Karl von Graefe
Karl Ferdinand Graefe, ab 1826 von Graefe, (auch Carl Ferdinand von Graefe; * 8. März 1787 in Warschau; † 4. Juli 1840 in Hannover) war ein deutscher Militärchirurg, (Plastischer) Chirurg und Augenarzt sowie Geheimrat und medizinischer Fachautor. Er war der Vater des berühmten Augenarztes Albrecht von Graefe.
Herkunft
Karl Ferdinand von Graefe entstammte einer sächsischen Familie aus Radeberg bei Dresden (1717) und war der Sohn des gräflich Moczinskischen Intendanten und Hausmarschalls Carl Graefe (1752–1806), Gutsherr auf Ossa bei Dolsk, und der Christiane Zschernig (1759–1817). Sein Vater Carl Graefe wurde 1790 in den polnischen persönlichen Adelsstand erhoben.
Familie
Karl Ferdinand Graefe wurde am 2./14. Februar 1826 in Sankt Petersburg in den polnischen erblichen Adelsstand erhoben und erhielt seine preußische Adelsanerkennung am 16. November 1826 in Berlin.
Graefe heiratete am 6. Oktober 1814 in Berlin Auguste von Alten (* 16. Mai 1797 in Berlin; † 27. November 1857 ebenda), die Tochter des königlich preußischen Geheimen Oberberg- und Baurats Professor Martin von Alten und der Charlotte Müller aus Frankfurt (Oder). Der Ehe entstammten fünf Kinder:
- Ottilie (* 31. Juli 1816; † 26. Dezember 1889) ⚭ 28. Februar 1847 Hermann von Thile
- Karl Friedrich August (* 30. Januar 1818; † 5. Februar 1872), Geheimer Regierungsrat ⚭ 16. März 1845 Alma von Ladenberg (* 27. Juni 1822)
- Viktor Leopold Stanislaus (* 9. April 1826; † 10. August 1889) Kapitän ⚭ 23. Oktober 1856 Emilie Bahre (* 9. August 1825)
- Friedrich Wilhelm Ernst Albrecht (1828–1870) Augenarzt ⚭ Gräfin Anna Adelaide Pauline Knuth (* 15. März 1842; † 22. März 1872)
- Wanda Elisae Charlotte (* 5. November 1830) Schriftstellerin unter dem Pseudonym Walther Schwarz ⚭ 19. April 1856 Johann Adolf Sigismund von Dallwitz
Leben
Karl Graefe studierte in Dresden, Halle und Leipzig Medizin. Er war ab 1810 ordentlicher Professor der Chirurgie und Direktor und wurde Begründer der Chirurgischen Klinik der Universität Berlin (Charité) sowie königlich preußischer Geheimer Medizinalrat. Ab 1822 war er 3. Generalstabsarzt der preußischen Armee und Mitdirektor der militärärztlichen Bildungsanstalten.[1] 1817 erfand er einen Trokar. Seine Rhinoplastik, ein plastisch-chirurgischer Nasenersatz, gleicht der von Heinrich von Pfalzpaint bereits im 15. Jahrhundert mit Hautlappen durchgeführten Nasenersatzplastik.[2] Karl von Graefe gehörte zu den Schülern des berühmten Augenarztes Georg Joseph Beer.[3] 1827 operierte Graefe Ernst August von Hannover erfolgreich an den Augen. 1840 wurde er nach Hannover gerufen, um den erblindeten Kronprinzen zu operieren. Noch bevor er sich bei Hofe melden konnte, erkrankte er an „hitzigem Gehirn- und Nervenfieber“ und verstarb in einem Hotel in Hannover.
Graefe war der Besitzer der von Karl Friedrich Schinkel erbauten Villa Finkenherd, die sich inmitten eines 40.000 m² großen, von Lenné gestalteten Parks am nordwestlichen Rand des Berliner Tiergartens, dem sogenannten Hansaviertel befand. Bis 1854 war das Graefesche Haus ein beliebter Treffpunkt der Berliner Gesellschaft.[4]
Er wurde 1808 in die Freimaurerloge Zu den drei Degen in Halle aufgenommen.
