Nebelkondensation
Nebelkondensation tritt auf, wenn feuchtigkeitsgesättigte Luft abkühlt und infolge Unterschreitung des Taupunkts der gasförmige Wasserdampf zu Nebeltröpfchen umgesetzt wird.
Der Begriff bezeichnet auch die Trinkwassergewinnung durch die geförderte Kondensation von Wasserdampf an Orten, wo kaum Niederschlag fällt, aber regelmäßige Nebelbildung auftritt.
Wenn kalte Meeresströmungen vor der Küste an die Meeresoberfläche treten, kondensiert dort die von auflandigen Winden transportierte Luftfeuchtigkeit aufgrund der Taupunkt-Unterschreitung und wird zu Wassernebel. Aufgrund fehlender Thermik (wegen nächtlicher Abkühlung) bleibt der Nebel bodennah und die Feuchte regnet nicht ab. In Extremfällen sind die das Land erreichenden Luftmassen so trocken, dass unmittelbar an der Küste Wüsten wie beispielsweise die Namib-Wüste Süd-West-Afrikas oder die Atacamawüste Südamerikas entstehen.
Die Nebelbildung würde verstärkt, wenn derart dampfgesättigte Luftmassen durch Wind getrieben einen Hang hinaufsteigen und sich dabei um ca. 1 °C pro 100 m abkühlen („trockenadiabatischer Temperaturgradient“). Beispielsweise Passatwolken, die gegen ein küstennahes Gebirge branden.
Wenn aufgrund regionaler klimatischer Besonderheiten häufig Nebel auftritt, bilden sich Nebelwüsten und in subtropischen und tropischen Gebirgen Nebelwälder.[1]
Nutzung durch Pflanzen
Nebelpflanzen werden jene Pflanzen genannt, die mithilfe ihrer Oberflächenstruktur Nebeltröpfchen aus Nebel auskämmen oder die Tauentstehung (durch Bildung von Kondensationskeimen) fördern können, beispielsweise Tillandsien, einige Crassula-Arten, an Baumästen hängende Bartflechten oder Oxalis gigantea.[2] Der Effekt sollte aber nicht mit der Ausscheidung von Wasser aus Blättern (sogenannter Guttation) verwechselt werden. Weitere Beispiele:
Kanarische Kiefer
Die auf den Kanarischen Inseln Gran Canaria, Teneriffa, La Palma, El Hierro und La Gomera beheimate Kanarische Kiefer (Pinus canariensis) ist eine endemische Pflanze und kommt überwiegend in Höhenlagen von 700 Metern bis 2.000 Metern vor. Auf den Nordhängen der Inseln sind sie dem ständigen wolkenreichen Passatwind ausgesetzt und kämmen mit ihren bis zu 30 cm langen, feinen Nadeln das Nass aus den Passatwolken aus. Das an den Nadeln auskondensierte Wasser tropft als Niederschlag ab und wird als „horizontaler Regen“ (la lluvia horizontal) im Unterschied zum „vertikalen Regen“ (la lluvia vertical) bezeichnet. Er verdoppelt bis verdreifacht die lokale Niederschlagsmenge und hat für die Grundwassergewinnung große Bedeutung. Die Kiefern benötigen davon ca. nur ein Drittel der Menge.[3][4]
Die Wirkung des „horizontalen Regens“ lässt sich einfach beobachten. Unter der vom Nebel eingehüllten Kiefer fallen ständig Wassertropfen zu Boden und durchfeuchten diesen. Nur wenige Meter entfernt, wo kein Baum den Boden abdeckt, ist der Boden dagegen trocken und staubig.
Die tägliche Wassermenge, die eine 30 Meter hohe kanarische Kiefer aus dem Nebel auskämmen kann, wurde aufgrund experimenteller und empirischer Untersuchungen mit 50 l/m² ermittelt.[5]
Die jährlichen Niederschlagsmengen in den verschiedenen Regionen auf den Inseln machen die großen Unterschiede der Wassergewinnung deutlich. Auf La Palma, der waldreichsten Insel der Kanaren mit 40 % der Waldfläche,[6] trägt der Kiefernbestand erheblich zum Gesamtwasserhaushalt der Insel bei. Im passat-zugewandten waldreichen Norden fallen 1.000 l/m² und 1.500 l/m² im Jahr an, wohingegen im Passat-abgewandten Süden nur 250 l/m² im Jahr gesammelt werden.
