Olympische Sommerspiele 1912/Leichtathletik – Marathon (Männer)

Der Marathonlauf der Männer bei den Olympischen Spielen 1912 in Stockholm wurde am 14. Juli 1912 ausgetragen. 68 Athleten nahmen daran teil, von denen nur 35 das Ziel erreichten. Die Strecke führte quer durch die schwedische Hauptstadt, Start und Ziel waren das Olympiastadion Stockholm. Die Strecke war mit 40,2 km fast zwei Kilometer kürzer als der Standard von 42,195 km.

SportartLeichtathletik
DisziplinMarathonlauf
GeschlechtMänner
Teilnehmer68 Athleten aus 19 Ländern
WettkampfortRundkurs durch Stockholm
Start und Ziel: Olympiastadion
Wettkampfphase14. Juli 1912
Medaillengewinner
Ken McArthur (Sudafrika 1910 ZAF)
Christopher Gitsham (Sudafrika 1910 ZAF)
Gaston Strobino (Vereinigte Staaten 48 USA)
Innenstadt von Stockholm auf einer Postkarte von 2013

Olympiasieger wurde der Südafrikaner Ken McArthur, der knapp eine Minute vor seinem Landsmann Christopher Gitsham das Ziel erreichte. Die Bronzemedaille gewann der US-Amerikaner Gaston Strobino.

Rekorde / Bestleistungen

Weltrekorde waren damals für alle Disziplinen noch inoffiziell. Im Marathonlauf wurden Rekorde wegen der unterschiedlichen Streckenbeschaffenheiten außer bei Olympischen Spielen noch bis 2002 nicht geführt, stattdessen gab es Bestleistungen.

Bestehende Rekorde / Bestleistungen

Weltbestleistung 2:40:35 h Thure Johansson (Schweden Schweden) Stockholm, SWE 31. August 1909[1]
Olympischer Rekord 2:55:18,4 h John Hayes (Vereinigte Staaten 46 USA) OS London 1908, GBR 24. Juli 1908

Rekordverbesserung

Obwohl die Strecke mit 40,2 km um 1,995 km kürzer war als seit den Olympischen Spielen 1908 standardmäßig vorgegeben wurde die Zeit des Siegers als neuer Olympischer Rekord anerkannt:
2:36:54,8 h – Ken McArthur (Südafrikanische Union), 14. Juli

Das Rennen

Datum: 14. Juli 1912

Wendepunkt der Marathonstrecke

Bei einer Temperatur von ca. 32 °C wurde das Rennen im Olympiastadion gestartet. Die Läufer liefen zunächst nach Norden Richtung Sollentuna. Dort befand sich der erstmals bei einer olympischen Marathonstrecke vorhandene Wendepunkt – siehe Foto. Der Finne Tatu Kolehmainen, Bruder des Olympiasiegers über 10.000 Meter Hannes Kolehmainen, sowie die beiden Südafrikaner Christopher Gitsham und Kenneth McArthur bildeten die Führungsgruppe. Dahinter befand sich eine Verfolgergruppe mit den Schweden Alexis Ahlgren, Sigfrid Jacobsson, dem Briten Frederick Lord, dem Italiener Carlo Speroni und dem Kanadier James Corkery.

Während sich Kolehmainen und Gitsham ein wenig absetzen konnten, kam es bei Kilometer 29 zu einem folgenschweren Drama. Der Portugiese Francisco Lázaro, der sich zum Schutz vor der Sonne mit Wachs eingerieben hatte, kollabierte und brach zusammen, da sein Körper nicht mehr schwitzen konnte und der Elektrolythaushalt komplett gestört wurde. Lázaro wurde in ein Krankenhaus gebracht, verstarb jedoch am nächsten Morgen. Er ist damit der erste Sportler, der durch die Folgen der Ausübung seines Wettkampfes während der Olympischen Spiele der Neuzeit verstarb.

Der Japaner Kanaguri Shisō war bei Kilometer dreißig völlig erschöpft. Er sah Bewohner eines Hauses Saft trinken und bat um ein Glas. Die Bewohner baten ihn ins Haus, der Athlet wollte sich auf einer Liege kurz ausruhen und schlief ein. Erst am nächsten Morgen erwachte er. Kanaguri schämte sich und wollte zuerst nicht in seine Heimat zurückkehren, was er aber dann doch tat. 1967 kam er noch einmal nach Stockholm und nahm den Lauf genau an der Stelle, an der er angehalten hatte, wieder auf und beendete das Rennen. Er erreichte das Ziel im Olympiastadion nach 54 Jahren, 8 Monaten, 6 Tagen, 32 Minuten und 20,3 Sekunden.

Tatu Kolehmainen musste bei Kilometer 35 das Rennen aufgeben. Unterdessen hatte sich McArthur an seinen Landsmann Gitsham herangearbeitet. Die Verfolgergruppe war gesprengt, nur noch der Schwede Jacobsson und der US-Amerikaner Strobino konnten sich eine Minute hinter den beiden Spitzenläufern halten. Wenige Kilometer vor dem Stadion gab es eine Versorgungsstelle. Gitsham hielt an, um zu trinken, während McArthur weiterlief und schließlich mit einem komfortablen Vorsprung gewann. Obwohl die Strecke mit 40,2 km um fast zwei Kilometer zu kurz war – die Standardlänge betrug seit den Olympischen Spielen 1908 42,195 km –, wurde die Siegeszeit als neuer Olympiarekord anerkannt.

