RhB Ge 6/6 II
Die Ge 6/6 II ist eine schwere Elektrolokomotive der Rhätischen Bahn (RhB). Die sechsachsigen Maschinen (Achsformel Bo’Bo’Bo’) wurden im Schnellzug- und später meistens im Güterzugdienst eingesetzt.
Ge 6/6 II | |
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Die Ge 6/6 II 706 (Disentis/Mustér) am 24. September 2008 in Klosters-Platz. | |
Nummerierung: | 701–707 |
Anzahl: | 7 |
Hersteller: | SLM, MFO, BBC |
Baujahr(e): | 1958, 1965 |
Ausmusterung: | ab 2021 |
Achsformel: | Bo’Bo’Bo’ |
Spurweite: | 1 000 mm |
Länge über Puffer: | 14 500 mm |
Höhe: | 3 300 mm |
Breite: | 2 650 mm |
Drehzapfenabstand: | 8 600 mm |
Drehgestellachsstand: | 2 500 mm |
Gesamtradstand: | 11 100 mm |
Dienstmasse: | 65 t |
Reibungsmasse: | 65 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 80 km/h |
Stundenleistung: | 1 764 kW (2 400 PS) |
Anfahrzugkraft: | 218 kN |
Treibraddurchmesser: | 1 070 mm |
Stromsystem: | 11 kV 16,7 Hz |
Stromübertragung: | 2 Einholmstromabnehmer |
Anzahl der Fahrmotoren: | 6 |
Übersetzungsstufen: | 1:5,4 |
Bauart Fahrstufenschalter: | Niederspannungs-Fahrstufenschalter |
Lokbremse: | 50 t |
Geschichte
Vorgeschichte
In den 1950er Jahren wuchs der Verkehr auf der RhB so stark, dass die vorhandenen «Krokodile» Ge 6/6 I und die Ge 4/4 I nicht mehr ausreichten. Der 1958 begonnene Bau der Elektrizitätswerke im Bergell (Albigna-Talsperre) unter der Bauherrschaft des Elektrizitätswerk der Stadt Zürich benötigte pro Tag bis zu 1000 Tonnen Zement, die ab Untervaz ins Engadin zu befördern waren. Hierfür brauchte die RhB ein Triebfahrzeug, das eine Anhängelast von 250 Tonnen auf den 35 ‰-Rampen der Albulalinie ziehen konnte.
Konstruktion
Lieferzustand
Technisch entsprechen die Maschinen dem damaligen Stand: (Niederspannungs-)Stufenschalter und Einphasen-Reihenschlussmotoren. Die äusseren beiden Drehgestelle und die Fahrmotoren können mit den Ge 4/4 I ausgetauscht werden. Das Kastengelenk zwischen den beiden Lokhälften erlaubt nur vertikale Bewegungen. Die Ge 6/6 II sind 80 km/h schnell und 65 Tonnen schwer, sie leisten 1776 kW bei 46 km/h. Die zulässige Anhängelast beträgt 205 t auf 45 ‰ Steigung und 280 t auf 35 ‰.
Umbauten
Die ersten beiden Loks wiesen noch Übergangstüren an den Stirnfronten auf. Diese wurden 1968/69 zugeschweisst, der Angleich an die zweite Serie (mit zwei anstatt drei Stirnfenstern) erfolgte jedoch erst gegen Ende der 1980er Jahre. 1985 begann die Umlackierung von grün auf rot, und 1998 wurden die alten Pantographen durch moderne Einholmstromabnehmer ersetzt.
Die Ge 6/6 II heute
Nach Fertigstellung der Bergeller Kraftwerke wurden die 700er vorwiegend vor Schnellzügen auf der Albulalinie eingesetzt. Seit die ab 1993 in Dienst gestellten Ge 4/4 III diese Aufgaben übernommen haben, waren die Ge 6/6 II hauptsächlich vor Güterzügen auf dem gesamten Stammnetz (ohne Arosalinie) anzutreffen, doch auch vor Personenzügen waren sie bis zuletzt zu sehen.
