Bändererz
Ein Bändererz ist ein eisenhaltiges, marines Sedimentgestein, das hauptsächlich im Präkambrium abgelagert wurde und das durch metallhaltige Lagen eine charakteristische Schichtstruktur besitzt. Im zur Schichtung senkrechten Schnitt erscheinen die vor allem aus Eisenmineralen bestehenden Schichten als Bänderstruktur, der das Erz im Deutschen wie auch im Englischen (Banded Iron Formation, abgekürzt BIF) seinen Namen verdankt.
Ursprung
Bändererze entstanden im Archaikum (vor 3800 bis 2500 Mio. Jahren) und im Proterozoikum (vor 2500 bis 1800 Mio. Jahren). Das im Zuge untermeerischen Vulkanismus in das Meer abgegebene Eisen sowie möglicherweise das durch verschiedene Ursachen in den freien Verwitterungskreislauf der Erde geratende Eisen blieb vor dieser Zeit in Form zweiwertiger Ionen im Meerwasser gelöst. Es wurde nicht wie heute durch den freien Sauerstoff (O2, Dioxygen) in Meer und Atmosphäre sofort zu dreiwertigem Eisen oxidiert, das in Form von schwer wasserlöslichen Verbindungen ausgeschieden (gefällt) worden wäre. Dreiwertiges Eisen wurde wegen des Fehlens von O2 im Meerwasser und Atmosphäre nicht gebildet, sondern zweiwertiges Eisen reicherte sich an, bis es durch unterschiedliche Vorgänge gebunden wurde und sich in dünnen Schichten am Meeresboden sammelte. Vor etwa 3800 Mio. Jahren entwickelten oxygen phototrophe Mikroorganismen, wahrscheinlich Vorfahren der heutigen Cyanobakterien, eine Form der Photosynthese, bei der O2 als Abfallprodukt gebildet wurde (sogenannte oxygene Photosynthese). Von dieser Zeit an wurde das zweiwertige Eisen zu dreiwertigem oxidiert und in Form von Hydroxiden und Oxiden gefällt, die in Schichten abgelagert wurden. Dieser Prozess verzehrte den in großen Mengen mikrobiell produzierten Sauerstoff. Der Vorgang verlief zyklisch über einen Zeitraum von mehreren 100 Mio. Jahren, in welcher der mikrobiell gebildete freie Sauerstoff stets vollständig durch die Oxidation des vorhandenen gelösten Eisens gebunden wurde. Die Ursachen des zyklischen Verlaufs der Eisenfällung sind nicht bekannt. Durch Diagenese bildeten sich aus den Ablagerungen die Bändereisenerze.
Erst als das zweiwertige Eisen erschöpft und deshalb die Bändererzentstehung abgeschlossen war, konnte der Sauerstoffgehalt im Meerwasser und in der Erdatmosphäre auf Werte oberhalb von 0,2 bis 0,5 Prozent steigen. Dies wird die große Sauerstoffkatastrophe genannt.
In begrenztem Maße bildeten sich Bändererze noch im Cryogenium (vor 750 bis 600 Mio. Jahren) und im Ordovizium (vor etwa 450 Mio. Jahren).[1]
Aufbau
Bändererze haben einen geschichteten Aufbau, wobei sich eisenhaltige Lagen mit Hornsteinlagen (engl. chert, mikro-kryptokristalliner Quarz von <30 µm Korngröße) abwechseln. Die in den eisenhaltigen Lagen hauptsächlich auftretende Minerale sind Hämatit (Fe2O3) und Magnetit (Fe3O4). Die einzelnen Lagen sind einige Millimeter bis einige Zentimeter dick und verleihen dem Gesteinsquerschnitt das Aussehen der namengebenden Bänderung. Sie können in vielfacher Wiederholung auftreten, so dass Bändererzformationen Mächtigkeiten (Schichtdicken) von etwa 50 m bis 600 m aufweisen können, sie sind damit wirtschaftlich bedeutsame Eisenerzlagerstätten.
Typen
Es werden drei Typen von Bändererzformationen (BIF) unterschieden:
- der Algoma-Typ, der linsenförmig auftritt und mit Vulkaniten und Grauwacken verzahnt ist (Lagerstätten zum Beispiel in Kanada und Australien). Die vulkanische Aktivität war submarin.
- der Superior-Typ, der wegen seiner Entstehung in Schelfgebieten großflächigere Ausdehnungen besitzt. Eine Beziehung zu vulkanischen Aktivitäten ist bei diesem Typ nicht offensichtlich.
