Neoarchaikum
Das Neoarchaikum ist ein geologisches Zeitalter. Es stellt innerhalb des erdgeschichtlichen Äons des Archaikums das letzte von vier Zeitaltern (Neoarchaikum = neues Archaikum) dar. Es beginnt vor etwa 2800 Millionen Jahren mit dem Ende des Mesoarchaikums und endet vor etwa 2500 Millionen Jahren mit dem Beginn des Paläoproterozoikums.
Äonothem | Ärathem | System | Alter (mya) |
---|---|---|---|
später | später | später | |
A r c h a i k u m Dauer: 1500 Ma |
Neoarchaikum Dauer: 300 Ma |
2500 ⬍ 2800 | |
Mesoarchaikum Dauer: 400 Ma |
2800 ⬍ 3200 | ||
Paläoarchaikum Dauer: 400 Ma |
3200 ⬍ 3600 | ||
Eoarchaikum Dauer: 400 Ma |
3600 ⬍ 4000 | ||
früher: Hadaikum |
Neudefinition des Neoarchaikums
Im Zuge des Abrückens von rein radiometrisch bestimmten Periodengrenzen soll jetzt gemäß Gradstein u. a. (2012) das GSSP-Prinzip so weit wie möglich auch im Präkambrium Anwendung finden. Die Perioden werden somit anhand von bedeutenden geologischen Ereignissen definiert und nicht mehr an willkürlichen radiometrischen Altern.[1]
Für das Neoarchaikum schlagen Gradstein u. a. daher folgende Neueinteilung vor:
„Das Neoarchaikum wird in die beiden Perioden Methanium und Siderium unterteilt. Das Methanium beginnt bei 2780 Millionen Jahren BP mit dem Erstauftreten Kontinentaler Flutbasalte und einem erstmaligen positiven d13C-Wert in Kohlenwasserstoffen. Ihm folgt um 2630 Millionen Jahren BP mit dem Erstauftreten von Bändererzen das Siderium, welches um 2420 Millionen Jahren BP mit den ersten paläoproterozoischen, glazigenen Ablagerungen endet. Der GSSP für das Methanium liegt an der Basis des Mount Roe Basalt der Fortescue Group (Mount Bruce Supergroup) in Westaustralien, der des Sideriums an der Basis der Marra Mamba Iron Formation der Hamersley Group (ebenfalls Mount Bruce Supergroup, Westaustralien)“
Das neu definierte Neoarchaikum dauert 360 Millionen Jahre; die Mesoarchaikum-Neoarchaikum-Grenze verjüngt sich um 20 und die Archaikum-Proterozoikum-Grenze um 80 Millionen Jahre.
Charakterisierung
Neuere Forschungen deuten darauf hin, dass erstmals im Neoarchaikum die Voraussetzungen für das Entstehen höherer Gebirge gegeben waren. In den Zeitaltern davor war die kontinentale Lithosphäre aufgrund ihrer geringeren Viskosität (hohe Temperatur und zu geringe Dicke) für topographische Erhöhungen von mehr als 2.500 Metern noch nicht ausreichend tragfähig.[2]
In das Neoarchaikum fällt ein in der Erdgeschichte einmaliger Puls magmatischer Aktivität, das so genannte Spätarchaische Superereignis. Es führte im Zeitraum 2700 bis 2500 Millionen Jahre BP zu einem enormen Krustenwachstum und wahrscheinlich zur Bildung eines oder mehrerer Superkontinente (Kenorland bzw. Superia und Sclavia). Maxima in den Zirkon altern und in der Häufigkeitsverteilung von Grünsteingürteln und mit ihnen assoziierten, orogenen Goldvorkommen unterstreichen die Bedeutung dieses Ereignisses.
Die letzte Periode des Neoarchaikums, das Siderium, wird durch die weltweite Bildung von Bändererzen charakterisiert. Ein Großteil des in den Ozeanen gelösten Eisens wurde dadurch gefällt, so dass ab dem Paläoproterozoikum die Sauerstoffkonzentration im Meerwasser und schließlich auch in der Erdatmosphäre ansteigen konnte (siehe hierzu auch Große Sauerstoffkatastrophe).
Ereignisse
- 2960 bis 2760 Millionen Jahre BP:
- Ausbruch der Blake River Megacaldera, eines Supervulkans in Ontario/Quebec (Superior-Kraton)
- Um 2700 Millionen Jahre BP:
- Insgesamt 15 Diamiktithorizonte belegen eine Vereisung in dem über 500 Meter mächtigen, rund 2700 Millionen Jahre alten Talya Conglomerate der Vanivilas-Formation im Süden Indiens.[3] Eine zeitgleiche Vereisung wird auch direkt unterhalb des Intrusionsontaktes des Stillwater-Komplexes in Montana dokumentiert.[4]
- Zwischen 2530 und 2510 Millionen Jahre BP:
- Eindringen des Closepet-Granits in den Peninsular Gneiss Complex (PGC) im Südindischen Dharwar-Kraton.
- Um 2500 bis 2475 Millionen Jahren BP:
- Eindringen des tholeiitische und komatiitische Mistassini-Gangschwarms in den Superior-Kraton.
- 2473 bis 2446 Millionen Jahre BP:
- Matachewan-Gangschwarm im Superior-Kraton.[5] Viermal so groß wie sein Vorgänger stellt er den ältesten, bekannten Superplume (Riesen-Manteldiapir) dar.
- Um 2400 Millionen Jahre BP:
- In Karelien entstand möglicherweise der bisher älteste bekannte Meteoritenkrater von Suavjärvi.
