Philipp Amthor
Philipp Amthor (* 10. November 1992 in Ueckermünde) ist ein deutscher Politiker (CDU). Seit der Bundestagswahl 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages.
Leben
Philipp Amthor wuchs in Torgelow bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, einer gelernten Werkzeugmacherin, die als Coach in einem Callcenter tätig war.[1][2] Sein Vater, ein Soldat, verließ die Familie früh. In seiner Kindheit verbrachte Amthor viel Zeit bei den Großeltern.[3]
Im Jahr 2011 erwarb Amthor am Greifen-Gymnasium in Ueckermünde das Abitur.[4] Von 2012 bis 2017 studierte er Rechtswissenschaft an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Dabei wurde er durch ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützt.[5] Er schloss die Erste Juristische Prüfung mit Prädikat ab.[4] Er war 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seiner ehemaligen Universität tätig.
Im Sommer 2018 legte Amthor die Jägerprüfung ab.[6] Im Dezember 2019 trat er mit seiner Taufe der römisch-katholischen Kirche bei.[7] Im Juni 2020 wurde er in den Diözesanrat des Erzbistums Berlin berufen.[8]
Politik
Im Jahr 2008 wurde Amthor Mitglied der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) und der Jungen Union. Seit 2010 gehörte er dem Landesvorstand der Jungen Union Mecklenburg-Vorpommern an. Von 2012 bis 2018 war Amthor Kreisvorsitzender der Jungen Union Vorpommern-Greifswald. Seit 2017 ist er Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes Ueckermünde und seit 2019 Mitglied des Kreistages Vorpommern-Greifswald. Während seines Studiums war er als Mitarbeiter von Landtags- und Bundestagsabgeordneten tätig.
Innerhalb der CDU rechnet sich Amthor selbst dem konservativen Flügel zu.[9] Er positionierte sich gegen Gender-Mainstreaming, Schwangerschaftsabbruch und die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe.[2][10] Zudem war er 2016 Mitinitiator des „Konservativen Kreises“ in der CDU Mecklenburg-Vorpommern.[11][12]
Erste Legislaturperiode im Bundestag (2017–2021)
Bei der Bundestagswahl 2017 kandidierte Amthor im Wahlkreis Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II. Er erhielt 31,2 Prozent der Erststimmen und gewann das Direktmandat.[13] In der 19. Wahlperiode war er der zweitjüngste Abgeordnete des Deutschen Bundestages und der jüngste, der einen Wahlkreis gewonnen hatte. Amthor war Mitglied des Innen- und des Europaausschusses[5] sowie der überparteilichen Europa-Union Deutschland.[14] Zudem war er stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz. 2018 wurde er zum Schatzmeister der Jungen Union Deutschlands gewählt und gehörte damit ihrem Bundesvorstand an.[15] Ebenfalls war er seit 2018 Vorstandsmitglied im Parlamentskreis Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Bis Juni 2020 war Amthor Mitglied im 1. Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages.
Tätigkeit für Augustus Intelligence
Ab März 2020 berichtete Der Spiegel, dass Amthor seit Mai 2019 beim IT-Unternehmen Augustus Intelligence einen Aufsichtsratsposten innehatte. Er besaß Aktienoptionen (bewertet bis zu 250.000 Dollar)[16] des Unternehmens, ließ sich Reisen nach New York City, Korsika und St. Moritz[17] finanzieren und betrieb für das Unternehmen Lobbyarbeit,[18][17] dies tat er im Oktober 2018 auch auf offiziellem Briefpapier des Bundestages an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.[19][17] In der Folge berichteten weitere deutsche Medien über Amthor.[20][21][22][23] Nachdem Amthor die Nebentätigkeit als eine „nicht-exekutive Funktion, mit der sich kein regelmäßiger Arbeitsaufwand verbindet“, bezeichnete,[17] erklärte er am 12. Juni 2020 „Es war ein Fehler.“ und seine Nebentätigkeit für beendet.[24][25] Wegen der gemeinsamen Verbindung Amthors und des im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Terroranschlag in Berlin vom 19. Dezember 2016 zu befragenden Hans-Georg Maaßen zum Unternehmen Augustus Intelligence trat Amthor nach Kritik aus Regierung und Opposition als Mitglied des Untersuchungsausschusses zurück.