- der Rapitan-Typ, welcher am Ende des Neoproterozoikums in Zusammenhang mit glazialen Sedimenten (z. B. Tilliten) (Schneeball Erde) auftritt.[2]
Entstehung
Die Entstehung der Bändererze wurde intensiv untersucht, sie ist jedoch bis heute nicht abschließend geklärt. Einer der Hauptstreitpunkte ist die Rolle von Bakterien bei der Entstehung der Bändererze sowie die zeitliche Entwicklung der Sauerstoff-Konzentration in Verbindung mit der Frage, ob der Sauerstoff zum Zeitpunkt der Entstehung der Bändererze in ausreichend hohen Konzentrationen in der damaligen Atmosphäre vorhanden war.[3]
Generell wird angenommen, dass das Eisen vulkanischen Ursprungs war und durch Exhalation an den Mittelozeanischen Rücken und entlang von Tiefseegräben dem Meerwasser zugeführt wurde. Die Untersuchung der Verteilung und der Gehalte an Seltenen Erden in den Bändererzen ergab Profile mit einem anormal hohen Gehalt an Europium, die eine Herkunft aus hydrothermaler Aktivität tiefer Ozeanböden anzeigen,[4] ebenso wie die Neodym-Isotopenzusammensetzung in den Hornsteinlagen.[5] Gegen die These, dass das Eisen aus der Verwitterung kontinentaler Gesteine stammt, spricht ebenfalls der geringe Gehalt an Aluminium in manchen BIFs und die Tatsache, dass meistens keine klastischen Sedimente wie Tone zusammen mit den Bändererzen auftreten.
Eine Erklärung für die Entstehung der BIFs ist ein Zusammenspiel von biologischer Aktivität und durch vertikale Strömungen in die oberen Wasserschichten und ins Flachwasser gelangtes Eisen.[6] Durch die Sauerstoffproduktion aus der oxygenen Photosynthese der zu dieser Zeit existierenden Cyanobakterien wurde das im Meerwasser gelöste Eisen unmittelbar oxidiert und es bildeten sich schwer wasserlösliche hydroxidische und oxidische Verbindungen des dreiwertigen Eisens (u, a. Eisen(III)hydroxid und Eisen(III)oxihydrate). Diese schwer wasserlöslichen Minerale sedimentierten, durch Wasserabgabe entstanden bei der Diagenese daraus die Minerale Magnetit und Hämatit. Es wird angenommen, dass die Aufnahme des Sauerstoffs durch das im Meerwasser gelöste Eisen immer nur eine gewisse Zeit andauerte, nämlich so lange, bis das verfügbare Eisen aufgebraucht war und der frei werdende Sauerstoff nicht mehr durch Eisen gebunden wurde. Dadurch soll eine für die Cyanobakterien schädliche Sauerstoffkonzentration entstanden sein, die zum Absterben der Bakterien führte.[6] Nachfolgend kam es dann zur Sedimentation der Hornsteine. Diese sind anscheinend durch direkte abiotische Ausfällung von Siliziumdioxid und durch Siliziumdioxid abscheidende Organismen gebildet worden.
Eine weitere Möglichkeit der Oxidation zweiwertigen Eisens ist die Tätigkeit anoxygen phototropher Bakterien, die mit Licht als Energiequelle Biomasse aus Kohlendioxid und Wasser erzeugen, indem sie zweiwertiges Eisen als Reduktionsmittel verwenden und dieses dadurch zu dreiwertigem Eisen oxidieren, dabei aber keinen Sauerstoff (Dioxygen, O2) bilden.[7][8] Modellrechnungen haben ergeben, dass eine verhältnismäßig dünne Schicht freischwebender derartiger anoxygen phototropher Bakterien ausreicht, um alles gelöste Eisen im Meerwasser zu oxidieren und somit auszufällen.[3]
Auch eine abiotische Entstehung wird für möglich gehalten: Ionen des zweiwertigen Eisens werden durch UV-Strahlung und Blaulicht bis zu einer Wellenlänge von etwa 400 nm zu dreiwertigen Eisen-Ionen oxidiert, wobei die Elektronen auf Wasserstoff-Ionen übertragen werden und damit molekularer, elementarer Wasserstoff (H2) entsteht: 2 Fe2+ + 2 H+ → 2 Fe3+ + H2. Die dreiwertigen Eisen-Ionen bilden zusammen mit Wasser Hämatit oder zusammen mit zweiwertigen Eisen-Ionen und Wasser Magnetit.[9]
Die Entstehung der nach langer Zeit am Ausgang des Proterozoikums auftretenden Bändererze ist ebenfalls nicht völlig geklärt. Einerseits werden sie als Beleg für die Schneeball-Erde-Hypothese gesehen: Die vollständige Eisbedeckung der Ozeane ist bei den damals schon hohen Sauerstoffkonzentrationen in Meer und Atmosphäre die Bedingung dafür, dass das Meerwasser anoxisch wird und gelöstes Eisen in großer Menge aufnehmen kann. Das Eisen wird mit dem Schmelzen des Eises oxidiert und scheidet sich als Sediment ab.[1] Andererseits werden sie als Bildung von metallreichen, anoxischen Meereswässern erklärt. Ihr Metallgehalt ist vulkanischen Ursprungs, ihr Bildungsort sind Rift-Becken tektonischen Ursprungs, deren bodennahen Wasserschichten oft anoxisch sind.[10] Für das Verschwinden der gebänderten Eisenerze vor rund 1,8 Mrd. Jahren wird eine bessere Durchmischung des Ozeans mit Sauerstoff vermutet, möglicherweise im Gefolge des Sudbury-Impaktes.[11]
Vorkommen
Die regionale Verbreitung der Bändererze ist entsprechend dem proterozoischen Alter an die Schildgebiete der Kontinente gebunden, in denen Gesteine dieses Alters vorkommen. Bändererze sind von enormer wirtschaftlicher Bedeutung, bereits heute ist ein beträchtlicher Anteil abbauwürdig. Ihre Vorräte an Eisen werden auf 150 Mrd. Tonnen geschätzt, was bei einem Verbrauch von rund einer Milliarde Tonnen pro Jahr für eine lange Reichweite der Eisenreserven spricht.