Stratigraphie
Bedeutende Sedimentbecken und geologische Formationen
- Hamersley-Becken mit Hamersley Group in Westaustralien - 2715 bis etwa 2400 Millionen Jahre BP
- Dharwar Supergroup im Süden Indiens:
- Chitrapura Group – 2700 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Bababudan Group – 2910 bis 2700 Millionen Jahre BP
- Yellowknife Supergroup in Kanada - 2700 bis 2600 Millionen Jahre BP
- South Pass Greenstone Belt in Wyoming - 2700 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Ventersdorp Supergroup auf dem Kaapvaal-Kraton in Südafrika - 2740 bis 2690 Millionen Jahre BP
- Transvaal-Becken in Südafrika – 2670 bis 1900 Millionen Jahre BP
- Transvaal Supergroup:
- Ghaap Group im Griqualand-West-Gebiet – 2669 ± 5 bis 2450 Millionen Jahre BP
- Chuniespoort Group im Transvaal-Gebiet – 2588 ± 6 bis 2460 Millionen Jahre BP
- Transvaal Supergroup:
- Minas Supergroup im Osten Brasiliens – 2610/2580 bis 2420 Millionen Jahre BP
- Östlicher Block des späteren Nordchina-Kratons – 2800 bis 2600 Millionen Jahre BP mit:
- Taishan Group im westlichen Shandong – 2767 bis 2671 Millionen Jahre BP
- Upper Anshan Group in Anshan – 2724 bis 2610 Millionen Jahre BP
- Ferner Jiaodong Group im östlichen Shandong, Jiapigou Group im südlichen Jilin, Jianping Group im westlichen Liaoning und Qianxi Group/Zhunhua Group/Dantazi Group/Badaohe Group/Miyun Group im östlichen Hebei
Lagerstätten
- Eisen (Bändererze):
- Michipicoten Iron Formation, Kanada - 2744 bis 2696 Millionen Jahre BP
- Marra Mamba Iron Formation in Westaustralien – 2630 Millionen Jahre
- Cauê Banded Iron Formation der Itabira Group, Minas Supergroup in Brasilien – 2580 bis 2420 Millionen Jahre BP
- Asbestos-Hills-Subgroup der Ghaap Group in Südafrika – 2489 bis 2480 Millionen Jahre
- Penge-Formation der Chuniesport Group in Südafrika – um 2480 Millionen Jahre BP
- Brockman Iron Formation im Hamersley-Becken, Westaustralien – 2469 Millionen Jahre BP
- Kuruman Iron Formation der Campbellrand Subgroup in Südafrika – um 2465 Millionen Jahre BP
- Gold:
- Witwatersrand-Becken, Südafrika (mehrere Lagerstätten) - 3074 bis 2714 Millionen Jahre BP
- Ventersdorp Contact Reef in Südafrika - 2729 ± 19 Millionen Jahre BP
- Eastern Goldfields Province bei Kalgoorlie, Yilgarn-Kraton, Westaustralien - 2640 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Südlicher Abitibi-Grünsteingürtel in Kanada - < 2670 Millionen Jahre BP
- Östlicher Dharwar-Kraton - > 2550 Millionen Jahre BP
- Sukumaland-Grünsteingürtel des Tansania-Kratons - <2640 Millionen Jahre BP
- Rio-das-Velhas-Grünsteingürtel des São-Francisco-Kratons in Brasilien - < 2710 Millionen Jahre BP
- Chrom, Platin und Palladium:
- Stillwater-Komplex, Montana - 2700 Millionen Jahre BP
Geodynamik
- Baltischer Schild:
- Entstehung der Kareliden - 3100 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Kaapvaal-Kraton und Zimbabwe-Kraton:
- Nordwärts gerichtete Überschiebung von Grünsteingürteln am Nordrand des Kapvaal-Kratons – 2729 ± 19 Millionen Jahre BP
- Limpopo-Gürtel
- Überschiebung der Southern Marginal Zone nach Süden auf den Kaapvaal-Kraton (granulitfazielle Metamorphose) – 2691 ± 7 Millionen Jahre BP
- Superior-Kraton:
- In Nordamerika geht die Algoman Orogeny (auch Kenoran Orogeny) um 2500 Millionen Jahren BP zu Ende.
- Ostantarktis:
- Retromorphose und Anatexis im Mawson-Kraton (Adélieland, Georg-V-Land) – 2500 bis 2420 Millionen Jahre BP.
Siehe auch
Einzelnachweise
- Felix M. Gradstein u. a.: On the Geologic Time Scale. In: Newsletters on Stratigraphy. Band 45/2, 2012, S. 171–188.
- P. Rey, N. Coltitce: Neoarchean lithospheric strengthening and the coupling of Earth's geochemical reservoirs. (Memento des Originals vom 9. Juni 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Geology. Band 36, 2008, S. 635–638.
- R. W. Ojakangas u. a.: The Talya Conglomerate: an Archean (~ 2.7 Ga) Glaciomarine Formation, Western Dharwar Craton, Southern India. In: Current Science. Band 106, N° 3, 2014, S. 387–396.
- N. J. Page: The Precambrian diamictite below the base of the Stillwater Complex, Montana. In: M. J. Hambrey, N. B. Harland (Hrsg.): Earth's Pre-Pleistocene Glacial Record. Cambridge University Press, Cambridge 1981, S. 821–823.
- L. M. Heaman: 2.45 Ga global mafic magmatism: Earth's oldest superplume? In: Eighth International Conference on Geochronology, Cosmochronology & Isotope Geology, Program with Abstracts, U.S. Geol. Surv. Circular 1107. Berkeley, California 1994, S. 132.