Psalm 127
Der kurze Psalm 127 ist nach der Zählung der Septuaginta und der Vulgata Psalm 126. In mittelalterlich-lateinischer Tradition wird er auch nach seinen Anfangsworten benannt: Nisi Dominus ædificaverit domum. Er gehört zur Gruppe der Wallfahrtspsalmen (Psalm 120 bis Psalm 134).
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Die Zuschreibung an Salomo erfolgte wahrscheinlich wegen des Stichworts „Hausbau“ in Vers 1, da „Haus (Gottes)“ auch Bezeichnung für den Jerusalemer Tempel ist.[1] Doch ist im Psalm selbst vom alltäglichen Haus und nicht vom Tempel die Rede.
Inhalt
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Der Psalm ist „eine aphoristisch gestaltete Weisheitslehre über das Lebensglück, das man sich nicht selbst »machen« und erzwingen kann, sondern das eine Gabe JHWHs ist.“[2]
Der Psalm ist, wie die Wallfahrtspsalmen generell, an der Lebenswelt einfacher Menschen interessiert: Hausbau, Stadtbewachung und Feldarbeit.[3] Die patriarchale antike Gesellschaft kommt sehr deutlich in den Versen 3–5 zur Sprache: Viele kräftige Söhne sichern ihrem Vater eine einflussreiche Position in der Gesellschaft.[4]
Text: Psalm 127 (unrevidierte Einheitsübersetzung)
- Vers 1
- [Ein Wallfahrtslied Salomos.] Wenn nicht der Herr das Haus baut, / müht sich jeder umsonst, der daran baut. Wenn nicht der Herr die Stadt bewacht, / wacht der Wächter umsonst.
- Vers 2
- Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht / und euch spät erst niedersetzt, um das Brot der Mühsal zu essen; / denn der Herr gibt es den Seinen im Schlaf.
- Vers 3
- Kinder sind eine Gabe des Herrn, / die Frucht des Leibes ist sein Geschenk.
- Vers 4
- Wie Pfeile in der Hand des Kriegers, / so sind Söhne aus den Jahren der Jugend.
- Vers 5
- Wohl dem Mann, der mit ihnen den Köcher gefüllt hat! / Beim Rechtsstreit mit ihren Feinden scheitern sie nicht.
Übersetzungsmöglichkeiten von V. 2
Der hebräische Text von Vers 2b, כֵּן יִתֵּן לִֽידִידֹו שֵׁנָֽא lässt sich unterschiedlich übersetzen:
- „ja, er gibt seinem Geliebten Schlaf“
- „ja, er gibt es seinem Geliebten im Schlaf.“
Die direktere Übersetzung (1) wird von der Bibel in gerechter Sprache genutzt: „Aber: Ihren Geliebten gibt sie (=die Ewige) Schlaf.“[5] Lutherbibel, Züricher Bibel, Einheitsübersetzung, Elberfelder Bibel und andere entscheiden sich auch in der jeweils neuesten Revision für die zweite, traditionelle Übersetzungsmöglichkeit.
Die Septuaginta liest: „Umsonst ist es für euch, früh aufzustehen, sich zu erheben nach dem Sitzen, die ihr Brot des Schmerzens esst, wenn er seinen Geliebten Schlaf gibt.“[6] (ὅταν δῷ τοῖς ἀγαπητοῖς αὐτοῦ ὕπνον). Dem entspricht auch die Vulgata (cum dederit dilectis suis somnum, „wenn/während er seinen Geliebten Schlaf gibt“).
Rezeption
Hausinschrift
Sowohl lateinisch als auch deutsch wurde Psalm 127 sehr häufig als Hausinschrift zitiert. Lateinisch ist auch die verkürzte Form geläufig: Nisi Dominus frustra bzw. Nisi Deus frustra.
Psalm 127, 2b lieferte das geflügelte Wort: „Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.“
Kirchenmusik
- Heinrich Schütz: Wo der Herr nicht das Haus bauet (SWV 473)
- Georg Friedrich Händel: Nisi Dominus (HWV 238)
- Johannes Kolrose: Wo Gott zum Haus nicht gibt sein Gunst
- Johann Sebastian Bach: Wo Gott zum Haus nicht gibt sein Gunst (BWV 1123)
- Antonio Vivaldi: Nisi Dominus
- Nicola Antonio Porpora: Nisi Dominus
- Johann David Heinichen: Nisi Dominus, g-Moll (1726)
- Jean-Joseph Cassanea de Mondonville: Nisi Dominus (1743)
Literatur
- Erich Zenger: Stuttgarter Psalter, Stuttgart 2005, ISBN 3-460-32068-0
- Othmar Keel: Psalm 127: Ein Lobpreis auf Den, der Schlaf und Kinder gibt, in: F. V. Reiterer (Hrsg.), Ein Gott, eine Offenbarung. Festschrift Notker Füglister, Würzburg 1991, S. 155–163.
Weblinks
- Psalm 127 in der Einheitsübersetzung, der Lutherbibel und weiteren Übersetzungen aus bibleserver.com
- Psalm 127 in der Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS) auf bibelwissenschaft.de
- Gemeinfreie Noten von Vertonungen zu Psalm 127 in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
Einzelnachweise
- Klaus Seybold: Erklärt - Der Kommentar zur Zürcher Bibel. Hrsg.: Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich. Band 2. Zürich 2010, S. 1265.
- Erich Zenger: Stuttgarter Psalter. S. 349.
- Erich Zenger: Stuttgarter Psalter. S. 350.
- Erich Zenger: Stuttgarter Psalter. S. 350–351.
- Ulrike Bail et al. (Hrsg.): Bibel in gerechter Sprache. Gütersloh 2006, S. 1172.
- Wolfgang Kraus, Martin Karrer (Hrsg.): Septuaginta Deutsch. Stuttgart 2009, S. 882.