NLAW
Die Next Generation Light Anti-Tank Weapon (NLAW) ist eine Panzerabwehrlenkwaffe aus schwedischer Produktion und steht seit 2007 bei verschiedenen Streitkräften im Einsatz.
NLAW | |
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Allgemeine Angaben | |
Typ | Panzerabwehrlenkwaffe |
Heimische Bezeichnung | MBT LAW (Main Battle Tank and Light Anti-tank Weapon), RB57 |
NATO-Bezeichnung | NLAW (Next Generation Light Anti-Tank Weapon) |
Herkunftsland | Schweden |
Hersteller | Saab Dynamics, Thales Group |
Entwicklung | 2002 |
Indienststellung | 2007 |
Einsatzzeit | im Einsatz |
Technische Daten | |
Länge | 1,02 m |
Durchmesser | 115 mm (Rumpf), 150 mm (Sprengkopf) |
Gefechtsgewicht | Rakete 6,8 kg (Rakete), 11,6 kg (komplette Abschusseinheit) |
Spannweite | 410 mm |
Antrieb | Feststoffraketentriebwerk |
Geschwindigkeit | Mach 0,7 |
Reichweite | 20–800 m |
Ausstattung | |
Lenkung | INS & Predicted Line Of Sight (PLOS) |
Gefechtskopf | Projektilbildende Ladung |
Zünder | Annäherungszünder, Aufschlagzünder |
Listen zum Thema |
Entwicklung
Die NLAW entstand auf Grund einer Ausschreibung der Streitkräfte des Vereinigten Königreichs im Jahr 2001. Das Programm Main Battle Tank and Light Anti-tank Weapon (MBT LAW) sah den Ersatz der in die Jahre gekommenen reaktiven Panzerbüchsen LAW 80 und FFV AT 4 vor.[1] Mit der neuen Waffe sollten moderne Kampfpanzer mit Reaktivpanzerung auf eine Distanz von 300–600 m bekämpft werden können. Daneben sollte sich das System für den Kampf in urbanem Gelände eignen. Bei der Ausschreibung konnte sich Saab Bofors Dynamics mit der NLAW gegen den Konkurrenten Lockheed Martin mit der Kestrel durchsetzen. Im Jahr 2002 begann man beim Hauptauftragnehmer Saab Bofors Dynamics, in einem Joint Venture mit 14 britischen Firmen mit der Entwicklung der NLAW.[2] Bei der Entwicklung griff man auf bewährte Komponenten von bereits erfolgreich eingeführten Panzerabwehrraketen zurück. Unter Anderem kommt bei der NLAW die Sensoreinheit, die Steuerautomatik und das Lenksystem der Panzerabwehrlenkwaffe BILL zum Einsatz.[3] Weiter kamen auch einzelne Bauteile der FFV Carl Gustaf und FFV AT 4 bei der NLAW zur Anwendung. Die ersten NLAW wurden im Jahr 2007 zu Testzwecken an die British Army ausgeliefert.[4]
Technik
Die Panzerabwehrlenkwaffe funktioniert nach dem Fire-and-Forget-Prinzip und dient zur Bekämpfung von gepanzerten Fahrzeugen sowie Gebäudestrukturen. Die Lenkwaffen werden in versiegelten Transport- und Startbehältern aus GFK ausgeliefert. An dem Behälter ist eine Zielverfolgungs- und Rechnereinheit sowie eine Tageslicht-Zieloptik mit zweieinhalbfacher Vergrößerung angebracht.[1] An der Zieloptik können Wärmebildgeräte verschiedener Hersteller angebracht werden. Der Startbehälter wiegt in schussbereitem Zustand 11,6 kg, wobei 6,8 kg auf die Rakete entfallen.[2] NLAW kann von einem einzelnen Menschen transportiert und eingesetzt werden. Der Start mit der geschulterten Waffe kann liegend, kniend oder auch stehend erfolgen. Auch kann NLAW aus geschlossenen Räumen eingesetzt werden. Die Raketen der ersten Serie haben gegen bewegliche Ziele eine Einsatzdistanz von rund 400 m.[4] Bei der Bekämpfung von stationären Zielen liegt diese bei rund 600 m. Bei den Raketen der zweiten Serie konnte mittels Softwareanpassungen die maximale Einsatzdistanz auf rund 800 m vergrößert werden.[4] Um eine Distanz von 400 m zu durchfliegen, benötigt die Rakete knapp zwei Sekunden.[2] Verfehlt die Rakete das Ziel, so zerstört sie sich nach einer Flugzeit von 5,6 Sekunden selbst. Nach dieser Flugzeit hat die Rakete eine Strecke von rund 1.000 m zurückgelegt. Die minimale Bekämpfungsdistanz der NLAW liegt bei 20 m und ist damit deutlich geringer als bei vergleichbaren Modellen.[4] NLAW kann in einem Elevationsbereich von ±45° sowie in einem Temperaturbereich von −38 bis +63 °C eingesetzt werden.[5]
