Raduga Ch-22
Die Raduga Ch-22 Burja (russisch Радуга Х-22 Буря) ist eine flugzeuggestützte Langstrecken-Anti-Schiff-Lenkwaffe aus sowjetischer Produktion. Der NATO-Codename lautet AS-4 Kitchen.
Raduga Ch-22 | |
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Allgemeine Angaben | |
Typ | Langstrecken-Anti-Schiff-Lenkwaffe |
Hersteller | Konstruktionsbüro Raduga |
Entwicklung | 1959 |
Technische Daten | |
Länge | 11,65 m |
Durchmesser | 920 mm |
Gefechtsgewicht | 5635 kg |
Spannweite | 3000 mm |
Antrieb | Raketenmotor für Flüssigtreibstoff |
Geschwindigkeit | Mach 3,4–4,6 |
Reichweite | 500 km |
Ausstattung | |
Zielortung | Trägheitsnavigationsplattform plus Daten-Updates während des Marschfluges plus aktive Radarzielsuche |
Gefechtskopf | 950 kg SAP oder nuklear 350 kT |
Waffenplattformen | Flugzeuge |
Listen zum Thema |
Entwicklung
Die Ch-22 wurde als Langstrecken-Anti-Schiff-Lenkwaffe und als Marschflugkörper gegen Landziele konzipiert. Die Entwicklung im Konstruktionsbüro Raduga begann 1958. Das System wurde schließlich 1964 bei den sowjetischen Marine-Fliegerstreitkräften eingeführt. In den darauffolgenden Jahren wurden knapp 3000 Ch-22 produziert. Die Raduga Ch-22 dient primär zur Bekämpfung von Flugzeugträgergruppen und Seekriegsverbänden. Die Lenkwaffe wurde dafür konzipiert, ein großes Kriegsschiff mit einem einzelnen Treffer zu versenken oder zumindest operationsunfähig zu machen. Mit der nuklearen Variante kann ein ganzer Flottenverband mit einem Schlag vernichtet werden.
Varianten
- Ch-22PG: 1. Serienversion mit aktiver Radarzielsuche und konventionellem 950-kg-Penetrations-Sprengkopf. Fluggeschwindigkeit Mach 3,4. Reichweite 400 km.
- Ch-22N: Marschflugkörper gegen Landziele. Mit 1000-kT-Nuklearsprengkopf. Fluggeschwindigkeit Mach 3,4. CEP: 3000 m. Reichweite 500 km.
- Ch-22PSI: Eingeführt 1971. Version gegen Landziele und Schiffe. Mit 350-kT-Nuklearsprengkopf. Reichweite 550 km.
- Ch-22B: Experimental-Lenkwaffe mit einer aeroballistischen Flugbahn. Flughöhe 70.000 m mit Mach 6,0.
- Ch-22M: 2. Serienversion, eingeführt 1976. Mit einem neuen Suchkopf und verbessertem Triebwerk. Mit aktiver Radarzielsuche und konventionellem 950-kg-Penetrations-Sprengkopf. Reichweite 400 km.
- Ch-22MA: Version der Ch-22M mit 350-kT-Nuklearsprengkopf. Eingeführt 1974.
- Ch-22MP: Version mit passivem Radarsuchkopf. Reichweite 400 km. Eingeführt 1974.
- Ch-22MPSI: Version gegen Landziele und Schiffe. Mit 350-kT-Nuklearsprengkopf. Reichweite 550 km.
- Ch-22NA: Version für Einsatz im Tiefflug gegen Landziele und Schiffe. Mit aktiver Radarzielsuche und 350-kT-Nuklearsprengkopf oder konventionellem 630-kg-Penetrations-Sprengkopf. Reichweite 360 km. Eingeführt 1976.
- Ch-22MN: 3. Serienversion mit einem neuen Suchkopf und verbessertem Triebwerk. Mit aktiver Radarzielsuche und konventionellem 630-kg-Penetrations-Sprengkopf. Reichweite 380 km.
- Ch-22MNP: Version mit passivem Radarsuchkopf. Reichweite 380 km.
- Ch-22MNPSI: Version gegen Landziele und Schiffe. Mit 350-kT-Nuklearsprengkopf. Reichweite 570 km.
