Ober-Ohmen
Ober-Ohmen ist ein Ortsteil der Gemeinde Mücke im mittelhessischen Vogelsbergkreis.
Ober-Ohmen Gemeinde Mücke | |
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Höhe: | 318 (312–334) m ü. NHN |
Fläche: | 9,09 km²[1] |
Einwohner: | 675 (31. Dez. 2015)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 74 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 35325 |
Vorwahl: | 06400 |
Geographie
Der Ort liegt am Fuße des Vogelsbergs an der Ohm. Durch den Ort führt die Landesstraße 3073.
Geschichte
Chronik
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung erfolgte in den Jahren von 775 bis 786 unter dem Namen Amana im Codex Eberhardi und im Urkundenbuch des Reichsabtei Hersfeld. Bei der ersten Erwähnung handelt es mit Sicherheit um ein Gewässer, während bei den späteren Erwähnung (um 780 bis 1008) nicht gesagt werden kann ob es sich um Ober- oder Nieder-Ohmen handelt. Erst 1241 bzw. 1308 findet eine eindeutige Differenzierung statt.[1] Die erste gesicherte Erwähnung des Dorfes erfolgte 1241 unter dem Namen superiori Amene im Urkundenbuch des Klosters Arnsburg.
Im 15. Jahrhundert verfügte der Ort über die Blutgerichtsbarkeit. Man konnte also sogar Todesurteile fällen und auch vollstrecken. Im 16. Jahrhundert lebten die meisten Einwohner vom Messerschmiedehandwerk. Schon 1570 wird eine Schule im Dorf genannt.
Während des Interims war Georg Rupel Pfarrer in Ober-Ohmen. 1552 musste er in einem Täuferprozess aussagen. Damals sagte er, dass er ungefähr 29 Jahre alt sei und seit vier Jahren "zu Ohm" Pfarrer sei.[3] In der Reformation wurden Kirchengüter zur Besoldung von Lehrern umgewandelt.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Ober-Ohmen:
„Oberohmen (L. Bez. Grünberg) evangel. Pfarrdorf; liegt im Vogelsberg an der Ohm, 2 1⁄2 St. von Grünberg, und gehört dem Freiherrn von Riedesel. Der Ort hat 153 Häuser und 810 Einwohner, die außer 1 Katholiken evangelisch sind, so wie 1 Kirche, 4 Mahl- und Oelmühlen. Die Einwohner treiben eine starke Gänsezucht, so wie nicht unbedeutenden Handel mit selbst gesponnenem Garn, und unter den Handwerkern sind besonders die Schnallenmacher und die Brandweinbrenner zu bemerken. – Die Kirche wird zuerst durch einen Streit bekannt, der 1224 zwischen Adelheid von Münzenberg und Conrad Schenk von Klingenberg, wegen des Kirchsatzes obwaltete, und der von dem Archidiakon zum Vortheil der erstern entschieden wurde. Dieser Kirchsatz wurde 1291 von Werner von Münzenberg (von Falkenstein) dem Antoniter Hause zu Grünberg überlassen, und zwar unter der Bedingung, daß zwei Priester desselben in der Kapelle des Schlosses Münzenberg den Gottesdienst besorgen und in der Stadt (Oppidum) wohnen sollten.“[4]
Gebietsreform
Zum 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Ober-Ohmen im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis als Ortsteil in die Gemeinde Mücke eingegliedert.[5] Für Ober-Ohmen wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Ober-Ohmen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][8]
- um 750–779: in pago Logenecgewe
- 9. Jahrhundert: In pago Loganinse
- 1008: in pago Oberenlogenahe
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach[9]
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg)
- ab 1627: Heiliges Römisches Reich, Oberherrschaft: Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach
- 1787: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, Oberfürstentum Hessen, Amt Grünberg, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen, Oberfürstentum Hessen, Amt Grünberg, Gericht Ober-Ohmen der Freiherren Riedesel zu Eisenbach[10][11]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Grünberg, Gericht Ober-Ohmen
- ab 1821: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Grünberg (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Grünberg; 1821 ging die Patrimonialgerichtsbarkeit der Freiherren Riedesel zu Eisenbach an das Landgericht über) und Verwaltung)
- ab 1832: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Gießen
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Grünberg
- ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Alsfeld
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Alsfeld
- ab 1938: Deutsches Reich, Landkreis Alsfeld (Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.)
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Alsfeld
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Alsfeld
- am 31. Dezember 1971 wurde Ober-Ohmen als Ortsteil der Gemeinde Mücke eingegliedert.
- ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Vogelsbergkreis
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Vogelsbergkreis
Gerichte seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz verblieb zunächst bei den Ämtern. Das Amt Ober-Ohmen der Herrschaft Riedesel war somit für Ober-Ohmen als Patrimonialgericht der Freiherren von Riedesel zu Eisenbach zuständig.
Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. 1821 traten die Freiherren Riedesel zu Eisenbach ihre Recht am Gericht Ober-Ohmen an das Großherzogtum Hessen ab. „Landgericht Grünberg“ war daher von 1822 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Ober-Ohmen zuständig war.
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[12]
Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Ober-Ohmen wurde dem Amtsgericht Alsfeld zugelegt.[13] In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerzahlen
• 1800: | 650 Einwohner[14] |
• 1806: | 707 Einwohner, 141 Häuser[11] |
• 1829: | 810 Einwohner, 153 Häuser[4] |
• 1867: | 784 Einwohner, 148 bewohnte Gebäude[15] |
• 1875: | 816 Einwohner, 157 bewohnte Gebäude[16] |
Ober-Ohmen: Einwohnerzahlen von 1800 bis 2015 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1800 | 650 | |||
1806 | 707 | |||
1829 | 810 | |||
1834 | 821 | |||
1840 | 900 | |||
1846 | 978 | |||
1852 | 1.013 | |||
1858 | 908 | |||
1864 | 840 | |||
1871 | 801 | |||
1875 | 816 | |||
1885 | 771 | |||
1895 | 750 | |||
1905 | 685 | |||
1910 | 717 | |||
1925 | 678 | |||
1939 | 692 | |||
1946 | 953 | |||
1950 | 926 | |||
1956 | 814 | |||
1961 | 781 | |||
1967 | 803 | |||
1970 | 797 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 720 | |||
2015 | 675 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde Mücke[2]; Zensus 2011[17] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Ober-Ohmen 720 Einwohner. Darunter waren 12 (1,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 132 Einwohner unter 18 Jahren, 288 zwischen 18 und 49, 162 zwischen 50 und 64 und 138 Einwohner waren älter.[17] Die Einwohner lebten in 294 Haushalten. Davon waren 87 Singlehaushalte, 69Paare ohne Kinder und 102 Paare mit Kindern, sowie 33 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 51 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 195 Haushaltungen lebten keine Senioren.[17]
Religionszugehörigkeit
• 1829: | 801 evangelische, ein katholischer Einwohner[4] |
• 1961: | 624 evangelische (= 79,90 %), 93 katholische (= 11,91 %) Einwohner[1] |
Kirche
Das Schiff der Kirche zu Ober-Ohmen wurde wegen Baufälligkeit gegen Ende des 18. Jahrhunderts abgerissen und erneuert. Der in seinen Anfängen aus romanischer Zeit stammende wuchtige ehemalige Chorturm ist seitdem von der neuen Saalkirche getrennt – man ließ ihn als Glockenturm stehen.
In diesem Turm befinden sich Reste von Wandmalereien, die wohl im 14. Jahrhundert, also in gotischer Zeit, entstanden sind. Sie gehören zu den ältesten ihrer Art im Vogelsberg, sind aber nur teilweise freigelegt. An der Nordwand erkennt man die hl. Elisabeth bei der Speisung eines Bettlers, mitten im Bild ein Apostelkreuz und oberhalb eine stilisierte Lilie.
Verkehr
Den öffentlichen Personennahverkehr stellt die Buslinie VB-75 der Verkehrsgesellschaft Oberhessen her.
Literatur
- Literatur über Ober-Ohmen nach Stichwort nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Ober-Ohmen In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Ortsteil Ober-Ohmen. In: Webauftritt. Gemeinde Mücke
- Internetauftritt zum Ort des Ortsbeirates Ober-Ohmen.
- Ober-Ohmen, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Ober-Ohmen, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 4. Mai 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- „Daten und Fakten“. In: Internetauftritt. Gemeinde Mücke, archiviert vom Original; abgerufen im Juni 2018. (Daten aus Web-Archiv)
- Wilhelm Diehl, Reformationsbuch der evangelischen Pfarreien des Großherzogthums Hessen. = Hessische Volksbücher 31–36. Friedberg 1917, S. 355 f.
- Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 223 (Online bei google books).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 346.
- Hauptsatzung. (PDF; 147 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Mücke, abgerufen im Januar 2022.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
- Die Zugehörigkeit des Gerichts Ober-Ohmen anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (Online bei google books).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 259 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
- Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 a) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
- Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 214 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
- Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 119 (Online bei google books).
- Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 15. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 13 (Online bei google books).
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 40 und 80 .