[26][27][28] Er wollte auch die Nebentätigkeit für die Wirtschaftskanzlei White & Case ruhen lassen, für die er der Bundestagsverwaltung eine monatlich zwischen 1000 und 3500 Euro liegende Vergütung angegeben hatte.[29] Weiterhin zog Amthor nach einem Treffen des Landesvorstands am 19. Juni 2020 auch seine Anfang 2020 erklärte Kandidatur[30] für die Nachfolge von Vincent Kokert als Vorsitzenden der CDU Mecklenburg-Vorpommern zurück.[31][32][33]Transparency Deutschland und Lobbycontrol äußerten sich bezüglich dem Verhalten Amthors, dass es „den Eindruck der Käuflichkeit“ erwecke.[34]
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin teilte im Juli 2020 unter Bezug auf eine Strafanzeige wegen Bestechlichkeit eines Mandatsträgers und Annahme geldwerter Zuwendungen gegen Amthor mit, dass sich aus ihrer Prüfung kein Anfangsverdacht ergeben habe und deshalb das Verfahren ohne Ermittlungen eingestellt wurde.[35] Auch der Bundestag stellte das Prüfverfahren im August 2020 ein, da keine Hinweise auf Rechtsverstöße erkannt wurden.[36]
Zweite Legislaturperiode im Bundestag seit 2021
Im März 2021 wurde Amthor auf Listenplatz eins der CDU Mecklenburg-Vorpommern für die Bundestagswahl 2021 gewählt.[37]
Im Juli 2021 sorgte ein Foto Amthors für Aufsehen, das während des Pferdefestivals Stettiner Haff entstand. Darauf war Amthor mit zwei Männern zu sehen, von denen einer ein T-Shirt mit der Aufschrift „Solidarität mit Ursula Haverbeck“ trug. Über Instagram entschuldigte sich Amthor später für das Foto, das einer der Männer gepostet hatte, und merkte an, dass er das Foto nicht gemacht hätte, wenn er die Aufschrift auf dem T-Shirt bemerkt hätte.[38]
Er trat wie schon 2017 im Bundestagswahlkreis Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II an und erreichte in seinem Wahlkreis 20,7 %[39] der Erststimmen und verfehlte damit das Direktmandat; er kam auf den dritten Platz und zog über die Landesliste der CDU Mecklenburg-Vorpommern in den 20. Deutschen Bundestag ein. Innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bekleidet Amthor seither das Amt des Fachsprechers für Staatsorganisation und Staatsmodernisierung.[40]
Nebentätigkeiten und Mitgliedschaften
Gegenüber dem 19. Bundestag gab Amthor als entgeltlich ausgeübte Nebentätigkeit unter anderem an, als freier Mitarbeiter für die Wirtschaftskanzlei White & Case in Berlin tätig zu sein. Er hatte bis Juni 2020 einen Aufsichtsratsposten bei der US-amerikanischen Kapitalgesellschaft Augustus Intelligence inne.[41][5][18][42]
Neben seiner Tätigkeit im Bundestag ist Philipp Amthor nach eigenen Angaben auch Mitglied in der Atlantik-Brücke, im Diözesanrat im Erzbistum Berlin, im Landesjagdverband Mecklenburg-Vorpommern, im Ameos-Regionalbeirat Vorpommern, im Verwaltungsrat der Sparkasse Uecker-Randow, in der Europa-Union Deutschland, im Bund der Vertriebenen (BdV) sowie im Bundesvorstand der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU.[43]
Rezeption
Aufgrund seines frühen, von breiter Öffentlichkeit begleiteten politischen Aufstiegs in jungen Jahren sowie seines jungenhaften Aussehens erhielt Amthor den verschiedentlich medial rezipierten Spitznamen „Merkels Bubi“. Er wurde auch als „Shooting Star“ der CDU bezeichnet. Wegen seiner scharfen Redebeiträge gegen die Alternative für Deutschland im Plenum des Deutschen Bundestages bezeichnete ihn der Satiriker Jan Böhmermann zudem als „die Planierraupe aus Ueckermünde“. Amthor wurde zudem von Parteifreunden und Kritikern wiederholt verniedlichend „Harry Potter der CDU“ sowie „Fipsi“ genannt.[44][45][46][47][48] Den Spitznamen „Harry Potter“ griff er persönlich in öffentlichen Auftritten auch für sich selbst auf.[49]
Literatur
- Valerie Schönian: „Hören Sie mir mal zu“. In: ZEIT im Osten. Nr. 14, 28. März 2017 (zeit.de – 2. April 2018, Porträt).
