elektrodynamik zu einem Vierervektor zusammengefasst werden, der sich bei den Lorentz-Transformationen der Speziellen Relativitätstheorie Albert Einsteins wie das Quadrupel transformiert. ist dabei die Lichtgeschwindigkeit.
Elektrisches Vektorpotential
Bei der Berechnung von Feldern in ladungs- und leitungsstromfreien Gebieten, z. B. in Hohlleitern begegnet man dem elektrischen Vektorpotential .
Aufgrund der Quellenfreiheit der betrachteten Felder gilt
- bzw.
- sowie
- .
Um einen funktionalen Zusammenhang zwischen und zu erhalten, subtrahiert man die Gleichungen und voneinander und erhält:
Das Wirbelfeld nennt man elektrisches Vektorpotential. Es beschreibt nur zeitlich veränderliche elektrische Felder.
Beziehungen zwischen Vektor- und Skalarpotential
Gemäß dem helmholtzschen Theorem kann (fast) jedes Vektorfeld als Superposition zweier Komponenten und aufgefasst werden, deren erste der Gradient eines Skalarpotentials ist, die zweite dagegen die Rotation eines Vektorpotentials :
Ist ein konservatives Kraftfeld, in dem die Kraft dem Prinzip des kleinsten Zwanges folgend stets der Richtung des maximalen Anstiegs des Potentials entgegengerichtet ist, gilt alternativ die Schreibweise
Literatur
- Adolf J. Schwab: Begriffswelt der Feldtheorie. Springer Verlag, 2002. ISBN 3-540-42018-5.