Auf Teneriffa sind die Gegensätze entsprechend groß. Während im Süden der Insel kaum mehr als 195 l/m² im Jahr anfallen, sind es im Norden (El Sauzal) 870 l/m² im Jahr.
Die Höhenlagen der Kanarischen Inseln und der die Inseln anströmende Passat mit seinen wasserreichen Wolken sind die Bedingungen für die evolutionäre Ausprägung der Kanarischen Kiefer mit ihren langen Nadeln, mit welchen der Baum durch Nebelkondensation seine eigene Wasserversorgung sichert.
Die Nadeln der Kanarischen Kiefer unterscheiden sich in der Aufnahme von Nebeltropfen deutlich gegenüber anderer Kiefernarten, wie die der Waldkiefer (Pinus sylvestris). Entlang ihrer Nadeln sammeln sich viele einzelne Tropfen, während bei der Waldkiefer lediglich am Ende der Nadel sich ein Tropfen ausbildet. Mikroskopische Aufnahmen der Nadel der Kanarischen Kiefer zeigen auf ihrer Oberfläche – im Unterschied der Nadeln anderer Pinienarten – ausgeprägte Widerhaken, die als Kondensationskeime für die Nebeltropfen wirken. Die deutlich größere Nebelausbeute der Kanarischen Kiefer gegenüber anderen Kiefernarten ergibt sich aus der besonderen Art der Tropfenbildung entlang der Nadel und der Länge der Nadeln (maximal 30 cm), die Nadel der Waldkiefer ist dagegen 4 bis 7 cm lang.[7]
Dünengras
Das Dünengras (Stipagrostis sabulicola) ist eine endemische Art der zentralen Namib-Wüste, die auf extrem trockenen Dünen wächst. Mit ca. 1 Meter langen Grashalmen ist es ein effektiver Nebelsammler. An den aufrecht stehenden Halmen fließt das aus dem Nebel geerntete Wasser über den Halm direkt dem Wurzelwerk der Pflanze zu. Die Pflanze ist in der Lage eine Wassermenge von ca. 4 Liter pro Nebel-Nacht zu sammeln.[8][9]
Die besonderen Merkmale des Halms zum Einsammeln von Nebeltropfen bestehen in parallel zu der Längsachse des Halms verlaufende Furchen (Rillen) sowie in feinen Stachelhaaren, die die Oberfläche des Halms überziehen. Die Furchen am Halm bieten eine geführte Talfahrt der Wassertropfen direkt zum Wurzelwerk der Pflanze. Die Stachelhaare verhindern ein vorzeitiges Ablösen und eine Talfahrt zu kleiner Tropfen.[10]
Der Tropfenbildungsprozess, wie er unter natürlichen Bedingungen und im Labor beobachtet wurde, wird wie folgt beschrieben: Kleine Tröpfchen lagern sich bevorzugt entlang der Furchen des senkrechten Halmes an. Die Tropfen werden durch den weiter anströmenden Nebel größer. Sobald ein Tropfen eine kritische Größe erreicht hat, rollt er am Halm nach unten und nimmt die weiteren Tröpfchen, die sich in der Furche am unteren Halm befindlichen, mit.
Diese Nebelernte trägt erheblich zur Steigung der Bodenfeuchte bei und bietet damit Schutz und Nahrung für verschiedene andere Organismen wie Ameisen und Eidechsen. Für das Ökosystem der Dünen der Namib ist das von großer Bedeutung.