Große Vorkommen mit einem Alter von 2,6–2,1 Ga (Mrd. Jahren) befinden sich im Transvaal, Südafrika. In Australien sind große Vorräte in den 2,7–2,4 Ga alten Bändererzen der Hamersley Range vorhanden. In Kriwoj Rog in der Ukraine sind die Bändererze 2,6–1,9 Ga alt, etwa gleich alt sind die im Staat Minas Gerais (Itabirite), Brasilien, und im Labradortrog in Kanada[12]. Manche Vorkommen sind später durch tektonische oder regionalmetamorphe Vorgänge einmal oder mehrfach metamorph überprägt worden.
Neben dem Eisen treten untergeordnet auch andere Metalle in den Bändererzen auf, welche ebenfalls eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung besitzen.
Angeschnittene gebänderte Eisenformation der Dales Gorge Formation nahe Pannawonica, Pilbara, Westaustralien
Literatur
- Anthony M. Evans: Erzlagerstättenkunde. Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-432-99801-5, S. 90f., 257ff., 279, 316f.
- A. Bekker, J. F. Slack, N. Planavsky, B. Krapež, A. Hofmann, K. O. Konhauser, O. J. Rouxel: Iron formation: The sedimentary product of a complex interplay among mantle, tectonic, oceanic, and biospheric processes. In: Economic Geology. Band 105, 2010, S. 467–508. (PDF)
Einzelnachweise
- Paul F. Hoffman, Daniel P. Schrag: The snowball Earth hypothesis: testing the limits of global change. (PDF; 1,3 MB). In: Terra Nova. Band 14, 2002, S. 129–155.
- mineralienatlas.de
- Andreas Kappler, Claudia Pasquero, Kurt O. Konhauser, Dianne K. Newman: Deposition of banded iron formations by anoxygenic phototrophic Fe(II)-oxidizing bacteria. In: Geology. Bd. 33, Nr. 11, 2005, S. 865–868. (PDF)
- Cornelis Klein: Some Precambrian banded iron-formations (BIFs) from around the world: Their age, geologic setting, mineralogy, metamorphism, geochemistry, and origins. In: American Mineralogist. Band 90, Nr. 10, 2005, S. 1473–1499, doi:10.2138/am.2005.1871.
- U. E. Horstmann u. a.: Rare earth elements and Nd isotopic compositions in banded iron-formations of the Griqualand West Sequence, Northern Cape Province, South Africa. In: Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften. Band 152, Heft 2–4, 2001, S. 439–465. (Abstract)
- Mike Strickler: Banded Iron Formation. University of Oregon (engl., HTML).
- F. Widdel, S. Schnell, S. Heising, A. Ehrenreich, B. Assmus, B. Schink: Ferrous iron oxidation by anoxygenic phototrophic bacteria. In: Nature. Vol. 362, 1993, S. 834–836.
- Armin Ehrenreich, Friedrich Widdel: Anaerobic oxidation of ferrous iron by purple bacteria, a new type of phototrophic metabolism. In: Applied and Environmental Microbiology. Bd. 60, Nr. 12, 1994, S. 4517–4526.
- Christian de Duve: Ursprung des Lebens – Präbiotische Evolution und die Entstehung der Zelle. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin/ Oxford 1994, ISBN 3-86025-187-2, S. 142–143.
- N. Eyles, N. Januszczak: ’Zipper-rift’: A tectonic model for Neoproterozoic glaciations during the breakup of Rodinia after 750 Ma. In: Earth-Science Reviews. Bd. 65, Nr. 1–2, 2004, S. 1–73, doi:10.1016/S0012-8252(03)00080-1 ( PDF, 4 MB (Memento vom 28. November 2007 im Internet Archive)).
- John F. Slack, William F. Cannon: Extraterrestrial demise of banded iron formations 1.85 billion years ago. In: Geology. Band 37, Nr. 11, 2009, S. 1011–1014, doi:10.1130/G30259A.1 (gsapubs.org).
- Very Large Fe-Deposits (Memento vom 23. November 2008 im Internet Archive), Columbia University in the City of New York, Lamont-Doherty Earth Observatory
Weblinks
- Bakterien im Urozean lagerten Eisenerz ab Universität Tübingen (Hrsg.), 8. September 2008