Alle Läufer, die keine Medaille gewinnen konnten und nicht mehr als 120 % der Siegeszeit (ca. 3:17 Stunden) benötigten, wurden mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet.

Ergebnis

Start des Rennens
Olympiasieger Ken McArthur beim Zieleinlauf
Silbermedaillengewinner Christopher Gitsham
Gaston Strobino, Gewinner der Bronzemedaille
PlatzNameNationZeitAnmerkung
1Ken McArthurSudafrika 1910 Südafrikanische Union2:36:54,8 hOR
2Christopher GitshamSudafrika 1910 Südafrikanische Union2:37:52,0 h
3Gaston StrobinoVereinigte Staaten 48 USA2:38:42,4 h
4Andrew SockalexisVereinigte Staaten 48 USA2:42:07,9 h
5James DuffyKanada 1868 Kanada2:42:18,8 h
6Sigfrid JacobssonSchweden Schweden2:43:24,9 h
7John GallagherVereinigte Staaten 48 USA2:44:19,7 h
8Joseph ErxlebenVereinigte Staaten 48 USA2:45:47,2 h
9Richard PiggottVereinigte Staaten 48 USA2:46:40,7 h
10Joseph ForshawVereinigte Staaten 48 USA2:49:49,4 h
11Édouard FabreKanada 1868 Kanada2:50:36,2 h
12Clarence DeMarVereinigte Staaten 48 USA2:50:46,6 h
13Renon BoussièreDritte Französische Republik Frankreich2:51:06,6 h
14Harry GreenVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien2:52:11,4 h
15William ForsythKanada 1868 Kanada2:52:23,0 h
16Lewis TewanimaVereinigte Staaten 48 USA2:52:41,4 h
17Harry SmithVereinigte Staaten 48 USA2:52:53,8 h
18Thomas LilleyVereinigte Staaten 48 USA2:59:35,4 h
19Arthur TownsendVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien3:00:05,0 h
20Felix KwietonOsterreich Cisleithanien Österreich3:00:48,0 h
21Frederick LordVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien3:01:39,2 h
22Jacob WestbergSchweden Schweden3:02:05,2 h
23Axel SimonsenNorwegen Norwegen3:04:59,4 h
24Carl AnderssonSchweden Schweden3:06:13,0 h
25Edgar LloydVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien3:09:25,0 h
26Iraklis SakellaropoulosKönigreich Griechenland Griechenland3:11:37,0 h
27Hjalmar DahlbergSchweden Schweden3:13:32,2 h
28Ivar LundbergSchweden Schweden3:16:35,2 h
29Johannes ChristensenDanemark Dänemark3:21:57,4 h
30Olaf LodalDanemark Dänemark3:21:57,6 h
31Ödön KárpátiUngarn 1867 Ungarn3:25:21,6 h
32Calle NilssonSchweden Schweden3:26:56,4 h
33Emmerich RathOsterreich Cisleithanien Österreich3:27:03,8 h
34Otto OsenNorwegen Norwegen3:36:35,2 h
35Elmar ReimannRussisches Kaiserreich 1883 Russlandk. A.
DNFAlexis AhlgrenSchweden Schweden
Henry BarrettVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien
James BealeVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien
Thure BergvallSchweden Schweden
James CorkeryKanada 1868 Kanada
Oscar FonbækNorwegen Norwegen
Septimus FrancomVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien
William GrünerSchweden Schweden
David GuttmanSchweden Schweden
Karl HackOsterreich Cisleithanien Österreich
Bohumil HonzátkoBöhmen Böhmen
Aarne KallbergFinnland Großfurstentum 1883 Großfürstentum Finnland
Kanaguri ShisōJapan 1870 Japan
Andrejs KapmalsRussisches Kaiserreich 1883 Russland
Tim KellawayVereinigtes Konigreich 1801 Großbritannien
Tatu KolehmainenFinnland Großfurstentum 1883 Großfürstentum Finnland
Andrejs KrūkliņšRussisches Kaiserreich 1883 Russland
Francisco LázaroPortugal Portugal
Ivan LönnbergSchweden Schweden
Louis PauteuxDritte Französische Republik Frankreich
Louis PauteuxDritte Französische Republik Frankreich
Vladimír PencBöhmen Böhmen
Stuart PoulterAustralasien Australasien
Nikolajs RassoRussisches Kaiserreich 1883 Russland
John James ReynoldsVereinigte Staaten 48 USA
Henrik RipszámUngarn 1867 Ungarn
Francesco RuggeroItalien 1861 Königreich Italien
Michael J. RyanVereinigte Staaten 48 USA
František SlavíkBöhmen Böhmen
Carlo SperoniItalien 1861 Königreich Italien
Arthur St. NormanSudafrika 1910 Südafrikanische Union
Dragutin TomaševićSerbien Konigreich 1882 Serbien
Gustaf TörnrosSchweden Schweden
Aleksandrs UpmalsRussisches Kaiserreich 1883 Russland

Bildergalerie

Literatur

  • Ekkehard zur Megede, Die Geschichte der olympischen Leichtathletik, Band 1: 1896–1936, Verlag Bartels & Wernitz KG, Berlin, 2. Auflage 1970, S. 110–112

Einzelnachweise

  1. Marathon Männer, rekorde-im-sport.de, abgerufen am 18. Mai 2021
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