- Ch-32: Neue Version eingeführt 2016.GLONASS / GPS-Satelliten-Navigationssystem und 500 kg schwerem TK-56-Sprengkopf.[2] Fluggeschwindigkeit über Mach 4. Flughöhe über 40.000 m. Reichweite 600–1000 km.[3] Russland plant die Nachrüstung älterer Ch-22 auf den Stand der Ch-32. Mit komplett neuer Elektronik, U501M-Radarsuchkopf, Triebwerk,
Technik
Vor dem Start muss dem Navigationssystem der Lenkwaffe die grobe Position sowie der Kurs des Zieles eingegeben werden. Nach dem Abwurf folgt eine kurze antriebslose Phase. Erst in sicherem Abstand zum Flugzeug zündet das R-201-300-Raketentriebwerk im Lenkwaffenheck. Die Ch-22 wird von dem Zweikammer-Triebwerk für Flüssigtreibstoff angetrieben. Im Lenkwaffenrumpf befinden sich 3049 kg Treibstoff TG-02 und 1015 kg Oxidator AK-2. Nach dem Lenkwaffenstart entwickelt das Triebwerk einen Schub von 83 kN. Während des Marschfluges liegt die Schubkraft bei 5,9 kN. Erst beschleunigt das Triebwerk die Lenkwaffe auf eine Geschwindigkeit von rund Mach 3,4 (Mach 3,44 ±0,05). Weiter erfolgt der Marschflug in einer Flughöhe von 18.500 bis 27.000 m, mit Weiterbeschleunigung auf eine Geschwindigkeit von Mach 4,6 (ca. 4.900 km/h)[4]. Der Flug ins Zielgebiet erfolgt autonom mit Hilfe des APK-22A-Autopiloten.[5] Aktualisierte Zieldaten können mittels eines Datenlinks von der Startplattform zur Lenkwaffe gesendet werden. Ein Radarhöhenmesser sorgt für den nötigen Sicherheitsabstand zwischen der Lenkwaffe und der Meeresoberfläche. Für den Zielanflug kommt der bordeigene – entweder aktive oder passive – Radarsuchkopf zum Einsatz. Wurde das Ziel erfasst, wird es in einem steilen Sturzflug von 30 bis 60° angeflogen.
Als Marschflugkörper kann die Ch-22 gegen stationäre, radarreflektierende Landziele eingesetzt werden. In diesem Fall ist die Ch-22 mit einem Nukleargefechtskopf bestückt. Weiterhin existierte für den Angriff auf Landziele ein Gefechtskopf mit chemischem Kampfstoff. Dieser 9-A-3261-Gefechtskopf (russisch БЧ-22ВС , BTsch-22WS) war mit 572 kg VX (russische Bezeichnung R-33) beladen.[6]
Einsatz
Während des Irak-Iran-Kriegs griffen irakische Tu-22B-Bomber mehrfach iranische Flugabwehrraketen-Stellungen mit Ch-22MP an. Bei diesen Einsätzen wurde eine große Zahl von Lenkwaffen auf verschiedene MIM-23B-I-HAWK-Stellungen abgefeuert, allerdings nur ein einziger Treffer erzielt. Die Gründe dafür waren die schlechte Ausbildung der Tu-22-Besatzungen, die mangelhafte Wartung der Lenkwaffen und Schwierigkeiten des passiven Radarsuchkopfes der Ch-22MP, die Radarstrahlung der MIM-23 auf große Distanzen zu lokalisieren. Deshalb mussten die Lenkwaffen aus Entfernungen von 60 km oder weniger gestartet werden.[7]
Weitere Ch-22 wurden von Tu-16-Bombern gegen Flächenziele im Iran gestartet. Wiederholt wurden Erdölraffinerien sowie Teheran und andere Städte angegriffen.[8]
Trägerflugzeuge
- Tupolew Tu-22 mit einer Lenkwaffe
- Tupolew Tu-22M mit maximal drei Lenkwaffen
- Tupolew Tu-95 mit maximal drei Lenkwaffen
Verbreitung
- Irak – ausgemustert
- Kasachstan – im Jahr 1993 ausgemustert
- Russland – im Einsatz
- Ukraine – ausgemustert
Literatur
- Jane’n Air-Launched Weapon Sstems – Edition 2002. Jane’s Information Group
- Das Luft-Boden Lenkwaffensystem AS-4 Kitchen. DTIG – Defense Threat Informations Group, Dez 1997
- Russia’s Arms 2004 Catalog. Military Parade Publishing House
Weblinks
- Raduga Kh-22 (AS-4 Kitchen) auf globalsecurity.org (englisch)
- Raduga Kh-22 (AS-4 Kitchen) auf fas.org (englisch)
- Maritime Strike – The Soviet Perspective auf ausairpower.net (englisch)
Einzelnachweise
- United Press International: New Russian cruise missiles to hit targets from 130,000 feet
- Kh-32 Advanced Cruise Missile Tests Drawing to A Close In Russia. In: defense-aerospace.com. 24. August 2016, abgerufen am 26. August 2016 (englisch).
- Scribd, Anti Shipping Missile Survey, Scribd, p. 37
- Phillip E. Pace: Detecting and Classifying Low Probability of Intercept Radar. Artech House Publishers, 2003. S. 580.
- Сайт Федорова Льва Александровича: Химическое разоружение по-русски (russisch)
- Tom Cooper, Farzad Bishop, Arthur Hubers und Ahmad Sadik: Bombed by Blinders. Part 1. (Nicht mehr online verfügbar.) 24. November 2010, archiviert vom Original am 3. Juli 2011; abgerufen am 10. April 2012 (englisch).
- Tom Cooper, Farzad Bishop, Arthur Hubers und Ahmad Sadik: Bombed by Blinders. Part 2. (Nicht mehr online verfügbar.) 5. Dezember 2010, archiviert vom Original am 22. August 2012; abgerufen am 10. April 2012 (englisch).