Weblinks
- Website von Philipp Amthor
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Philipp Amthor auf abgeordnetenwatch.de
- Lebenslauf bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- Literatur über Philipp Amthor in der Landesbibliographie MV
Einzelnachweise
- Frédéric Schwilden: Jüngster CDU-Abgeordneter: Pervers penibel. In: Die Welt. 30. Juni 2018 (welt.de [abgerufen am 2. November 2018]).
- Daniel Sippel: CDU-Wahlkämpfer Philipp Amthor: Er ist 24 und will in den Bundestag. In: Der Spiegel. 23. September 2017 (spiegel.de [abgerufen am 8. September 2018]).
- Marc Hujer, DER SPIEGEL: Auf der Pirsch mit Philipp Amthor "Na siehste, da lernt der Jungjäger was". Abgerufen am 28. Februar 2021.
- Tim Kummert: CDU-Shootingstar Philipp Amthor. Der Schein-Alte. In: Spiegel+. 2. März 2019 (magazin.spiegel.de [abgerufen am 4. März 2019]).
- Deutscher Bundestag: Abgeordnete >> Biografien >> Philipp Amthor, CDU/CSU. In: bundestag.de. Abgerufen am 15. Juni 2020.
- Marc Hujer: „Das war ein Bock“. In: Der Spiegel 26/2020, 20. Juni 2020, S. 30–34.
- (KNA): Jetzt auch katholisch: CDU-Politiker Philipp Amthor ließ sich taufen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 21. Dezember 2019 (faz.net [abgerufen am 15. Juni 2020]).
- (stz/KNA): CDU-Politiker Amthor in Berliner Katholikenrat berufen. In: katholisch.de. 11. Juni 2020, abgerufen am 15. Juni 2020.
- Lisa Kleinpeter: Philipp Amthor (CDU): Der Junge mit der Hornbrille. In: Schweriner Volkszeitung. 26. September 2017, abgerufen am 10. Juni 2019.
- CDU-Politiker wurde in Vollversammlung des Laiengremiums gewählt – Nach Lobbyaffäre: Berliner Diözesanrat hält vorerst an Amthor fest. katholisch.de, 17. Juni 2020.
- Keine Anti-Merkel-Truppe. Schweriner Volkszeitung, 15. Dezember 2016, abgerufen am 14. Februar 2020
- CDU-Rebellen wollen weiter machen. Ostsee-Zeitung, 24. Januar 2019, abgerufen am 14. Februar 2020
- Philipp Amthor ist der Jüngste. Handelsblatt, 25. September 2017, abgerufen am 10. September 2018.
- Philipp Amthor, Homepage der Europa-Union Deutschland
- Unser Bundesvorstand. Website der Jungen Union, abgerufen am 18. Oktober 2018.
- Alexander Demling, Larissa Holzki, Dietmar Neuerer: Lobbyismus: Philipp Amthors Aktienoptionen wären bis zu 250.000 Dollar wert gewesen. In: handelsblatt.com. 7. Juli 2020, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Sven Becker, Rafael Buschmann, Roman Höfner u. a.: »Geiler Typ«. Die windigen Geschäfte des CDU-Aufsteigers Philipp Amthor. In: Der Spiegel. Nr. 25. Spiegel-Verlag Rudolf Augstein, 13. Juni 2020, S. 34–38 (spiegel.de).
- Rafael Buschmann, Nicola Naber, Christoph Winterbach u. a.: »Extrem und empörend«. Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg sieht sich in den USA schweren Anschuldigungen ausgesetzt. In: Der Spiegel. Nr. 11. Spiegel-Verlag Rudolf Augstein, 7. März 2020, S. 37–39 (spiegel.de).
- cw/sve/gt/rab/nna: Philipp Amthor: Peter Altmaier will Lobbyarbeit prüfen lassen. In: Der Spiegel. 12. Juni 2020, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Habeck: Amthor sollte Amri-U-Ausschuss verlassen. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 17. Juni 2020.
- Kevin Hagen: Philipp Amthor: Kontakt zu Hans-Georg Maaßen könnte für CDU-Politiker zum Problem werden. In: Der Spiegel. Abgerufen am 17. Juni 2020.
- Druck auf CDU-Abgeordneten Amthor lässt nicht nach. In: tagesschau.de. Abgerufen am 17. Juni 2020.