Nutzung in der Tierwelt
Auch in der Tierwelt, wie der Dunkelkäfer, Gecko und die Sandviper, wird die Nebelkondensation zum Überleben genutzt. In der wasserarmen Namib-Wüste, die sich über 2000 km Länge hinzieht, gewinnen die Tiere durch Befeuchtung aus dem täglich aufsteigenden Nebel ihren Wasserhaushalt.[11]
Der Dunkelkäfer (Nebeltrinker-Käfer), ca. 2 cm lang, hat auffällig lange Beine, um sich vor dem heißen Wüstensand zu schützen. Er ist in der Namib-Wüste endemisch. Zur Wasseraufnahme aus dem Nebel stellt er sich mit gesenktem Kopf gegen die Nebelschwaden und nimmt auf dem schräg gestellten Körper die kondensierenden Wassertropfen auf. Wenn die auf seinem Rücken angesammelten Tropfen eine Größe von ca. 5 mm erreicht haben, überschwemmen sie den Körper und das Wasser läuft an den Rinnen des Rückens zu den Mundwerkzeugen des Käfers. Das dabei aufgenommene Wasser entspricht etwa 40 % seines Körpergewichtes.[7][12]
Anwendung durch den Menschen
Nebelfänger in Chile und Peru (Atrapaniebla)
Chilenische Forschungsinstitutionen haben in der Zeit von 1967 bis 1988 in verschiedenen Küstenregionen in Chile und Peru (Las Cuchillas), in Höhenlagen von 400 bis 1000 Metern Netze zur nachhaltigen Gewinnung von Trinkwasser installiert, die Atrapaniebla genannt werden (aus atrapar/fangen und niebla/Nebel).[13]
Zum Einsatz kamen Nebelfänger aus Nylon- oder Polypropylen-Netzen mit 0,1 mm feinen Fäden und 1 mm Maschenweiten, die durchschnittliche Nebelausbeuten in den untersuchten Regionen von 3–9 l/(m²·d) erbrachten. Die ergiebigste Nebelausbeute findet im Frühjahr und Sommer statt. Die jährliche Nebelsaison variierte zwischen 365 und 210 Tagen. Die Technologie zeichnet sich durch eine einfache Ausführung, Benutzung und Wartung aus, wodurch die Kosten der Installation und Wartung begrenzt sind. Das Rohrleitungsverteilungssystem macht dabei den höchsten Betrag aus. In Kiwi- und Wein-Plantagen dienen die großflächigen Nebelfänger gleichzeitig als Windschutz.[14]
In dem chilenischen Fischerdorf Chungungo in der Atacama-Wüste (in der 4. Region 73 km nördlich der Stadt La Serena) wurden 1987 dort mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und der kanadischen Regierung auf ca. 750 Meter über dem Meeresspiegel 75 Netze aus Polypropylen von je 2 Meter Länge und 4 Meter Breite aufgespannt. Der Küstennebel (camanchaca) trifft dabei auf einem Bergkamm der Küstenkordilliere namens El Tofo in rund 900 m Höhe auf die quer zur dominanten Windrichtung stehenden Netze.
Je nach Nebellage wurden zwischen 10 und 100 m³ Wasser in guter Qualität am Tag aufgefangen, das über Rohrleitungen zum Dorf geführt wurde. Jedem der 330 Einwohner stand damit eine durchschnittliche Wassermenge von 35 Litern zur Verfügung. Die Kosten für die Nebelwasseranlage betrugen 65.000 Dollar.
Vor dieser Zeit musste das Wasser per Lastwagen zum Dorf gebracht werden, wobei ein Einwohner mit 14 Litern am Tag auskommen musste (in Deutschland liegt der Verbrauch von Trinkwasser bei 122 Liter Wasser pro Person und Tag, Stand 2011). Seit 2002 wird das Dorf wieder mit Tankwagen versorgt.[15][16]
2003 wurde mit Unterstützung der australischen Botschaft in Chile in Chañaral eine weitere Anlage in Betrieb genommen.
