Methanium
Im Zuge der Neudefinition des Präkambriums wird das Methanium zur ersten Periode innerhalb der Ära des Neoarchaikums. Es dauerte 150 Millionen Jahre, von 2780 bis 2630 Millionen Jahre BP.
Bezeichnung
Die Bezeichnung Methanium, engl. Methanian, ist vom Treibhausgas Methan abgeleitet. Sie wurde gewählt, da sich in dieser Periode die methanotrophen Bakterien stark vermehrt hatten.[1]
Neudefinition der Perioden des Präkambriums
Im Zuge des Abrückens von rein radiometrisch bestimmten Periodengrenzen soll jetzt gemäß Gradstein u. a. (2012) das GSSP-Prinzip so weit wie möglich auch im Präkambrium Anwendung finden. Die Perioden werden somit anhand von bedeutenden geologischen Ereignissen definiert und nicht mehr an willkürlichen, radiometrischen Altern.[2]
Definition des Methaniums
Die Untergrenze des Methaniums zum Mesoarchaikum wird durch einen GSSP an der Basis des Mount Roe Basalt in Westaustralien festgelegt. Der ab 2780 Millionen Jahren BP abgelagerte Mount Roe Basalt gehört zur Fortescue Group und somit zur Mount Bruce Supergroup. Die Obergrenze des Methaniums zum überlagernden Siderium wird ebenfalls durch einen GSSP definiert. Dieser liegt an der Basis der westaustralischen Marra Mamba Iron Formation, die der Hamersley Group der Mount Bruce Supergroup angehört. Ihre weltweit ersten, riesigen Bändererzvorkommen (engl. giant BIFs) wurden ab 2630 Millionen Jahren BP sedimentiert.
Bedeutung
Mit dem erstmaligen Auftreten von Flutbasalten an der Untergrenze des Methaniums begann ein in der Erdgeschichte nahezu einmaliger Zyklus magmatischer Aktivität, dessen Höhepunkt anhand der Häufigkeitsverteilung von Zirkonaltern bei 2700 Millionen Jahren BP zu liegen kam. Als Folge ereignete sich ein enormes Krustenwachstum, das von Taylor und McLennan (1985) auf rund 40 % des heutigen Krustenbestandes eingeschätzt wird. Im Verlauf des Methaniums soll sich ihnen zufolge die Erdkruste ausgehend von 30 % des heutigen Werts bei 2700 Millionen Jahren BP auf 70 % bei 2500 Millionen Jahren BP ausgedehnt haben.[3] Endresultat dieser Entwicklung dürfte die Bildung eines oder mehrerer Superkontinente gewesen sein (Superia, Kenorland und/oder Sclavia).
Bedingt durch den gestiegenen Vulkanismus dieses so genannten spätarchaischen Superereignisses (engl. late Archean superevent) wurde u. a. auch verstärkt Methan in die Erdatmosphäre freigesetzt, welche zu diesem Zeitpunkt noch praktisch keinen freien Sauerstoff vorweisen konnte (der Methangehalt betrug zum damaligen Zeitpunkt 1000 ppm, der Sauerstoffgehalt weniger als 1 % des heutigen Niveaus).
In direktem Zusammenhang mit dem spätarchaischen Superereignis dürfte auch die meist etwas später erfolgende Bildung orogener Goldlagerstätten stehen, die weltweit um 2650 Millionen Jahren BP in Grünsteingürteln mineralisierten. Im Englischen als global gold event bekannt, entstanden zu dieser Zeit auf mehreren Kratonen riesige Goldvorkommen (engl. giant gold deposits).[4]
Vereisungen
Insgesamt 15 Diamiktithorizonte belegen eine Vereisung in dem über 500 Meter mächtigen, rund 2700 Millionen Jahre alten Talya Conglomerate der Vanivilas-Formation im Süden Indiens.[5] Eine zeitgleiche Vereisung wird auch direkt unterhalb des Intrusionsontaktes des Stillwater-Komplexes in Montana dokumentiert.[6]
Biosphäre
Auf den neugebildeten, ausgedehnten Kontinentalschelfen siedelten sich während des Methaniums Stromatolithen an und im Intervall 2780 und 2420 Millionen Jahren BP vermehrten sich förmlich explosionsartig Mikroben, darunter insbesondere die methanogenen Bakterien. Diese zum Teil chaotischen Veränderungen in der Biosphäre finden ihren Niederschlag in geochemischen Proxys (Stellvertretern), die für das Methanium teils sehr deutliche Anomalien (bzw. Exkursionen) aufweisen.