- Marc Brost: Philipp Amthor: War's das? In: zeit.de. 17. Juni 2020, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Amthor als Lobbyist für US-Firma tätig. In: Norddeutscher Rundfunk. 12. Juni 2020, abgerufen am 12. Juni 2020.
- Alexander Demling, Astrid Döner: Für diese merkwürdige Firma hat sich Philipp Amthor engagiert. In: Handelsblatt. 14. Juni 2020, abgerufen am 20. September 2021.
- Amthor: Rückzug aus Amri-Untersuchungsausschuss. NDR.de, 17. Juni 2020
- Politik: CDU-Jungstar Amthor in der Kritik. Abgerufen am 17. Juni 2020.
- AFP/cwu: Philipp Amthor: Jetzt gerät er auch in der CDU unter Druck. In: welt.de. 15. Juni 2020, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Amthor zieht weitere Konsequenzen aus Lobby-Affäre. In: NDR.de. Abgerufen am 21. November 2020.
- Andreas Becker: 95,5 Prozent für Amthor als CDU-Landeschef. In: Nordkurier.de. 28. Februar 2020, abgerufen am 28. Februar 2020.
- Timo Lehmann: Philipp Amthor bei der Sitzung des CDU-Landesvorstandes: Amthors Abgang. In: Der Spiegel. 20. Juni 2020, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Sven Becker, Rafael Buschmann, Florian Gathmann, Roman Höfner, Timo Lehmann, Nicola Naber, Sven Röbel, Gerald Traufetter, Christoph Winterbach: Lobbyismus-Affäre: Amthor hatte noch einen weiteren fragwürdigen Nebenjob. In: Der Spiegel. 19. Juni 2020, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- tagesschau.de: Amthor kandidiert nicht für CDU-Vorsitz. Tagesschau.de, 19. Juni 2020.
- Lobby-Affäre um Philipp Amthor - "Hier ist eine Grenze überschritten". Abgerufen am 17. Juni 2020.
- Staatsanwaltschaft ermittelt nicht gegen Philipp Amthor. In: Legal Tribune Online. 22. Juli 2020, abgerufen am 22. Juli 2020.
- mes/srö/dpa: Bundestag stellt Prüfverfahren gegen Amthor ein. In: Der Spiegel. 6. August 2020, abgerufen am 10. Oktober 2021.
- Philipp Amthor: Comeback auf Listenplatz eins. In: Die Welt. 6. März 2021 (welt.de [abgerufen am 8. März 2021]).
- CDU-Politiker Philipp Amthor posiert mit Neonazis. In: tagesspiegel.de. Abgerufen am 20. Juli 2021.
- Bundestagswahl: Philipp Amthor verliert Wahlkreis an SPD-Angreifer. In: Nordkurier.de. 27. September 2021, abgerufen am 27. September 2021.
- Deutscher Bundestag: Philipp Amthor bekommt neuen Job in der CDU-Fraktion | Nordkurier.de. 14. Dezember 2021, abgerufen am 7. Januar 2022.
- Ben Kendal: Amthor-Affäre: Das Rätsel um die Firma Augustus Intelligence. Redaktionsnetzwerk Deutschland, 19. Juni 2020, abgerufen am 19. Juni 2020.
- Alexander Demling, Astrid Dörner: Augustus Intelligence: Für diese merkwürdige Firma hat sich Philipp Amthor engagiert. handelsblatt.de, 14. Juni 2020.
- Deutscher Bundestag - Philipp Amthor. Abgerufen am 18. November 2021.
- Unter der Lupe – die politische Kolumne: Verlaufen im Labyrinth des Lobbyismus (Memento vom 2. Februar 2021 im Internet Archive)
- „Neo Magazin Royale”: Philipp Amthor – die Planierraupe aus Ueckermünde, Nordkurier, abgerufen am 11. März 2021
- (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Klare Ansage zum Burka-Verbot: „Merkels Bubi“ zerlegt AfD-Fraktion im Bundestag)
- Als AfD-Feindbild taugt „Merkel-Bubi“ Amthor wirklich nicht, Die Welt, abgerufen am 11. März 2021
- Der Shootingstar stellt sich vor, Junge Union Charlottenburg-Wilmersdorf, abgerufen am 11. März 2021
- 28.03.2019 - Interview Philipp Amthor - Neo Magazin Royale (ab 01:10 min), ZDF Neo/YouTube, abgerufen am 11. März 2021