Narziss und Goldmund (Film)
Narziss und Goldmund ist ein Film von Stefan Ruzowitzky. Es handelt sich um eine freie Adaption, die sich an die gleichnamige Erzählung von Hermann Hesse aus dem Jahr 1930 anlehnt. Die Titelrollen von Narziss und Goldmund wurden mit Sabin Tambrea und Jannis Niewöhner besetzt. Der Film kam am 12. März 2020 in die deutschen und am darauffolgenden Tag in die österreichischen Kinos.
Film | |
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Originaltitel | Narziss und Goldmund |
Produktionsland | Deutschland, Österreich |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 2020 |
Länge | 118 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12[1] JMK 12[2] |
Stab | |
Regie | Stefan Ruzowitzky |
Drehbuch | Stefan Ruzowitzky |
Produktion | Helge Sasse, Christoph Müller, Thomas Pridnig, Peter Wirthensohn |
Musik | Henning Fuchs |
Kamera | Benedict Neuenfels |
Schnitt | Britta Nahler |
Besetzung | |
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Handlung
Im Mittelalter war der junge, schöne und intelligente Goldmund von seinem Vater zum Studium ins Kloster geschickt worden und freundete sich mit dem frommen Klosterschüler Narziss an, nachdem dieser den schmächtigen Jungen gegen ältere Prügler verteidigt hatte. Narziss wurde Goldmunds Lehrer, und Goldmund wuchs zu einem belesenen Musterschüler heran. Nach einiger Zeit hatte der künstlerisch talentierte Goldmund mit dem Klosteralltag zu hadern begonnen und erkannt, dass die Lebensperspektive, die ihm das Kloster bot, nicht mit seinen Vorstellungen von Freiheit übereinstimmte. Als Narziss bemerkte, dass sich Goldmund nach mehr als Freundschaft sehnte, zog er sich zurück. Während Narziss asketisch nach den strengen Regeln der Glaubensgemeinschaft lebte und handelte, machte sich Goldmund eines Tages auf die Suche nach seiner Mutter.
22 Jahre später begegnen sich der zum Abt ernannte Narziss und Goldmund auf prekäre Weise wieder: Auf der Feier eines Fürsten, bei der Narziss anwesend ist, wird plötzlich der völlig unbekleidete Goldmund hereingeführt. Er hielt sich in den Gemächern der Fürstin auf. Unter einem Vorwand besucht Narziss ihn im Kerker, findet ihn schwer misshandelt vor und verhilft ihm zur Flucht. In der Abtei erzählt Goldmund von seinen Abenteuern. Er verbrachte die nächsten Jahre auf Wanderschaft, erlernte das Bildhauerhandwerk und lernte seine große Liebe, Lene, kennen, welche an der Pest starb. Auch seine Mutter fand er nicht. Um ihn noch etwas in der Abtei behalten zu können, bittet Narziss ihn, einen Altar zu fertigen. Goldmund erschafft ein Meisterwerk, das so noch niemand gesehen hat; jede Heiligenfigur trägt das Antlitz einer Frau, die sein Leben geprägt hat.
Literarische Vorlage
„Ich finde das Verständnis Hermann Hesses unglaublich, das er für diese jungen Figuren hat. Das ist nicht diese Draufsicht, die man manchmal als Erwachsener hat oder diese Wertung. Es ist komplett wertungsfrei, mit einer großen Liebe für die Sehnsüchte und Ängste von jungen Menschen. Das finde ich ganz großartig, wie Hesse das hinbekommen hat.“
„Narziss und Goldmund“ war zu Lebzeiten Hesses erfolgreichstes Buch und wurde in 30 Sprachen übersetzt.[4] Er verwendete für dieses Werk einige starke biographische Bezüge, die sich auch in den Namen der Orte wiederfinden. Hesse war 1877 als Sohn des aus Estland stammenden Missionars Johann Hesse geboren worden. Von 1881 bis 1886 lebte die Familie in Basel. Zu dieser Zeit hatte Johann Hesse die Schweizer Staatsangehörigkeit erworben. Hermann Hesse lernte von 1890 bis 1891 an der Göppinger Lateinschule und legt das Württembergische Landesexamen ab. Weil er eine theologische Laufbahn einschlagen wollte, erwarb sein Vater daher die württembergische Staatsbürgerschaft. Im September 1891 trat Hesse in das evangelische Klosterseminar Maulbronn ein. Narziß und Goldmund seien offenbar zwei Seiten von Hermann Hesse, so Joseph-François Angelloz: „Da er den Pfarrerberuf ergreifen sollte, war er Schüler im Maulbronner Kloster. Er führt uns also – im Roman – in das Mariabronner Kloster ein. Dort lehrt ein junger Novize, der wegen seiner Schönheit, seiner griechischen Kenntnisse, seiner Vornehmheit, seines nachdenklichen und tiefsinnigen Blickes geliebt oder beneidet wird; ihm ist die Gabe zuteil geworden, in den Seelen und in der Zukunft zu lesen, die Menschen auf ihr Schicksal zu lenken.