Charakteristisch sind beispielsweise sehr stark negative δ13C-Werte (bis zu – 15 ‰ VPDB, in organischen Kohlenwasserstoffen sogar bis – 61 ‰ VPDB).[7] Gleichzeitig erreichen Spitzenwerte mit + 4 ‰ VPDB bereits ein etwas höheres Niveau als im vorangegangenen Archaikum. Auch die δ56Fe-Werte sanken sehr deutlich ab, so erreichten Minimalwerte ausgehend von – 1,5 ‰ zu Beginn der Periode schließlich – 3,1 ‰. Ähnlich auch δ34S, dessen Minimalwerte von Werten um 0 ‰ auf – 20 ‰ zurückgingen. Im Gegensatz hierzu erhöhten sich die Δ33S-Werte von 0 ‰ auf + 8 ‰ im jüngeren Abschnitt des Methaniums.[8]
Diese mit einer für das Methanium sehr großen Streubreite versehenen Proxys belegen eindeutig das Ungleichgewicht der damaligen Biosphäre gegenüber geologischen Prozessen sowie die reduzierende Natur der Erdatmosphäre.[9] Erst gegen 2450 Millionen Jahren BP sollte sich mit weiterer Auskühlung der Erde (sinkende Manteltemperaturen, siehe Archaikum-Proterozoikum-Grenze) und allmählichem Sauerstoffanstieg in der Erdatmosphäre ein erneutes Gleichgewicht einstellen.
Stratigraphie
Bedeutende Sedimentbecken und geologische Formationen
- Hamersley-Becken in Westaustralien:
- Fortescue Group – 2780 bis 2630 Millionen Jahre BP mit:
- Jeerinah Formation – um 2700 Millionen Jahre BP. Enthält Sterane als molekulare Biomarker.
- Tumbiana Formation – um 2725 bis 2720 Millionen Jahren BP. Führt Stromatolithen und Mikrofossilien.
- Mount Roe Basalt – ab 2780 Millionen Jahren BP. Enthält Paläobodenhorizonte.
- Fortescue Group – 2780 bis 2630 Millionen Jahre BP mit:
- Dharwar Supergroup im Süden Indiens:
- Chitrapura Group – 2700 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Hiriyur-Formation – 2610 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Ingaldhal-Formation – 2691 bis 2610 Millionen Jahre BP
- Vanivilas-Formation – um 2700 bis 2691 Millionen Jahre BP
- Bababudan Group – 2910 bis 2700 Millionen Jahre BP
- Mundre-Formation/Jagar-Formation – 2718 bis zirka 2700 Millionen Jahre BP
- Mulaingiri-Formation – um 2720 bis 2718 Millionen Jahre BP
- Santaveri-Formation und Allampur-Formation – 2848 bis 2747 Millionen Jahre BP
- Chitrapura Group – 2700 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Yellowknife Supergroup in Kanada – 2700 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Ventersdorp Supergroup auf dem Kaapvaal-Kraton in Südafrika – 2740 bis 2690 Millionen Jahre BP
- Venterspost Conglomerate Formation – 2729 ± 19 Millionen Jahre BP
- Flutbasalte der Klipriviersberg Group – 2714 ± 8 Millionen Jahre BP
- Platberg Group – 2709 ± 4 Millionen Jahre BP
- Transvaal-Becken in Südafrika – 2670 bis 1900 Millionen Jahre BP
- Transvaal Supergroup: (2670 bis 2460 Millionen Jahre BP)
- Wolkberg Group – 2670 Millionen Jahre BP
- Ghaap Group im Griqualand-West-Gebiet – 2669 ± 5 bis 2450 Millionen Jahre BP
- Schmidtsdrif Subgroup – 2690 bis 2590 Millionen Jahre BP
- Vryburg-Formation, korrelierbar mit Black Reef Quartzite Formation – 2642 Millionen Jahre BP
- Campbellrand Subgroup und Malmani Subgroup – 2650 bis 2500 Millionen Jahre BP
- Schmidtsdrif Subgroup – 2690 bis 2590 Millionen Jahre BP
- Östlicher Block des späteren Nordchina-Kratons – 2800 bis 2600 Millionen Jahre BP mit:
Lagerstätten
- Eisen: Bändererze von Michipicoten (Michipicoten Iron Formation), Kanada – 2744 bis 2696 Millionen Jahre BP
- Gold:
- Ventersdorp Contact Reef in Südafrika – 2729 ± 19 Millionen Jahre BP
- Südlicher Abitibi-Grünsteingürtel in Kanada – < 2670 Millionen Jahre BP
- Lagerstätte McIntyre-Hollinger
- Lagerstätte Kirkland Lake
- Eastern Goldfields Province bei Kalgoorlie, Yilgarn-Kraton, Westaustralien – 2640 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Lagerstätte Golden Mile