Nebelfänger in der Namib-Wüste
In einem Forschungsvorhaben des BMBF zur Entwicklung innovativer textiler Werkstoffe zur Trinkwassergewinnung aus Nebel wurden in der Namib von 2008 bis 2010 Feldversuche mit 1 m² und 16 m² großen Netzen aus unterschiedlichen Textilien durchgeführt.[7] Die Wassergewinnung bei Nebel lag bei 1 l/(m²·d) bis 14 l/(m²·d) (im Durchschnitt 3,3 l/(m²·d)). Der Jahresdurchschnitt betrug 1 l/(m²·d) bei 105 Nebeltagen im Jahr. Die Wassertropfen erreichen Größen zwischen 1 µm und 40 µm. Die Qualität des eingesammelten Wassers war fast immer besser als das des Grundwassers.[11]
Zur Untersuchung geeigneter Materialien der Nebelfänger kamen Textilien mit unterschiedlichen Maschenweiten und Gewebeformen (Noppen-, Poren- und Wabenstrukturen) zum Einsatz. Ein besonderer Untersuchungsgegenstand war die Fähigkeit der unterschiedlichen Gewebe zur Aufnahme der Wassertropfen aus dem Nebel und der Wiederabgabe des Wassers aus dem Gewebe. Bei der Art der Benetzung durch die Nebeltropfen wird unterschieden zwischen wasserabstoßend (hydrophob, großer Kontaktwinkel des Wassertropfens zum Gewebe, Lotuseffekt) und wasseranziehend (hydrophil, hohe Befeuchtung, kleiner Kontaktwinkel zum Gewebe).
Der physikalische Vorgang der Wasseraufnahme und der Wiederabgabe wird wie folgt erklärt: Kleine Nebeltropfen lagern sich am Gewebe an und vergrößern sich durch die ständig nachkommenden Nebeltröpfchen (die Oberfläche des gebildeten Tropfens ist kleiner als Summe der Oberflächen der einzelnen Tröpfchen / Koaleszenz), bis sie Größen erreichen, die zum Abfließen der Tropfen führen. Ein Vorgang, wie er ähnlich beim Schwarzkäfer beschrieben wird.
Die in den Feldversuchen ermittelten Fähigkeiten der eingesetzten (günstigsten) Textilarten zur Wasseraufnahme und der Wiederabgabe zeigten nur geringe Unterschiede. Die physikalischen Eigenschaften der Netzwerke, mehr oder weniger Wasser auf- bzw. abzugeben, blieb dabei unklar. Ein theoretisches Modell, welches das Haft- und Abtropfverhalten in Geweben beschreibt, fehlt.
Nebelfänger in Spanien
An der spanischen Mittelmeerküste, in der Region von Valencia wurden von 2004 bis 2009 Untersuchungen über die Wassergewinnung aus Nebel durchgeführt. Hierfür kamen fünf Nebelkollektoren im – bis zu 1839 Meter hohen – Berggebiet in 428 Meter und 845 Meter Höhe und ca. 7 km Entfernung von der Küste zum Einsatz. Die ertragreichste Zeit der Wassergewinnung lag im Sommer, während der Abend- und Nachtzeit.[17]
2007 wurden in derselben Region Studien zur Verbesserung der Wassergewinnung durch Nebelkondensation durchgeführt, um die Wiederaufforstung des durch Brand zerstörten Waldgebietes zu unterstützen. Dafür wurden an 8 Standorten zylindrische Nebelkollektoren sowie 18 m² große Flachkollektoren (6,4 × 2,8 Meter) installiert. Die zylindrischen Nebelkollektoren erzielten eine durchschnittliche Wassermenge von 3,3 Liter/m² Tag. Der Ertrag durch Regen lag dagegen bei 1,4 Liter/m² Tag. Der Vergleich der Wasserausbeute durch Nebel und Regen im Jahresverlauf ergab, dass der Nebel bis auf die Monate September und Oktober (etwa gleiche Erträge) deutlich höhere Erträge als Regen erbrachte.[18]
Kanarische Inseln
Die erste berichtete Nutzung der Nebelkondensation durch den Menschen fand durch die Ureinwohner, den Bimbaches von El Hierro noch vor der Eroberung der Insel durch die Spanier im 15. Jahrhundert statt. Der Garoé, ein Lorbeerbaum, der mit seinem Blätterwerk aus dem Nebel Wasser kondensiert und abtropfen lässt, versorgte die Ureinwohner mit Trinkwasser.[19] Der Garoé, der heilige Baum (Arbol Santo) der Ureinwohner, ist heute Wahrzeichen von El Hierro. Das Wappen der Insel zeigt den Garoébaum mit einer Wolke in seiner Krone sowie eine Wasserfläche am Fuß des Baumes.[20]