“ Narziß entdecke in Goldmund „seinen Gegenpol und seine Ergänzung“ und „die andere Hälfte seiner eigenen Natur“, so Angelloz.[5]
Produktion
Stab und Filmförderung
Regie führte der Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky.[6] Bereits 2014 war bekannt geworden, dass er an einer Drehbuchadaption von Hesses Roman schrieb.[7] Dass Narziss in der Buchvorlage sehr lange nicht vorkommt, führte zu einem Problem für eine filmische Adaption. Daher wurde bei dieser ein dramaturgisches Modell mit verschachtelten Rück- und Vorblenden verwendet. Ausgangspunkt ist der Zeitpunkt, als der erwachsene Goldmund zu Narziss ins Kloster Mariabronn zurückgekehrt und ihm von seinen Abenteuern berichtet.[8]
Der Film erhielt vom FilmFernsehFonds Bayern eine Produktionsförderung in Höhe von 400.000 Euro, 350.000 Euro vom Medienboard Berlin-Brandenburg[9][10], von der Filmförderung des Bundes 700.000 Euro[11] und Produktionsförderungen von der Mitteldeutschen Medienförderung in Höhe von 200.000 Euro und von der Filmförderungsanstalt in Höhe von 568.400 Euro. Von österreichischer Seite steuerten die FISA Filmstandort Austria eine Produktionsförderung in Höhe von 538.000 und der Filmfonds Wien in Höhe von 200.000 Euro bei. Weitere Förderungen stammen vom ORF Film-/Fernsehabkommen, der Kulturförderung des Landes Niederösterreich und vom Österreichischen Filminstitut.[6][12]
Besetzung und Vorbereitung
Die Hauptdarsteller Sabin Tambrea und Jannis Niewöhner übernahmen die Titelrollen von Narziß und Goldmund.[13] Da die Freundschaft der beiden Hauptfiguren über drei Dekaden andauert, werden sie in jüngeren Jahren von den Kinderdarstellern Oskar von Schönfels und Jeremy Miliker verkörpert.[8] Tambrea und Niewöhner verbrachten zur Vorbereitung nacheinander mehrere Tage im Stift Zwettl im Waldviertel und nahmen an den sechs täglichen Gebeten teil.[3] Für Niewöhner ist Narziss und Goldmund jedoch kein Historienfilm, in dem man versucht, eine gewisse Zeit realistisch abzubilden. Vielmehr hätte man sich an Hesse versucht und dem Mittelalter, wie er es gezeichnet hat. Es sei also eher ein fiktives romantisiertes Mittelalter: „Es ist alles sehr schön und besticht durch schillernde Farben.“[14]
In weiteren Rollen sind Emilia Schüle als Lydia, Henriette Confurius als Lene und Uwe Ochsenknecht als Meister Niklaus zu sehen. Kida Khodr Ramadan übernahm die Rolle von Mönch Anselm, André M. Hennicke die Rolle des Mönchs Lothar.[15]
Dreharbeiten und Ausstattung
Die Dreharbeiten fanden von August bis Oktober 2018 in Österreich, Südtirol und Tschechien statt.[13] Als Drehort diente unter anderem die Burg Hardegg im Bezirk Hollabrunn in Niederösterreich[16], wo die Dreharbeiten am 16. August 2018 begonnen wurden.[17] Normalerweise ist die 1145 errichtete Burg für Besucher zugänglich, doch während der Dreharbeiten wurde sie authentisch ins Mittelalter zurückversetzt. Weitere Schneeaufnahmen sollten in Südtirol entstehen.[8] Kameramann war Benedict Neuenfels. Weitere Szenen entstanden in den Burgen Pernštejn, Točník, Švihov, dem Open-Air Museum Řepora und im Dom der heiligen Barbara in Kutná Hora.
Filmmusik, Marketing und Veröffentlichung
Die Filmmusik komponierte Henning Fuchs. Das Soundtrack-Album wurde Mitte März 2020 von Neue Meister als Download[18] sowie auf CD veröffentlicht.
