Atzenhain

Atzenhain ist ein Ortsteil der Gemeinde Mücke im mittelhessischen Vogelsbergkreis.

Atzenhain
Gemeinde Mücke
Höhe: 276 (271–307) m ü. NHN
Fläche: 10,06 km²[1]
Einwohner: 890 (31. Dez. 2015)[2]
Bevölkerungsdichte: 88 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 35325
Vorwahl: 06401
Der Ort
Der Ort

Geographie

Der Ort liegt am Fuße des Vogelsbergs an der Lumda. Nördlich führt die Bundesautobahn 5 vorbei. Dort liegt auch die Autobahnabfahrt Homberg-Ohm. Östlich an Atzenhain vorbei verläuft die Landesstraße 3072.

Geschichte

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Atzenhain erfolgte um das Jahr 1300 unter dem Namen Azenhagen.[1] Wahrscheinlich wurde das Dorf aber zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert n. Chr. gegründet. Die erste Schule wurde schon um 1600 erbaut.

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Atzenhain:

„Atzenhain (L. Bez. Grünberg) evangel. Filialdorf; liegt unfern der Lumda, 1 St. von Grünberg, hat 81 Häuser und 445 Einw, die außer 1 Kath. evangelisch sind. Der Ort hat 1 Kirche und 3 Gemeinde Backhäuser. – Atzenhain gehörte zum Gericht Niederohmen, welches 1370 Landgraf Heinrich II. von dem Stift St. Stephan zu Mainz zu Lehen trug.“[3]

In Atzenhain galt der Stadt- und Amtsbrauch von Grünberg als Partikularrecht. Das Gemeine Recht galt nur, soweit der Amtsbrauch keine Bestimmungen enthielt. Dieses Sonderrecht behielt seine Geltung auch während der Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert, bis es zum 1. Januar 1900 von dem einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst wurde.[4]

Zum 31. Dezember 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Atzenhain im Zuge der Gebietsreform in Hessen auf freiwilliger Basis als Ortsteil in die Gemeinde Mücke eingegliedert.[5] Für Atzenhain wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]

Territorialgeschichte und Verwaltung

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Atzenhain lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7][8]

Gerichte seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Atzenhain das „Amt Grünberg“ zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Landgerichte übergingen. „Landgericht Grünberg“ war daher von 1821 bis 1879 die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Atzenhain zuständig war.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Grünberg“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[14] Am 1. Juli 1968 erfolgte die Auflösung des Amtsgerichts Grünberg, Atzenhain wurde dem Amtsgericht Alsfeld zugelegt.[15]

In der Bundesrepublik Deutschland sind die übergeordneten Instanzen das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Einwohnerzahlen

  • 1791: 354 Einwohner[16]
  • 1800: 367 Einwohner[17]
  • 1806: 374 Einwohner, 76 Häuser[11]
  • 1829: 445 Einwohner, 81 Häuser[3]
  • 1867: 485 Einwohner, 93 bewohnte Gebäude[18]
  • 1875: 450 Einwohner, 103 bewohnte Gebäude[19]
Atzenhain: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2015
Jahr  Einwohner
1791
 
354
1800
 
367
1806
 
374
1829
 
445
1834
 
451
1840
 
459
1846
 
518
1852
 
524
1858
 
513
1864
 
501
1871
 
561
1875
 
540
1885
 
503
1895
 
503
1905
 
472
1910
 
506
1925
 
531
1939
 
526
1946
 
730
1950
 
727
1956
 
644
1961
 
630
1967
 
629
1970
 
621
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2011
 
894
2015
 
890
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde Mücke[2]; Zensus 2011[20]

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Atzenhain 894 Einwohner. Darunter waren 18 (2,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 135 Einwohner unter 18 Jahren, 396 zwischen 18 und 49, 228 zwischen 50 und 64 und 135 Einwohner waren älter.[20] Die Einwohner lebten in 396 Haushalten. Davon waren 117 Singlehaushalte, 117 Paare ohne Kinder und 126 Paare mit Kindern, sowie 33 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 51 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 291 Haushaltungen lebten keine Senioren.[20]

Religionszugehörigkeit

Infrastruktur

Im Ort gibt es ein Dorfgemeinschaftshaus und einen Kindergarten.

Einzelnachweise

  1. Atzenhain, Vogelsbergkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. „Daten und Fakten“. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Internetauftritt. Gemeinde Mücke, archiviert vom Original; abgerufen im Juni 2018. (Daten aus Web-Archiv)
  3. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 16 (Online bei google books).
  4. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 67, Anm. 40 und S. 103.
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 346.
  6. Hauptsatzung. (PDF; 147 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Mücke, abgerufen im Januar 2022.
  7. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006;.
  8. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
  9. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 13 ff., § 26 Punkt d) III. (google books).
  10. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (Online bei google books).
  11. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 256 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  12. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 419 (online bei Google Books).
  13. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurden die drei hessischen Provinzen Starkenburg, Rheinhessen und Oberhessen aufgelöst.
  14. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
  15. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 2 a) und Artikel 2, Abs. 4 a) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  16. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 197 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  17. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 212 ff. (Online in der HathiTrust digital library).
  18. Wohnplätze 1867. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 119 (Online bei google books).
  19. Wohnplätze 1875. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1877, DNB 013163434, OCLC 162730484, S. 12 (Online bei google books).
  20. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 40 und 80;.

Literatur

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