Lê Đức Thọ
Lê Đức Thọ (* 14. Oktober 1911 in Pich-Le in der Provinz Hà Nam; † 13. Oktober 1990 in Hanoi; eigentlich Phan Đình Khải) war ein vietnamesischer Politiker und Träger des Friedensnobelpreises, dessen Annahme er jedoch ablehnte.
Leben und Werk
Frühe Jahre und politische Entwicklung
Lê Đức Thọ wurde als Phan Đình Khải als Sohn eines Beamten der französischen Kolonialverwaltung Vietnams 1911 geboren. Seine Mutter entstammte einer großen wohlhabenden kleinindustriellen Familie Phan Rangs. Ironischerweise ist er mütterlicherseits mit vielen der letzten hohen südvietnamesischen Politikern verwandt gewesen und ordnete an seinen Verwandten später „Umerziehungsmaßnahmen“ an. Schon in jungen Jahren war Lê Đức Thọ von radikalen Theorien fasziniert und 1930 war er Mitbegründer der indochinesischen kommunistischen Partei. Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde er in demselben Jahr zu zehn Jahren Zwangsarbeit auf die Insel Poulu Condor (Côn Sơn) verbannt. 1936 entließ man ihn vorzeitig, danach ging er nach Nam Định und leitete die Propagandaarbeit der kommunistischen Partei. 1939 wurde er erneut verhaftet, konnte jedoch 1940 nach China fliehen und engagierte sich bei der Gründung der Liga für den Kampf um die Unabhängigkeit Vietnams. Im selben Jahr wurde er erneut inhaftiert und blieb bis 1944 im Gefängnis in Sơn La.
1945 wurde er Mitglied im Zentralkomitee und Ständigen Ausschuss der Indochinesischen Kommunistische Partei. Im selben Jahr war er, gemeinsam mit Hồ Chí Minh und Võ Nguyên Giáp, Gründer der Nationalen Front für die Befreiung Vietnams, (FNL), auch Vietcong genannt. Ab 1948 organisierte er gemeinsam mit Lê Duẩn den Kampf gegen die französische Kolonialmacht.
Politische Karriere in Nordvietnam
Nachdem 1954 die französischen Truppen nach der Niederlage gegen die vietnamesischen Aufständischen bei Điện Biên Phủ abgezogen und die Teilung des Landes bei der Genfer Indochinakonferenz beschlossen worden waren, ging Lê Đức Thọ in die neue Hauptstadt Nordvietnams, Hà Nội, und wurde Mitglied des Politbüros und Führer der kommunistischen Partei sowie Vorsitzender der südvietnamesischen FNL. Damit war er der führende Repräsentant der Region und nach 1954 auch Organisator von Widerstand und Anschlägen gegen die südvietnamesische Regierung. Der Widerstand gegen Südvietnam entstand vor allem aufgrund der antikommunistischen Haltung des Landes, der Regierung und der Truppen Südvietnams, gleichzeitig verbesserte sich die Situation der Wirtschaft nicht.
Intervention in Südvietnam und Vietnamkrieg
Im Jahr 1960 organisierte sich der Widerstand in Südvietnam mit Unterstützung durch nordvietnamesische Kämpfer in einer Befreiungsfront, die eine Wiedervereinigung beider Länder unter kommunistischer Führung anstrebte. Die Situation eskalierte bis zur Ermordung des Staatschefs Ngô Đình Diệm im November 1963 und der nachfolgenden, von den USA gestützten Militärdiktatur unter Nguyễn Văn Thiệu und Nguyễn Cao Kỳ. 1964 kam es dann zum Tonkin-Zwischenfall und in dessen Folge zur Tonkin-Resolution, aus Sicht der US-Regierung die Legitimation zur Einmischung der USA in den Vietnamkrieg. Lê Đức Thọ wurde Leiter der militärischen Aktionen während des Krieges.
Der Vietnamkrieg dauerte bis 1975 an, erste Friedensverhandlungen zwischen Lê Đức Thọ und dem US-amerikanischen Sonderbotschafter und späteren Außenminister Henry Kissinger fanden allerdings bereits 1968 in Paris statt. Diese verliefen über mehrere Jahre, und 1973 kam es nach mehreren Unterbrechungen und Zwischenfällen zu einem Waffenstillstandsabkommen. Im selben Jahr wurde ihm und Henry Kissinger der Friedensnobelpreis verliehen. Lê Đức Thọ lehnte die Annahme des Preises jedoch mit der Begründung ab, dass in seinem Land noch immer kein Frieden herrsche.[1]
Trotz des Rückzugs der US-amerikanischen Soldaten unterstützte die amerikanische Regierung die südvietnamesische Armee weiterhin mit Waffenlieferungen. Lê Đức Thọ leitete, gemeinsam mit Võ Nguyên Giáp, die militärischen Aktionen gegen den südvietnamesischen Diktator Nguyễn Văn Thiệu, welche 1975 zum Zusammenbruch des südvietnamesischen Regimes führten. Im Juli 1976 kam es zur formellen Wiedervereinigung Vietnams als Sozialistische Republik Vietnam.
Intervention in Kambodscha
Im Jahr 1978 wurde unter dem Befehl von Lê Đức Thọ das Nachbarland Kambodscha besetzt, nachdem es bereits im Vorfeld mehrere militärische Auseinandersetzungen mit den Roten Khmer gegeben hatte. Im Rahmen der Vereinigten Bewegung zur Befreiung Kambodschas, die in Hanoi gegründet wurde, sollten die Roten Khmer abgesetzt werden. Dies geschah im Januar 1979 durch den Einmarsch der vietnamesischen Truppen in Phnom Penh. Kambodscha blieb allerdings auch nach dem Rückzug der Roten Khmer trotz internationaler Proteste bis 1989 von Vietnam besetzt.
Lê Đức Thọ selbst blieb bis zu seinem politischen Rückzug 1986 Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Vietnams. Er starb einen Tag vor seinem 79. Geburtstag im Jahr 1990 in Hanoi. Seine Witwe zog nach Ho-Chi-Minh-Stadt.
Literatur
- Interview mit Le Duc Tho – „Der einzige Weg, das Vietnam-Problem friedlich zu lösen“ (Auszugsweise Übersetzung aus der Zeitschrift „Focal Point“). In: Kommunistische Volkszeitung, Zentralorgan des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW). 12. Dezember 1974, Jg. 2, Nr. 28, S. 14.
- Bernhard Kupfer: Lexikon der Nobelpreisträger. Patmos-Verlag, Düsseldorf 2001.
Einzelnachweise
- Why Le Duc Tho refused his Nobel Peace Prize. Transkription des Briefes von Lê Đức Thọ über die Ablehnung des Nobelpreises (inoffizielle Übersetzung der New York Times). In: Black and White Cat. 11. Dezember 2010, archiviert vom Original am 1. Januar 2011; abgerufen am 15. April 2015 (englisch).
Weblinks
- Literatur von und über Lê Đức Thọ im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1973 an Lê Đức Thọ (englisch)