- Östlicher Dharwar-Kraton - > 2550 Millionen Jahre BP
- Lagerstätte Kolar
- Sukumaland-Grünsteingürtel des Tansania-Kratons – <2640 Millionen Jahre BP
- Lagerstätte Geita
- Lagerstätte Bulyanhulu
- Rio-das-Velhas-Grünsteingürtel des São-Francisco-Kratons in Brasilien – < 2710 Millionen Jahre BP
- Lagerstätte Morro Velho
- Gold und Uran:
- Witwatersrand-Becken, Südafrika (mehrere Lagerstätten) – 3074 bis 2714 Millionen Jahre BP
- Chrom, Platin und Palladium:
- Stillwater-Komplex, Montana – 2700 Millionen Jahre BP
Magmatismus und Geodynamik
- Baltischer Schild:
- Entstehung der Kareliden – 3100 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Lopium-Orogenese in Karelien – 2800 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Entstehung der Kareliden – 3100 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Pilbara-Kraton:
- Mafischer Gangschwarm um 2772 Millionen Jahren BP
- Glenburgh-Terran (Westaustralien):
- Krustenbildung an einem Vulkanbogen – 2730 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Kaapvaal-Kraton:
- Intrusion des Gaborone-Granitkomplexes in Botswana (Granit vom Rapakiwi-Typus) – 2780,6 ± 1,8 Millionen Jahre BP
- Kanye Volcanic Formation in Botswana – 2769,3 ± 2,3 Millionen Jahre BP
- Nordwärts gerichtete Überschiebung von Grünsteingürteln am Nordrand des Kapvaal-Kratons – 2729 ± 19 Millionen Jahre BP
- Kaapvaal-Kraton und Zimbabwe-Kraton:
- Limpopo-Gürtel
- Überschiebung der Southern Marginal Zone nach Süden auf den Kaapvaal-Kraton (granulitfazielle Metamorphose) – 2691 ± 7 Millionen Jahre BP
- Intrusionen syntektonischer Granitoide in der Central Zone – 2664 bis 2572 Millionen Jahre BP
- Limpopo-Gürtel
- Dharwar-Kraton in Südindien:
- Nilgiri-Biligirirangan-Madras-Granulitgürtel mit suprakrustalen Gesteinen – 2800 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Wyoming-Kraton:
- South Pass Greenstone Belt in Wyoming – 2700 bis 2600 Millionen Jahre BP
- Superior-Kraton:
- Blake River Megacaldera, ein Supervulkan in Ontario/Quebec – 2760 bis 2960 Millionen Jahre BP
Einzelnachweise
- J. M. Hayes: Global methanotrophy at the Archean-Proterozoic transition. In: S. Bengston (Hrsg.): Early Life on Earth, Nobel Symposium. Band 84. Columbia University Press, New York 1994, S. 220–236.
- Felix M. Gradstein u. a.: On the Geologic Time Scale. In: Newsletters on Stratigraphy. Band 45/2, 2012, S. 171–188.
- S. R. Taylor, S. M. McLennan: The Continental Crust: Composition and Evolution. Blackwell Scientific Publications, 1985, ISBN 0-632-01148-3.
- D. I. Groves u. a.: Secular changes in global tectonic processes and their influence on the temporal evolution of gold-bearing mineral deposits. In: Economic Geology. Band 100, 2005, S. 203–224.
- R. W. Ojakangas u. a.: The Talya Conglomerate: an Archean (~ 2.7 Ga) Glaciomarine Formation, Western Dharwar Craton, Southern India. In: Current Science. Band 106, N° 3, 2014, S. 387–396.
- N. J. Page: The Precambrian diamictite below the base of the Stillwater Complex, Montana. In: M. J. Hambrey, N. B. Harland (Hrsg.): Earth's Pre-Pleistocene Glacial Record. Cambridge University Press, Cambridge 1981, S. 821–823.
- J. M. Hayes, J. R. Waldbauer: The carbon cycle and associated redox processes through time. In: Philosophical Transactions of the Royal Society, Series B, Biological Sciences. Band 361, 2006, S. 931–950.
- M. J. Van Kranendonk: A Chronostratigraphic division of the Precambrian: Possibilities and Challenges. In: F. M. Gradstein (Hrsg.): A Geological Time Scale 2012. Elsevier, 2012.
- J. Farquhar, B. A. Wing: Multiple sulphur isotopes and the evolution of the atmosphere. In: Earth and Planetary Science Letters. Band 213, 2003, S. 1–13.