Auf Teneriffa wurde in einer Studie von 1996 bis 2003 die Nutzung der Wassergewinnung durch Nebel für die Landwirtschaft, Viehzucht, Forstwirtschaft und den Menschen untersucht. Von besonderer Bedeutung war auch der Nutzen für die Brandbekämpfung, da die Forstgebiete der Kanarischen Inseln unter starker Erosion und ständiger Brandgefahr leiden. Als Standorte wurden drei wolkenreiche Gipfellagen auf Teneriffa ausgewählt, im Nordwesten (Teno, Erjos, 1.010 m), Nordosten (Anaga, 864 m) und im Zentrum (El Gaitero, Pedro Gil 1.747 m). Die durchschnittliche Nebelausbeute an den drei Standorten unterscheidet sich erheblich und schwankt in der Jahres- und Tageszeiten. Im Gebiet Teno betrugen die durchschnittlichen Wasserausbeuten durch Nebel im Sommer und Herbst 5 l/m²d und im Winter und Frühjahr 4 l/m²d. Die maximale Ausbeute betrug 51 l/m²d. Die höchsten Werte wurden in Anaga mit 156 l/m²d gemessen.[21][22]
Die Nebelkondensation wurde auf Gran Canaria erstmals zur Erzeugung von Mineralwasser kommerziell genutzt. 2012 wurden in der Gemeinde Valleseco 30 Nebelfänger auf dem 1.600 Meter hohen Bergrücken von Las Cumbres auf einer Fläche von 350 m² errichtet.[23][24] Die Struktur des eingesetzten Nebelfängers ist kastenförmig und unterscheidet sich von der früheren Bauweise der Nebelfänger, die flach wie eine Plakatwand waren und in Chile in den 1960er Jahren erstmals zum Einsatz kamen. Es zeigt das Ergebnis einer über 50 Jahre dauernden Entwicklung der Nebelfänger. Bei wechselnden Windrichtungen hat er gegenüber der flachen Ausführung eine wirksamere Nebelausbeute und geringere Wasserverluste über die Auffangwanne. Gegen den Winddruck ist der Nebelfänger stabiler und benötigt keine zusätzlichen Spanner zur Bodenbefestigung. Die Konstruktion ist zudem im generell unzugänglichen Gelände leichter zu transportieren und zu installieren.[25][26]
Der Nebelfänger vom Typ NRP 3.0 hat ein inneres und äußeres Netzwerk mit Abmessungen von 2000 mm × 800 mm bzw. 2000 mm × 800 mm × 240 mm, das aus Polyester mit Glasfaser verstärkt besteht. Die kastenförmige Struktur des Nebelfängers steht auf einer rechteckigen Metallschale, in der das Kondenswasser aufgefangen und von dort in einen Sammelbehälter abgeleitet wird. Der einzelne Nebelfänger auf Gran Canaria kann mehr als 500 Liter Wasser in einem Tag sammeln, wobei die durchschnittliche Menge 180 bis 230 l/d beträgt.[27] Die besten Bedingungen Nebelwasser auszubeuten ergeben sich bei Windgeschwindigkeiten von 30 bis 35 Kilometern pro Stunde.[26]
Auf El Hierro wurden 2013 sechs Nebelkollektoren vom Typ NRP 3.0 in den Regionen Binto, Malpaso and Ajonce installiert — mit entsprechender Zielsetzung wie auf Teneriffa.[28]
Seit 2006 befinden sich auf der Cumbre Nueva von La Palma in 1.425 m Höhe Nebelkollektoren zur Wasserausbeute aus den Passatwolken. Das mit 200.000 € errichtete System aus Nebelfängern, Rohrleitungen und Wassertanks ist zur Versorgung von vorbeiziehenden Wander-Touristen mit Trinkwasser und zur Bereitstellung von Feuerlöschwasser vorgesehen, deren Nutzung jedoch durch unzureichende Wartung zur Reinhaltung der Nebelfänger eingeschränkt ist.[29]
Marokko