Um die Rakete zu starten, muss der Schütze das Ziel anvisieren. Ist das Ziel im Fadenkreuz, aktiviert er mit einem Schalter die Zielverfolgungseinheit. Die Zielverfolgungs- und Rechnereinheit verfügt über eine umfangreiche Sensorik, welche Neigungswinkel, Verkantungswinkel, Zieldistanz, Zielbewegung, Munitionstemperatur sowie die Winkelgeschwindigkeit zum Ziel ermittelt. Der Schütze muss daher nicht den Vorhalt ermitteln und die Seitenabweichung sowie die Schussdistanz nicht berücksichtigen. Innerhalb von 2–3 Sekunden werden die nötigen Zielparameter ermittelt sowie der Flugweg errechnet.[5] Danach wird der Abzug freigegeben und die Rakete kann gestartet werden. NLAW verwendet ein zweistufiges Feststoffraketentriebwerk. Die erste Stufe stößt die Rakete aus dem Startbehälter und beschleunigt die Rakete auf rund 40 m/s. In sicherer Entfernung zündet die zweite Stufe und beschleunigt die Rakete auf rund 200 m/s.[1] Während des Fluges hält die Lenkwaffe ihren vorprogrammierten Kurs mittels des Trägheitsnavigationssystems bei und fliegt auf den vorgängig ermittelten Kollisionspunkt zu. Kursabweichungen durch Wettereinflüsse werden automatisch korrigiert.[2]
Vor dem Start kann der Schütze zwischen zwei Angriffsprofilen wählen: OTA (overfly top attack, dt.: Überflug, Angriff von oben) oder DA (direct attack, dt.: Direktangriff)[4] Der Modus OTA kommt bei der Bekämpfung von Kampfpanzern oder Zielen, die sich hinter Deckungen befinden, zum Einsatz. Hierbei fliegt die Rakete rund 1 m über der Ziellinie und detoniert nach Auslösung durch den optomagnetischen Annäherungszünder über dem Ziel. Der Aufbau des Gefechtskopfs gleicht dem der PALR BILL-2. Er hat ein Kaliber von 150 mm, wiegt 1,8 kg und enthält eine nach unten gerichtete Hohlladung[6] mit 102 mm Durchmesser, womit das Ziel von oben bekämpft wird.[2] Bei diesem Angriffsprofil muss nur die relativ dünne Dachpanzerung des Kampfpanzers durchschlagen werden. Die Durchschlagsleistung wird mit mindestens 500 mm RHA angegeben.[5][7]
Im Modus DA nimmt die Rakete kein überhöhtes Flugprofil ein und fliegt das Ziel seitlich an. Der Sprengkopf wird durch den Aufschlagzünder ausgelöst.[1] Auch bei diesem Modus wird der Flugweg der Rakete vorgängig durch die Zielverfolgungseinheit ermittelt. Der Modus DA kommt bei der Bekämpfung von leicht gepanzerten Fahrzeugen, Feldbefestigungen und Gebäudestrukturen zum Einsatz.[4]
Verbreitung
- Finnland – 3000, lokale Bezeichnung 102 RSLPSTOHJ NLAW[6][8]
- Indonesien – 600[9]
- Litauen – Unbekannte Anzahl[10]:122
- Luxemburg – 50[8]
- Malaysia – 500[8][11]
- Saudi-Arabien – Unbekannte Anzahl[11]
- Schweden – 2000, lokale Bezeichnung RB57[6][8]
- Schweiz – 4000[8][12]
- Ukraine – Unbekannte Anzahl.[13][14]
- Vereinigtes Königreich – 24000[8]
Einzelnachweise
- Next Generation Light Anti-Tank Weapon (NLAW). In: www.thinkdefence.co.uk. Think Defence, abgerufen am 1. Juli 2016 (englisch).
- MBT LAW Light Anti-Tank Weapon. In: army-technology.com. Army-Technolog, abgerufen am 1. Juli 2016 (englisch).
- MBT-LAW NLAW. In: Saab Bofors Dynamics. youtube.com, 25. August 2006, abgerufen am 13. Dezember 2015.
- Robin Hughes: Saab extends range of NLAW. In: Janes.com. IHS Jane’s 360, 24. August 2015, archiviert vom Original am 4. Juli 2016; abgerufen am 1. Juli 2016 (englisch).
- Next Generation Light Anti-Tank Weapon (NLAW). In: defense-update.com. Defense Update, 31. Dezember 2010, abgerufen am 1. Juli 2016 (englisch).
- MBT LAW. In: deagel.com. Abgerufen am 1. Juli 2016 (englisch).
- ВС Финляндии заказали дополнительную партию гранатометов NLAW. In: vpk.name. ВПК.name., abgerufen am 1. Juli 2016 (russisch).
- SIPRI Arms Transfers Database. In: sipri.org. Stockholm International Peace Research Institute, abgerufen am 25. November 2020 (englisch).
- Indomiliter.com: Hancurkan Sasaran Eks Panser Saladin, Untuk Pertama Kalinya Saab NLAW TNI AD Diuji Tembak
- The International Institute for Strategic Studies (IISS): The Military Balance 2021. 1. Auflage. Routledge, London 2021, ISBN 978-1-03-201227-8 (englisch, Stand: Januar 2021).
- NLAW Anti-Tank Missile Launcher. In: militaryleak.com. Military Leak, abgerufen am 14. Mai 2019 (englisch).
- Kommunikation VBS: Rüstungsprogramm 2016. In: vbs.admin.ch. Eidgenössisches Departement für Verteidigung,Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), archiviert vom Original am 26. Februar 2022; abgerufen am 26. Februar 2022.
- British anti-tank weapons sent to defend Ukraine from Russia. In: thetimes.co.uk. 18. Januar 2022, abgerufen am 18. Januar 2022 (englisch).
- Soldat-und-technik.de: Großbritannien schickt Panzerabwehrsysteme in die Ukraine