1812 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften[5] und 1823 zum Mitglied der Leopoldina gewählt.
Tod und Grabstätte
Karl von Graefe starb 1840 im Alter von 53 Jahren in Hannover. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirche vor dem Halleschen Tor Berlins. Er ruht dort neben seiner Gattin Auguste geb. von Alten (1797–1857). Auch sein Schwiegervater Alf (Martin Friedrich) von Alten (1762–1843) und sein Sohn Albrecht von Graefe (1828–1870) sind in der Nähe bestattet.[6]
Der klassizistisch gestaltete Grabbau für Karl und Auguste von Graefe ist einem antiken Totentempel nachempfunden und wahrscheinlich ein Werk von Heinrich Strack. In der dreiseitig offenen Tempelhalle stehen auf einem Doppelpfeiler idealisierte Porträtbüsten der Verstorbenen.[7][8] Es handelt sich um Kopien der von Friedrich Drake geschaffenen Originale. Die letzte Ruhestätte von Karl von Graefe war von 1962 bis 2014 als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet.
Stimmen von Zeitgenossen
„Mit größtem Interesse betrachtete ich den ersten Augenarzt und Chirurgen seiner Zeit! Und wie verehrte ich bald den feingebildeten, höflichen Mann! – Noch in den besten Jahren, mit intelligenten Zügen, klugen, freundlich blickenden Augen, die Haare von der freien Stirn zurückgestrichen, sprach er so bezaubernd angenehm (…). Seine Gattin, sehr zart und vornehm aussehend, empfing uns äußerst liebreich, ein holdes Töchterchen und ein bildschöner Knabe zeigten sich so wohlerzogen und kindlich – und nach und nach füllten sich die Räume mit den interessantesten Persönlichkeiten Berlins.“[9]
Schriften
- Normen für die Ablösung größerer Gliedmaßen, Berlin 1812
- Rhinoplastik, 1818
- Neue Beiträge zur Kunst, Teile des Angesichts organisch zu ersetzen, 1821
- Die epidemisch-kontagiose Augenblennorrhoe Ägyptens in den europäischen Befreiungsheeren, 1824
- Jahresberichte ber das klinisch-chirurgisch-augenarztliche Institut der Universität zu Berlin, 1817–1834
Literatur
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B, Band VII, Seite 106, Band 36 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1965, ISSN 0435-2408
- Ernst Julius Gurlt: Graefe, Karl von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 557–562.
- Wilhelm Katner: Graefe, Karl Ferdinand von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 711 (Digitalisat).
- Marcelli Janecki: Handbuch des preußischen Adels. Band 1 (1892), S. 165
- Neues preussisches Adels-Lexicon
Weblinks
- Literatur von und über Karl von Graefe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie (englisch) mit Bild
Einzelnachweise
- Ralf Vollmuth: Graefe, Karl Ferdinand von. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 507.
- Bernhard Dietrich Haage: Medizinische Literatur des Deutschen Ordens im Mittelalter. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 9, 1991, S. 217–231; hier: S. 225 f.
- Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildungen und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 42.
- Bertram Janiszewski: Das alte Hansa-Viertel in Berlin, Berlin 2000, ISBN 3-7759-0460-3, S. 25ff
- Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Band 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 95.
- Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 230, 232.
- Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten.
- Friedhof I und II der Jerusalems- und Neuen Kirche. Beschreibung des Friedhofs und des Grabmals in der Datenbank des Landesdenkmalamtes Berlin; abgerufen am 26. März 2019.
- Karoline Bauer: Aus meinem Bühnenleben, hrsg. v. Arnold Wellmer. R. v. Decker, Berlin 1871, S. 65 f.