Im Juni 2006 startete im Süden von Marokko, nahe der Küstenstadt Sidi Ifni (südlich von Agadir), ein Projekt zur Trinkwassergewinnung aus Nebel. Im regenarmen Gebiet (mit 112 mm Niederschlag pro Jahr) sollen 14 Dörfer, in denen 161 Familien (897 Personen) leben, mit Trinkwasser versorgt werden. Ihr durchschnittlicher Wasserverbrauch beträgt 15 Liter pro Person und Tag (ein Deutscher verbraucht 122 Liter/Tag). Als Standort für die Nebelfänger wurde der 1225 m hohe Berg Boutmezguida gewählt. Die ersten Nebelfänger mussten bald nach der Errichtung durch stabilere Techniken ersetzt werden, da sie den auftretenden Windgeschwindigkeiten bis 120 km/h nicht standhielten. Die 1.590 m² umfassende Fläche der Nebelfänger liefert bei etwa 112 Nebeltagen/Jahr (im Jahr 2007) eine durchschnittliche gesammelte Wassermenge von 8,7 l/m² und Tag, die über 6,9 km lange Wasserleitungen den Dörfern zugeführt wird. Damit stehen pro Familienmitglied 18 Liter Wasser pro Tag zur Verfügung.[30][31][32]
Nebelausbeute auf der Insel Maui
Die Bedeutung der Wassergewinnung durch Nebel für das Ökosystem wurde in einem amerikanischen Forschungsvorhaben auf der Insel Maui, Hawaii in der Zeit von 2001 bis 2003 erforscht.[33]
Zwei Untersuchungsstandorte wurden ausgewählt, die windzugewandte, bewaldete Ostseite (auf 1950 Meter Höhe) des 3055 Meter hohen Vulkans Haleakalā auf Maui und die windabgewandte, entwaldete Westseite (auf 1220 Meter Höhe). Es wird angenommen, dass vor 1800 auch die Westseite bewaldet war und ihren Wasserhaushalt aus dem Nebel gewann.
Zur Unterscheidung der Niederschläge durch Regen und Nebel wurden monatlich durch Beschneiden der Zweige des Ohia-Baumes Baumsaft-Proben entnommen und deren Isotopen-Zusammensetzungen (16O / 18O und H2O / D2O) bestimmt.[34]
Der Ohia ist die vorherrschende Pflanze im Nebelwald von Maui, sie wächst langsam und erreicht in 400–500 Jahren einen Stammdurchmesser von 1,8 Meter.[35]
Ein Ergebnis der Studie ist, dass auf der bewaldeten Luv-Seite des Vulkans Haleakala die gesammelte Wassermenge durch Nebel gegenüber Regen um den Faktor 1,26 bis 3,67 höher ist.[36]
Weitere Länder
Die Anwendung der Nebel-Kollektortechnologie für die Landbevölkerung findet in weiteren Ländern statt, wie Namibia, Nepal, Guatemala, Äthiopien, Eritrea, Haiti, Jemen und Kroatien. Die Maximalausbeute liegt zwischen 3 l/(m²·d) und 55 l/(m²·d).[1][37]
Bionik
Die Erforschung und Nutzung der Nebelkondensation zählt heute zur Wissenschaftsdisziplin Bionik, die sich mit der technischen Umsetzung und Anwendung von Konstruktionen, Verfahren und Entwicklungsprinzipien biologischer Systeme befasst.
Das MIT in Cambridge hat zur Gewinnung von Wasser aus der Luft ein poröses metallorganisches Material (MOF) entwickelt, das bereits bei 20 % Luftfeuchtigkeit wirksam ist. Aus einem Kilogramm MOF lässt sich während eines Tages 2,8 Liter Wasser gewinnen. Das im MOF aus der Luft aufgenommene Wasser wird durch natürliche Sonnenbestrahlung ausgedampft, kondensiert und aufgefangen.[38][39]
Nutzung in der Landwirtschaft
Neuerdings wird ein Wasservorhang zur Entfeuchtung von Gewächshausluft eingesetzt. Dabei dienen die Wassertropfen als Kühlkörper, Kondensationskeime und Transportmittel für Kondenswasser und Nebeltröpfchen (Novarbo-System und Watergy-System). Auch bei Nebelnetzen wirken die bereits gefangenen Wassertropfen als Kondensationskeime in der wasserdampfübersättigten nebelhaltigen Luft, bei den nachts abkühlenden Netzen kommt es zudem, ähnlich wie bei geparkten Autos, zu einer Taupunkt-Unterschreitung und ergänzend zum Nebelfang zur Kondensation von Wasserdampf (siehe dazu Taupunkt).