In mehreren Szenen erklingt gregorianischer Gesang, wie zum Beispiel mit der Pfingstsequenz Veni Sancte Spiritus oder der Antiphon In paradisum, die von Sabin Tambrea teilweise solistisch angestimmt werden.[19]
Ende Oktober 2019 wurde ein erster Trailer vorgestellt. Am 12. März 2020 kam der Film in die deutschen und Deutschschweizer[20][21] und am darauffolgenden Tag in die österreichischen Kinos.[22] Seine Premiere feierte Narziss und Goldmund am 2. März 2020 im Berliner Zoo Palast. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden noch in der ersten Spielwoche die Kinos in Deutschland geschlossen[23], so dass der Film zunächst nur gut 20.000 Zuschauer fand.[24] Am 16. April 2020 wurde er wie bereits zuvor die Känguru-Chroniken nach Gewährung einer außerordentlichen Verkürzung der Sperrfristen seitens der FFA als Kaufdownload veröffentlicht.[25] Bei der Wiederaufnahme des Spielbetriebs ab Mai 2020 wurde der Film den Kinos erneut zur Verfügung gestellt. Am 13. März 2022 wird Narziss und Goldmund in das Programm von Amazon Prime Video aufgenommen.[26]
Rezeption
Altersfreigabe
In Deutschland wurde er von der FSK ab 12 Jahren freigegeben, in Begleitung der Eltern jedoch bereits ab 6 Jahren erlaubt. In der Freigabebegründung heißt es, die Atmosphäre des Films sei häufig düster, und auch Krieg und Pest würden thematisiert. So könnten gewalthaltige und dramatische Passagen sowie tragische Wendungen durch ihre emotionale Intensität Kinder unter 12 Jahren überfordern, ältere aber seien aufgrund des alltagsfernen historischen Settings in der Lage, sich vom Geschehen zu distanzieren und sich mit den jugendaffinen Aspekten des Films wie Erwachsenwerden, Freundschaft und individuelle Sinnsuche auseinanderzusetzen.[27]
Kritiken
Die Filmkritikerin Antje Wessels bemerkt auf programmkino.de, der Website der Gilde deutscher Filmkunsttheater, zwar stehe in der Geschichte die liebevolle Freundschaft zwischen zwei Männern im Fokus, doch das von Pest, Gewalt und Tod gezeichnete Umfeld, in dem sich ebendiese Freundschaft zu inniger Liebe entwickelt, könnte wohl kaum einer besser inszenieren als der mit der Materie vertraute Stefan Ruzowitzky: „Wir sehen von Pest-Blasen übersäte Leichen, im Detail am Opfer ausgeübte Folter und dazwischen immer wieder nackte Haut. Auch die Kulissen wirken stets alles andere als aufgeräumt, sondern schmutzig und belebt. Man hat bisweilen das Gefühl, den Gestank der Straßen mitsamt ihrer Menschen auch im Kinosaal riechen zu können.“ Es sei der exakten Regieführung Ruzowitzkys zu verdanken, dass bei so viel Gewalt und Schmutz die Intimität der Freundschaft zwischen Narziss und Goldmund nie auf der Strecke bleibt, so Wessels.[28]
Manfred Riepe von epd Film schreibt, als junger Adonis, der viel nackte Haut zeigt, mache Jannis Niewöhner eine gute Figur, wegen seines breiten Berliner Dialekts klingen Hesses Dialoge bei ihm jedoch, als habe Goldmund eine Blechzunge. Sabin Tambrea dagegen nehme man den asketischen, sich selbst kasteienden Mönch schon eher ab.[29]
Einsatz im Schulunterricht
Das Onlineportal kinofenster.de empfiehlt den Film ab der 11. Klasse für die Unterrichtsfächer Deutsch, Geschichte, Sozialkunde, Ethik, Religion und Philosophie und bietet Materialien zum Film für den Unterricht.[30] Dort schreibt Burkhard Wetekam, neben der Behandlung der Frage nach dem gelingenden Leben im Ethikunterricht bieten historische Erkundungen zur Rolle von Klöstern oder zu religiöser Kunst an.[31]
Auszeichnungen
Narziss und Goldmund wurde Anfang Januar 2020 in die Vorauswahl für den Deutschen Filmpreis aufgenommen.[32]
- Nominierung für das Bestes Szenenbild (Sebastian Soukup)
- Nominierung für das Beste Maskenbild (Helene Lang)
Österreichischer Filmpreis 2021
- Nominierung in der Kategorie Beste Maske (Helene Lang)
Weblinks
- Narziss und Goldmund in der Internet Movie Database (englisch)
- Narziss und Goldmund bei crew united
- Narziss und Goldmund – Trailer von Sony Pictures Germany bei YouTube (Video)
Einzelnachweise
- Freigabebescheinigung für Narziss und Goldmund. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüfnummer: 197002/K).