Lok 701 trug den Namen der römischen Provinz Raetia, der sich bis heute als Synonym für Graubünden erhalten hat, Lok 702 den lateinischen Namen Curia der Kantonshauptstadt Chur. Die restlichen Fahrzeuge 703–707 sind nach grösseren Bündner Gemeinden, welche die Streckenendpunkte am Stammnetz sind, benannt. Neben dem Namen steht auf jeder Lokomotive zusätzlich die Betriebsnummer in weiss sowie das Wappen der Patengemeinde (bei Lok 701 das Kantonswappen).
Am 22. November 2011 wurde die Lok 703 im Bahnhof Rueun bei einem Zugunglück im Frontbereich schwer beschädigt. Sie war mit ihrem Güterzug frontal auf einen im Bahnhof wartenden Zug (Güterwagen mit Rangiertraktor) geprallt.[1]
Im Juli 2020 wurde Lok 701 als erste Lok dieser Baureihe ausser Betrieb genommen, Lok 705 folgte Anfang Januar 2021. Mitte Mai wurde Lok 705 nochmals in Betrieb genommen weil Lok 704 einen grösseren Schaden erlitt. Lok 706 wurde nach einem Motorschaden abgestellt, Lok 703 nach einem kleineren Brand und Motorschaden. Auf den 1. November 2021 wurden alle übrigen Loks (702, 705, 707) ausrangiert und abgestellt. Lok 704 sollte als betriebsfähiges Museumsfahrzeug erhalten bleiben.[2] Aufgrund des schlechten Zustandes von Lok 704 entschied sich die RhB letztlich die Lok 707 zu erhalten. Sie wurde am 19. November 2021 nach Samedan überführt und ist dort im Depot bis auf weiteres ohne Betriebsbewilligung abgestellt.
Am 10. Februar 2021 wurde die Lok 701 in Chur abgebrochen.[3]
Liste der Ge 6/6 II
Betriebsnummer | Name | Wappen | Inbetriebnahme | Bemerkung |
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701 | Raetia | 9. Mai 1958 | In Chur abgebrochen am 10. Februar 2021[3] | |
702 | Curia | 19. Juni 1958 | Ausrangiert Abgestellt in Landquart | |
703 | St. Moritz | 5. April 1965 | Ausrangiert Abgestellt in Landquart | |
704 | Davos | 3. Februar 1965 | Ausrangiert Abgestellt in Landquart | |
705 | Pontresina/Puntraschigna | 5. Mai 1965 | Ausrangiert Abgestellt in Landquart | |
706 | Disentis/Mustér | 9. Juni 1965 | Ausrangiert Abgestellt in Landquart | |
707 | Scuol | 5. Juli 1965 | bis 1971 als Schuls/Scuol bezeichnet Ausrangiert, abgestellt in Samedan, als historische Lok vorgesehen |
Literatur
- A. Bächtiger: Neue B0 B0 B0-Schmalspurlokomotiven der Rh. B. von 2400 PS Leistung.
Schweizerische Bauzeitung, Band 76 (1958), Heft 33 (E-Periodica, PDF 2,7 MB) - Claude Jeanmaire: Rhätische Bahn: Stammnetz-Triebfahrzeuge. Archiv Nr. 219, Verlag Eisenbahn, Villingen 1995, ISBN 3-85649-219-4
- Wolfgang Finke, Hans Schweers: Die Fahrzeuge der Rhätischen Bahn 1889–1998. Band 3: Lokomotiven, Triebwagen, Traktoren. Schweers+Wall, Köln 1998, ISBN 3-89494-105-7
- Rhätische Bahn (Hrsg.): Rhätische Bahn heute – morgen – gestern. Verlagsgemeinschaft (Desertina Verlag, Disentis; Verlag M&T-Helvetica, Chur; Terra Grischuna Verlag, Bottmingen) 1988, ISBN 3-907036-08-5 (Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Bahn)
- Michael Nold: 60 Jahre Lokomotiven Ge 6/6 II der Rhätischen Bahn. In: Schweizer Eisenbahn-Revue, Hefte 2/2019, S. 106–109, 3/2010, S. 164–166.
Einzelnachweise
- Bahnunfall in Rueun
- RhB mustert Ge 6/6 II aus. In: Eisenbahn-Magazin. Nr. 10, 2020, S. 27.
- Rhätische Bahn: Eine Epoche neigt sich dem Ende entgegen. Bahnonline.ch, 11. Februar 2021, abgerufen am 12. Februar 2021.