Weblinks
- Water Vapor Harvesting: Namib Desert Beetle ASK NATURE (Abbildungen des Schwarzkäfers bei Einsammeln von Wasser)
- Pilar Cereceda: Fog collection Robert Schemenauer, Tiempo – Issue 26, 2011 (Ein historischer Überblick über die Entwicklung der Nebelfänger)
- FogQuest FogQuest: Sustainable Water Solution, Canada, 2011
- Quantifying the importance of fog drip to ecosystem hydrology and water resources in tropical montane cloud forests on East Maui, Hawaii U.S. Department of the Interior, U.S. Geological Survey, Reston, VA, USA
- Nebelkondensation optimiert – 500 % mehr Wasser aus Nebel ernten Gerald, Biomasse-info, 3. Juni 2016.
Einzelnachweise
- M. M. Bollmann, F. Herwig: Alternativen zur herkömmlichen Trinkwassergewinnung. (PowerPoint-Präsentation (Memento vom 18. April 2014 im Internet Archive)).
- Jörg S. Pfadenhauer, Frank A. Klötzli: Vegetation der Erde. Grundlagen, Ökologie, Verbreitung. 2014, ISBN 978-3-642-41950-8, S. 220ff.
- La Palma – Guía del turismo tranquilo – Führer für den ruhigen Tourismus. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
- J. C. S. Cerezal, J. N. Borges: Ingeniería forestal y ambiental en medios insulares. Técnicas y Experiencias en las Islas Canarias. Tenerife 2013, ISBN 978-84-616-3859-8. (PDF (Memento vom 13. April 2014 im Internet Archive)).
- J. J. B. Ruiz: Aproximación al cálculo de la lluvia horizontal y a su incidencia en la recarga del sistema acuífero de Tenerife. In: Tema B: Hidrología y Gestión del Agua. (PDF (Memento vom 16. April 2014 im Internet Archive)).
- R. Goetz: La Palma, Aktivurlaub auf der grünsten der Kanarischen Inseln. (= Peter Meyer Reiseführer). 5. Auflage. Frankfurt am Main 2000.
- T. Stegmaier: Entwicklung innovativer textiler Werkstoffe zur Trinkwassergewinnung aus Nebel. BMBF-Forschungsprojekt (PDF)
- A. Roth-Nebelsick, M. Ebner, T. Miranda: Efficient fog harvesting by Stipagrostis sabulicola (Namib dune bushman grass). In: Journal of Arid Environments. 75, 2011, S. 524–531. doi:10.1016/j.jaridenv.2011.01.004 (Volltextquelle bei researchgate.net)
- Animal or Plant: Which Is the Better Fog Water Collector? In: PLOS-one. 3. April 2012. (plosone.org)
- A. Roth-Nebelsick: Leaf surface structures enable the endemic Namib desert grass Stipagrostis sabulicola to irrigate itself with fog water. In: Journal of the Royal Society Interface. (rsif.royalsocietypublishing.org)
- W. Nachtigall: Bionik: Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Technology & Engineering. Wassergewinnung durch Nebelkondensation, 2002, S. 337 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- W. Nachtigall, A. Wisser: Bionik in Beispielen. 2013, S. 63 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Fog harvesting. In: Source Book of Alternative Technologies for Freshwater Augmentation in Latin America and the Caribbean. UNEP – International Environmental Technology Centre United Nations Environment Programme, Washington, D.C., 1997. In: Webseite der Organisation amerikanischer Staaten
- Construcciones, Atrapanieblas (Memento vom 21. Dezember 2016 im Internet Archive), Jung, 18. September 2013.
- K. Kramer: Nebelfischer. (Memento vom 19. Juli 2012 im Internet Archive) In: Mare. Nr. 45, August 2004.
