Ch-101
Der Ch-101 ist ein luftgestützter Marschflugkörper mit Tarnkappentechnik aus russischer Produktion. Der NATO-Codename lautet AS-23 Kodiak.[1]
Ch-101 | |
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Allgemeine Angaben | |
Typ | Marschflugkörper |
Heimische Bezeichnung | Ch-101, Ch-102 |
NATO-Bezeichnung | AS-23 Kodiak[1] |
Herkunftsland | Sowjetunion / Russland |
Hersteller | MKB Raduga |
Entwicklung | 1992 |
Indienststellung | 2013 |
Einsatzzeit | im Einsatz |
Technische Daten | |
Länge | 7,0 m |
Durchmesser | 750 mm |
Gefechtsgewicht | 2200–2400 kg |
Spannweite | 4400 mm |
Antrieb | TRDD-50 oder 36MT-Turbojet |
Geschwindigkeit | Mach 0,9 |
Reichweite | 3000–4000 km |
Ausstattung | |
Lenkung | INS, GLONASS, GPS |
Zielortung | DSMAC |
Gefechtskopf | 400-kg-Splittergefechtskopf oder Nukleargefechtskopf 250 kt |
Zünder | programmierbarer Zünder |
Waffenplattformen | Tu-22M3, Tu-95MSM, Tu-160 |
Listen zum Thema |
Entwicklung
Im Jahr 1984 begannen in der Sowjetunion die ersten Studien über Marschflugkörper mit Tarnkappentechnik. Der Ch-101 sollte als Nachfolger des Ch-55 sowie als Gegenstück zur US-amerikanischen AGM-129 ACM konzipiert werden. Der Entwicklungsauftrag wurde dem Konstruktionsbüro Raduga (jetzt Tactical Missiles Corporation) zugesprochen. Nachdem das Projekt lange Zeit stillstand, wurde es erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1992 fortgesetzt. Die Entwicklung erfolgte parallel zum Ch-555, einer konventionellen Ausführung des nuklearen Ch-55. Der erste Testflug fand 1998,[2] weitere 2003 und 2009 statt. Die ersten Exemplare wurden vermutlich 2013 an die russischen Luftstreitkräfte ausgeliefert.[3]
Technik
An dem stromlinienförmigen Rumpf sind an der Unterseite zwei ausklappbare Tragflächen angebracht. Die Lageregelung erfolgt durch drei kleine trapezförmige Steuer- und Kontrollflächen am Heck. Nach dem Abwurf vom Flugzeug entfalten sich die Flügel und das Turbojet-Triebwerk am Heck wird gestartet. Die Flugkörper können einzeln oder in Serie gestartet werden. Der Marschflug kann in einer Flughöhe von 6.000 bis 12.200 m oder im Konturenflug in einer Flughöhe von 30 bis 60 m erfolgen. Die Marschgeschwindigkeit liegt bei 900–970 km/h.[4]
Die Navigation während des Marschfluges erfolgt mittels einer Trägheitsnavigationsplattform, an die ein GLONASS und -GPS-Satellitennavigationssystem gekoppelt ist. Je nach Verfügbarkeit wählt das Lenksystem automatisch eines der beiden Systeme aus. Auf der Route werden vorbestimmte Wegpunkte angeflogen, an denen die Flugroute mit einem Navigationsradar kontrolliert und korrigiert wird. Für den Zielanflug kommt der optische Otblesk-U-DSMAC-Suchkopf (Gelände-Kontur-Abgleich) zum Einsatz, welcher das angeflogene Gelände mit eingespeicherten Daten vergleicht.[5] Nach russischen Angaben erreicht der Marschflugkörper einen Streukreisradius (CEP) von 7–20 m. Weiter soll an einem Radarsuchkopf im Ku-Band sowie einem Lidar-Suchkopf gearbeitet werden. Damit sollen auch kleine und bewegliche Ziele von der Größe eines Lkws bekämpft werden können. Die Ch-101 soll wahlweise mit einem Splittergefechtskopf, einem Penetrations-Sprengkopf oder mit Streumunition bestückt werden können.[6]
Der Ch-101 ist der erste Marschflugkörper aus russischer Produktion, der sich eine Tarnkappentechnik auf Basis der Vermeidung von Rückstrahlungen zum Sender zunutze macht. Der Radarquerschnitt soll bei rund 0,01 m² liegen. Zusätzlich erschweren die geringe Flughöhe und die kleine Infrarot-Signatur eine Ortung und Bekämpfung.[4]
Varianten
- Ch-101: Version mit konventionellem Gefechtskopf; NATO-Codename: AS-23A, Reichweite 3000 km.[1]
- Ch-102: Version mit Nukleargefechtskopf mit einer Sprengleistung von 250 kt, NATO-Codename: AS-23B, Reichweite 4000 km.[1]
Trägerflugzeuge
- Tupolew Tu-22M3 mit maximal 4 Lenkwaffen
- Tupolew Tu-95MSM mit 14 bis 16 Lenkwaffen (6 intern, 8 bis 10 extern)
- Tupolew Tu-160 mit maximal 12 Lenkwaffen
Einsatz
Die Ch-101 wurden bislang mehrfach im Rahmen des russischen Militäreinsatzes in Syrien gegen den IS eingesetzt. Der Ersteinsatz erfolgte im November 2015; Als Startplattform dienten Tu-160-Bomber.[7] Ein weiterer Einsatz erfolgte am 17. November 2016 durch Tu-95.[8] Im Februar 2017 wurden die Marschflugkörper ein drittes Mal, diesmal gegen Ziele in der Nähe von Rakka und wiederum durch Tu-95, eingesetzt.[9]
Weblinks
- Globalsecurity.org (englisch)
- Militaryrussia.ru (russisch)
Einzelnachweise
- Douglas Barrie: Kh-101 missile test highlights Russian bomber firepower. In: iiss.org. International Institute for Strategic Studies (IISS), 8. Februar 2019, abgerufen am 11. März 2019 (englisch).
- Kh-101, Kh-102 (Russian Federation), Air-to-surface missiles – Stand-off and cruise missile. (Nicht mehr online verfügbar.) Jane’s, 15. September 2010, archiviert vom Original am 23. Januar 2013; abgerufen am 22. Januar 2013 (englisch).
- Kh-101. In: deagel.com. Abgerufen am 19. November 2015 (englisch).
- Ту-160, ВВС модернизировали свой флот из далекого воздушного флота. (Nicht mehr online verfügbar.) Paralay.com, 15. September 2010, archiviert vom Original am 16. Januar 2013; abgerufen am 22. Januar 2013 (russisch).
- Piotr Butowski: Russia is preparing a precision guidance revolution for its fast jet, strike, and bomber forces. Jane’s International Defence Review, August 2014, Vereinigtes Königreich, 2014.
- Х-101 / Х-102. military.tomsk.ru, abgerufen am 21. April 2020 (russisch).
- Nicholas de Larrinaga: Russia launches long-range air sorties into Syria. (Nicht mehr online verfügbar.) In: janes.com. 17. November 2015, archiviert vom Original am 19. November 2015; abgerufen am 19. November 2015 (englisch).
- Видео: Ту-95 впервые применили в Сирии новые ракеты. In: rg.ru. Российская газета, 18. November 2016, abgerufen am 21. November 2016 (russisch).
- Russian Long-Range Bombers Launch Cruise Missile Strikes on Daesh in Raqqa. In: sputniknews.com. 17. Februar 2017, abgerufen am 17. Februar 2017 (englisch).