- Alterskennzeichnung für Narziss und Goldmund. Jugendmedienkommission.
- Carsten Baumgardt: FILMSTARTS am Set von „Narziss und Goldmund“ – das „Game Of Thrones“ der 30er Jahre. In: filmstarts.de, 22. September 2018. (Seite 2)
- Hermann Hesse, ›Narziß und Goldmund‹. In: suhrkamp.de. Abgerufen am 3. März 2022.
- F.J. Angelloz: Das Mütterliche und das Männliche im Werk Hermann Hesses. In: Schriftenreihe der Saarländischen Kulturgesellschaft 2. (PDF)
- "Narziss und Goldmund": Ruzowitzky verfilmt Hesse-Roman. In: diepresse.com, 22. November 2016.
- Florian Schmitt: "Die Fälscher"-Regisseur Stefan Ruzowitzky schreibt Drehbuch zur Herman-Hesse-Adaption "Narziß und Goldmund". In: filmstarts.de, 11. September 2014.
- Carsten Baumgardt: FILMSTARTS am Set von „Narziss und Goldmund“ – das „Game Of Thrones“ der 30er Jahre. In: filmstarts.de, 22. September 2018. (Seite 1)
- Förderentscheidungen 2016 In: medienboard.de. Abgerufen am 5. April 2018. (PDF; 157 KB)
- https://www.medienboard.de/fileadmin/user_upload/pdf/Foerderentscheidungen/Foerderzusagen_April_2018.pdf
- Staatsministerin Monika Grütters fördert Spielfilmvorhaben mit rund 6,1 Mio. Euro. In: bundesregierung.de, 16. Dezember 2017.
- Narziss und Goldmund. In: filminstitut.at. Abgerufen am 29. September 2018.
- Drehstart für „Narziss und Goldmund“. In: Focus Online, 27. August 2018.
- Jannis Niewöhner im Interview über seinen neuen Kinofilm „Narziss und Goldmund“. In: ajoure-men.de, 17. Februar 2020.
- Carsten Baumgardt: FILMSTARTS am Set von „Narziss und Goldmund“ – das „Game Of Thrones“ der 30er Jahre. In: filmstarts.de, 22. September 2018. (Seite 3)
- Ruzowitzky verfilmt Hesse im Waldviertel. In: orf.at, 5. Februar 2017.
- Drehstart für „Narziss und Goldmund“. In: spielfilm.de, 30. August 2018.
- 'Narcissus and Goldmund' ('Narziss und Goldmund') Soundtrack Released. In: filmmusicreporter.com, 12. März 2020.
- Henning Fuchs – Narziss und Goldmund (2020), 0DayDown, Music vom 15. März 2020, abgerufen am 6. Februar 2021
- Starttermine Deutschland. In: insidekino.com. Abgerufen am 10. August 2018.
- Narziss und Goldmund. In: arttv.ch, 27. Januar 2020.
- Narziss und Goldmund. In: uncut.at. Abgerufen am 13. März 2020.
- Bundesweit zahlreiche Kinos ab sofort geschlossen. In: stuttgarter-zeitung.de, 17. März 2020, abgerufen am 2. Mai 2020.
- Narziss und Goldmund. In: mediabiz.de, abgerufen am 2. Mai 2020.
- "Narziss und Goldmund" ab Mitte April digital verfügbar. In: blickpunktfilm.de, 8. April 2020, abgerufen am 2. Mai 2020.
- Sebastian Minnich: Die Highlights bei Netflix, Disney+ und Amazon Prime Video im März 2022. In: heise.de, 2. März 2022.
- Freigabebegründung für Narziss und Goldmund. In: Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft. Abgerufen am 12. März 2020.
- Antje Wessels: Narziss und Goldmund. In: programmkino.de. Abgerufen am 4. März 2020.
- Manfred Riepe: Kritik zu Narziss und Goldmund. In: epd Film, 21. Februar 2020.
- Filmheft 33 mit Materialien für die schulischeund außerschulische Bildung. In: kinofenster.de. Abgerufen am 2. April 2020. (PDF; 4 MB)
- Burkhard Wetekam: Narziss und Goldmund. In: kinofenster.de, 15. Januar 2020.
- Vorauswahl. In: deutscher-filmpreis.de. Abgerufen am 7. Januar 2020.