- Nebel melken: Die neue Art, Trinkwasser zu gewinnen. In: Tagesanzeiger. 23. Juli 2010. (tagesanzeiger.ch)
- C. Azorin, D. Corell, M. J. Estrela, J. A. Valiente: Fog water collection under sea breeze conditions in the western Mediterranean basin (Valencia region, Spain). In: 5th International Conference on Fog, Fog Collection and Dew, Münster, Germany, 25–30 July 2010. S. 65. (meetings.copernicus.org)
- J. A. Valiente, M. J. Estrela, D. Corell, D. Fuentes, A. Valdecantos: Fog water collection and reforestation at mountain locations in a western Mediterranean basin region. In: 5th International Conference on Fog, Fog Collection and Dew, Münster, Germany, 25–30 July 2010. S. 52. (meetings.copernicus.org)
- El Garoé
- Simbolos de canarias.
- Maria Victoria Marzol Jaén: Fog water collection in a rural park in the Canary Islands. Geography Department, La Laguna University, Canary Islands, Spain. (sciencedirect.com)
- Maria Victoria Marzol Jaén: Frecuencia y duración de la niebla en Tenerife con el fin de su aprovechamiento hidrológico. Departamento de Geografía, Universidad de La Laguna, 2004. (tiempo.com)
- Depósitos para Captadores de nieblas, Juni 2012 (Memento vom 10. Januar 2017 im Internet Archive)
- Alisios, Canarian Mist Water, Nuestro manantial está en el cielo (Handel mit kanarischem Wassernebel, unsere Quelle ist im Himmel) (Memento vom 21. Dezember 2016 im Internet Archive), Alisios, Canarian Mist Water.
- Captadores NRP 3.0, La revolución en captación de agua de las nieblas (Die Revolution in der Wassergewinnung aus Nebel) (Memento vom 22. Dezember 2016 im Internet Archive), Alisios, Canarian Mist Water.
- Captadores de niebla, rocío y precipitaciones conformarán el primer “huerto hídrico” con aparatos tridimensionales del mundo (Nebelfänger, Tau und Niederschläge bilden den ersten "Wassergarten " mit dreidimensionalen Geräten der Welt), Agua de Niebla Alisios, 17. Oktober 2012.
- Agua de niebla de Canarias
- Fog collectors on the island of El Hierro. Agua de Niebla de Canarias S.L. 2013. (eng.aguadeniebla.com)
- Inaugurar y no mantener (Einweihen und nicht pflegen), La voz de La Palma, 6. Juni 2016.
- Der CloudFisher, Methoden und Techniken zur Wassergewinnung entwickeln und bereitstellen, WasserStiftung.
- Schwebende Quellen, Errichtung von Nebel-Kollektoren im Antiatlas-Gebirge in Marokko, WasserStiftung.
- Boutmezguida: A Decade Long Engagement
- Quantifying the importance of fog drip to ecosystem hydrology and water resources in tropical montane cloud forests on East Maui, Hawaii, U.S. Department of the Interior, U.S. Geological Survey, Reston, VA, USA, 20. August 2004. (water.usgs.gov)
- Definitions: Stable isotope tracers, U.S. Department of the Interior, U.S. Geological Survey, Reston, VA, USA, 2002. (water.usgs.gov)
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- St. B. Gingerich, M. A. Scholl: The Contribution of Cloud Water to Recharge on the Volcanic Island Maui, Hawaii. Abstract for 2003 International Union of Geodesy and Geophysics meeting, Sapporo, Japan, U.S. Department of the Interior, U.S. Geological Survey, Reston, VA, USA, 2003. (water.usgs.gov)
- 5th International Conference on Fog, Fog Collection and Dew, Münster, Germany, 25–30 July 2010. (fogconference.org)
- Manfred Lindinger: Neuer Wasserkollektor gewinnt Trinkwasser aus Wüstenluft. In: FAZ. 3. Mai 2017. (Ein neu entwickeltes Material kann auch aus trockener Luft Trinkwasser gewinnen) (faz.net)
- Evelyn Wang u. a.: Water harvesting from air with metal-organic frameworks powered by natural sunlight. In: Science. Vol. 356, Nr. 6336, 13. April 2017, S. 430–434. (science.sciencemag.org)